Im Warten sind wir wundervoll Im Warten sind wir wundervoll - eBook-Ausgabe
Roman
— Nach einer wahren Begebenheit | Für Fans von Susanne Abel und Bonnie GarmusIm Warten sind wir wundervoll — Inhalt
Eine junge Deutsche, die 1948 am New Yorker Flughafen strandet und als sitzen gelassene War Bride zum Star der Presse wird.
Ein US-Soldat, der ein Versprechen gegeben hat und es nicht einhalten kann.
Und eine Frau, die sieben Jahrzehnte später hofft, dass sich der Weg zum Glück wiederholen lässt.
Dies ist die Geschichte eines Endes, zweier Anfänge und der vielleicht größten Liebe aller Zeiten.
„Ein außergewöhnlicher Roman – klug gestrickt, mitreißend geschrieben und in jeder Hinsicht wunderschön!“ KATHINKA ENGEL
„Luise Adler ist verliebt in das Leben und das Leben in sie, darum schafft sie es auch sofort auf die Titelseiten der großen New Yorker Zeitungen. Liebevoll-frech, raffiniert und mit Witz und Tempo erzählt Charlotte Inden von den grandiosen Umwegen der Liebe.“ ELISABETH SANDMANN
So charismatisch wie Bonnie Garmus' „Eine Frage der Chemie“, so mitreißend wie Susanne Abels „Stay away from Gretchen“
FvL: Charlotte, wir führen dieses Gespräch in der Vorweihnachtszeit (mit Schnee vor den Fenstern). Du bist mitten im Schreiben, wo bist Du denn gerade in Gedanken und in der Geschichte?
Wir sind tatsächlich auch im Winter, 1945, aber da ist es nicht so romantisch und schön, da ist es kalt, und alle haben Hunger, und ich leide beim Schreiben sehr. Bei diesem Buch so wie noch nie.
FvL: Du leidest beim Schreiben? Woran liegt das?
Mir war, als ich das Projekt anging, ehrlich gesagt nicht klar, was da alles auf mich zukommt. Es ist so: Wenn ich eine Szene schreibe, suche ich nach der einen Beschreibung, die vor meinem und also hoffentlich auch vor dem inneren Auge der Leserin und des Lesers ein Bild entstehen lässt. Den Rest lasse ich weg. Will ich also darüber schreiben, wie das Leben 1945 in Deutschland war, muss ich gefühlt alles wissen: wie die dahingekommen sind und wie es da so ist, und beides war nicht schön.
FvL: Was hat Dich am meisten mitgenommen?
Ich lese Zeitzeugenberichte um Zeitzeugenberichte. Und es sind diese Erinnerungen der Menschen, die mich mitunter wirklich in Tränen ausbrechen lassen. Wenn eine Deutsche erzählt, dass sie es eben doch nicht gewagt hat, ihrem Geliebten, diesem amerikanischen Soldaten, in seine Heimat zu folgen, dass der Busch, von dem er ihr vor fünfzig Jahren eine Rose abbrach, immer noch Blüten trägt, könnte ich Rotz und Wasser heulen. Tue ich mitunter auch.
Gerade geht mir eine Sache besonders nahe: Die New York Times hatte während des gesamten Krieges kein einziges Mal den Holocaust auf der Titelseite. Sie berichtete nicht vom Mord am jüdischen Volk. Dabei hatte sie einen jüdischen Verleger. Das wusste ich nicht, bis ich „Buried by the Times“ von Laurel Leff gelesen habe. Einmal zitiert Leff einen Artikel, der wenige Jahre vor Kriegsende auf Seite vier der Times erschien. Ein Bericht aus dem englischen Unterhaus.
Ein Brief der jüdischen Gemeinde Polens wird verlesen. Nur verlesen, nicht kommentiert. Darin heißt es etwa: „Möge dies die Stimme vom Abgrund sein. Möge die Welt uns erhören.“ Aber die Welt erhörte sie nicht. Kein Aufschrei folgte. Keiner half. Das verfolgt mich.
