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Bücher für ein besseres Leben

Veränderung zum Besseren?

Ärgerst du dich manchmal darüber, dass du zu spät aufstehst und morgens hektisch in den Tag startest? Oder ertappst du dich dabei, wie du viel mehr Zeit auf Social Media verbringst, als eigentlich gedacht? Oder aber möchtest du gesünder leben und deine Gewohnheiten verändern? Egal was es ist - wenn du dich weiterentwickeln möchtest, bist du hier genau richtig.

Beschäftige dich damit, wie du deine Ziele erreichen kannst, wie du Durchhaltevermögen erlernst und wie du Gewohnheiten verändern kannst. Lerne mehr über Micro Habits, Motivation und Selbstoptimierung. Es gibt zahlreiche spannende Möglichkeiten im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung.

Eine Sache möchten wir dir aber noch mitgeben: Du bist gut so wie du bist. Du musst dich nicht verändern, aber du kannst es tun, wenn du möchtest. Arbeite an dir und deiner Persönlichkeit aus freien Stücken, aus Interesse oder weil du merkst, dass dir etwas nicht gut tut. Diese Bücher helfen dir dabei.

 

Entdecken Sie auch die signierten Ausgaben unserer beliebten Bestseller!

Wie Heilung gelingt

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When You're Ready, This Is How You HealWhen You're Ready, This Is How You Heal
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Lass los und finde zu dir selbst

Neue Essays der #1-Bestsellerautorin Brianna Wiest

Schmerzhafte Ereignisse in unserem Leben können uns dauerhaft aus der Bahn werfen. Brianna Wiest zeigt in ihrem neuen Buch, wie wir uns selbst heilen können. Heilung bedeutet, den Schmerz zuzulassen und wirklich hinzusehen. Heilung bedeutet, sich auf eine Reise zu begeben, denn egal ob körperlich oder spirituell, sie verläuft weder linear noch nahtlos. Heilung bedeutet Verletzlichkeit. Heilung bedeutet, weiterzumachen, mit verwundetem, aber offenem Herzen. Heilung gelingt, wenn wir lernen, loszulassen, und den Mut finden, unser vergangenes Leben als das zu sehen, was es war, um unser jetziges Leben als das sehen zu können, was es ist: voller Hoffnung und Potenzial. Dieses Buch ist Balsam für jede Seele auf der Reise ihres eigenen Werdens.

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Mit den richtigen Verhaltensweisen das eigene Potenzial ausschöpfen

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The Mountain Is YouThe Mountain Is You
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Wie du Selbstsabotage erkennen und überwinden kannst​

Das größte Hindernis bist du selbst

Du willst etwas in deinem Leben verändern und fällst doch immer wieder in alte Verhaltensmuster zurück?
Du machst dir ständig Sorgen, obwohl es dir gut geht und du dich über so vieles freuen könntest?
Du hast Ängste, die dich daran hindern, neue Wege einzuschlagen?

Menschen tun oft Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun wollen – und sabotieren sich so selbst. Doch was genau ist eigentlich Selbstsabotage? Wie kommt sie zustande? Und warum hören wir nicht einfach auf damit, uns selbst im Weg zu stehen?

Einfühlsam, aber mit Nachdruck, zeigt Bestsellerautorin Brianna Wiest anhand von alltäglichen Beispielen, wie selbstsabotierende Verhaltensweisen aussehen können, und erklärt, wie wir unsere eigenen Blockaden lösen und unsere schädlichen Verhaltensweisen überwinden können. Anhand ihrer psychologischen und philosophischen Erkenntnisse können wir lernen, wie unser bestmögliches zukünftiges Selbst zu handeln, und so unser Potenzial voll ausschöpfen. 

Das neue Buch der Bestsellerautorin Brianna Wiest

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Wer lernt, anders zu denken, kann sein Leben neu erfinden

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101 Essays, die dein Leben verändern werdenSignierte Ausgabe: 101 Essays, die dein Leben verändern werden101 Essays, die dein Leben verändern werden

„Brianna Wiests Plädoyer für die radikale Akzeptanz unserer Gefühlswelt gleicht einer therapeutischen Umarmung.“ZEITWissen

„Ein Buch wie ein Wetzstahl zur Schärfung des eigenen Bewusstseins.“ Denis Scheck, ARD „Druckfrisch“

Wer lernt, anders zu denken, kann sein Leben neu erfinden.

Du weißt mit deinem Leben nicht so recht etwas anzufangen?
Dich lassen Ängste und Zweifel nicht los?
Es fällt dir schwer, Entscheidungen zu treffen?
Deine Wünsche bleiben unerfüllt?

Der Weg zu einem glücklichen Leben verläuft selten geradeaus. Aber die Herausforderungen, denen du begegnest, sind Chancen, deine Denkweise zu verändern und an dir selbst zu wachsen.
Die 101 lebensverändernden Essays von Brianna Wiest durchbrechen schädliche Denkmuster und öffnen dir die Augen. Mit großer Menschenkenntnis und psychologischem Feingefühl offenbart sie dir, was du hören musst, aber nicht willst. Was du eigentlich schon weißt, aber unterdrückst. Egal, ob du mit Beziehungen, deiner eigenen Lebenseinstellung oder der Kommunikation mit deinen Liebsten zu kämpfen hast, dieses Buch hat die Antwort. Es wird dir auf der Suche nach dir selbst, nach Neubeginn und Glück ein wertvoller Begleiter sein.

Unbewusste Verhaltensweisen, die dich daran hindern, das Leben zu führen, das du dir wünschst

Jede Generation hat eine Art „Monokultur“, ein vorherrschendes Muster oder Glaubenssystem, das sie unbewusst als „Wahrheit“ akzeptiert.

Die „Monokultur“ Deutschlands in den 1930er-Jahren zu erkennen oder die Amerikas im Jahr 1776, ist leicht. Es ist klar, was die Menschen in jenen Zeiten und an jenen Orten für „gut“ und „wahr“ hielten, obwohl es das in Wirklichkeit keinesfalls immer war.

Es ist schwer, die Objektivität zu entwickeln, die es braucht, um die Auswirkungen der gegenwärtigen Monokultur zu erkennen. Sobald man eine Idee als „Wahrheit“ akzeptiert hat, nimmt man sie nicht mehr als „kulturell geprägt“ oder „subjektiv“ wahr.

Ein großer Teil unserer inneren Zerrissenheit beruht darauf, dass wir nicht das Leben führen, das wir uns eigentlich wünschen, weil wir unbewusst ein inneres Narrativ dessen akzeptiert haben, was „normal“ und „ideal“ ist.

Die Glaubenssätze jeder Monokultur drehen sich gewöhnlich um das, wofür wir leben sollten (Nation, Religion, Selbst usw.), und sie bringen uns dazu, uns selbst im Weg zu stehen, während wir versuchen, voranzukommen.

Hier acht der verbreitetsten (Irr-)Glaubenssätze:

               1             Du glaubst, dass du, um das für dich beste Leben führen zu können, Folgendes tun musst: entscheiden, was du willst, und dich dann dafür einsetzen. In Wirklichkeit bist du aber psychisch gar nicht in der Lage,[1] vorherzusehen, was dich glücklich machen wird.

Dein Gehirn kann nur wahrnehmen, was es kennt. Deshalb basieren deine Wünsche für die Zukunft lediglich auf vergangenen Lösungen oder vergangenen Idealen. Wenn die Dinge nicht so laufen, wie du es willst, dann glaubst du, es liege nur daran, dass du nicht in der Lage warst, etwas neu zu erschaffen, was du für erstrebenswert gehalten hast. In Wirklichkeit hast du wahrscheinlich etwas Besseres, jedoch Fremdes erschaffen, das dein Gehirn deswegen als „schlecht“ eingeordnet hat. (Und die Moral von der Geschichte: Im Augenblick zu leben, ist kein den Zen-Buddhisten und Erleuchteten vorbehaltenes erhabenes Ideal. Es ist die einzige Möglichkeit, ein Leben zu leben, das nicht von Illusionen durchdrungen ist. Es ist das Einzige, was dein Gehirn tatsächlich verstehen kann.)

               2             Du glaubst, dass Erfolg etwas ist, wozu wir „gelangen“. Deswegen versuchst du ständig, eine Momentaufnahme von deinem Leben zu machen und zu sehen, ob du bereits glücklich bist.

Du redest dir ein, dass jeder einzelne Moment repräsentativ für dein gesamtes Leben ist. Da wir darauf gepolt sind, zu glauben, Erfolg sei etwas, wozu wir gelangen – wenn Ziele erreicht sind und etwas vollendet ist –, beurteilen wir die gegenwärtigen Augenblicke ständig danach, wie „vollendet“ sie sind, wie gut unsere Geschichte klingt, wie andere uns beurteilen würden. Wir ertappen uns bei dem Gedanken „Ist das alles?“, weil wir vergessen, dass alles vergänglich ist und kein einziger Moment das Ganze zusammenfassen kann. Wir „gelangen“ nirgendwohin. Das Einzige, worauf wir zusteuern, ist der Tod. Ziele zu erreichen, ist nicht gleichbedeutend mit Erfolg. Es kommt darauf an, wie stark wir uns bei diesem Prozess entwickeln.

               3             Du setzt deinem „Bauchgefühl“ folgend voraus, dass Glück „gut“ ist und Angst und Schmerz „schlecht“ sind.

Wenn du überlegst, etwas zu tun, was du wirklich liebst und was dir sehr am Herzen liegt, wirst du ein gewisses Maß an Angst und Schmerz empfinden, weil dein Engagement dich verletzlich macht. Du solltest dich von negativen Gefühlen nicht abschrecken lassen. Sie sind auch ein Hinweis darauf, dass du etwas tust, was lohnenswert ist, was dir jedoch gleichzeitig Angst macht. Wenn du etwas nicht tun willst, ist es dir gleichgültig. Angst = Interesse.

               4             Du erzeugst unnötig Probleme und Krisen in deinem Leben, weil du Angst hast, es wirklich zu leben.

Bei dem Muster, unnötig Krisen in deinem Leben zu erzeugen, handelt es sich genau genommen um eine Vermeidungstaktik. Diese schützt dich davor, verletzlich zu sein oder für das, wovor du Angst hast, zur Verantwortung gezogen zu werden. Du glaubst, den Grund deiner Verärgerung zu kennen, aber da liegst du falsch. Du erzeugst Probleme, weil du ganz einfach Angst hast, der zu sein, der du bist, und das Leben zu leben, das du dir wünschst.

               5             Du glaubst, dass du dir eine neue Denkweise aneignen musst, um deine Überzeugungen ändern zu können, statt Erfahrungen zu suchen, die diese neue Denkweise nahelegen.

Eine Überzeugung ist das, was du durch Erfahrung als wahr erkannt hast. Wenn du dein Leben ändern willst, musst du deine Überzeugungen ändern. Wenn du deine Überzeugungen ändern willst, dann geh hinaus in die Welt und mach Erfahrungen, die diese Überzeugungen für dich real werden lassen. Nicht umgekehrt.

               6             Du glaubst, „Probleme“ seien Hürden, die dich daran hindern, das Gewünschte zu erreichen, obwohl sie doch in Wirklichkeit Wege dorthin sind.

Mark Aurel fasst dies wunderbar zusammen: „Das Hindernis zum Handeln treibt das Handeln voran. Was im Weg steht, wird zum Weg.“ Stößt du auf ein Problem, so musst du handeln, um es zu lösen. Dieses Handeln wird dich unweigerlich dazu bringen, anders zu denken, dich anders zu verhalten und anders zu entscheiden. Das „Problem“ wird zum Impulsgeber, das Leben zu verwirklichen, das du dir gewünscht hast. Es drängt dich aus deiner Komfortzone, mehr nicht.

               7             Du glaubst, dass deine Vergangenheit dich definiert, ja schlimmer noch, dass sie eine unveränderbare Realität ist. Doch in Wirklichkeit ändert sich deine Wahrnehmung der Vergangenheit, während du dich änderst.

Da Erleben immer mehrdimensional ist, gibt es eine Vielzahl von Erinnerungen, Erfahrungen, Gefühlen, „Kernpunkten“, die du dir ins Gedächtnis rufen kannst, und das, was du wählst, deutet auf deine aktuelle Gefühlslage hin. Sehr viele Menschen lassen es zu, dass die Vergangenheit sie definiert oder verfolgt, weil sie ganz einfach nicht zu der Erkenntnis gelangt sind, dass die Vergangenheit sie nicht davon abgehalten, sondern es ihnen vielmehr ermöglicht hat, das Leben zu realisieren, das sie sich wünschen. Das heißt nicht, dass wir schmerzliche oder traumatische Ereignisse ignorieren oder beschönigen sollen. Wir sollten vielmehr fähig sein, uns voller Akzeptanz an sie zu erinnern und sie als Teil unserer persönlichen Entwicklung zu verstehen.

               8             Du versuchst, andere Menschen, Situationen und Dinge zu ändern (oder du beklagst dich einfach über sie/regst dich über sie auf), dabei führt Zorn doch zu Selbsterkenntnis. Die meisten negativen emotionalen Reaktionen sind darauf zurückzuführen, dass du einen abgespaltenen Aspekt deines Selbst identifizierst.

Deine „Schattenseiten“ sind Persönlichkeitsanteile, die du unterdrückt und die anzuerkennen du mit aller Macht verhindert hast, weil du zu einem bestimmten Zeitpunkt darauf konditioniert wurdest, dass sie „nicht in Ordnung“ sind. Doch du lehnst diese Anteile nicht wirklich ab. Und wenn du dann eine dieser Eigenschaften bei jemand anderem siehst, macht dich das nicht deshalb wütend, weil du sie grundsätzlich ablehnst, sondern weil du gegen deinen Wunsch ankämpfen musst, sie voll und ganz in dein Bewusstsein zu integrieren. Die Dinge, die du an anderen liebst, sind diejenigen, die du an dir selbst liebst. Die Dinge, die du an anderen hasst, sind diejenigen, die du bei dir selbst nicht ertragen kannst.

2 Die Psychologie der Alltagsroutine

Die erfolgreichsten Menschen in der Geschichte – diejenigen, die viele als „Genies“, als Meister ihres Fachs bezeichnen – hatten außer ihrem Talent eines gemeinsam: Die meisten von ihnen hielten sich an strenge (und genaue) Routinen.

Feste Gewohnheiten scheinen langweilig und das Gegenteil dessen zu sein, was angeblich ein „gutes Leben“ ausmacht. Glück, so schließen wir daraus, entsteht aus dem ständigen Streben nach „mehr“, egal, was dieses „Mehr“ beinhaltet. Wir begreifen jedoch nicht, dass feste Gewohnheiten nicht bedeuten, jeden Tag dieselbe Anzahl an Stunden im selben Büro zu sitzen. Deine Routine könnte die sein, jeden Monat in ein anderes Land zu reisen. Sie könnte darin bestehen, dich routinemäßig nicht an eine bestimmte Routine zu halten. Der Punkt ist nicht, worin die Gewohnheit besteht, sondern wie stabil und sicher dein Unterbewusstsein durch wiederholte Abläufe und erwartete Ergebnisse wird.

Es spielt keine Rolle, wie du dein Alltagsleben gestalten möchtest, maßgeblich ist, dass du eine Entscheidung triffst und dich dann an sie hältst. Kurz gesagt: Gewohnheiten sind wichtig, weil sie einen bestimmten Gemütszustand erzeugen und der Gemütszustand entscheidend für dein Wohlbefinden ist. Abgesehen davon: Wenn du dich von Impulsivität leiten lässt, ist dies ein Nährboden für alles, was du im Grunde nicht willst.

Bei den meisten Dingen, die uns wahrhaft glücklich machen, handelt es sich nicht einfach um temporäre, unmittelbare Belohnungen, sie sind auch mit Widerständen verbunden und erfordern Opfer. Doch du kannst das Gefühl, „Opfer“ bringen zu müssen, auflösen, wenn du deine Aufgaben als „etwas Normales“ betrachtest oder Widerstände mithilfe von Regeln überwindest. All dies zeigt, warum feste Gewohnheiten so wichtig sind (und glückliche Menschen sich in der Regel eher an sie halten).

               1             Deine Gewohnheiten bestimmen deine Gefühlslage, und deine Gefühlslage ist ein Filter, durch den du dein Leben erfährst.

Du denkst vielleicht, dass deine Gefühlslage durch Gedanken oder Stressoren erzeugt wird, durch Dinge, die im Lauf des Tages auftreten und dich aus dem Gleichgewicht bringen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Psychologe Robert Thayer behauptet, dass Stimmungen durch unsere Gewohnheiten erzeugt werden: dadurch, wie viel wir schlafen, wie oft wir uns bewegen, was wir denken, wie oft wir es denken usw. Der Punkt ist: Nicht der einzelne Gedanke sorgt dafür, dass wir völlig durch den Wind sind, sondern es ist die ständige Wiederholung dieses Gedankens, die dessen Wirkung verstärkt und seinen Inhalt wahr erscheinen lässt.

               2             Du musst lernen, den Tag von deinen bewussten Entscheidungen bestimmen zu lassen – nicht von deinen Ängsten oder Impulsen.

Ein ungezähmter Geist ist ein Minenfeld. Ohne Regeln, Fokus, eine solide Basis oder Selbstkontrolle kann dich alles dazu verleiten, zu glauben, dass du etwas willst, was du in Wirklichkeit gar nicht willst. „Ich möchte heute Abend einen trinken gehen und mich nicht auf die morgige Präsentation vorbereiten“ scheint auf kurze Sicht ein zulässiger Wunsch zu sein, ist auf lange Sicht jedoch verhängnisvoll. Ein superwichtiges Meeting in den Sand zu setzen, nur weil du einen trinken gehen willst, lohnt sich vermutlich nicht. Wenn du lernst, feste Gewohnheiten zu entwickeln, lernst du, dich von deinen bewussten Entscheidungen, wie dein Tag aussehen sollte, leiten zu lassen und den ganzen anderen zeitweiligen Mist zu ignorieren.

               3             Glück erwächst nicht daraus, wie viel du tust, sondern daraus, wie gut du es tust.

Mehr ist nicht besser. Glück heißt nicht, etwas anderes zu erleben, sondern das, was man bereits hat, ständig auf neue und andersartige Weise zu erleben. Da man uns lehrt, dass jeder unserer Gedanken und Schritte, jede unserer Entscheidungen von Leidenschaft getragen werden sollte, werden wir im Grunde von der Angst beherrscht, dass wir unglücklich sind, weil wir nicht „genug“ tun.

               4             Wenn du dein tägliches Handeln in ordentliche Bahnen lenkst, deaktivierst du deine „Kampf oder Flucht“-Instinkte, weil du nicht länger dem Unbekannten gegenüberstehst.

Warum haben wir so große Schwierigkeiten mit Veränderungen, und warum erleben Menschen mit festen Gewohnheiten so viel Freude? Weil ihre Angstinstinkte lange genug ausgeschaltet sind, um etwas tatsächlich genießen zu können.

