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Hysteria

Eckhart Nickel
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Roman

„Eckhart Nickels feinsinniger Debütroman ›Hysteria‹ überführt die Sehnsucht nach dem Natürlichen in eine Dystopie.“ - Der Tagesspiegel

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Hysteria — Inhalt

„Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht.“

„Hysteria“ erzählt die Geschichte von Bergheim, der auf einem Biomarkt merkwürdig unnatürliche Himbeeren entdeckt. Auf der Suche nach dem Rätsel ihrer Beschaffenheit und Herkunft gerät er immer tiefer in eine kulinarische Dystopie, in der das Natürliche nur noch als absolutes Kunstprodukt existiert, weil das Künstliche längst alle Natur ersetzt hat. Aber keiner weiß davon. Nur seine Hypersensibilisierung befähigt Bergheim, die unheimliche Veränderung wahrzunehmen und ihr nachzugehen. Alle Fäden laufen im Kulinarischen Institut zusammen, wo er Charlotte wiedertrifft, seine Studienfreundin und ehemalige Geliebte, die nun als Leiterin an der Spitze der Bewegung des „Spurenlosen Lebens“ steht. Allein mit Ansgar, dem dritten im Bunde des ehemaligen Uni-Triumvirats, wird es Bergheim gelingen, etwas dagegen zu tun.

„Allerbeste literarische Feinkost – ein kulinarischer Pop-Roman.“ Deutschlandfunk Kultur

€ 11,00 [D], € 11,40 [A]
Erschienen am 01.02.2021
240 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-31461-9
Download Cover
€ 10,99 [D], € 10,99 [A]
Erschienen am 04.09.2018
256 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99257-2
Download Cover
„(Das ist) allerbeste literarische Feinkost – ein kulinarischer Pop-Roman. Man könnte auch von ›Beluga-Literatur‹ sprechen.“
Deutschlandfunk Kultur
„Beste, aktuellste Gesellschaftsdystopie seit J.G. Ballard.“
FAS
„(…) ein raffinierter Roman über das Künstliche und das Natürliche.“
Die ZEIT
„›Hysteria‹ von Eckart Nickel ist ein intelligenter und anregender Roman, der auf geschickte Weise bioethische, ökologische und philosophische Diskurse unserer Gegenwart aufgreift. (…) Es geht um ein Menschenbild, das unter den Bedingungen seiner technologischen Allmacht einerseits, und der Möglichkeit seiner selbstverursachten Auslöschung andererseits, neu verhandelt wird.“
ORF Ö1 ex libris
„Eckhart Nickels Roman ist so komisch wie abgründig, er reiht sich in die Tradition der schwarzen Romantik ein, und er stellt unsere von Paranoia und Verschwörungstheorien durchsetzte Gegenwart in einer Weise scharf, dass es in den Augen schmerzt.“
F.A.Z. WOCHE
„›Hysteria ist ein ungemein wichtiges Buch weil es mit seiner Radikalität schockt, weil es insgeheim zu einer Lässlichkeit mahnt, die unsere Gegenwart heilen könnte. Man nimmt diesem brillanten Roman nichts vorweg, wenn man verrät: ›Hysteria‹ wird ähnlich enden wie Francis Ford Coppolas ›Apocalypse Now‹. Nur braucht es dafür nicht einmal ein Vietnam.“
Deutschlandfunk "Büchermarkt"
„Wie er darin grassierende Verschwörungstheorien mit aktuellen Problemen der Nahrungsmittelindustrie zusammenbringt und den Leser immer wieder im Unklaren über die Verlässlichkeit des Erzählens lässt, ist durchaus einnehmend, gerade weil es in so übertriebener, das Genre des Ökothrillers auch wieder parodierende Weise geschieht“
F.A.Z.
„›Hysteria‹ ist eine bedrückende Dystopie mit gewitzter Kulturkritik.“
ZEIT Online
„Mit großartiger Leichtigkeit und sprachlicher Eleganz erzählt Eckhart Nickel vom Untergang und vom allmählichen Verschwinden von allem. Selten war eine apokalyptische Vision so vergnüglich wie anregend.“
NZZ (CH)