MV: Daran lässt sich die Macht der Medien ablesen. Hier negativ, dass eine Zeitung sie nicht genutzt hat. Denn dass selbst kleine Nachrichten viel bewirken können, zeigt Dein Roman. Du bist auf Deine Geschichte ja durch eine Zeitungsnachricht gestoßen – und die Heldin ist nur berühmt geworden, weil die New Yorker Zeitungen auf sie aufmerksam geworden sind.
Genau. Fräulein Elisabeth aus München stand in New York am Flughafen und wartete auf ihren Verlobten. Der nicht kam. Die Zeitungen berichteten. Und Hunderte Menschen nahmen Anteil und schickten ihr Briefe.
MV: Und wie kam es dazu, was denkst Du, wieso diese junge deutsche War Bride die Menschen so berührt hat? Also das reale Vorbild zu Luise?
Es hat wahrscheinlich nicht geschadet, dass sie so fotogen war. Und dann ist es halt diese Geschichte, dass da so eine junge Frau steht und so alleine ist. Sitzengelassen von ihrem Verlobten in einem fremden Land. Das hat die Menschen gepackt. Da haben sie dann reagiert und diese ganzen Briefe geschrieben und haben gesagt: „Wir adoptieren dich“, „Ich heirate dich“, „Ich schenke dir einen Sprachkurs“, all diese Sachen.
Kurz vorher gab es auch Briefe, die in amerikanischen Zeitungen abgedruckt wurden, in denen hieß es: Nein, lasst unsere Jungs keine deutschen Fräuleins heiraten, „wir wollen die nicht“. Jetzt war da aber ein Gesicht, da war dieses Fräulein Elisabeth, und so eine Person zu verabscheuen, das hat nicht funktioniert. Sie hat ihr Mitgefühl geweckt. Meines ja auch, mich hat sie auch nicht mehr losgelassen.
MV: War der Auslöser also vor allem Mitgefühl?
Bei mir war es dieses Bild. Wie sie mit ihrem Koffer am Flughafen steht. Ich kriegte das nicht mehr aus meinem Kopf. Ich habe es lange versucht, aber es blieb so hängen. Und dann wollte ich halt wissen, wie das so gewesen sein könnte.
Ich wusste nicht so ganz, was ich alles entdecke, wenn ich weitersuche. Aber ich fand so viele Geschichten, die zu Herzen gehen. Und ich war immer so froh über die War Brides, die Jahrzehnte verheiratet waren und Kinder kriegten und glücklich in den USA geworden sind.
FvL: Deutsche Frauen in Amerika, die dann ja auch, glaube ich, nicht mehr angefeindet wurden, oder? Hat sich das nach Kriegsende bald gelegt?
Das war tatsächlich verschieden. Es hing wohl immer ein bisschen davon ab, in was für Familien die Frauen eingeheiratet haben. Manche waren sehr allein, andere wiederum fühlten sich sehr willkommen. Und das war nicht nur bei den deutschen so, sondern auch bei den englischen oder französischen. Irgendwann las ich einen Artikel, dass sich ehemalige War Brides vor ein paar Jahren noch einmal getroffen haben, ich glaube, es war in Philadelphia. Da war ein findiger Reporter dabei, der das Glück hatte, ihre Geschichten noch hören zu dürfen. Denn bald ist ja von dieser
Generation niemand mehr übrig. Und eine Dame erzählte, die deutschen War Brides, die blieben immer noch sehr unter sich, mischten sich immer noch nicht mit den anderen.
FvL: Und wonach hatten sie Heimweh, glaubst Du? Weil das ist ja schwer zu sagen, wenn du ein Land verlässt, das eigentlich in Schutt und Asche liegt und besiegt ist, und trotzdem ist es ja das Zuhause.
Wenn man seine Heimat verlässt, ist das für jeden anders, denke ich. Man vermisst vielleicht das, was es zu essen gab, als man klein war; wie die Luft roch, wo man aufgewachsen ist. Die Landschaft, die Familie und die Sprache. Es gibt Geschichten von Kindern von War Brides, die erzählen, dass ihre Mütter immer noch auf Deutsch schimpften.