               5             Kindern vermittelt Routine ein Gefühl der Sicherheit, Erwachsenen ein Gefühl der Sinnhaftigkeit.

Interessanterweise sind sich diese beiden Gefühle ähnlicher, als man denken würde (zumindest haben sie denselben Ursprung). Beide haben mit der Angst vor dem Unbekannten zu tun: Als Kinder wissen wir nicht, wo es nach links geht, geschweige denn warum wir leben und ob etwas, was wir noch nie zuvor getan haben, beängstigend oder schädlich sein wird oder nicht. Wenn Dinge im Erwachsenenalter zur Routine geworden sind, können wir uns mit der einfachen Vorstellung trösten: „Ich weiß, wie ich es tun muss. Ich habe es schon einmal getan.“

               6             Du bist zufrieden, weil Gewohnheiten Entscheidungen, die du bereits getroffen hast, immer wieder bestätigen.

Wenn du entschieden hast, dass du ein Buch schreiben möchtest – und du verpflichtest dich, jeden Abend drei Seiten zu schreiben, egal, wie lange es dauert –, bekräftigst du nicht nur deine Entscheidung, damit zu beginnen, sondern auch deine Fähigkeit, es zu tun. Es ist ungelogen die gesündeste Art, sich bestätigt zu fühlen.

               7             Während dein Körper sich selbst reguliert, wird Routine der Weg zum „Flow“.[2]

„Flow“ ist im Grunde das, was passiert, wenn wir in unserem Tun so aufgehen, dass sich alle Gedanken oder Sorgen auflösen und wir einfach vollkommen auf unsere Aufgabe konzentriert sind. Je mehr du deinen Körper auf bestimmte Gewohnheiten trainierst – 7 Uhr aufwachen, 14 Uhr mit dem Schreiben beginnen usw. –, desto leichter kommst du auf ganz natürliche Weise in den Flow.

               8             Wenn wir keine festen Gewohnheiten haben, bringen wir uns selbst bei, „Angst“ als Indikator für unser falsches Verhalten zu sehen statt dafür, dass uns das Ergebnis sehr wichtig ist.

Ein Mangel an Routine ist einfach ein Nährboden für ständiges Zögern. Er verschafft unserem Unterbewusstsein Raum, zu sagen: „Du kannst jetzt eine Pause einlegen“, wenn wir in Wirklichkeit eine Deadline haben. Doch wenn wir daran gewöhnt sind, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Pause zu machen, lassen wir dies schlicht deswegen zu, weil „wir es immer tun“.


[1]              Gilbert, Daniel. Ins Glück stolpern: Über die Unvorhersehbarkeit dessen, was wir uns am meisten wünschen, München 2006.

[2]              Csikszentmihalyi, Mihaly. Flow: Das Geheimnis des Glücks, Berlin 2016.

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Good Habits, Bad Habits - Gewohnheiten für immer ändernGood Habits, Bad Habits – Gewohnheiten für immer ändernGood Habits, Bad Habits - Gewohnheiten für immer ändern

Mythos Willensstärke: warum wir nicht an mangelnder Disziplin scheitern

Nutzen Sie die Kraft des Unbewussten, um Ihre Ziele zu erreichen!

Sie fragen sich, warum es mit dem Abnehmen nicht klappt? Und eigentlich wollen Sie schon lange regelmäßig Sport treiben, landen aber immer wieder auf der Couch? Fakt ist: Wir verbringen sagenhafte 43 Prozent unseres Tages damit, Dinge zu tun, ohne darüber nachzudenken. Wie wir auf Menschen reagieren; wie wir uns bei der Arbeit verhalten; wann und wie wir uns bewegen, essen und trinken: All das wird von Gewohnheiten bestimmt. Selbst komplexe Handlungen laufen oft auto­matisch ab. Dieses Buch erklärt, warum wir schlechte Gewohnheiten nicht allein mit Selbstdisziplin und Willensstärke loswerden und wie wir wirklich positive Veränderungen erreichen.

„Viele Autoren haben über Gewohnheiten geschrieben, aber Wood ist die führende Forscherin. Sie erklärt, was funktioniert und was nicht.“ Washington Post

„Selbst disziplinierte Menschen verdanken ihre scheinbare Tugend möglicherweise eher dem Zufall als schierer Willensstärke.“ New Yorker

„Faszinierend und unterhaltsam, dieses Buch wird viele Leben verändern. Es ist ein Wegweiser.“ Cass R. Sunstein

„Woods Arbeit hat die Wissenschaft geprägt. Ich kann mir keine bessere Person vorstellen, um dieses Buch zu schreiben.“ Dan Ariely

„Niemand hat besser gezeigt, wie man schlechte in gute Gewohnheiten umwandeln kann.“ Robert B. Cialdini

Teil 1 Wie wir wirklich sind

1 Beharrlichkeit und Wandel


Gewohnheit wird zur zweiten Natur.

Cicero

 

Von Zeit zu Zeit geht meine Cousine auf Facebook und verkündet, dass sie ihr Leben ändern will. Bei ihr bedeutet das, dass sie abnehmen möchte. Es beginnt immer auf die gleiche Weise: Sie ist unzufrieden, sie wiegt mehr, als sie möchte, sie hat Rückenschmerzen, und die zusätzlichen Pfunde machen es schlimmer. Dann wählt sie eine Formulierung, die uns allen aus der Seele spricht: Sie sagt, sie fühle sich festgefahren. Sie habe das Gefühl, sich einfach nicht verändern zu können. Zu guter Letzt bittet sie ihre Social-Media-Freunde um Hilfe.

Die Welt der sozialen Medien (zumindest ihr kleiner Ausschnitt davon) reagiert mit breiter Ermutigung:

„Du packst das! Wenn es jemand hinbekommt, dann du.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass du etwas nicht schaffst.“

„Du gehörst zu den stärksten Frauen, die ich kenne.“

„Diese blöde Gewichtssache kann dich doch nicht unterkriegen.“

Ihre Freunde machen ihr Mut. In dem komplexen sozialen Prozess, den meine Cousine initiiert hat, spielen sie beflissen ihre Rolle: Indem meine Cousine ihre Vorsätze anderen Menschen gegenüber ausspricht, werden sie für sie selbst greifbarer und verbindlicher. Etwas weniger offensichtlich ist eine andere Folge ihrer öffentlichen Ankündigung: Der Preis des Scheiterns geht in die Höhe. Sie allein ist verantwortlich für den Erfolg. Wenn man etwas öffentlich ankündigt, ist ein Misserfolg sehr viel peinlicher, als wenn man im stillen Kämmerlein beschließt, ein paar Kilo abzunehmen. Das gibt solchen Beiträgen den dramatischen Touch. Meine Cousine sagt nicht bloß, dass sie ein bisschen Diät halten will, sondern sie gelobt, es diesmal wirklich durchzuziehen. Ihre Freundinnen und Freunde reagieren, als stünde sie am Anfang einer Abenteuerreise: „Glaube niemandem, der dir sagt, du schaffst es nicht.“ Sie nimmt nicht einfach nur sieben Kilo ab, sie fängt ein neues Leben an. Sie hat einen klaren, festen Entschluss gefasst, und sie hat ihn öffentlich gemacht.

Nun … wir alle wissen, wie es weitergeht.

Klassische Ökonomen haben einen besonderen Blick auf die Klemme, in der meine Cousine steckt. Der Ausdruck Homo oeconomicus, „Wirtschaftsmensch“, referiert auf unser angeblich unwandelbares und rationales Eigeninteresse, das jede Art des ökonomischen Verhaltens so vorhersehbar mache wie eine Rechenaufgabe. Gute Exemplare des Homo oeconomicus werden als Nutzenmaximierer gedacht – im Grunde erwartet man von uns, dass wir uns bei der Verfolgung der für uns vorteilhaften Ziele stets rational verhalten. Die Idee dieses hervorragenden rationalen Menschen formte sich vor etwa zweihundert Jahren, in den Arbeiten des politischen Theoretikers John Stuart Mill. Doch sogar schon damals löste sein Konzept Spott und Kritik aus. Tatsächlich waren es die frühen Kritiker von Mills Überschätzung unserer kollektiven Rationalität, die den Begriff Homo oeconomicus überhaupt erst prägten – nämlich, um sich über seine Theorie lustig zu machen. Seitdem hat das Fachgebiet der Ökonomie nach und nach ein realistischeres und komplexeres Verständnis der menschlichen Natur entwickelt. Am Ende mussten im Licht unserer hartnäckigen Irrationalität auch noch die grundlegendsten ökonomischen Annahmen korrigiert werden. Nicht einmal der Gott der modernen Wirtschaftswissenschaften wurde verschont. Adam Smith mag recht gehabt haben, als er sagte, dass wir alle „im Blick auf unsere [eigenen] Interessen“ handeln, doch diese Interessen lassen sich mit spektakulärer – weil menschlicher – Unterschiedlichkeit definieren.

Als ich den Eintrag meiner Cousine las, musste ich jedenfalls sofort an den Homo oeconomicus denken. Wäre sie ein durch und durch rationales Wesen, das sich durch eindeutige Zwecke leiten ließe, dann könnte sie einfach still und leise ihren Lebensstil ändern. Öffentliche Bekanntmachungen wären nicht nötig.

Wie schwierig ist es, sich wirklich zu verändern?

Die meisten von uns, einschließlich meiner Cousine, kennen die Antwort instinktiv: Es ist verdammt schwierig.

Das war ja gerade der Grund, warum sie sich in weiser Voraussicht einen Weg überlegt hatte, ihre Vorsätze verbindlich zu machen. Sie verpflichtete sich selbst auf ihre eigenen Pläne und trieb damit die Kosten des Scheiterns in die Höhe. Sie gestaltete ihre eigene soziale Umgebung so um, dass es für sie schwieriger wurde, nicht abzunehmen. Dies sollte eigentlich funktionieren.

Und das tat es auch. Zwei Wochen nach ihrem ersten Post brachte sie uns auf den neuesten Stand: ein knappes Kilo weniger. „Das ist doch ein toller Anfang!“

Doch dann: Stille.

Einen Monat später schrieb sie, dass sie weiterhin dran sei, aber bisher ohne großen Erfolg. „Noch kann ich euch nicht von verlorenen Kilos berichten.“ Und das war für eine ganze Weile ihr letzter Eintrag zu dem Thema.

Als ich mich sechs Monate später mit ihr traf, hatte sie weiterhin kein einziges zusätzliches Gramm abgenommen. Das Einzige, was sich verändert hatte, war, dass es nun in ihrem Leben einen weiteren Misserfolg gab, über den sie sich grämen konnte. Unangenehmerweise auch noch einen Misserfolg in aller Öffentlichkeit. Wie bei so vielen Menschen, die versuchen, ihr Verhalten zu verändern, endete die Sache auch bei meiner Cousine damit, dass die Veränderung einfach nicht stattfand. Und das, obwohl sie es sich so sehr wünschte, obwohl sie wild entschlossen war und von ihren Freunden unterstützt wurde. Man denkt, das müsste reichen, aber es reicht nicht.

Der erste Schritt zur Lösung des Problems ist das Eingeständnis, dass wir keine vollständig rationalen Wesen sind. Die Gründe, die unser Handeln antreiben, können undurchsichtig sein. Es ist überraschend, was uns am Leben erhält. Erst vor einiger Zeit haben Wissenschaftler begonnen, die facettenreiche Natur des menschlichen Bewusstseins zu entwirren und die daraus entstehenden Tendenzen und Prioritäten zu identifizieren. Dadurch, dass wir sie verstehen, können wir diese Einflüsse zwar nicht vollständig zum Schweigen bringen, aber wir können uns, während wir handeln, Rechenschaft über sie ablegen. Unser eigenes Verhalten entspringt aus einer geheimnisvollen, tief verborgenen und verleugneten Quelle der Irrationalität.

Was bringt die Veränderungsversuche meiner Cousine zum Scheitern? Woran liegt es, dass auch wir anderen auf diesem Gebiet immer wieder Niederlagen einstecken müssen? Die Antwort ist, dass wir nicht wirklich verstehen, was unser Verhalten antreibt. Und das Problem geht sogar noch weiter. Wir müssen aufhören, unser rationales Ich zu überschätzen. Wir müssen verstehen lernen, dass wir auch aus Anteilen bestehen, die tiefer liegen. Wir können uns diese Anteile als voll ausgebildete, alternative Ichs vorstellen, die nur darauf warten, anerkannt zu werden – und für uns zu arbeiten.

Die Wissenschaft enthüllt nun langsam, warum wir bisher nicht in der Lage waren, unser Verhalten zu verändern. Was aber noch besser ist: Sie zeigt uns, wie wir dieses neue Wissen nutzen können, um in unserem Leben planvoll eine dauerhafte Veränderung herbeizuführen.

Vielleicht haben Sie schon einmal versucht, mithilfe eines Haushaltsplans Geld beiseitezulegen. Oder Sie haben sich vorgenommen, über einen Onlinekurs eine neue Sprache zu lernen. Möglicherweise bestand Ihr Ziel auch darin, öfter auszugehen und neue Leute kennenzulernen. Anfangs waren Sie fest entschlossen, voller Energie und Kampfgeist. Doch auf Dauer konnten Sie Ihr Engagement nicht aufrechterhalten, und das gewünschte Ergebnis trat niemals ein.

Es ist eine nur allzu allgemeine menschliche Erfahrung: Wir wollen etwas verändern und fassen feste Vorsätze. Angeblich ist das alles, was es braucht, jedenfalls wenn man der gängigen Meinung glaubt, die bei diesem Thema ziemlich unzweideutig ist – von „Sie wollte es eben einfach nicht genug“ bis „Gibst du wirklich dein Bestes?“. Mit dieser Ideologie werden schon kleine Kinder bedrängt („Greif nach den Sternen!“), und sie lässt uns bis zum bitteren Ende nicht los – bis zu der Lebensphase, in der viele von uns (schrecklicherweise) mit Krankheiten wie Krebs konfrontiert sind, gegen die wir dann „ankämpfen“ sollen. Willenskraft ist alles, so lautet die Moral. Sich selbst zu verändern wird damit zu einer Art Test für unser gesamtes Menschsein – jedenfalls seines bewussten Bereichs. Der berühmte Werbeslogan der Firma Nike mag ursprünglich ein bisschen ironisch gemeint gewesen sein, aber der entschiedene Ton der Botschaft – und unsere Empfänglichkeit dafür – hat ihn zu dem säkularen Gebot gemacht, das er heute ist: Just Do It. Der Subtext ist folgender: Wenn wir etwas nicht „einfach tun“, dann war das offenbar unsere eigene Entscheidung.

Ich schätze, meine Cousine und ihre Freunde sehen das letztlich genauso. Aus ihrer Sicht hat meine Cousine ganz klar eine Entscheidung getroffen und ganz klar versucht, sie in die Tat umzusetzen. Aber es ist ihr eben nicht gelungen. Unglücklicherweise ist ein Misserfolg unter diesen Vorzeichen besonders entmutigend. Der Vergleich mit erfolgreicheren Menschen tut weh. Es ist schwer, uns bei Misserfolgen in Sachen Selbstveränderung nicht mit Menschen zu messen, denen es gut gelingt, ihre Vorsätze in die Tat umzusetzen: Profisportlerinnen, die jeden Tag stundenlang trainieren; Musikern, die Monate damit verbringen, für eine Aufführung zu proben; erfolgreichen Schriftstellerinnen, die in schöner Regelmäßigkeit Seite um Seite hervorbringen, bis ihr Buch fertig ist. Wir sehen diese Überflieger und können ihren geheimnisvollen und beneidenswerten Erfolg nur als Resultat von Willenskraft interpretieren: Diese Leute scheinen zu denen zu gehören, die eine Sache „einfach tun“. Aber warum können wir das nicht? Warum wirkt unsere Lebensleistung im Vergleich zu ihrer so kümmerlich?

Irgendwann fühlen wir uns nur noch mickrig.

Für jede Einzelne von uns ist der Schluss naheliegend, dass wir es eben einfach nicht gebracht haben und dass wir, hätten wir es uns nur fest genug vorgenommen, ebenso erfolgreich hätten sein können. Aber wir hatten nun einmal nicht die Willenskraft. Es ist uns eben nicht gelungen, es „einfach zu tun“.

Das Phänomen ist inzwischen landesweit zu beobachten. Wenn man US-Amerikaner fragt, was ihrer Meinung nach für Übergewichtige die größte Hürde beim Abnehmen darstelle, dann wird Mangel an Willenskraft am häufigsten genannt. Drei Viertel von uns glauben, dass Übergewicht aus mangelnder Kontrolle über das eigene Essverhalten resultiert.

Sogar übergewichtige Menschen selbst geben an, dass ihr Mangel an Willenskraft das größte Hindernis für das Abnehmen darstelle. 81 Prozent von ihnen sagten, dass fehlende Selbstkontrolle ihr Verderben sei. Beinahe alle Teilnehmer hatten – wenig überraschend – schon einmal versucht, etwas zu verändern. Sie hatten Diäten und Sport gemacht, doch vergeblich. Einige von ihnen hatten schon zwanzig Abnehmversuche hinter sich! Trotzdem glaubten sie noch immer, einfach nicht genügend Willenskraft zu haben.

Drei Viertel ist die große Mehrheit. Etwa drei Viertel der Amerikaner hat verstanden, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Anders gesagt, wir haben es hier mit einer allgemein anerkannten Tatsache zu tun: Der Mangel an Willenskraft ist das Problem.

Und dennoch wird man kaum behaupten können, dass die Geschichte meiner Cousine ein Sonderfall ist. Ich wette, wir alle können von ähnlichen Erlebnissen berichten. Jeder Einzelne von uns ist schon einmal daran gescheitert, Willenskraft zu demonstrieren. Trotzdem hören wir nicht auf, daran zu glauben. Wir geben der Willenskraft astronomische Autorität, während sie eher astrologische Ergebnisse liefert. Aber was fehlt, damit echte, dauerhafte Veränderung möglich wird?

Es ist dieses Rätsel, das mich ursprünglich dazu gebracht hat, mich mit dem Thema Verhaltensänderung zu beschäftigen: Warum ist es so leicht, die anfängliche Entscheidung zur Veränderung zu treffen und zunächst sogar einiges richtig zu machen – und dann so schwierig, auf lange Sicht dranzubleiben? Als Doktorandin und später als junge Hochschullehrerin sah ich einige meiner motiviertesten und begabtesten Kolleginnen und Kollegen mit diesem Dilemma kämpfen. Sie wollten etwas erreichen und nahmen sich interessante Projekte vor, aber in dem sehr unstrukturierten universitären Leben schafften sie es nicht, kontinuierlich und produktiv zu arbeiten.

Am Anfang meiner Karriere wurde ein kluger Student Teil meiner Arbeitsgruppe. Er neigte dazu, Dinge aufzuschieben. In den Seminaren glänzte er; bei den selbst zu organisierenden Forschungsprojekten schien er sich dagegen immer wieder zu verzetteln. Ich versuchte, ihm zu helfen, indem ich regelmäßige Arbeitszeiten definierte und sein Projekt in einzelne Etappen unterteilte. Irgendwann war er mit einer strengen Deadline seitens der Universitätsleitung konfrontiert. Damit er bei uns weiterarbeiten konnte, musste er bis zu einem bestimmten Termin das Exposé für seine Abschlussarbeit einreichen. Ich kam am Tag der Deadline sehr früh ins Büro, weil ich hoffte, seine Arbeit lesen zu können, und wurde von dem Bild eines Grabsteins begrüßt, das er an meine Tür geklebt hatte. Ich verstand. Er hatte die Deadline verpasst und seine Träume von einer Unikarriere begraben.