Leseprobe zu „Hysteria“

1

Auf dem Markt

Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht. Die kleinen geflochtenen Holzschalen, die Bergheim auf dem Markt immer hochhob, um zu sehen, ob sich das weiße Vlies am Boden schon von zerfallenden Früchten rötlich verfärbte, waren übervoll mit zu dunklen Beeren. Während der natürliche Prozess ihrer Auflösung sich in der Regel als Schimmel zeigte, der über die zum Platzen mürben Fruchtgefäße hinauswuchs, handelte es sich hier um einen zutiefst beunruhigenden Farbwechsel. Die Farbe, an die sich Bergheim bei Bio-Himbeeren seit vielen Jahren gewöhnt [...]

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1

Auf dem Markt

Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht. Die kleinen geflochtenen Holzschalen, die Bergheim auf dem Markt immer hochhob, um zu sehen, ob sich das weiße Vlies am Boden schon von zerfallenden Früchten rötlich verfärbte, waren übervoll mit zu dunklen Beeren. Während der natürliche Prozess ihrer Auflösung sich in der Regel als Schimmel zeigte, der über die zum Platzen mürben Fruchtgefäße hinauswuchs, handelte es sich hier um einen zutiefst beunruhigenden Farbwechsel. Die Farbe, an die sich Bergheim bei Bio-Himbeeren seit vielen Jahren gewöhnt hatte, war ein blasses, bläuliches Rot, das bei Lichteinfall fast durchscheinend wirkte. Diese aber waren anders, sie leuchteten in schwärzlichem Purpur, was den Früchten etwas entschieden Jenseitiges gab.

Bei seiner Inspektion der Schalen stellte Bergheim fest, dass selbst die Papiertücher unter den Beeren schon tiefdunkelrot waren und sich erste Tropfen wie frisch ausgetretenes Blut am hellen Holz der Schale sammelten. Der Name der Kooperative, Sommerfrische, war in Fraktur mit einem Retrostempel aufgedruckt. Seit kurzer Zeit tauchten überall Typografien auf, die an das früher als reaktionär geltende Sütterlin erinnerten. Mit dem altertümlichen Schriftzug wollte man sich bewusst zu einer Tradition bekennen, die noch Bezug zur Herkunft hatte und das eigene Land als Produktionsort ausländischen Importen vorzog. Bergheim konnte die Adresse nur mit Mühe entziffern. Automatisch sortierte er die achtlos übereinandergestapelten Schalen und rückte sie zurecht, sodass ihre Ränder eine gerade Linie ergaben und genügend Raum zwischen ihnen entstand, um die Früchte nicht noch weiter zu zerdrücken.

Er nickte, während er sich das Ergebnis prüfend besah, und musste wegen der Farbe unwillkürlich an Samtvorhänge denken, wie sie vor die Fenster von Leichenwagen gezogen wurden. Der kitzelnde Flaum, der sich beim Zerdrücken der Frucht im Mund wie ein Pelz auf die Zunge legte, widerte ihn auf einmal an. Dazu kamen die weißen Poren im Inneren der Himbeere, die schon von Natur aus an bedenklichen Pilzbefall erinnerten, obwohl sie nur die Punkte bezeichneten, an denen sie mit der Pflanze verbunden waren.

Die Härchen, die wild zwischen einzelnen Waben herausragten, schienen sich noch dazu zu bewegen, und über den zellenartigen Fruchtbällen formte sich gräulicher Schimmer, der sie fast staubig aussehen ließ, wie ein dünnhäutiger Bovist. Die Fruchtzellen, die ihm bislang als Schlüsselreiz dienten, um seinen Mund wässrig zu machen, flößten ihm auf einmal Furcht ein. Er sah grässliche Spinnenköpfe aus den Himbeeren herausspähen, das Wachstum des Fruchtfleisches, zuvor Beweis für die wunderbare Vermehrung der Natur, erschien ihm nun als gefährliches Wuchern, bösartige Fruchtzellen, die sich unentwegt teilten und der Welt feindlich entgegenwuchsen, um sie zu beherrschen und am Ende zu vernichten. Bergheim sah sich ungläubig um: Merkten all die anderen Marktbesucher denn nicht, was hier gerade geschah?