FvL: Krisenzeiten sind auch oft gute Zeiten, um sich neu zu erfinden, und damit natürlich für Frauen besonders interessant. Nicht nur im Sinne von Emanzipation, weil das die Sache, glaube ich, zu eng fasst. Man entwirft sich ja auch in einem fremden Land in dieser Zeit völlig neu. Wie, würdest Du sagen, ist das für deine Luise?
Wir sind tatsächlich in der Geschichte, also im Schreibprozess noch nicht so weit. Aber so wie ich jetzt Luise inzwischen kennenlernen durfte, lässt sie sich von gar nichts unterkriegen. Also ich glaube ja daran, dass man die Welt auch im Kleinen verändern kann, jeder für sich, und das macht unsere Heldin unter Garantie, das macht sie jetzt schon die ganze Zeit, also wird sie das auch weitermachen.
MV: Du stellst Luise ja eine Enkelin zur Seite. Wieso hast Du entschieden, auch noch die Gegenwart mitzunehmen?
Ich weiß gar nicht, ob ich das entschieden habe. Die Geschichte wollte das so, ich konnte es gar nicht verhindern. Ich brauche ja auch die Gegenwart, um die Vergangenheit zu reflektieren. Die beiden Helden im Jetzt kommentieren und kommentieren, mitunter komme ich dann ins Schwitzen und sage: Danke, es reicht, es ist genug geredet. Und manchmal hören sie dann auf mich. Manchmal allerdings auch nicht.
FvL: Ist das befreiend oder ist das oft auch lästig, dass die Figuren einfach machen, was sie wollen?
Es ist eigentlich genau das, was man will. Wenn die Geschichte ohne dich davon galoppiert, dann stehen die Chancen gut, dass sie funktioniert. Man muss sich dann nur anstrengen, dass sie einen nicht abhängt.
FvL: Und gibt es eine der beiden Ebenen, die Dir mehr liegt? Also ist die historische Ebene aufgrund der Recherchen schwieriger zu schreiben, oder, da Du ja der Figur folgst, eigentlich dann doch nicht?
Tatsächlich war das, als ich mit 1945 angefangen habe, total schwer. Ich habe zwei Wochen gebraucht für die ersten fünf Seiten. Dann hat sich auch das verselbstständigt, sodass es im Moment gar nicht schwer ist.
MV: Warum war der Romananfang so schwer?
Ich glaube, weil so viel rein musste über den Krieg. Und das, das war harter Tobak. Und das Ganze durfte nicht wie in einem Geschichtsbuch klingen. Ich wollte es auch immer noch mit einer gewissen Leichtigkeit erzählen.
MV: Leichtigkeit ist Dir sehr wichtig.
Ja, da bin ich ein bisschen eigen. Ich persönlich schätze Bücher, wo neben dem Leid auch die Freude zu finden ist, und neben dem Weinen auch immer das Lachen. Ich kann nicht ohne Lachen, und ich kann das tatsächlich auch nicht schreiben.
MV: Und das ist ja auch das, was den Roman so auszeichnet, Deine Sprache, aber die passt eben auch wahnsinnig gut zu den Figuren, und Du hast ja bisher, also vor diesem Roman, vor allem Kinderbücher geschrieben. Würdest Du sagen, das war die ideale Schule, für jetzt, für Deinen ersten großen Erwachsenenroman?
Dass ich jetzt seit über 15 Jahren Kinderbücher schreibe, war genau wie meine Arbeit für die Zeitung natürlich irgendwie eine Schule. Beides führte dazu, dass mein Geschreibe immer knapper und knapper wurde, denke ich. Zeitungsredakteure und Kinder wollen nämlich eigentlich genau dasselbe: Dass man auf den Punkt kommt beim Erzählen. Und das hurtig.
Das Gespräch führte Verlegerin Felicitas von Lovenberg und Lektorin Martina Vogl
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