Wenn Sie sich jemals in einer universitären Umgebung aufgehalten haben, dann wissen Sie längst, dass Intelligenz und Motivation sehr wenig Einfluss darauf haben, ob man es schafft, gewisse Aufgaben regelmäßig zu erledigen. Aber was hat Einfluss darauf?

Mir scheint, dass die Willenskraft-These von einem grundlegenden Missverständnis herrührt – einem Missverständnis, das in vielerlei Hinsicht rational ist. Denn wenn meine Cousine sich endlich entschlossen hat abzunehmen oder Sie sich schließlich zu dem festen Vorsatz durchringen, sich beruflich zu verändern, fühlt sich das so an, als wäre das Wichtigste schon geschafft. So laut und chaotisch, wie es in unserer Welt zugeht, werden wir oft genug davon abgehalten, schwierige Entscheidungen zu treffen. Die meisten von uns vermeiden es sogar, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Und wenn wir es doch einmal tun, fühlt es sich schon an wie ein Sieg. Ich mache jetzt endlich eine Diät, ich suche mir eine neue Arbeit … doch dann ist man plötzlich ausgebremst. Es geht dabei nicht um Willenskraft. Wenn man meine Cousine ein paar Wochen nach ihrem ersten Post gefragt hätte, ob sie noch immer den Willen habe, ihr Ziel zu erreichen, hätte sie mit Sicherheit Ja gesagt (wenn auch vielleicht etwas zögernder).

Nike-Werbung und die gängige Meinung hin oder her: Die Wissenschaft zeigt, dass wir alles andere als ein einheitliches Ganzes darstellen. Psychologisch gesprochen haben wir nicht nur ein Bewusstsein. Unser Bewusstsein setzt sich vielmehr aus vielen einzelnen, miteinander verbundenen Mechanismen zusammen, die unser Verhalten regulieren. Einige dieser Mechanismen sind dafür geeignet, Veränderungen anzustoßen – wie die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und die Willenskraft. Diese Funktionen sind uns bekannt und vertraut, weil wir sie bewusst erfahren. Vor einer Entscheidung setzen wir uns bewusst mit den relevanten Informationen auseinander und kommen zu einer Lösung. Wenn wir von unserer Willenskraft Gebrauch machen, setzen wir aktiv unseren Kopf und unsere Energie ein. Entscheidungsfähigkeit und Willenskraft speisen sich aus dem, was wir exekutive Funktionen beziehungsweise kognitive Kontrolle nennen: bewusste kognitive Prozesse, mit denen wir Handlungen auswählen und steuern. Dadurch, dass sie uns bewusst sind, bilden diese Prozesse unsere subjektive Realität, ein Gefühl von Handlungsfähigkeit, das wir als „Ich“ erkennen. Und ähnlich wie den Einsatz von Körperkraft können wir auch den Einsatz von Geisteskraft als ziemlich mühevoll empfinden.

Unsere kognitive Kontrolle ist eine tolle Sache. Viele Herausforderungen des Lebens kann man nur mit ihrer Hilfe bewältigen. So beginnt der Entschluss, um ein höheres Gehalt zu verhandeln, damit, dass man einen Termin bei seinem Chef macht. Man fasst sein Anliegen vorsichtig in Worte und umreißt die Argumente, die dafürsprechen. Oder man beschließt, sein Leben etwas romantischer zu machen, indem man die attraktive Person vom Sport fragt, ob sie Lust auf einen Kaffee hat. Nach einigem Hin-und-her-Überlegen findet man einen passenden Weg dafür. Bei diesen einmaligen Ereignissen funktioniert Entschlusskraft gut. Wir treffen eine Entscheidung, festigen unsere Entschlossenheit, sammeln unsere Kräfte und ziehen es durch.

Andere Bereiche unseres Lebens sind dagegen vollkommen resistent gegen kognitive Kontrolle. Jedes Mal zu denken, bevor man handelt, würde das Leben auch ziemlich kompliziert machen. Ich werde später noch einmal darauf zurückkommen, aber können Sie sich vorstellen, vor jedem einzelnen Training den ganzen Entscheidungsprozess, ob Sie zum Sport gehen, zu durchlaufen? In diesem Fall würden Sie sich selbst dazu verdammen, Tag für Tag von Neuem den Feuereifer des ersten Mals aufzubringen. Sie würden Ihr Bewusstsein dazu zwingen, den anstrengenden Prozess täglich zu wiederholen, indem Sie sich selbst alle Gründe vergegenwärtigen, die dafürsprechen – und weil unser Bewusstsein auf diese wundervolle, irrationale Weise von Gegensätzen besessen ist, müssten Sie sich auch alle Gründe vergegenwärtigen, die dafürsprechen, nicht zum Sport zu gehen. Jedes Mal. Jeden Tag. So funktioniert Entscheidungsfindung nun einmal. Sie müssten sich mental sozusagen dauernd mit schweren Gewichten abquälen und könnten kaum noch an etwas anderes denken.

Die Entdeckung, die wir in diesem Buch machen werden, ist, dass es andere Bereiche unseres Bewusstseins gibt, Bereiche, die sich besonders dafür eignen, Wiederholungsmuster zu etablieren. Gemeint sind unsere Gewohnheiten. Automatisch zu funktionieren liegt ihnen sehr viel mehr, als sich auf die laute und kontroverse Debatte einzulassen, die typischerweise mit der Entscheidungsfindung einhergeht. Was wir außerdem feststellen werden, ist, dass diese automatisierten Anteile längst eine große Rolle in unserem Leben spielen – sie dominieren die schlichten, gewissenhaften Anteile unseres Ichs, die wir einer Aufgabe widmen können. Und was wäre besser geeignet, um wichtige und langfristige Ziele zu erreichen? Die Debatte links liegen lassen und sich an die Arbeit machen. Genau dazu sind Gewohn-
heiten da.

Die Wissenschaft und unsere eigene Erfahrung haben gezeigt, dass wir von Natur aus Gewohnheiten ausbilden, sowohl harmlose als auch schädliche. Ich wette zum Beispiel, dass bei Ihnen die erste Viertelstunde nach dem Aufwachen immer ungefähr auf die gleiche Weise abläuft. Das ist ganz natürlich. Aber es ist auch leicht, daraus den falschen Schluss zu ziehen, dass unser Bewusstsein diese Beharrlichkeit immer wieder aktiv selbst herstellt. Der Gedanke liegt nahe, dass eine solche Ausdauer das Resultat unserer wiederholten und bewussten Anstrengung ist, Handlungen zu gestalten und Ziele zu erreichen. Wenn unsere Verhaltensmuster tatsächlich darauf beruhen würden, dass wir es eben „einfach tun“ (wie viel zu viele Menschen glauben), dann hieße das ja wohl, dass wir jeden Morgen bewusst beschließen, uns genauso zu verhalten wie am Tag zuvor. Oder?

Das mag sein, wenn wir es darauf anlegen. In Wirklichkeit aber hat unser Bewusstsein zu vielen unserer Handlungen nur wenig Kontakt – und das gilt vor allem für gewohnheitsmäßige Handlungen. Am Werk ist dabei vielmehr ein riesiger, halb verborgener, unbewusster Apparat, den wir zwar mithilfe von Signalen und Kommandos aus unserem Bewusstsein steuern können, der aber letztlich ein Eigenleben führt – ohne die Einmischung der kognitiven Kontrolle. Diese Teile des Ichs unterscheiden sich gewaltig von dem bewussten Ich, das wir kennen, und sie können auf völlig andere Weise genutzt werden.

Das uns bekannte Ich ist auf Gehaltserhöhungen und Liebesaffären konzentriert. Unsere unbewussten Anteile dagegen bilden Gewohnheiten aus, die es uns ermöglichen, unsere Handlungen aus der Vergangenheit ganz einfach in der Gegenwart zu wiederholen. Mit der Ausbildung von Gewohnheiten oder damit, aus Gewohnheit zu handeln, haben wir aber wenig bewusste Erfahrung. Wir haben nicht die gleiche Kontrolle über unsere Gewohnheiten wie über unsere bewussten Entscheidungen. Gewohnheiten sind etwas Unterschwelliges, Verstecktes. Das erklärt, warum unser alltägliches Sprechen über sie von einer seltsamen Unterordnung geprägt ist: „Tja, so bin ich es nun einmal gewohnt“ – als ob unsere Gewohnheiten getrennt von uns existierten oder gewissermaßen parallel zu unserem erfahrbaren Ich operierten. Und es stimmt, Gewohnheiten sind bis heute ein Mysterium, und ihr Verständnis wird seit vielen Jahrzehnten von der falschen Vorstellung verhindert, dass das Aufgeben schlechter und die Aneignung neuer, zuträglicher Gewohnheiten einfach eine Sache von Vorsatz und Willenskraft sei.

Bevor wir fortfahren, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die gleichen Lernmechanismen, die für gute Gewohnheiten zuständig sind, also für solche, die mit unseren Zielen übereinstimmen, auch für schlechte Gewohnheiten verantwortlich sind, also für solche, die unseren Zielen widersprechen. Gut oder schlecht – Gewohnheiten haben den gleichen Ursprung. Natürlich, sie haben ganz unterschiedliche Folgen, aber davon sollte man sich nicht verwirren lassen. In dieser Hinsicht sind regelmäßig Sport treiben und täglich mehrere Zigaretten rauchen identisch. Es sind exakt die gleichen Mechanismen am Werk.

Für unsere gesundheitlichen Ziele dagegen sind Sport treiben und rauchen diametrale Gegensätze. Dieses Buch will zeigen, wie wir mithilfe unserer bewussten Ziele unserem Gewohnheits-Ich eine bestimmte Richtung geben können, sodass wir es sind, die bestimmen und die Richtung vorgeben. Wenn wir verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren, können wir Verbindungspunkte zwischen ihnen und unseren Zielen herstellen, sodass beide sich auf erstaunlich vorteilhafte Weise aufeinander einstimmen. In manchen Fällen tun sie dies bereits, wie wir sehen werden.

„Wenn wir verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren, können wir Verbindungspunkte zwischen ihnen und unseren Zielen herstellen, sodass beide sich auf erstaunlich vorteilhafte Weise aufeinander einstimmen.“


Wendy Wood

Routinen und Gewohnheiten erfolgreich verändern

Blick ins Buch
Die Macht der GewohnheitDie Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun

Warum wir tun, was wir tun

Anleitung zum Umdenken - Routinen und Gewohnheiten erfolgreich verändern
Gewohnheiten besitzen eine ungeheure Macht. Doch wie kommen sie zustande? Und: Haben wir unsere Gewohnheiten noch im Griff?


Charles Duhigg kennt die positive Macht der Routine, aber auch die dunklen Seiten der Gewohnheit. Er beleuchtet Forschung und Alltag und erklärt, warum einige Menschen es schaffen, über Nacht mit dem Rauchen aufzuhören, oder weshalb das Geheimnis sportlicher Höchstleistung in antrainierten Automatismen liegt.

Nicht zuletzt schildert er, wie Konzerne Millionen ausgeben, um unsere Angewohnheiten für ihre Zwecke zu manipulieren.

Der Autor beleuchtet die verschiedenen Aspekte:

  • Wie bilden sich unsere Angewohnheiten?
  • Können bestehende Verhaltensweisen durch Willenskraft und Selbstdisziplin verändert werden?
  • Wie können Unternehmen und Organisationsstrukturen automatisierte Muster durchbrechen?
  • Wie lässt sich die Dynamik von Menschenmassen beeinflussen?


»Als Sie heute Morgen aufgewacht sind, was haben Sie da als Erstes getan? Sind Sie unter die Dusche gehüpft, haben Sie Ihre E-Mails durchgesehen? Haben Sie Zähne geputzt, bevor Sie sich abgetrocknet haben, oder danach?

Haben Sie zuerst den linken oder den rechten Schuh gebunden? Welchen Weg sind Sie zur Arbeit gefahren? Haben Sie, als Sie an Ihren Schreibtisch kamen, zuerst die E-Mails gecheckt, mit einem Kollegen geplaudert oder eine SMS geschrieben? 

... über 40 Prozent unserer täglichen Handlungen beruhen nicht auf bewussten Entscheidungen, sondern sind Gewohnheiten.« Charles Duhigg

  • Mit zahlreichen Tipps und praktischen Beispielen
  • Verblüffende Erkenntnisse aus der Hirnforschung und Psychologie

Vorwort
Gewohnheiten als Therapie



Sie war für die Wissenschaftler die ideale Testperson. Laut Akte war Lisa Allen 34 Jahre alt, sie hatte mit sechzehn zu rauchen und zu trinken angefangen und die meiste Zeit ihres Lebens Probleme mit Übergewicht gehabt. Als sie Mitte zwanzig war, hatte sie über 10 000 Dollar Schulden und bekam Besuch von diversen Inkassobüros. Ein alter Lebenslauf verriet, dass ihr längstes Arbeitsverhältnis kaum ein Jahr gedauert hatte.
Die Frau, die den Forschern heute gegenübersaß, war aber schlank und quirlig, mit den durchtrainierten Beinen einer Läuferin. Sie sah zehn Jahre jünger aus als auf den Fotos in ihren Unterlagen, und sie wirkte sportlicher als jeder andere im Raum. Laut dem jüngsten Bericht in ihrer Akte hatte Lisa keine Schulden, sie trank nicht mehr und arbeitete seit 39 Monaten in einem Büro für Grafikdesign.
„Wann haben Sie zuletzt geraucht?“ war die erste einer ganzen Reihe von Fragen, die Lisa jedes Mal beantworten musste, wenn sie dieses Labor außerhalb von Bethesda, Maryland, aufsuchte.
„Vor fast vier Jahren“, antwortete sie dem zuständigen Arzt, „und ich habe seitdem dreißig Kilo abgenommen und bin einen Marathon gelaufen.“ Sie hatte mittlerweile mit dem Studium angefangen und ein Haus gekauft. Es war viel passiert in der Zwischenzeit.
Unter den anwesenden Forschern waren Neurologen, Psychologen, Genetiker und ein Soziologe. In den vergangenen drei Jahren hatten sie, finanziert durch Gelder der National Institutes of Health, Lisa und über zwei Dutzend andere ehemalige Raucher, Esssüchtige, Alkoholiker, Kaufsüchtige und Menschen mit anderen destruktiven Angewohnheiten auf Herz und Nieren untersucht. Die Studienteilnehmer hatten eines gemeinsam: Sie hatten ihr Leben in relativ kurzer Zeit von Grund auf umgekrempelt. Die Forscher wollten verstehen, wie ihnen das gelungen war. Daher kontrollierten sie die Vitalparameter ihrer Probanden, sie installierten Videokameras in ihren Häusern, um ihren Tagesablauf zu beobachten, sie sequenzierten bestimmte Abschnitte ihrer DNA und erfassten mit Hilfe von Geräten, die die Vorgänge im Gehirn in Echtzeit abbilden, den Blutfluss und die elektrische Aktivität im zentralen Nervensystem, während die Probanden der Versuchung von Zigarettenrauch oder üppigen Mahlzeiten ausgesetzt waren. Die Forscher wollten herausfinden, wie Gewohnheiten auf neurologischer Ebene funktionieren – und wie man sie verändern kann.

„Ich weiß, dass Sie diese Geschichte schon ein Dutzend Mal erzählt haben“, sagte der Arzt zu Lisa, „aber einige meiner Kollegen kennen sie nur aus zweiter Hand. Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch einmal zu schildern, wie Sie von den Zigaretten losgekommen sind?“

„Gern“, sagte Lisa. „Es begann in Kairo.“ Der Urlaub sei eine etwas überstürzte Entscheidung gewesen, fuhr sie fort. Ein paar Monate zuvor war ihr Mann von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte verkündet, dass er sie wegen einer anderen Frau verlassen werde. Lisa brauchte eine Weile, um die Nachricht zu verarbeiten und sich mit der Tatsache abzufinden, dass er sich scheiden lassen wollte. Sie durchlebte eine Phase der Trauer, dann eine Zeit, in der sie ihn zwanghaft ausspionierte, seiner neuen Freundin in der ganzen Stadt nachstellte, sie nach Mitternacht anrief und einfach auflegte. Dann kam der Abend, an dem Lisa betrunken im Haus seiner Freundin aufkreuzte, an die Tür schlug und schrie, sie werde die Wohnung abfackeln.

„Mir ging es damals ziemlich schlecht“, sagte Lisa. „Ich wollte schon immer mal die Pyramiden sehen, und ich hatte den Dispo meiner Kreditkarten noch nicht ausgeschöpft, also …“ An ihrem ersten Tag in Kairo wachte Lisa im Morgengrauen vom Gebetsruf auf, der von einer nahegelegenen Moschee herüberschallte. In ihrem Hotelzimmer war es stockfinster. Halb blind und ermattet vom Jetlag, griff sie nach einer Zigarette.

Sie war so desorientiert, dass sie zunächst – bis sie den Geruch von versengtem Plastik wahrnahm – nicht bemerkte, dass sie einen Kugelschreiber anzünden wollte. In den letzten vier Monaten hatte sie nur geweint, immer wieder Fressanfälle gehabt, unter Schlaflosigkeit
gelitten, sich geschämt, sich hilflos und niedergeschlagen gefühlt und zugleich eine heftige Wut verspürt. Nun, im Hotelbett in Kairo, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. „Mir war, als würde ich von einer Trauerflut hinweggespült“, sagte sie. „Ich hatte das Gefühl, dass alles, was ich mir je gewünscht hatte, zerbrochen war. Ich konnte nicht mal mehr richtig rauchen. Und dann begann ich über meinen Exmann nachzudenken, und wie schwer es sein würde,
nach meiner Rückkehr einen neuen Job zu finden, und wie sehr ich das hassen würde und wie ungesund ich mich die ganze Zeit über fühlte. Ich stand auf und warf einen Wasserkrug um, der auf dem Boden zersplitterte, und da weinte ich noch heftiger. Ich spürte diese
Verzweiflung, als müsste ich was verändern, ich musste wenigstens irgendetwas finden, das ich kontrollieren konnte.“

Sie nahm eine Dusche und verließ das Hotel. Als sie in einem Taxi über die holprigen Straßen Kairos ruckelte und dann über die Pisten, die zur Sphinx, den Pyramiden von Gizeh und der endlos weiten Wüste drum herum führten, fiel ihr Selbstmitleid für einen kurzen Moment von ihr ab. Sie brauchte ein Ziel in ihrem Leben, dachte sie. Etwas, worauf sie hinarbeiten konnte. Also beschloss sie, im Taxi sitzend, bald nach Ägypten zurückzukehren und eine Wanderung durch die Wüste zu unternehmen.
Lisa wusste, dass es eine verrückte Idee war. Sie war nicht in Form, hatte Übergewicht und kein Geld auf der Bank. Sie kannte nicht einmal den Namen der Wüste, die sich vor ihr erstreckte, und sie wusste auch nicht, ob eine solche Wanderung überhaupt möglich
war. Aber all dies spielte keine Rolle. Sie brauchte etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Lisa beschloss, dass sie sich ein Jahr lang vorbereiten würde. Und um eine solche Expedition zu überleben, würde sie Opfer bringen müssen – davon war sie überzeugt. Vor
allem das Rauchen aufgeben.

Als Lisa schließlich elf Monate später – auf einer klimatisierten Tour mit einem halben Dutzend anderer Leute wohlgemerkt – durch die Wüste trekkte, führte die Karawane so viel Wasser, Nahrungsmittel, Zelte, Karten, GPS-Apparate und Funkgeräte mit sich, dass eine Stange Zigaretten auch nicht viel ausgemacht hätte.

Aber damals im Taxi wusste Lisa das noch nicht. Und für die Wissenschaftler im Labor waren die Details ihrer Reise nicht weiter von Belang. Aus Gründen, die sie gerade erst zu verstehen begannen, hatte die geringfügige Veränderung von Lisas Wahrnehmung an jenem Tag – die Überzeugung, dass sie das Rauchen aufgeben musste, um ihr Ziel zu erreichen – eine ganze Reihe von Veränderungen ausgelöst, die letztlich auf alle Aspekte ihres Lebens ausstrahlen würden. Im Verlauf der nächsten sechs Monate ersetzte sie das Rauchen durch Joggen, und diese Verhaltensänderung veränderte ihrerseits die Art und Weise, wie sie sich ernährte, arbeitete, schlief, Geld sparte, ihre Arbeitstage und ihre Zukunft plante und so weiter. Sie begann, Halbmarathons zu laufen, absolvierte dann einen Marathon, drückte wieder die Schulbank, kaufte ein Haus und verlobte sich.

Schließlich nahm sie an der besagten wissenschaftlichen Studie teil, und als die Forscher CT-Aufnahmen von Lisas Gehirn untersuchten, stießen sie auf etwas Bemerkenswertes: Bestimmte neurologische Muster – ihre alten Gewohnheiten – waren von neuen Mustern überschrieben worden. Sie konnten noch immer die neuronalen Aktivitätsmuster ihrer alten Verhaltensweisen erkennen, aber diese Impulse wurden von neuen Antrieben verdrängt. In dem Maße, wie sich Lisas Gewohnheiten veränderten, hatte sich auch ihr Gehirn verändert.

Es war nicht die Reise nach Kairo oder die Scheidung oder die Wüstentour, die nach Überzeugung der Wissenschaftler die Veränderung ausgelöst hatte. Entscheidend war vielmehr, dass Lisa sich darauf konzentriert hatte, zunächst nur eine Gewohnheit – das
Rauchen – zu ändern. Jeder Proband hatte einen ähnlichen Prozess durchlaufen. Durch Fokussierung auf ein Muster – eine sogenannte Schlüsselgewohnheit (keystone habit) – hatte sich Lisa selbst beigebracht, wie sie die anderen automatischen Verhaltensroutinen in ihrem Leben umgestalten konnte.

Nicht nur Individuen sind zu solchen Veränderungen imstande. Wenn sich Unternehmen zum Beispiel darauf fokussieren, Gewohnheiten zu verändern, kann sich eine komplette Organisation neu erfinden. Firmen wie Procter & Gamble, Starbucks, Alcoa und Target haben sich diese Erkenntnis zunutze gemacht, um die Arbeitsabläufe, das Kommunikationsverhalten von Mitarbeitern und – ohne dass diese es bemerkt hätten – die Einkaufsgewohnheiten von Konsumenten gezielt zu beeinflussen.

„Ich möchte Ihnen einen Ihrer letzten Gehirn-Scans zeigen“, sagte ein Forscher zu Lisa am Ende der Untersuchung. Er vergrößerte ein Bild auf einem Computerbildschirm, der Aufnahmen aus dem Inneren ihres Kopfes zeigte. „Wenn Sie Nahrungsmittel sehen, sind diese Areale“ – er deutete auf eine Stelle in der Nähe des Gehirnzentrums –, „die mit Gier und Hunger assoziiert sind, nach wie vor aktiv. Ihr Gehirn erzeugt noch immer das Verlangen, das Sie veranlasst, zu viel zu essen. Aber in diesem Areal“ – er deutete auf die Region direkt hinter ihrer Stirn –, „von dem nach unserer Auffassung Verhaltenshemmung und Selbstkontrolle ausgehen, zeigt sich eine neue Aktivität. Diese Aktivität wurde jedes Mal, wenn wir Sie hier untersucht haben, stärker.“ Deshalb war Lisa die beliebteste Studienteilnehmerin der Wissenschaftler: weil ihre Gehirn-Scans so anschaulich und klar waren, und deshalb so nützlich bei der Erstellung jener Karte der Hirnareale, in denen Verhaltensmuster – Gewohnheiten – verortet sind. „Sie helfen uns dabei, zu verstehen, wie eine Entscheidung zu einem automatischen Verhalten wird“, erklärte ihr der Arzt.

Die Anwesenden hatten das Gefühl, dass man kurz vor einer wichtigen Entdeckung stand. Und so war es tatsächlich.


* * *


Als Sie heute Morgen aufgewacht sind, was haben Sie da als Erstes getan? Sind Sie unter die Dusche gehüpft, haben Sie Ihre E-Mails durchgesehen, haben Sie einen Keks von der Küchenanrichte genommen? Haben Sie Zähne geputzt, bevor Sie sich abgetrocknet haben, oder danach? Haben Sie zuerst den linken oder den rechten Schuh gebunden? Was haben Sie zu Ihren Kindern gesagt, als sie zur Schule gingen? Welchen Weg sind Sie zur Arbeit gefahren? Haben Sie, als Sie an Ihren Schreibtisch kamen, zuerst die E-Mails gecheckt, mit einem Kollegen geplaudert oder eine SMS geschrieben? Salat oder Hamburger zum Mittagessen? Haben Sie, als Sie nach Hause kamen, Ihre Laufschuhe angezogen und eine Runde gedreht, oder haben Sie einen Drink genommen und vor dem Fernseher zu Abend gegessen?

„Unser ganzes Leben setzt sich, soweit es eine bestimmte Form hat, aus einer Anzahl von Gewohnheiten zusammen“, schrieb William James 1892. Die meisten Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen, mögen sich wie das Resultat sorgfältiger Abwägungsprozesse anfühlen, aber das sind sie nicht. Sie sind Gewohnheiten. Und obwohl jede Gewohnheit für sich genommen relativ wenig bedeutet, haben die Speisen, die wir bestellen, das, was wir allabendlich unseren Kindern erzählen, ob wir sparen oder Geld ausgeben, wie oft wir Sport treiben, und die Art und Weise, wie wir unsere Gedanken und Arbeitsabläufe organisieren, enorme Auswirkungen auf unsere Gesundheit, unsere Produktivität, unsere finanzielle Situation und unser Wohlbefinden. Ein Forscher der Duke University fand 2006 heraus, dass über 40 Prozent unserer täglichen Handlungen nicht auf bewussten Entscheidungen beruhen, sondern Gewohnheiten sind.

William James hat – wie viele andere Menschen von Aristoteles bis Oprah Winfrey – einen Großteil seines Lebens damit verbracht, zu begreifen, warum Gewohnheiten existieren. Aber erst in den letzten zwanzig Jahren haben Neurologen, Psychologen, Soziologen und Marketingfachleute wirklich angefangen zu verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren – und, was noch wichtiger ist, wie sie sich verändern.

Dieses Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil konzentriert sich auf die Frage, wie sich Gewohnheiten in unserem Leben bilden. Er befasst sich mit den neuronalen Grundlagen der Entstehung von Gewohnheiten, mit der Frage, wie man sich neue Gewohnheiten aneignet und bestehende verändert, und mit den Methoden, mit denen zum Beispiel ein Werbefachmann dazu beitrug, dass das Zähneputzen von einer obskuren Praxis zu einer nationalen Obsession wurde. Er zeigt, wie Procter & Gamble ein Spray namens Febreze zu einem milliardenschweren Verkaufsschlager machte, indem sich das Unternehmen eines natürlichen Dranges der Konsumenten bediente; wie die Anonymen Alkoholiker Gewohnheiten attackieren, die für die Sucht verantwortlich sind, und wie der Footballcoach Tony Dungy die schlechteste Mannschaft der Liga auf Vordermann brachte, indem er sich den automatischen Reaktionen seiner Spieler auf subtile Auslöse- bzw. Hinweisreize (cues) während des Spiels widmete.

Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Gewohnheiten erfolgreicher Unternehmen und Organisationen. Dort wird ausführlich beschrieben, wie ein Topmanager namens Paul O’Neill – bevor er US-Finanzminister wurde – einen schwer angeschlagenen Aluminium-Hersteller zu einem der ertragsstärksten Titel im Dow Jones machte, indem er sich auf eine Schlüsselgewohnheit konzentrierte, und wie Starbucks einen Schulabbrecher zu einem Topmanager machte, indem es ihm Gewohnheiten beibrachte, die seine Willenskraft stärkten. Er beschreibt, weshalb sogar die fähigsten Chirurgen fatale Fehler machen können, wenn die Organisationsstrukturen in einem Krankenhaus mangelhaft sind.

Im dritten Teil betrachten wir die Gewohnheiten von Gesellschaften. Dort wird geschildert, wie Martin Luther King Jr. und die Bürgerrechtsbewegung auch deshalb so erfolgreich waren, weil sie die tief verwurzelten sozialen Gewohnheiten der schwarzen Community von Montgomery, Alabama, umkrempelten – und weshalb ein ähnlicher Ansatz einem jungen Pastor namens Rick Warren half, die größte Kirche des Landes im kalifornischen Saddleback Valley zu etablieren. Schließlich erörtern wir heikle ethische Fragen – etwa die, ob ein Mörder in Großbritannien freigesprochen werden sollte, wenn er glaubwürdig darlegen kann, dass er unter dem Zwang seiner Gewohnheiten mordete.

Jedes Kapitel kreist um ein zentrale These: Gewohnheiten lassen sich ändern, wenn wir verstehen, wie sie funktionieren. Dieses Buch stützt sich auf Hunderte von wissenschaftlichen Studien, auf Interviews mit über dreihundert Wissenschaftlern und Führungskräften, und auf Forschungen, die von Dutzenden Unternehmen durchgeführt wurden. (Für ein Verzeichnis der Informationsquellen vgl. die Anmerkungen und www.thepowerofhabit.com). Es konzentriert sich auf die Gewohnheiten, so wie sie wissenschaftlich definiert werden: die Entscheidungen, die wir alle irgendwann einmal mit Bedacht treffen und über die wir dann nicht länger nachdenken, sie aber weiterhin ausführen, oftmals tagtäglich. Irgendwann einmal haben wir uns alle bewusst entschieden, wie viel wir essen wollen und worauf wir uns konzentrieren, wenn wir ins Büro kommen, wie oft wir Alkohol trinken oder wann wir joggen gehen wollen. Dann haben wir aufgehört, bewusste Entscheidungen zu treffen, und unser Verhalten wurde automatisiert. Dies ist eine natürliche Folge unserer grundlegenden neuronalen Funktionsmechanismen. Und wenn wir verstehen, wie dies geschieht, können wir diese Muster auf beliebige Weise erneuern.


* * *

Die wissenschaftliche Erforschung von Gewohnheiten weckte erstmals vor acht Jahren mein Interesse, damals war ich Zeitungsreporter in Bagdad. Als ich das US-Militär im Einsatz sah, kam mir der Gedanke, dass dies eines der größten Experimente in Gewohnheitsbildung war, das je stattgefunden hat.4 In der Grundausbildung versucht man den Soldaten systematisch Gewohnheiten anzutrainieren, damit sie im Gefecht ohne lange Überlegung wissen, wie sie am
effektivsten schießen, denken und kommunizieren können. Auf dem Schlachtfeld stützt sich jeder Befehl auf Verhaltensweisen, die bis zur Automatisierung eingeübt wurden. Die gesamte Organisation basiert auf endlos trainierten Routinen: für den Bau von Stützpunkten, für
die Festlegung strategischer Prioritäten und für die Entscheidungen darüber, wie man sich gegen Angriffe verteidigt.

In jener Anfangsphase des Irakkrieges, als sich der Aufstand ausweitete und die Zahl der Todesopfer anstieg, überlegten die Befehlshaber, wie sie es schaffen könnten, den eigenen Soldaten und den Irakern bestimmte Gewohnheiten zu vermitteln, die einen dauerhaften Frieden möglich machen würden. Ich war erst seit etwa zwei Monaten im Irak, als ich von einem Offizier hörte, der in Kufa, einer Kleinstadt rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt, ein Programm zur Modifizierung von Gewohnheiten startete. Dieser Major hatte Videoaufnahmen der jüngsten Ausschreitungen analysiert und ein Muster entdeckt: Jeweils vor den Gewaltausbrüchen versammelte sich eine Menschenmenge auf einem Platz oder einer anderen öffentlichen Freifläche, und diese Menge wurde im Verlauf mehrerer Stunden ständig größer. Essensverkäufer tauchten auf, ebenso Schaulustige. Dann warf jemand einen Stein oder eine Flasche, und die Hölle brach los.

Als sich der Major mit dem Bürgermeister von Kufa traf, bat er diesen um einen ungewöhnlichen Gefallen: Ob er die Betreiber der Imbissstände von den Plätzen fernhalten könne? Kein Problem, sagte der Bürgermeister. Ein paar Wochen später versammelte sich eine
kleine Menge in der Nähe der Masjid al-Kufa, der Großen Moschee von Kufa. Am Nachmittag bekam sie immer mehr Zulauf. Einige Demonstranten skandierten wütende Parolen. Die irakische Polizei, die Böses ahnte, funkte die US-Basis an und bat US-Truppen, sich
bereitzuhalten. In der Abenddämmerung begann die Menge nervös und hungrig zu werden. Menschen hielten nach den Kebab-Verkäufern Ausschau, die normalerweise auf den Platz strömten, aber es waren keine da. Die Menge zerstreute sich. Die grölenden Demonstranten zogen ab. Um 20 Uhr war der Platz leer. Bei meinem Besuch auf dem Stützpunkt in der Nähe von Kufa sprach ich mit dem Major. Normalerweise würde man die Dynamik einer Menschenmenge nicht unbedingt auf der Grundlage von Gewohnheiten analysieren, erklärte er mir. Aber seine gesamte Laufbahn hindurch war er in der Psychologie der Gewohnheitsbildung geschult worden.

Im Armee-Ausbildungslager hatte er sich bestimmte Gewohnheiten angeeignet: für das Laden seiner Waffe, das Einschlafen in einem Kriegsgebiet, um im Chaos der Schlacht geistig konzentriert zu bleiben oder trotz Erschöpfung und Überlastung Entscheidungen treffen zu können. Er hatte Lehrgänge besucht, auf denen man ihm beibrachte, Gewohnheiten für den Umgang mit Geld, für tägliches Sporttreiben und die Kommunikation mit Zimmergenossen zu entwickeln. Als er befördert wurde, lernte er, wie wichtig organisatorische Routinen sind, um sicherzustellen, dass Untergebene Entscheidungen treffen konnten, ohne ständig um Erlaubnis zu fragen, und wie bestimmte Routinen den Umgang mit Menschen erleichterten, die er normalerweise nicht ausstehen konnte.

Und jetzt konnte er beobachten, wie Menschenmengen, ja sogar unterschiedliche Kulturen den gleichen Mustern folgten. In gewissem Sinne sei eine Gemeinschaft wie eine riesige Ansammlung von Gewohnheiten, denen Tausende von Menschen folgten, die sich, je nach Einfluss, entweder gewalttätig oder friedlich verhielten. Neben dem Verbot von Imbissständen hatte er in Kufa Dutzende weitere Experimente durchgeführt, um das Verhalten der Menschen zu beeinflussen. Seit seiner Ankunft war es zu keinen weiteren Ausschreitungen gekommen.

„Gewohnheiten zu verstehen ist das Wichtigste, was ich in der Armee gelernt habe“, erklärte er. „Es hat meine Sichtweise der Welt von Grund auf verändert. Sie wollen schnell einschlafen und mit einem guten Gefühl aufwachen? Achten Sie auf Ihr nächtliches Schlafverhalten und das, was Sie automatisch tun, wenn Sie aufwachen. Wollen Sie sich das Joggen erleichtern? Erfinden Sie Auslöser, um es zur Routine werden zu lassen. Ich bläue dies meinen Kindern ein. Meine Frau und ich entwerfen Gewohnheitspläne für unsere Ehe. Im Führungsstab sprechen wir fast ausschließlich über das Management von Gewohnheiten. Niemand in Kufa hätte geglaubt, dass wir Menschenansammlungen dadurch steuern können, dass wir Kebab-Stände entfernen, aber sobald man dies alles als ein Bündel von Gewohnheiten betrachtet, ist es so, als würde dir jemand eine Taschenlampe und ein Stemmeisen geben, damit du dich an die Arbeit machen kannst.“

Der Major war ein kleiner Mann aus Georgia. Er spuckte unentwegt Sonnenblumenkerne oder Kautabak in eine Tasse. Er erzählte mir, dass er es vor seinem Eintritt in die Armee höchstens zum Telekommunikationstechniker oder zum Drogenhändler hätte bringen können – wie einige seiner Schulkameraden. Jetzt war er für achthundert Menschen in einer der komplexesten Organisationen der Welt verantwortlich. „Wenn ein Hinterwäldler wie ich dieses Zeug
lernen kann, dann kann es jeder. Ich sage meinen Soldaten immer, dass es nichts gibt, was sie nicht erreichen können, wenn sie die richtigen Gewohnheiten einüben.“

In den letzten zehn Jahren haben sich unsere Erkenntnisse über die neurologischen und psychologischen Grundlagen von Gewohnheiten und die Art und Weise, wie Muster in unserem täglichen
Leben, in verschiedenen Gesellschaften und Organisationen wirken, in einem Maße erweitert, wie es sich vor fünfzig Jahren niemand hätte vorstellen können. Wir wissen jetzt, warum Gewohnheiten entstehen, wie sie sich ändern, und wir können ihre Funktionsmechanismen
wissenschaftlich beschreiben. Wir wissen, wie wir sie in Einzelteile zerlegen und gemäß unseren Vorgaben neu zusammensetzen. Wir wissen, wie wir Menschen dazu bringen, weniger
zu essen, mehr Sport zu treiben, effizienter zu arbeiten und ein gesünderes Leben zu führen. Gewohnheiten lassen sich nicht unbedingt leicht oder schnell ändern. Aber wir wissen jetzt, wie wir es schaffen können.

Fünf Ideen aus „Die Macht der Gewohnheit“

Klingt spannend, oder? Weitere Informationen zu Gewohnheiten findest du im Buch „Die Macht der Gewohnheit“.

Wie wir den lästigen Zeitdruck endlich hinter uns lassen

Blick ins Buch
4000 Wochen4000 Wochen

Das Leben ist zu kurz für Zeitmanagement

Das Leben ist kurz, aber das ist kein Grund zur Sorge

Die Zeit reicht nicht aus – niemals. Gerade einmal 4000 Wochen haben wir auf der Erde, und das auch nur, wenn wir um die achtzig werden. Kein Wunder, dass wir unaufhörlich versuchen, möglichst viel in diese kurze Zeit hineinzupressen. Dabei verlieren wir genau die Dinge aus dem Blick, die uns wirklich wichtig sind und uns vor allem glücklich machen. Oliver Burkeman führt geistreich und kurzweilig vor, wie wir dem Zeit- und Effizienzdruck widerstehen – und damit der unerhörten Kürze und den schillernden Möglichkeiten unseres Lebens gerecht werden können.

Der New York Times Bestseller 

Oliver Burkeman legt hier ein fantastisch geschriebenes und unterhaltsames Buch vor, das die Philosophie von Zeit und Zeitmanagement durchleuchtet, Fallen aufzeigt, in die wir alle schon getappt sind, und die Endlichkeit des menschlichen Lebens zu einem erhebt - einem herrlichen Grund zu feiern!

„Das wichtigste Buch, das je über Zeitmanagement geschrieben wurde.“ Adam Grant

„Ein wunderbar ehrliches Buch!“ Mark Manson

„Ein willkommener Balsam für alle, die sich von den (vielleicht unrealistischen) Anforderungen des Lebens überwältigt fühlen.“ Publishers Weekly


Am Ende sind wir alle tot

Die durchschnittliche menschliche Lebensspanne ist absurd, erschreckend und beleidigend kurz. Um das Ganze einmal in Relation zu setzen: Die ersten modernen Menschen tauchten vor mindestens 200 000 Jahren in den Ebenen Afrikas auf, und Wissenschaftler schätzen, dass das Leben in der einen oder anderen Form noch 1,5 Milliarden Jahre oder länger fortbestehen wird, bis die zunehmende Hitze der Sonne den letzten Organismus endgültig auslöscht. Und Sie? Angenommen, Sie werden 80 Jahre alt, dann haben Sie etwa 4000 Wochen gelebt.

Natürlich kann man auch Glück haben: Wenn man es bis 90 schafft, hat man fast 4700 Wochen gelebt. Vielleicht hat man auch richtig Glück, wie etwa Jeanne Calment, eine Französin, die bei ihrem Tod im Jahre 1997 angeblich 122 Jahre alt war, was sie zum ältesten bekannten Menschen machte.[i] Calment behauptete, sie könne sich an eine Begegnung mit Vincent van Gogh erinnern – hauptsächlich, dass er nach Alkohol gestunken habe. Bei der Geburt von Schaf Dolly im Jahre 1996, dem ersten erfolgreich geklonten Säugetier, war sie immer noch da. Biologen sagen voraus, dass Calments Lebenserwartung schon bald ganz alltäglich werden könnte.[ii] Doch selbst sie erreichte nur etwa 6400 Wochen.

Wenn man die Angelegenheit in derart nüchterne Worte fasst, wird klar, warum Philosophen von der griechischen Antike bis heute die Kürze des Lebens als das entscheidende Problem der menschlichen Existenz betrachten: Wir besitzen die Fähigkeiten, schier unendlich ehrgeizige Pläne zu schmieden, haben aber praktisch keine Zeit, sie in die Tat umzusetzen. „Nur für eine kurze Spanne Zeit werden wir geboren, und diese uns zugestandene Frist läuft so rasch, ja rasend schnell ab, dass das Leben die Menschen, mit nur wenigen Ausnahmen, verlässt, während sie sich gerade im Leben einrichten“, klagte der römische Philosoph Seneca in einer Schrift, die heute unter dem Titel Das Leben ist kurz bekannt ist.[iii] Als ich die Rechnung mit den 4000 Wochen zum ersten Mal aufstellte, wurde mir etwas mulmig. Sobald ich mich aber wieder erholt hatte, begann ich, meine Freunde damit zu nerven. Ich bat sie, aus dem Stegreif und ohne Kopfrechnen zu raten, wie viele Wochen der Durchschnittsmensch ihrer Meinung nach zu leben habe. Eine nannte eine Zahl im sechsstelligen Bereich. Ich musste sie darüber aufklären, dass die Dauer der gesamten menschlichen Zivilisation seit den alten Sumerern in Mesopotamien gerade einmal die recht magere sechsstellige Anzahl von 310 000 Wochen beträgt. Auf praktisch jeder halbwegs ernst zu nehmenden Zeitskala „sind wir alle jede Minute tot“, wie der Philosoph Thomas Nagel schreibt.[iv]

Daraus folgt, dass Zeitmanagement, im weitesten Sinne des Wortes, das Hauptanliegen eines jeden Menschen sein sollte. Zeitmanagement ist vermutlich alles, was das Leben ausmacht. Doch die moderne Disziplin, die als Zeitmanagement bezeichnet wird, ist – ebenso wie ihr hipper Cousin, die Produktivität – eine deprimierend kleingeistige Angelegenheit, die sich darauf konzentriert, so viele Arbeitsaufgaben wie möglich zu bewältigen, die perfekte Morgenroutine zu entwickeln, oder darauf, sonntags in einem einzigen großen Schwung sämtliche Mahlzeiten für die Woche zu kochen. Solche Dinge sind in gewissem Maße durchaus wichtig, kein Zweifel. Doch sie sind beileibe nicht alles, was zählt. Die Welt strotzt vor Wundern. Offenbar ziehen aber nur wenige Produktivitätsgurus die Möglichkeit in Betracht, dass der eigentliche Sinn all unseres hektischen Tuns darin bestehen könnte, mehr von diesen Wundern zu erleben. Außerdem scheint die Welt wie in einer Seifenkiste in Richtung Hölle zu rasen – unser bürgerliches Leben ist aus den Fugen geraten, eine Pandemie hat die Gesellschaft lahmgelegt, und der Planet wird immer heißer – also viel Glück bei der Suche nach einem Zeitmanagementsystem, das noch Raum für eine produktive Auseinandersetzung mit unseren Mitbürgern, mit aktuellen Ereignissen oder mit dem Schicksal der Umwelt lässt. Zumindest hätte man annehmen sollen, dass es eine Handvoll Bücher über Produktivität gibt, die die nackten Fakten hinsichtlich der Kürze des Lebens ernst nehmen, statt so zu tun, als könnten wir das Thema einfach ignorieren. Aber das ist nicht der Fall.

Dieses Buch ist also ein Versuch, das Gleichgewicht wiederherzustellen – und zu sehen, ob wir nicht einige Denkweisen über die Zeit entdecken oder wiedererlangen können, die unserer tatsächlichen Situation gerecht werden: der ungeheuren Kürze und den vielfältigen Möglichkeiten unserer 4000 Wochen.

Das Leben am Fließband

In gewissem Sinne muss man heutzutage natürlich niemandem mehr sagen, dass die Zeit knapp ist. Wir sind beherrscht von unseren überfüllten Posteingängen und den immer länger werdenden Aufgabenlisten, geplagt von dem schlechten Gewissen, dass wir mehr oder andere Dinge erledigen sollten oder beides. Umfragen zeigen zuverlässig, dass wir uns mehr denn je unter Zeitdruck fühlen,[v] doch im Jahre 2013 stellte ein Team niederländischer Wissenschaftler die amüsante Überlegung in den Raum, dass derartige Umfragen das Ausmaß der „Geschäftigkeits-Epidemie“ unterbewerten – weil viele Menschen schlicht keine Zeit haben, an Umfragen teilzunehmen.[vi] Seitdem die Gig-Economy wächst, wird Geschäftigkeit auch als „Hustle“ bezeichnet – unablässige Arbeit gilt somit nicht als Last, die man erdulden muss, sondern als aufregender Lebensstil, mit dem man in den sozialen Medien angeben kann. In Wirklichkeit aber handelt es sich um dasselbe alte Problem, das lediglich auf die Spitze getrieben wurde: den Druck, immer mehr Aktivitäten in eine begrenzte Menge täglicher Zeit zu packen, die einfach nicht mehr werden will.

Dabei ist die Arbeitsbelastung eigentlich nur der Anfang. Bei genauerem Hinsehen wurzeln noch viele weitere Probleme in unserer begrenzten Zeit. Nehmen wir den täglichen Kampf gegen die Ablenkung durch das Internet und das beunruhigende Gefühl, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne so stark gesunken ist, dass selbst diejenigen unter uns, die als Kinder Bücherwürmer waren, heute Mühe haben, einen Absatz zu lesen, ohne gleich nach ihrem Handy zu greifen. Was dies letztendlich so problematisch macht, ist die Tatsache, dass wir nicht in der Lage sind, die knappe Zeit optimal zu nutzen. (Sie würden sich weniger dafür schämen, einen Vormittag auf Facebook zu verschwenden, wenn der Vorrat an Vormittagen unerschöpflich wäre.) Das Problem kann aber auch sein, dass man nicht zu viel, sondern zu wenig zu tun hat, in einem langweiligen Job versauert oder gar nicht beschäftigt ist. In diesem Fall wird die Situation durch die Kürze des Lebens noch wesentlich bedrückender, weil man die begrenzte Zeit auf eine Weise nutzt, die einem nicht behagt. Selbst einige der schlimmsten Erscheinungen unserer Zeit – etwa unsere zunehmend unreflektierte Voreingenommenheit oder Terroristen, die sich über YouTube-Videos radikalisieren – lassen sich auf Umwegen mit denselben Fakten erklären, die aus der Kürze des Lebens entstehen. Weil unsere Zeit und Aufmerksamkeit so begrenzt und damit wertvoll sind, haben die sozialen Medienunternehmen ein Interesse daran, mit allen Mitteln so viel wie möglich davon abzugreifen. Deshalb zeigen sie den Nutzern statt langweiliger und korrekter Inhalte Material, über das sie sich garantiert aufregen.[vii]

Dann wären da noch die ganzen zeitlosen menschlichen Dilemmas wie die Frage, wen man heiraten, ob man Kinder haben und welcher Art von Arbeit man nachgehen soll. Stünden uns Tausende von Jahren zur Verfügung, wären solche Entscheidungen weitaus weniger quälend, da wir genügend Zeit hätten, jede Art möglicher Existenz jahrzehntelang auszuprobieren. Zudem wäre kein Katalog unserer zeitbedingten Probleme vollständig ohne die Erwähnung jenes beunruhigenden Phänomens, das allen jenseits der dreißig bestens bekannt ist: Die Zeit scheint sich mit zunehmendem Alter zu beschleunigen – und zwar so lange, bis, den Aussagen von Menschen in ihren Siebzigern und Achtzigern zufolge, die Monate in gefühlten Minuten vorbeiziehen. Man kann sich kaum etwas Grausameres vorstellen: Unsere 4000 Wochen werden nicht nur kontinuierlich weniger, sondern scheinen auch noch schneller zu vergehen, je weniger davon übrig ist.

War unser Verhältnis zu unserer begrenzten Zeit schon immer schwierig, so haben die jüngsten Ereignisse die Dinge noch weiter zugespitzt. Im Jahre 2020, als unser normaler Tagesablauf durch den Corona-Lockdown unterbrochen war, berichteten viele Menschen, sie hätten das Gefühl, die Zeit löse sich völlig auf, was zu dem verwirrenden Eindruck führte, dass ihre Tage gleichzeitig wie im Flug vergingen und sich unendlich in die Länge zogen. Die Zeit trennte uns noch mehr als zuvor: Für diejenigen, die einen Arbeitsplatz und kleine Kinder zu Hause hatten, gab es nicht genug davon; diejenigen, die in Kurzarbeit waren oder arbeitslos, hatten zu viel. Die Menschen arbeiteten zu ungewohnten Zeiten, losgelöst von den Zyklen des Tages und der Dunkelheit, kauerten zu Hause über leuchtenden Laptops oder riskierten ihr Leben in Krankenhäusern und Versandlagern. Es schien, als wäre die Zukunft aufgeschoben worden. Viele Menschen steckten, wie es ein Psychiater formulierte, „in einer neuen Form immerwährender Gegenwart“ fest – einer bangen Vorhölle aus Social-Media-Scrolling, flüchtigen Zoom-Telefonaten und Schlaflosigkeit, in der es unmöglich schien, vernünftige Pläne zu schmieden oder sich das Leben über das Ende der nächsten Woche hinaus klar vorzustellen.[viii]

Umso frustrierender ist es, wie schlecht wir mit unserer begrenzten Zeit umgehen – und dass unsere Bemühungen, das Beste daraus zu machen, nicht nur scheitern, sondern alles nur noch zu verschlimmern scheinen. Seit Jahren werden wir mit Ratschlägen für ein rundum optimiertes Leben überschüttet, in Büchern mit Titeln wie Extreme Productivity, Die 4-Stunden-Woche und Smarter, schneller, besser oder auf Websites voller „Life Hacks“, mit denen sich Alltagsaufgaben um ein paar Sekunden verkürzen lassen. (Man beachte die seltsame Andeutung in dem Begriff „Life Hack“, dass man sich sein Leben am besten als eine Art fehlerhafte Vorrichtung vorstellt, die modifiziert werden muss, damit sie nicht mehr suboptimal funktioniert.) Es gibt zahlreiche Apps und tragbare Geräte, mit denen man seinen Arbeitstag, sein Training und sogar seinen Schlaf optimieren kann, sowie Nahrungsergänzungsmittel wie Soylent, dank derer man keine Zeit mehr mit dem Abendessen vergeuden muss. Das Hauptverkaufsargument für Tausende weiterer Produkte und Dienstleistungen von Küchengeräten bis hin zum Onlinebanking ist, dass sie uns dabei helfen, das meiste aus unserer Zeit herauszuholen, was allgemein als wichtiges Ziel gilt.

Das Problem ist nicht unbedingt, dass solche Techniken und Produkte nicht funktionieren. Es ist vielmehr so, dass sie funktionieren – in dem Sinne, dass man mehr erledigt, zu noch mehr Meetings rennt, seine Kinder zu mehr außerschulischen Aktivitäten bringt, mehr Gewinn für seinen Arbeitgeber erwirtschaftet und sich dadurch paradoxerweise nur noch hektischer, angespannter und irgendwie leerer fühlt. In der modernen Welt, so hat der amerikanische Anthropologe Edward T. Hall einmal festgestellt, fühlt sich die Zeit wie ein unaufhaltsames Fließband an, das uns neue Aufgaben so schnell bringt, wie wir die alten abarbeiten können.[ix] Wenn man „produktiver“ wird, beschleunigt sich das Band nur – bis man irgendwann zusammenbricht: Es ist mittlerweile gang und gäbe, dass vor allem jüngere Erwachsene von einem tiefgreifenden, schweren Burn-out berichten, der sich dadurch auszeichnet, dass sie nicht einmal mehr in der Lage sind, die grundlegenden täglichen Aufgaben zu bewältigen – die lähmende Erschöpfung einer „Generation fein geschliffener Werkzeuge, die vom Embryo an als billige, willige Produktionsmaschinen geschaffen wurden“, wie es der Sozialkritiker Malcolm Harris formuliert.[x]

Das ist die irritierende Wahrheit über die Zeit, die den meisten Ratschlägen zum Umgang mit ihr fehlt. Sie ist wie ein aufmüpfiges Kleinkind: Je mehr man sich bemüht, sie zu kontrollieren, sie nach seinen Vorstellungen zu gestalten, desto mehr entgleitet sie einem. Man denke nur an die ganzen Technologien, die uns helfen sollen, die Zeit zu beherrschen: In einer Welt mit Geschirrspülern, Mikrowellen und Düsentriebwerken müsste sich die Zeit nach jeder vernünftigen Logik dank all der frei gewordenen Stunden weitläufiger und reichhaltiger anfühlen. Doch niemand macht diese Erfahrung tatsächlich. Stattdessen beschleunigt sich das Leben, und alle werden ungeduldiger. Es ist in gewisser Weise viel ärgerlicher, zwei Minuten auf die Mikrowelle zu warten als zwei Stunden auf den Ofen oder zehn Sekunden auf eine langsam ladende Webseite als drei Tage, um dieselben Informationen per Post zu erhalten.

Dasselbe selbstzerstörerische Muster zeigt sich in vielen unserer Versuche, bei der Arbeit produktiver zu werden. Vor einigen Jahren, als ich förmlich in E-Mails erstickte, richtete ich erfolgreich das System „Inbox Zero“ ein, stellte jedoch bald fest, dass, wenn man bei der Beantwortung von E-Mails sehr effizient wird, man nur noch mehr E-Mails erhält. Durch die vielen Mails hatte ich das Gefühl, noch mehr zu tun zu haben – und kaufte mir das Buch Wie ich die Dinge geregelt kriege von Zeitmanagementguru David Allen, verführt von seinem Versprechen, dass es einem Menschen möglich sei, „eine erdrückende Anzahl von Dingen zu bewältigen“ und trotzdem mit klarem Kopf und, wie die Kampfsportler sagen, einem „Geist wie Wasser“ produktiv zu arbeiten.[xi] Allerdings entging mir der tiefere Sinn hinter Allens Ausführungen – dass es nämlich immer zu viel zu tun geben wird –, also machte ich mich stattdessen daran, ein unmögliches Pensum zu erledigen. Tatsächlich gelang es mir immer besser, meine Aufgabenliste abzuarbeiten, nur um festzustellen, dass wie von Zauberhand immer größere Mengen an Arbeit hinzukamen. (Eigentlich ist es keine Hexerei, sondern simple Psychologie, gepaart mit Kapitalismus. Doch dazu später mehr.)

Nichts von alledem ist so, wie man sich die Zukunft einst vorstellte. Im Jahre 1930 traf der Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes in einer Rede mit dem Titel „Wirtschaftliche Möglichkeiten für unsere Enkelkinder“ eine berühmte Vorhersage: Innerhalb eines Jahrhunderts müsse dank des wachsenden Wohlstands und des technischen Fortschritts niemand mehr als etwa 15 Stunden pro Woche arbeiten. Die Herausforderung bestehe vielmehr darin, die neu gewonnene Freizeit zu füllen, ohne wahnsinnig zu werden. „Zum ersten Mal seit seiner Erschaffung“, verkündete Keynes seinen Zuhörern, „wird der Mensch mit seinem wirklichen, seinem ständigen Problem konfrontiert sein – wie er seine Freiheit von drängenden wirtschaftlichen Sorgen nutzen kann.“[xii] Aber Keynes hatte unrecht. Es stellte sich heraus, dass die Menschen, wenn sie genug Geld verdienen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, nur neue Dinge finden, die sie brauchen, und neue Lebensstile, die sie anstreben; sie schaffen es nie ganz, mit den Nachbarn gleichzuziehen, denn immer, wenn sie Gefahr laufen, dies zu erreichen, suchen sie sich neue und bessere Nachbarn, mit denen sie wetteifern können. Infolgedessen arbeiten sie immer härter, und schon bald wird Geschäftigkeit zu einem Zeichen von Prestige. Was natürlich völlig absurd ist: In der Geschichte bestand der Sinn des Reichtums fast immer darin, möglichst wenig arbeiten zu müssen. Obendrein ist die Geschäftigkeit der Bessergestellten infektiös, denn ein äußerst wirksames Mittel, mehr Geld zu verdienen, besteht für die Spitzenkräfte darin, die Kosten zu senken und die Effizienz in ihren Unternehmen und Branchen zu verbessern. Das bedeutet eine größere Unsicherheit für die unteren Schichten, die dann gezwungen sind, härter zu arbeiten, um über die Runden zu kommen.

Wenn man die falschen Dinge geregelt bekommt

Hier kommen wir nun zum Kern der Sache, zu einem Gefühl, das tiefer geht und das sich schwerer in Worte fassen lässt: das Gefühl, dass trotz all dieser Aktivitäten selbst die relativ Privilegierten unter uns nur selten dazu kommen, die richtigen Dinge zu tun. Wir spüren, dass es wichtige und erfüllende Möglichkeiten gibt, wie wir unsere Zeit verbringen könnten, auch wenn wir nicht genau sagen können, welche das sind – und doch verbringen wir unsere Tage systematisch mit anderen Dingen. Diese Sehnsucht nach mehr Sinn kann viele Formen annehmen: Sie äußert sich zum Beispiel in dem Wunsch, sich einer größeren Sache zu widmen, in der Ahnung, dass dieser besondere Moment in der Geschichte mit all seinen Krisen und Leiden mehr von uns verlangen könnte als das übliche Konsumieren und Ausgeben. Sie steckt auch in der Frustration darüber, einen normalen Job ausüben zu müssen, nur um etwas Zeit für die Dinge zu haben, die man gern tut, oder in dem simplen Wunsch, mehr von der kurzen Zeit, die einem auf Erden vergönnt ist, mit seinen Kindern oder in der Natur zu verbringen, oder wenigstens nicht zu pendeln. Der Umweltschützer und spirituelle Schriftsteller Charles Eisenstein erinnert sich, dass er diese grundlegende „Verkehrtheit“ in unserem Umgang mit der Zeit zum ersten Mal als Kind spürte, als er im Amerika der 1970er-Jahre inmitten von materiellem Komfort aufwuchs:

Das Leben, so wusste ich, sollte fröhlicher sein als das hier, realer, bedeutungsvoller, und die Welt sollte schöner sein. Es war nicht vorgesehen, dass wir den Montag hassen und nur für die Wochenenden und Feiertage leben. Wir sollten nicht die Hand heben müssen, um auf die Toilette gehen zu dürfen. Wir sollten an einem schönen Tag nicht drinnen bleiben müssen, Tag für Tag.[xiii]

 

Dieses Gefühl der Verkehrtheit wird durch unsere Versuche, produktiver zu werden, nur noch verstärkt, denn dadurch werden die wirklich wichtigen Dinge immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Wir verbringen unsere Tage damit, Aufgaben zu „erledigen“, um sie „abzuarbeiten“, mit dem Ergebnis, dass wir gedanklich in der Zukunft leben und darauf warten, wann wir endlich zu dem kommen, was wirklich wichtig ist – und uns unterdessen darum sorgen, dass wir nicht mithalten können, dass uns vielleicht der Antrieb oder das Durchhaltevermögen fehlt, um mit der Geschwindigkeit Schritt zu halten, mit der sich das Leben jetzt zu bewegen scheint. „Der Zeitgeist ist von freudloser Dringlichkeit“, schreibt die Essayistin Marilynne Robinson, die feststellt, dass viele Menschen ihr Leben damit verbringen, „sich und ihre Kinder darauf vorzubereiten, Mittel für unergründliche Ziele zu sein, die ganz und gar nicht unsere eigenen sind.“[xiv] Unser Bestreben, immer auf dem neuesten Stand zu sein, mag jemandes Interessen dienen; länger zu arbeiten und mit dem zusätzlichen Einkommen mehr Konsumgüter zu kaufen macht uns zu besseren Rädchen in der Wirtschaftsmaschine. Aber es führt nicht zu Seelenfrieden oder dazu, dass wir mehr von unserer begrenzten Zeit für die Menschen und Dinge aufwenden können, die uns selbst am meisten am Herzen liegen.

4000 Wochen ist ein weiteres Buch über die optimale Nutzung unserer Zeit. Doch ist es in der Überzeugung geschrieben, dass das Zeitmanagement, wie wir es kennen, kläglich gescheitert ist, und dass wir aufhören müssen, uns etwas anderes vorzumachen. Dieser seltsame Moment in der Geschichte, in dem sich die Zeit so entgrenzt anfühlt, könnte tatsächlich die ideale Gelegenheit sein, unser Verhältnis zu ihr neu zu überdenken. Frühere Denker haben sich diesen Herausforderungen bereits gestellt, und wenn man ihre Erkenntnisse auf die heutige Zeit anwendet, werden bestimmte Wahrheiten immer deutlicher. Produktivität ist eine Falle. Wenn man immer effizienter wird, hat man es nur noch eiliger, und wenn man versucht, „klar Schiff“ zu machen, entsteht nur schneller neue Unordnung. Niemand in der Geschichte der Menschheit hat jemals eine „Work-Life-Balance“ erreicht, was auch immer das sein mag, und es gelingt auch ganz sicher nicht dadurch, dass man die „sechs Dinge, die erfolgreiche Menschen vor 7 Uhr morgens tun“, übernimmt. Es wird nie der Tag kommen, an dem man endlich alles im Griff hat – an dem die E-Mail-Flut eingedämmt ist, die To-do-Listen nicht mehr länger werden, man allen Verpflichtungen im Beruf und im Privatleben nachkommt, einem niemand mehr böse ist, weil man eine Frist verpasst oder einen Fehler gemacht hat – und man sich als voll optimierter Mensch endlich den Dingen zuwenden kann, um die es im Leben eigentlich geht. Geben wir uns zunächst einmal geschlagen: Nichts davon wird jemals eintreten.

Und wissen Sie was? Das sind ausgezeichnete Neuigkeiten.



[i]            Zwei Jahrzehnte nach dem Tod von Jeanne Calment stellten zwei russische Forscher die verblüffende Behauptung auf, dass „Jeanne“ in Wirklichkeit Yvonne, Jeannes Tochter, war, die nach dem Tod ihrer Mutter Jahre zuvor deren Identität angenommen hatte. Den endgültigen Bericht über die Kontroverse – die inzwischen weitgehend zugunsten der ursprünglichen Version der Ereignisse entschieden wurde – findet man in: Lauren Collins, „Living Proof“, New Yorker, 17. und 24. Februar 2020.

[ii]           Siehe etwa: Bryan Hughes und Siegfried Hekimi, „Many Possible Maximum Lifestyle Trajectories“, Nature 546 (2017), E8-E9.

[iii]           Seneca, „De Brevitate Vitae“, in: Seneca, Das Leben ist kurz, Ditzingen: Reclam 2020, S. 7.

[iv]           Thomas Nagel, „The Absurd“, Journal of Philosophy 68 (1971), S. 716–727.

[v]           Siehe Jonathan Gershuny, „Busyness as the Badge of Honor for the New Superordinate Working Class“, Social Research 72 (2005), S. 287–315.

[vi]           Anina Vercruyssen u. a., „The Effect of Busyness on Survey Participation: Being Too Busy or Feeling Too Busy to Cooperate?“, International Journal of Social Research Methodology 17 (2014), S. 357–371.

[vii]          Siehe James Williams, Stand Out of Our Light: Freedom and Resistance in the Attention Economy (Cambridge: Cambridge University Press, 2018).

[viii]         Fredrick Matzner, zitiert in Matt Simon, „Why Life During a Pandemic Feels So Surreal“, Wired, 31. März 2020, verfügbar unter www.wired.com/story/why-life-during-a-pandemic-feels-so-surreal/.

[ix]           Edward T. Hall, The Dance of Life: The Other Dimension of Time (New York: Anchor, 1983), S. 84.

[x]              Malcolm Harris, Kids These Days: The Making of Millennials (New York: Back Bay Books, 2018), S. 76.

[xi]              David Allen,Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity (New York: Penguin, 2015), S. 3, 11. Deutsche Ausgabe: Wie ich die Dinge geregelt kriege – Selbstmanagement für den Alltag (München: Piper, 2007).

[xii]             John Maynard Keynes, „Economic Possibilities for Our Grandchildren“ (1930), Download von www.econ.yale.edu/smith/econ

116a/keynes1.pdf. Deutsche Fundstelle z. B.: kritisches-netzwerk.de/sites/default/files/John_Maynard_Keynes_Wirtschaftliche_Moeglichkeiten_fuer_unsere_Enkelkinder_1928.pdf.

[xiii]            Charles Eisenstein, The More Beautiful World Our Hearts Know Is Possible (Berkeley, CA: North Atlantic Books, 2013), S. 2.

[xiv]            Marilynne Robinson, The Givenness of Things: Essays (New York: Farrar, Straus and Giroux, 2015), S. 4.

Mit dem 10-Schritte-Programm mehr erreichen

Blick ins Buch
Wie ich die Dinge geregelt kriege – Das Workbook

Mit dem 10-Schritte-Programm mehr erreichen

Weltweit organisieren Millionen Menschen mit der Hilfe von David Allen ihren Alltag, denn: Ständig klingelt das Telefon und im Postfach stapeln sich die ungelesenen E-Mails. Am Ende ist man gestresst und dabei auch noch unproduktiv. Doch das muss nicht sein: Je entspannter wir sind, desto kreativer und produktiver werden wir. David Allens Methode macht beides möglich: effizient zu arbeiten und die Freude am Leben zurückzugewinnen. Und dabei hilft jetzt auch das praktische Workbook! Mit einfachen Anleitungen, Fragebögen und Listen bekommt man das tägliche Chaos wieder in den Griff.

1 WARUM SIE DAS BRAUCHEN!
1. Wir alle sollten produktiver sein!
2. WBMD?
3. Was wäre, wenn …?
4. So funktioniert dieses Workbook


WIR ALLE SOLLTEN PRODUKTIVER SEIN
Hi, ich bin David, der für das Buch Getting Things Done (GTD – Wie ich die Dinge geregelt kriege) geforscht und es geschrieben hat, damit Sie ein Leben in stressfreier Produktivität genießen können.

Ich gehe natürlich davon aus, dass Sie das, was für mehr Produktivität erforderlich ist, mit möglichst wenig Aufwand lernen wollen. Doch eigentlich kommt es allein darauf an, was SIE glauben. Deshalb bitte ich Sie, ein paar Minuten darauf zu verwenden, auf der folgenden Seite zwischen „Dies“ oder „Das“ zu wählen.

Gut, vielleicht ist das eine Suggestivfrage, doch die Wirklichkeit sieht genauso aus. Sie haben täglich die Wahl zwischen diesem oder jenem, und selbst wenn Sie die besten Absichten haben, wissen Sie vielleicht nicht, wo Sie erprobte Grundsätze und Systeme finden, die Ihnen helfen, sich aus dem Berg von Anrufen, E-Mails und Papierkram zu befreien.
Und hier komme ich ins Spiel! Die Produktivität der Menschen studiere ich seit Adam … na schön, nicht ganz so lange. Und ich habe gesehen, wie die digitale Revolution, an der wir aktuell teilhaben, noch schneller und umfassender dafür sorgt, dass wir zu viel zu tun und zu wenig Zeit dafür haben.

DIES
Unter Druck Ruhe bewahren können
Arbeitspensum kontrollieren können
Kontrolle über das eigene Leben haben
Über verlässlichen Ort für Ideen und Aufgaben verfügen
Perspektive nicht verlieren und auf den eigenen Fokus vertrauen
E-Mail-Postfach im Griff haben
Organisationssystem für alle Unterlagen haben

ODER

DAS
Überfordert und gestresst sein
Wenig Kontrolle über das Arbeitspensum und ständige Überlastung
Keine Kontrolle über das eigene Leben haben
Kein zuverlässiges System, Dinge fallen unter den Tisch
Mit dem Strom treiben und auf das Beste hoffen
In der E-Mail-Flut untergehen
In Stapeln an Papierkram und Zeug versinken


SO FUNKTIONIERT DIESES WORKBOOK

Die Arbeit mit diesem Workbook ist so einfach wie 1, 2, 3, 4:

1. Sehen Sie sich das anschließende Kapitel 2 „Hier geht's los!“ an … damit Sie einen Eindruck bekommen, worum es geht.
2. Fangen Sie an, mit den zehn Schritten zu arbeiten … IN IHREM EIGENEN TEMPO. Wir empfehlen Ihnen:

  • Erledigen Sie die ersten drei Schritte (zum Thema Sammeln) möglichst bald.
  • Nehmen Sie sich für die verbliebenen Schritte Zeit – idealerweise sollten Sie eine oder zwei Stunden pro Woche dafür fest einplanen.
  • Wenden Sie die SCHRITTE IN DER GEGEBENEN REIHENFOLGE an.

3. Dokumentieren Sie Ihre Fortschritte auf der LETZTEN SEITE DIESES WORKBOOKS. Es ist ein gutes Gefühl, Fortschritte zu machen und Dinge abzuhaken.
4. Gehen Sie es mit Spaß an! Die Dinge mögen Ihnen anfangs banal und potenziell langweilig vorkommen – aber, das dürfen Sie mir glauben, am Ende des Regenbogens wartet ein Topf mit Gold auf Sie! Und möglicherweise finden Sie es motivierend, wenn Sie mit Ihren eigenen Arbeitsabläufen zu spielen beginnen – mit Ihrem eigenen Zeug, in Echtzeit, so wie wir es für Sie konzipiert haben. Tausende machen das so – schließen Sie sich uns an.

Sie sind kreativer, als Sie vielleicht glauben!

Erfolgreich und zufrieden durch ein starkes Selbst

Die 6 Säulen des SelbstwertgefühlsDie 6 Säulen des Selbstwertgefühls

Erfolgreich und zufrieden durch ein starkes Selbst

Machen Sie SICH SELBST zur Priorität. Sie sind es wert.
Kein Urteil ist wichtiger, als das über uns selbst. Für persönliches Glück und berufliche Karriere gilt ein einfaches Grundprinzip: Sich selbst zu fördern.
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  • Was ist Selbstwertgefühl?   
  • Warum ist das Selbstwertgefühl wichtig?
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Warum sind manche Menschen erfolgreich und andere nicht?

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Glückskinder

Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

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Was wir gewinnen, wenn wir unsere Pläne umschmeißen

Wer noch mal nachdenkt, geht schlauer durchs Leben
Intelligenz wird üblicherweise verstanden als die Fähigkeit, zu denken und zu lernen. Doch in einer Welt, die sich rasant verändert, brauchen wir etwas ganz anderes genauso dringend: die Fähigkeit, Gedachtes zu überdenken und sich von Erlerntem wieder zu lösen.

Anhand zahlreicher Beispiele aus dem täglichen Leben zeigt der internationale Bestsellerautor Adam Grant: Nur wer die Komfortzone fester Überzeugungen verlässt, wer Zweifel und unterschiedliche Ansichten zulässt, ohne sich in seinem Ego bedroht zu fühlen, eröffnet sich die großartige Chance, wirklich neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Wissen ist Macht. Erkennen, was wir nicht wissen können, ist Weisheit

„Adam Grant ist der Meinung, dass geistige Offenheit eine Fähigkeit ist, die man lernen kann. Und von keinem kann man diese immens nützliche Fähigkeit besser lernen als von ihm. Die bemerkenswerten Einsichten seines brillanten Buches werden dazu führen, dass Sie Ihre Ansichten und Ihre wichtigsten Entscheidungen überdenken. Garantiert.“
Daniel Kahneman, Nobelpreisträger und Bestsellerautor (Schnelles Denken, langsames Denken)

Prolog

Nach einem unruhigen Flug schwebten in Montana 15 Männer vom Himmel herab. Sie waren keine Fallschirmspringer. Sie waren Feuerspringer – Mitglieder einer Elitefeuerwehrtruppe, die mit einem Fallschirm absprangen, um einen Waldbrand zu löschen, der am Tag zuvor durch einen Blitzschlag ausgelöst worden war. In wenigen Minuten würden sie um ihr Leben rennen.

Die Feuerspringer landeten an einem glühend heißen Augustnachmittag des Jahres 1949 nahe dem Bergkamm des Mann Gulch, einem kleinen Kerbtal am oberen Missouri. Das Feuer war über die Schlucht hinweg sichtbar, als sie den Hang zum Missouri River hinabstiegen. Sie hatten vor, um das Feuer herum eine Schneise in den Boden zu graben. Damit sollte es eingedämmt und in einen Bereich gelenkt werden, in dem es nicht viel Brennbares gab.

Nachdem sie etwa 400 Meter zurückgelegt hatten, sah Wagner Dodge, der die Truppe anführte, dass das Feuer die Schlucht übersprungen hatte und direkt auf sie zukam. Seine Flammen schossen bis zu neun Meter hoch in die Luft. Schon bald würde es schnell genug brennen, um sich in weniger als einer Minute über eine Länge von zwei Fußballfeldern auszudehnen.

Um 17:45 Uhr stand fest, dass selbst eine Eindämmung des Feuers nicht mehr möglich war. Als Dodge klar wurde, dass es Zeit war, von Kampf auf Flucht umzuschalten, befahl er seiner Mannschaft, sofort umzukehren und den Hang wieder hinaufzulaufen. Der Hang war extrem steil, und die Feuerspringer mussten sich auf felsigem Terrain durch kniehohes Gras kämpfen. In den nächsten acht Minuten schafften sie fast 460 Meter, sodass der Bergkamm, das sichere Ufer, nur noch knapp 200 Meter entfernt war.

Da das Feuer jedoch schnell näher kam, tat Dodge etwas, was seine Kollegen völlig aus der Fassung brachte. Statt zu versuchen, vor dem Feuer davonzulaufen, blieb er stehen und beugte sich vor. Er nahm ein Streichholzbriefchen heraus, entzündete Streichhölzer und warf sie ins Gras. „Wir dachten, er sei verrückt geworden“, erinnerte sich später einer der Feuerspringer. Was zum Teufel tut er da? Das Feuer ist uns direkt auf den Fersen, und der Boss entzündet vor uns noch eins, dachte er bei sich. Dodge, dieser Mistkerl, will mich umbringen. Es überrascht nicht, dass sein Team Dodge nicht folgte, als er mit wedelnden Armen auf das Feuer deutete und brüllte: „Hier! Hier lang!“

Die Feuerspringer erkannten nicht, dass Dodge eine Überlebensstrategie ersonnen hatte: Er entfachte ein Fluchtfeuer. Dadurch, dass er das Gras vor sich verbrannte, entzog er dem Waldbrand den Brennstoff, der ihm Nahrung gab. Dann goss er Wasser aus seiner Feldflasche über sein Taschentuch, bedeckte damit den Mund und legte sich mit dem Gesicht nach unten auf den verkohlten Boden. Während der Waldbrand in der nächsten Viertelstunde direkt über ihm tobte, überlebte er mithilfe des nah über dem Boden verbliebenen Sauerstoffs.

Tragischerweise verloren zwölf der Feuerspringer ihr Leben. Später wurde die Taschenuhr eines der Männer gefunden, deren geschmolzene Zeiger bei 17:56 Uhr stehen geblieben waren.

Warum überlebten nur drei der Feuerspringer? Die körperliche Fitness mag ein Faktor gewesen sein; den anderen beiden Überlebenden gelang es, vor dem Feuer davonzulaufen und den Kamm zu erreichen. Doch Dodge überlebte aufgrund seiner mentalen Fitness.

Wenn Menschen darüber nachdenken, was erforderlich ist, um mental fit zu sein, kommt ihnen in der Regel als Erstes die Intelligenz in den Sinn. Je klüger man ist, desto schwieriger sind die Probleme, die man zu lösen vermag[i] – und desto schneller kann man sie lösen.[ii] Intelligenz wird traditionell als die Fähigkeit zu denken und zu lernen betrachtet. Doch in einer turbulenten Welt könnten andere kognitive Fähigkeiten noch wichtiger sein: die Fähigkeit, umzudenken und umzulernen.[iii]

Stellen Sie sich vor, Sie hätten gerade einen Multiple-Choice-Test hinter sich gebracht und würden nun eine Ihrer Antworten anzweifeln. Sie haben noch ein wenig Zeit – sollten Sie bei Ihrem ersten Gedanken bleiben oder die Antwort ändern?

Etwa drei Viertel aller Studenten sind davon überzeugt, dass sie schlechter abschneiden werden, wenn sie ihre Antwort ändern. Kaplan, das große Testvorbereitungsunternehmen, ermahnte sie einmal: „Lasst große Vorsicht walten, wenn ihr beschließt, eine Antwort zu ändern. Die Erfahrung zeigt, dass viele Studenten, die Antworten ändern, zur falschen Antwort wechseln.“[iv]

Bei allem Respekt vor dem, was uns die Erfahrung lehrt: Ich ziehe rigorose Beweise vor. Als ein Team von drei Psychologen eine umfassende Überprüfung von 33 Studien vornahm, stellte es bei jeder von ihnen fest, dass es sich bei der Mehrzahl der vorgenommenen Änderungen um einen Wechsel von einer falschen zu einer richtigen Antwort handelte.[v] Dieses Phänomen ist bekannt als Erste-Instinkt-Falle.

In einem Fall zählten Psychologen die geänderten Stellen in den Klausuren von über 1500 Studenten aus Illinois.[vi] Nur bei einem Viertel der Änderungen waren aus richtigen Antworten falsche geworden, bei der Hälfte der Änderungen hingegen aus falschen Antworten richtige. Ich erlebe es Jahr für Jahr in meinen eigenen Kursen: In den Abschlussklausuren meiner Studenten findet man erstaunlich wenige geänderte Stellen, doch diejenigen, die ihre ersten Antworten überdenken, statt an ihnen festzuhalten, verbessern letztlich ihre Punktzahl.[vii]

Natürlich sind zweite Antworten nicht grundsätzlich besser. Sie sind nur deswegen besser, weil Studenten im Allgemeinen so ungern Änderungen vornehmen, dass sie dies nur tun, wenn sie sich ihrer Sache ziemlich sicher sind. Jüngste Studien deuten aber noch auf eine andere Erklärung hin: Nicht so sehr das Ändern einer Antwort verbessert die Note, sondern vielmehr die Überlegung, ob man sie ändern sollte.[viii]

Wir zögern nicht nur, unsere Antworten zu überdenken. Wir zögern schon allein bei dem Gedanken, umzudenken. So sollten in einem Experiment Hunderte nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Collegestudenten erfahren, was es mit der Erste-Instinkt-Falle auf sich hat. Der Referent erklärte ihnen, welchen Wert es haben kann, seine Meinung zu ändern, und gab ihnen Ratschläge, wann es sinnvoll ist, dies zu tun.[ix] Bei den nächsten beiden Tests waren sie jedoch noch immer nicht geneigt, ihre Antworten zu korrigieren.

Einen Teil des Problems bildet die kognitive Trägheit. Einige Psychologen weisen darauf hin, dass wir kognitive Geizhälse sind: Wir ziehen oft die Bequemlichkeit, an alten Ansichten festzuhalten, der Schwierigkeit vor, uns mit neuen Sichtweisen auseinanderzusetzen.[x] Doch unserem Widerstreben, Dinge neu zu durchdenken, liegen auch tiefere Kräfte zugrunde. Uns selbst zu hinterfragen macht die Welt unvorhersehbarer. Es verlangt von uns, zuzugeben, dass die Tatsachen sich geändert haben mögen, dass das, was einst richtig war, nun vielleicht falsch ist. Etwas zu überdenken, an das wir fest glauben, kann unsere Identität bedrohen und uns das Gefühl geben, als würden wir einen Teil unseres Selbst verlieren.

Nicht in jedem Bereich unseres Lebens haben wir Probleme, umzudenken. So erneuern wir voller Eifer unsere Besitztümer. Wir frischen unsere Garderobe auf, wenn sie aus der Mode kommt, und renovieren unsere Küchen, wenn sie nicht länger en vogue sind. Doch wenn es um unser Wissen und unsere Meinungen geht, neigen wir dazu, uns nicht beirren zu lassen. Psychologen nennen dies seizing (Ergreifen) und freezing (Einfrieren).[xi] Wir ziehen die uns Behagen bereitende Überzeugung dem Unbehagen des Zweifels vor, und wir lassen zu, dass unsere Überzeugungen brüchig werden, lange bevor unsere Knochen dies tun. Wir lachen über Menschen, die noch immer Windows 95 benutzen, halten aber nach wie vor an den Meinungen fest, die wir uns 1995 gebildet haben. Wir hören uns Ansichten an, die uns ein gutes Gefühl vermitteln, statt Ideen, die uns zum Nachdenken zwingen.

Sie haben vermutlich schon einmal folgende Geschichte gehört: dass ein Frosch, den man in einen Topf mit kochend heißem Wasser wirft, sofort aus diesem Topf herausspringt; dass er jedoch sterben wird, wenn man ihn in lauwarmes Wasser setzt und nach und nach die Temperatur erhöht. Er ist nicht in der Lage, die Situation zu überdenken, und erkennt die Gefahr erst, wenn es schon zu spät ist.

Ich habe vor Kurzem ein paar Recherchen zu dieser beliebten Geschichte angestellt und ein kleines Problem entdeckt: Sie ist nicht wahr.

Wird der Frosch in das kochend heiße Wasser geworfen, erleidet er schwere Verbrennungen und entkommt oder auch nicht. Im Topf mit dem langsam sich erwärmenden Wasser ergeht es ihm tatsächlich besser: Er springt hinaus, sobald das Wasser unangenehm warm wird.[xii]

Nicht die Frösche versäumen es, Situationen neu zu bewerten. Wir versäumen es. Sobald wir eine Geschichte als wahr akzeptiert haben, machen wir uns selten die Mühe, sie zu hinterfragen.

Als im Mann Gulch das Feuer auf die Feuerspringer zugerast kam, mussten sie eine Entscheidung treffen. In einer idealen Welt hätten sie genug Zeit gehabt, stehen zu bleiben, die Situation zu analysieren und ihre Möglichkeiten einzuschätzen. Da das Feuer jedoch nur knapp 100 Meter hinter ihnen tobte, hatten sie keine Chance, anzuhalten und nachzudenken. „Bei einem großen Feuer ist weder Muße noch ein Baum, in dessen Schatten sich der Boss und die Mannschaft setzen können, um einen platonischen Dialog über den Feuersturm zu führen“, schrieb der Wissenschaftler und ehemalige Feuerwehrmann Norman Maclean in seinem Buch Junge Männer im Feuer. „Ein Dialog hilft nicht so recht, wenn die Temperatur sich den tödlichen 140 Grad Fahrenheit nähert.“[xiii]

Dodge überlebte nicht deshalb, weil er langsamer gedacht hatte. Er überlebte aufgrund seiner Fähigkeit, die Situation schneller zu überdenken. Zwölf Feuerspringer bezahlten den höchsten Preis, weil Dodges Verhalten für sie keinen Sinn ergab. Sie konnten ihre Annahmen nicht rechtzeitig überdenken.

Bei akutem Stress greifen wir normalerweise auf automatische, erlernte Reaktionen zurück.[xiv] Es handelt sich also um evolutionäre Anpassung – sofern wir uns in der gleichen Art von Umgebung befinden, in der diese Reaktionen notwendig waren. Für einen Feuerspringer ist die erlernte Reaktion die, ein Feuer zu löschen, und nicht, ein weiteres zu entzünden. Sucht man sein Heil in der Flucht, ist die erlernte Reaktion die, vom Feuer wegzulaufen – nicht umgekehrt. Unter normalen Umständen retten uns diese Instinkte vielleicht das Leben. Dodge überlebte das Mann-Gulch-Feuer, weil er sich schnell für eine andere Reaktion entschied.

Niemand hatte Dodge beigebracht, ein Fluchtfeuer zu entfachen. Er hatte nicht einmal von dieser Möglichkeit gehört. Es war reine Improvisation. Später sagten die beiden anderen Überlebenden unter Eid aus, dass Fluchtfeuer zu keinem Zeitpunkt Gegenstand ihrer Ausbildung gewesen seien. Viele Experten hatten ihr gesamtes Berufsleben damit verbracht, Waldbrände zu erforschen, ohne zu erkennen, dass es möglich war, am Leben zu bleiben, indem man ein Loch durch die Feuersbrunst brannte.

Wenn ich Menschen davon erzähle, wie Dodge dem Feuer entkam, wundern sie sich gewöhnlich, dass er trotz des gewaltigen Drucks, unter dem er stand, so einfallsreich war. Das war genial! Ihr Erstaunen verwandelt sich schnell in Niedergeschlagenheit, weil sie zu dem Schluss kommen, dass diese Art von Heureka-Moment bei Normalsterblichen nicht vorkommt. Mich haben schon die Matheaufgaben meines kleinen Sohns überfordert. Doch Dinge zu überdenken erfordert in den meisten Fällen keine speziellen Fähigkeiten und keine Genialität.

Im Mann Gulch verpassten die Feuerspringer nur wenige Augenblicke zuvor eine weitere Gelegenheit, noch einmal nachzudenken – eine, die sich ihnen direkt angeboten hatte. Kurz bevor Dodge damit begann, Streichhölzer ins Gras zu werfen, hatte er seiner Mannschaft befohlen, ihre schwere Ausrüstung fallen zu lassen. Die Männer hatten die letzten acht Minuten damit verbracht, mit Äxten, Sägen, Schaufeln und zehn Kilo schweren Rucksäcken bergauf zu rennen.

Wenn man um sein Leben läuft, liegt es eigentlich nahe, dass man als Erstes alles fallen lässt, was einen langsamer machen könnte. Für Feuerwehrleute sind Werkzeuge jedoch unentbehrlich. Ohne sie können sie ihre Arbeit nicht verrichten. Sie dabeizuhaben und auf sie achtzugeben ist ihnen durch ihre Ausbildung und Erfahrung in Fleisch und Blut übergegangen. Erst als Dodge den Befehl dazu gab, legten die meisten Feuerspringer ihre Werkzeuge nieder – und selbst dann noch hielt ein Feuerwehrmann seine Schaufel fest, bis ein Kollege sie ihm aus der Hand nahm. Hätte es die Männer gerettet, wenn sie ihre Werkzeuge früher hätten fallen lassen?

Wir werden es nie mit Sicherheit wissen, doch das Mann-Gulch-Feuer war kein Einzelfall. Allein zwischen 1990 und 1995 starben 23 Feuerwehrleute bei dem Versuch, bergauf vor einem Feuer davonzulaufen, ohne ihre schwere Ausrüstung zurückzulassen, obwohl dies den Unterschied zwischen Leben und Tod hätte ausmachen können.[xv] 1994 führten starke Winde auf dem Storm King Mountain in Colorado dazu, dass ein Feuer sich blitzschnell in einer Schlucht ausdehnte.[xvi] 14 Feuerspringer und Waldbrandbekämpfer – vier Frauen und zehn Männer – verloren ihr Leben, während sie auf steinigem Boden bergauf rannten, der rettende Gipfelkamm nur rund 200 Meter von ihnen entfernt.

Später errechneten Ermittler, dass die Mannschaft sich ohne ihre Werkzeuge und Rucksäcke 15 bis 20 Prozent schneller hätte fortbewegen können.[xvii] „Die meisten hätten überlebt, wenn sie einfach ihre Ausrüstung hätten fallen lassen und um ihr Leben gerannt wären“,[xviii] schrieb ein Experte. „Hätten sie ihre Werkzeuge und Rucksäcke liegen lassen“, pflichtete der U.S. Forest Service (die Forstverwaltung der Vereinigten Staaten) bei, „hätten die Feuerwehrleute vor dem Feuer den Gipfelkamm erreicht.“[xix]

Man kann davon ausgehen, dass die Männer zunächst ganz automatisch losgerannt waren, ohne sich bewusst zu sein, dass sie ihre Rucksäcke und Werkzeuge noch mit sich schleppten. „Als ich rund 300 Meter den Berg hochgerannt war“, sagte einer der Überlebenden aus Colorado aus, „merkte ich, dass ich immer noch meine Säge über der Schulter trug!“ Selbst nachdem er die kluge Entscheidung getroffen hatte, sich der 25 Pfund schweren Kettensäge zu entledigen, verlor er noch wertvolle Zeit: „Ich begann, gegen alle Vernunft, nach einem Platz zu suchen, wo ich sie hinlegen konnte, ohne dass sie verbrennen würde … Ich erinnere mich, dass ich dachte: Ich kann nicht glauben, dass ich meine Säge ablege.“ Eines der Opfer hatte noch den Rucksack auf dem Rücken, als man es fand, und umklammerte den Griff seiner Kettensäge. Warum klammern sich so viele Feuerwehrleute an ihre Werkzeuge, obwohl es ihnen das Leben retten könnte, sie loszulassen?

Ein Feuerwehrmann muss nicht nur Gewohnheiten ablegen und Instinkte ignorieren, wenn er seine Werkzeuge fallen lässt. Sich seiner Ausrüstung zu entledigen heißt, sich das Scheitern einzugestehen und einen Teil seiner Identität aufzugeben. Es erfordert, sein Arbeitsziel zu überdenken – und seine Rolle im Leben. „Feuer werden nicht mit dem Körper und bloßen Händen bekämpft, sondern mit Werkzeug, das oft das unverwechselbare Markenzeichen von Feuerwehrleuten ist“, erklärt der Organisationspsychologe Karl Weick. „Es ist das, was einen Feuerwehrmann ausmacht … Sein Werkzeug fallen zu lassen erzeugt eine Existenzkrise. Wer bin ich ohne mein Werkzeug?“[xx]

Waldbrände sind etwas relativ Seltenes. Das Leben der meisten von uns hängt nicht von Sekundenbruchteil-Entscheidungen ab, die uns dazu zwingen, unser Werkzeug als eine Quelle der Gefahr und ein Feuer als Weg zur Freiheit zu sehen. Doch mit der Herausforderung, Annahmen zu überdenken, werden überraschend viele von uns – vielleicht sogar alle – konfrontiert.

Wir machen alle die gleiche Art von Fehlern wie Feuerspringer und Feuerwehrleute, doch die Folgen sind weniger schlimm und bleiben deswegen oft unbeachtet. Unsere Denkweisen werden zu Gewohnheiten, die uns zu schaffen machen können, und wir stellen sie erst infrage, wenn es zu spät ist. Wir erwarten zum Beispiel, dass unsere quietschenden Bremsen weiterhin funktionieren, und wundern uns dann, wenn sie schließlich auf der Autobahn versagen. Wir glauben, dass die Aktienkurse weiter steigen werden, obwohl Analysten vor einer drohenden Immobilienblase gewarnt haben. Wir nehmen es trotz der zunehmenden emotionalen Distanz unseres Partners als gegeben an, dass mit unserer Ehe alles in Ordnung ist. Und wir fühlen uns sicher in unserem Job, obwohl einige unserer Kollegen entlassen wurden.

In diesem Buch geht es um den Wert des Umdenkens – darum, jene geistige Flexibilität zu entwickeln, die Wagner Dodge das Leben rettete. Es geht auch darum, dort Erfolg zu haben, wo er scheiterte: dieselbe geistige Beweglichkeit bei anderen zu fördern.

Sie tragen vielleicht keine Axt oder Schaufel mit sich herum, doch Sie besitzen einige kognitive Werkzeuge, die Sie regelmäßig benutzen. Das können Dinge sein, die Sie wissen, Annahmen, die Sie treffen, oder Ansichten, die Sie vertreten. Einige davon sind nicht einfach nur Teil Ihres Jobs – sie sind Teil Ihres Selbstgefühls.



[i]               Frank L. Schmidt und John Hunter, „General Mental Ability in the World of Work: Occupational Attainment and Job Performance“, in: Journal of Personality and Social Psychology 86 (2004), S. 162–173.

[ii]              David C. Geary, „Efficiency of Mitochondrial Functioning as the Fundamental Biological Mechanism of General Intelligence (G)“, in: Psychological Review 15 (2018), S. 1028–1050.

[iii]              Neel Burton, „What Is Intelligence?“, in: Psychology Today, 28. November 2018, www.psychologytoday.com/us/blog/hide-and-seek/201811/what-is-intelligence; Charles Stangor und Jennifer Walinga, Introduction to Psychology, Victoria, BC, 2014; Frank L. Schmidt, „The Role of Cognitive Ability and Job Performance: Why There Cannot Be a Debate“, in: Human Performance 15 (2002), S. 187–210.

[iv]              A Systematic Approach to the GRE, New York, Kaplan, 1999.

[v]              Ludy T. Benjamin jr., Timothy A. Cavell und William R. Shallenberger III, „Staying with Initial Answers on Objective Tests: Is It a Myth?“, in: Teaching of Psychology 11 (1984), S. 133–141.

[vi]              Justin Kruger, Derrick Wirtz und Dale T. Miller, „Counterfactual Thinking and the First Instinct Fallacy“, in: Journal of Personality and Social Psychology 88 (2005). S. 725–735.

[vii]             Yongnam Kim, „Apples to Oranges: Causal Effects of Answer Changing in Multiple-Choice Exams“, arXiv:1808.10577v4, zuletzt überarbeitet am 14. Oktober 2019, arxiv.org/abs/1808.10577

[viii]            Justin J. Couchman et al., „The Instinct Fallacy: The Metacognition of Answering and Revising during College Exams“, in: Metacognition and Learning 11 (2016), S. 171–185.

[ix]              Charles M. Slem, „The Effects of an Educational Intervention on Answer Changing Behavior“, Annual Convention of the American Psychological Association, August 1985, eric.ed.gov

[x]              Susan T. Fiske und Shelley E. Taylor, Social Cognition: From Brains to Culture, 2. Auflage, Los Angeles 2013.

[xi]              Arie W. Kruglanski und Donna M. Webster, „Motivated Closing of the Mind: ›Seizing‹ and ›Freezing‹“, in: Psychological Review 103 (1996), S. 263–283.

[xii]             James Fallows, „The Boiled-Frog Myth: Stop the Lying Now!“, in: The Atlantic, 16, September 2006, www.theatlantic.com/technology/archive/2006/09/the-boiled-frog-myth-stop-the-lying-now/7446/

[xiii]            Norman Maclean, Junge Männer im Feuer, Frankfurt am Main 1994, S. 263.

[xiv]            Barry M. Staw, Lance E. Sandelands und Jane E. Dutton, „Threat Rigidity Effects in Organizational Behavior: A Multilevel Analysis“, in: Administrative Science Quarterly 26 (1981), S. 501–524; Karl E. Weick, „The Collapse of Sense-Making in Organizations: The Mann Gulch Disaster“, in: Administrative Science Quarterly 38 (1993), S. 628–652.

[xv]             Ted Putnam, „Findings from the Wildland Firefighters Human Factors Workshop“, United States Department of Agriculture, Forest Service, Technology & Development Program, November 1995.

[xvi]            John N. Maclean, Fire on the Mountain: The True Story of the South Canyon Fire, New York 2009.

[xvii]            Ted Putnam, „Analysis of Escape Efforts and Personal Protective Equipment on the South Canyon Fire“, in: Wildfire 4 (1995), S. 34–39.

[xviii]           Ted Putnam, „The Collapse of Decision Making and Organizational Structure on Storm King Mountain“, in: Wildfire 4 (1995), S. 40–45.

[xix]            Report of the South Canyon Fire Accident Investigation Team, 17. August 1994.

[xx]             Karl E. Weick, „Drop Your Tools: An Allegory for Organizational Studies“, in: Administrative Science Quarterly 41 (1996), S. 301–313.

Die häufigsten Denkfallen erkennen und vermeiden

Die Kunst des klaren DenkensDie Kunst des klaren Denkens

Neuausgabe: komplett überarbeitet, mit großem Workbook-Teil

Neuausgabe des Bestsellers: Komplett überarbeitet, neu gestaltet, mit großem Workbook-Teil und zahlreichen Illustrationen!

Unser Gehirn ist für das Leben als Jäger und Sammler optimiert. Heute leben wir in einer radikal anderen Welt. Das führt zu systematischen Denkfehlern – die verheerend sein können für unsere Finanzen, unsere Karriere, unser Glück. Rolf Dobelli nimmt die tückischsten „Denkfallen“ unter die Lupe, in die wir immer wieder tappen.

Und so erfahren wir

  • warum wir unser eigenes Wissen systematisch überschätzen (und andere für dümmer halten, als sie sind),
  • warum etwas nicht deshalb richtiger wird, weil Millionen von Menschen es für richtig halten,
  • warum wir Theorien nachhängen, selbst wenn sie nachweislich falsch sind.


Rolf Dobellis Texte sind sowohl inhaltlich ausgesprochen bereichernd als auch ein echtes Lesevergnügen

„Die Bücher des Schweizers Rolf Dobelli machen nicht nur klüger, sondern tatsächlich glücklicher. Das liegt an seinen angenehm unaufgeregten, profunden Ratschlägen.“
Denis Scheck, Tagesspiegel

„Rolf Dobellis Bücher habe ich nicht nur gelesen, sondern jedes Wort auf der Zunge zergehen lassen.“
Frank Elstner

Vorwort

Angefangen hat alles an einem Abend im Herbst 2004. Auf Einladung des Verlegers Hubert Burda war ich nach München gereist, um an einem, wie es hieß, „ungezwungenen Austausch mit Intellektuellen“ teilzunehmen. Nie zuvor hatte ich mich als „Intellektueller“ wahrgenommen (ich habe BWL studiert und bin Unternehmer geworden – also das Gegenteil eines Intellektuellen), doch ich hatte zwei Romane veröffentlicht, und das genügte offenbar.

Am Tisch saß Nassim Nicholas Taleb, damals ein obskurer Wall-Street-Trader mit Hang zur Philosophie. Ich wurde ihm vorgestellt als Kenner der englischen und schottischen Aufklärung – speziell David Hume. Man hatte mich ganz offensichtlich verwechselt. Ich sagte nichts, lächelte etwas unsicher in die Runde und ließ die so entstandene Pause als Beleg meiner enormen Philosophiekenntnisse wirken. Sofort zog Taleb einen freien Stuhl zu sich hin und hieß mich, die Sitzfläche tätschelnd, darauf Platz zu nehmen. Zum Glück schwenkte das Gespräch nach wenigen Sätzen von Hume zur Wall Street, wo ich wenigstens mithalten konnte. Wir amüsierten uns über die systematischen Fehler, die CEOs machten, ohne uns selbst auszunehmen. Wir redeten über die Tatsache, dass unwahrscheinliche Ereignisse rückblickend betrachtet viel wahrscheinlicher erscheinen. Wir lachten darüber, dass Anleger sich bei Kursen unter dem Einstandspreis kaum von ihren Aktien trennen können.

In der Folge schickte er mir Manuskriptseiten, die ich kommentierte, teilweise kritisierte, und die sich zum Weltbestseller Der Schwarze Schwan fügten. Das Buch katapultierte Taleb in die Liga der intellektuellen Weltstars. Mit wachsendem intellektuellem Hunger verschlang ich die „Heuristics-and-Biases“-Literatur. Parallel dazu verstärkte sich der Austausch mit einer Vielzahl von Leuten, die man als amerikanische Ostküsten-Intelligenzija bezeichnen könnte. Jahre später realisierte ich, dass ich neben meinem Job als Schriftsteller und Unternehmer ein veritables Studium der sozialen und kognitiven Psychologie absolviert hatte.

Denkfehler, so wie ich den Begriff hier verwende, sind systematische Abweichungen zur Rationalität, zum optimalen, logischen, vernünftigen Denken und Verhalten. Das Wort „systematisch“ ist wichtig, weil wir oft in dieselbe Richtung irren. Zum Beispiel kommt es viel häufiger vor, dass wir unser Wissen überschätzen, als dass wir es unterschätzen. Oder die Gefahr, etwas zu verlieren: Sie bringt uns viel schneller auf Trab als die Aussicht, etwas zu gewinnen. Ein Mathematiker würde von einer „asymmetrischen“ Verteilung unserer Denkfehler sprechen. Ein Glück: Die Asymmetrie macht die Fehler manchmal vorhersehbar.

Um das Vermögen, das ich im Lauf meiner schriftstellerischen und geschäftlichen Tätigkeit angehäuft hatte, nicht leichtfertig zu verspielen, begann ich, eine Liste der systematischen Denkfehler samt Notizen und persönlichen Anekdoten anzulegen. Ohne Absicht, diese jemals zu veröffentlichen. Ich tat dies ganz für mich allein. Bald merkte ich, dass mir diese Liste nicht nur im Bereich der Geldanlage von Nutzen war, sondern auch im Geschäfts- und Privatleben. Das Wissen um die Denkfehler machte mich ruhiger und besonnener: Ich erkannte meine eigenen Denkfallen frühzeitig und konnte ihnen ausweichen, bevor sie großen Schaden angerichtet hatten. Und ich verstand zum ersten Mal, wenn andere unvernünftig handelten, und konnte ihnen gewappnet begegnen – vielleicht sogar mit einem Vorteil. Aber vor allem war damit das Gespenst der Irrationalität gebannt – ich hatte Kategorien, Begriffe und Erklärungen zur Hand, um es zu verscheuchen. Blitz und Donner sind seit Benjamin Franklin nicht seltener, aber weniger angsteinflößend – und so geht es mir seither mit der eigenen Unvernunft.

Bald begannen sich Freunde, denen ich davon erzählte, für mein kleines Kompendium zu interessieren. Dieses Interesse führte zu einer wöchentlichen Kolumne in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der Schweizer SonntagsZeitung und schließlich zu diesem Buch. Voilà. Sie halten es nun in der Hand – nicht Ihr Glück, so doch eine Versicherung gegen allzu großes selbst verschuldetes Unglück.

Ganz wichtig: Für die Neuausgabe hat das Buch einen Workbook-Teil mit Übungen zu jedem Denkfehler bekommen. Schauen Sie einmal nach: ab Seite 235!

Rolf Dobelli

 

1 The Survivorship Bias

Warum Sie Friedhöfe besuchen sollten

Egal, wo Reto hinschaut, überall sieht er Rockstars. Sie treten im Fernsehen auf, auf den Titelseiten der Illustrierten, in Konzertprogrammen und auf den Fan-Pages im Internet. Ihre Songs sind unüberhörbar – im Einkaufszentrum, auf der eigenen Playlist, im Fitnessstudio. Die Rockstars sind da. Es sind viele. Und sie haben Erfolg. Animiert vom Erfolg zahlloser Gitarrenhelden gründet Reto eine Band. Wird er es je schaffen? Die Wahrscheinlichkeit liegt eine Haaresbreite über null. Wie so viele wird er vermutlich auf dem Friedhof der gescheiterten Musiker landen. Diese Begräbnisstätte zählt 10.000-mal mehr Musiker als die Showbühne, doch kein Journalist interessiert sich für die Gescheiterten – mit Ausnahme der heruntergefallenen Stars. Dies macht den Friedhof für Außenstehende unsichtbar.

Survivorship Bias (deutsch etwa: Überlebensirrtum) bedeutet: Weil Erfolge größere Sichtbarkeit im Alltag erzeugen als Misserfolge, überschätzen Sie systematisch die Aussicht auf Erfolg. Als Außenstehender erliegen Sie (wie Reto) einer Illusion. Sie verkennen, wie verschwindend gering die Erfolgswahrscheinlichkeit ist. Hinter jedem erfolgreichen Schriftsteller verbergen sich 100 andere, deren Bücher sich nicht verkaufen. Und hinter jedem dieser wiederum 100, die keinen Verlag gefunden haben. Und hinter jedem dieser wiederum Hunderte mit einem angefangenen Manuskript in der Schublade. Wir aber hören nur von den Erfolgreichen und verkennen, wie unwahrscheinlich schriftstellerischer Erfolg ist. Dasselbe gilt für Fotografen, Unternehmer, Künstler, Sportler, Architekten, Nobelpreisträger, Fernsehmoderatoren und Schönheitsköniginnen. Die Medien haben kein Interesse, auf den Friedhöfen der Gescheiterten zu graben. Dafür sind sie auch nicht zuständig. Bedeutet: Diese Denkarbeit müssen Sie übernehmen, wenn Sie den Survivorship Bias entschärfen wollen.

Der Survivorship Bias wird Sie spätestens beim Thema Geld erwischen: Ein Freund gründet ein Start-up. Zum Kreis der potenziellen Investoren gehören auch Sie. Sie wittern die Chance: Das könnte die nächste Microsoft werden. Vielleicht haben Sie Glück. Wie sieht die Realität aus? Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die Firma gar nicht erst aus den Startlöchern kommt. Das Nächstwahrscheinliche ist der Bankrott nach drei Jahren. Von den Firmen, die die ersten drei Jahre überleben, schrumpfen die meisten zu einem KMU mit weniger als zehn Angestellten. Fazit: Sie haben sich von der Medienpräsenz der erfolgreichen Firmen blenden lassen. Also keine Risiken eingehen? Nein. Aber tun Sie es mit dem Bewusstsein, dass der kleine Teufel Survivorship Bias die Wahrscheinlichkeiten wie ein geschliffenes Glas verzerrt.

Nehmen wir den Dow Jones. Er besteht aus lauter Überlebenden (Survivors). Nicht in einem Aktienindex vertreten sind nämlich die fehlgeschlagenen und klein gebliebenen Firmen – also die Mehrzahl. Ein Aktienindex ist nicht repräsentativ für die Wirtschaft eines Landes. So wie die Presse nicht repräsentativ über die Gesamtmenge der Musiker berichtet. Auch die Unmenge an Erfolgsbüchern und Erfolgstrainern sollte Sie skeptisch machen: Gescheiterte schreiben keine Bücher und geben keine Vorträge über ihr Scheitern.

Ganz heikel wird der Survivorship Bias, wenn Sie selbst Teil der „überlebenden“ Menge sind. Selbst wenn Ihr Erfolg auf purem Zufall basiert, werden Sie Gemeinsamkeiten mit anderen Erfolgreichen entdecken und diese zu „Erfolgsfaktoren“ erklären. Beim Besuch des Friedhofs der Gescheiterten (Personen, Firmen etc.) würden Sie allerdings feststellen, dass die vermeintlichen „Erfolgsfaktoren“ oft auch von diesen angewendet wurden.

Wenn genügend Wissenschaftler ein bestimmtes Phänomen untersuchen, wird es vorkommen, dass ein paar dieser Studien aus reinem Zufall heraus statistisch relevante Ergebnisse liefern – zum Beispiel über den Zusammenhang zwischen Rotweinkonsum und hoher Lebenserwartung. So erzielen diese (falschen) Studien sofort einen hohen Bekanntheitsgrad. Ein Survivorship Bias.

Doch genug Philosophie. Survivorship Bias bedeutet: Sie überschätzen systematisch die Erfolgswahrscheinlichkeit. Zur Gegensteuerung: Besuchen Sie möglichst oft die Grabstätten der einst vielversprechenden Projekte, Investments und Karrieren. Ein trauriger Spaziergang, aber ein gesunder.

 

2 The Swimmer’s Body Illusion

Ist Harvard eine gute oder schlechte Universität? Wir wissen es nicht

Als der Essayist und Börsenhändler Nassim Taleb den Entschluss fasste, etwas für seinen Körper zu tun, schaute er sich bei den verschiedensten Sportarten um. Die Jogger machten ihm einen dürren und unglücklichen Eindruck. Die Bodybuilder sahen breit und dümmlich aus. Die Radfahrer, ach, so beinschwer! Doch die Schwimmer gefielen ihm. Sie hatten diese gut gebauten, eleganten Körper. Also entschloss er sich, zweimal die Woche in das chlorhaltige Wasser des lokalen Schwimmbades zu steigen und richtig hart zu trainieren. Es dauerte eine ganze Weile, bis er merkte, dass er einer Illusion auf den Leim gekrochen war. Die professionellen Schwimmer haben diesen perfekten Körperbau nicht, weil sie ausgiebig trainieren. Es ist andersherum: Sie sind gute Schwimmer, weil sie so gebaut sind. Ihr Körperbau ist ein Selektionskriterium, nicht das Resultat ihrer Aktivitäten.

Weibliche Models machen Werbung für Kosmetika. So kommt manche Konsumentin auf den Gedanken, die Kosmetika würden einen verschönern. Doch es sind nicht die Kosmetika, die diese Frauen zu Models machen. Die Models sind zufälligerweise als schöne Menschen geboren, und nur deshalb kommen sie für die Kosmetikawerbung überhaupt erst infrage. Wie bei den Schwimmern ist hier die Schönheit ein Selektionskriterium, nicht ein Ergebnis.

Wann immer wir Selektionskriterium und Ergebnis vertauschen, sitzen wir der Swimmer’s Body („Körper des Schwimmers“) Illusion auf. Ohne diese Illusion würde die Hälfte der Werbung nicht funktionieren.

Aber es geht nicht nur um sexy Körper. Harvard hat den Ruf, eine Topuniversität zu sein. Viele höchst erfolgreiche Personen haben in Harvard studiert. Heißt das, dass Harvard eine gute Schule ist? Das wissen wir nicht. Vielleicht ist die Schule miserabel, aber sie rekrutiert die gescheitesten Studenten der ganzen Welt. Die Universität St. Gallen habe ich so erlebt. Ihr Ruf ist ausgezeichnet, aber der Unterricht (vor 20 Jahren) war medioker. Aus irgendwelchen Gründen – gute Selektion der Studenten, das Klima in dem engen Tal, das Kantinenessen? – ist trotz allem aus vielen Absolventen etwas geworden.

MBA-Kurse in aller Welt locken mit Einkommensstatistiken. Dem Interessenten wird vorgerechnet, dass ein MBA das Einkommen um durchschnittlich soundso viel Prozent steigert. Die einfache Rechnung soll aufzeigen, dass sich die horrenden Schulgebühren schon in kurzer Zeit bezahlt machen. Viele fallen darauf herein. Ich will den Schulen nicht unterstellen, dass sie die Statistiken getürkt haben. Und doch sind ihre Aussagen wertlos. Menschen, die keinen MBA anstreben, sind ganz anders gestrickt als Menschen, die einen MBA anstreben. Der spätere Einkommensunterschied hat tausend andere Gründe als das MBA-Diplom. Hier also wiederum die Swimmer’s Body Illusion: Auswahlkriterium wird mit Ergebnis verwechselt. Wenn Sie sich überlegen, eine Weiterbildung zu machen, suchen Sie sich bitte andere Gründe als Einkommenssteigerung.

Wenn ich glückliche Menschen frage, worin das Geheimnis ihres Glücks bestehe, höre ich oft Sätze wie: „Man muss das Glas halb voll statt halb leer sehen.“ Als könnten diese Menschen nicht akzeptieren, dass sie als glückliche Menschen geboren sind, und nun halt die Neigung haben, in allem das Positive zu sehen. Dass Glückseligkeit zum großen Teil angeboren ist und im Verlauf des Lebens konstant bleibt, wollen die Glücklichen nicht einsehen. Die Swimmer’s Body Illusion gibt es also auch als Selbstillusion. Wenn die Glücklichen dann noch Bücher schreiben, wird die Täuschung perfid.

Darum: Machen Sie von jetzt an einen weiten Bogen um Selbsthilfeliteratur. Sie ist zu 100 % von Menschen geschrieben, die eine natürliche Tendenz zum Glück besitzen. Nun verschleudern sie auf jeder Buchseite Tipps. Dass es Milliarden von Menschen gibt, bei denen diese Tipps nicht funktionieren, bleibt unbekannt – weil Unglückspilze keine Selbsthilfebücher schreiben.

Fazit: Überall, wo etwas Erstrebenswertes – stählerne Muskeln, Schönheit, höheres Einkommen, langes Leben, Aura, Glück – angepriesen wird, schauen Sie genau hin. Bevor Sie ins Schwimmbecken steigen, werfen Sie einen Blick in den Spiegel. Und seien Sie ehrlich mit sich.

5 Ideen aus „Die Kunst des klaren Denkens“

Du hast Lust auf mehr? Weitere spannende Tipps und Ideen findest du im Buch „Die Kunst des klaren Denkens“.

Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt

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Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt

Ich sehe was, was du auch siehst: mit dem Growth Mindset zu mehr Selbstbewusstsein 
Es kommt nicht darauf an, was wir können. Es kommt darauf an, wie wir uns selbst sehen. Psychologin Carol Dweck hilft, das Selbstbild zurechtzurücken, und setzt Impulse für die eigene Persönlichkeitsentwicklung. 

Hinter jedem Erfolg oder Misserfolg stehen weder äußere Umstände noch das eigene Können. In ihrer praktischen Arbeit hat Motivationsexpertin Carol Dweck erkannt, dass Selbstwahrnehmung und Identität der wahre Motor für die Entwicklung sind.  

„Selbstbild“ ist eine Einladung an die Leser, am eigenen Growth Mindset zu arbeiten: Wer vorankommen möchte, muss an sich glauben. Dweck beschreibt nachvollziehbar, warum und wie wir uns selbst im Weg stehen. Sie entwickelt neueste Erkenntnisse aus der Persönlichkeitsforschung weiter zu anwendbaren und nachhaltigen Praxisübungen, die jedem unter die Arme greifen, der einen neuen Blick auf sich selbst finden und sich auf Erfolg ausrichten will.  

Mit praktischen Tipps zur Selbstoptimierung 

„Selbstbild“ ist das Ergebnis von mehr als dreißig Jahren intensiver Praxisforschung mit zahlreichen Klienten aus unzähligen Branchen. Einfach und nachvollziehbar trägt dieser Ratgeber den Lesern Hausaufgaben und Übungen auf, die sich schnell und mit Erfolg in den Alltag integrieren lassen. 

Persönlichkeitsentwicklung für Alltag, Karriere und Lebensziele 

Die Forschung zu Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl steht nicht still. „Selbstbild“ liegt jetzt in einer aktualisierten und erweiterten Ausgabe vor, die das Growth Mindset perfekt an unsere Zeit anpasst. 

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