Beim Anblick der vielen Menschen wurde ihm schwindlig, er hatte Schwierigkeiten, zu fokussieren, was dazu führte, dass er die Gesichter nicht mehr als Ganzes wahrnahm, sondern als Ausschnitt, wie durch ein Vergrößerungsglas betrachtet. Augenbrauen wuchsen zu wilden Hecken, hinter denen gewiss Schreckliches geschah, nur angedeutet durch die Falten des Mienenspiels, das sich auf der hohen Stirn eines jungen Mannes abzeichnete. Die wulstig aufgeworfenen Lippen eines Marktschreiers öffneten sich zum abgründigen Schlund, der alles Licht zu schlucken schien. Bevor ihm schwarz vor Augen wurde, wandte Bergheim sich ab. Mit jedem Schritt beschleunigte er seinen Gang, nur weg von dem Stand, und verfiel, den Blick starr nach vorne gerichtet, mehr und mehr in eine Art kontrolliertes Rennen. Bald verlor er den Überblick darüber, in welchem Teil des Marktes er sich gerade befand.

Er musste schon eine ganze Weile gelaufen sein, ohne nach rechts oder links zu schauen, denn weit und breit war auf einmal kein Obst oder Gemüse mehr zu sehen. Nur noch Tiere, die hinter provisorisch gezimmerten Holzverschlägen in den kühlen Morgen atmeten und von denen ein strenger Stallgeruch ausging. Um die Sonne, die sich langsam aus dem Hochnebel abzuzeichnen begann, bildete sich ein leuchtender Ring aus feinen Wolken. Der Halo sah weniger nach dem angekündigten spätsommerlichen Regen aus, er schien viel eher Schnee anzukündigen. Die Bauern aus der Umgebung in ihren ledernen Schürzen präsentierten stolz ihren Bestand an Vieh in Gattern und boten neben Schlachtfleisch, das sauber aufgeschichtet in den weißen Schalen der Vitrinen lag, auch frische Milch in Blechkannen mit Holzgriffen an.

Als Bergheim, weil es gerade vor einem Stand, der Wagyu-Rinder von einer organischen Farm an den Weidehängen des nahen Mittelgebirges anbot, nicht weiterging, seinen Blick über die schwärzlichen Tiere schweifen ließ, fiel ihm ein Rind auf, das weiter hinten im Pulk stand und sich eigenartig bewegte. Während die anderen bereitwillig zu den Kindern der Einkäufer am vorderen Rand der Koppel kamen, um sich streicheln zu lassen, blieb das Tier verstört an der Tränke stehen. Es kratzte mit den Hufen monoton das Stroh zur Seite und rieb sein Fell an den mit krumm geschlagenen Nägeln übersäten Brettern des Zauns. Dabei blieben Hautteile am Holz hängen, sodass allmählich das Fleisch durchzuschimmern begann. Als er genauer hinsah, entdeckte Bergheim, dass trotz der Verletzungen, die sich das Tier beibrachte, kein Blut zum Vorschein kam, sondern immer größere Flächen einer gräulich glänzenden Fleischmasse, die verdorbener Hähnchenbrust in Zellophan ähnelte.

In dem Moment, da Bergheim erschrocken aufsah, blickte er direkt in die Augen eines Marktaufsehers, der am anderen Ende der Koppel in ein Funkgerät sprach und einer Gruppe von Stallburschen, die um ihn herumstand, hektische Handzeichen in seine Richtung gab. Als er daraufhin zum Rind zurückschaute, war es nicht mehr da. Sofort drehte er seinen Kopf weg und ging unmittelbar hinter einer Familie mit einem Geländekinderwagen in Deckung, indem er vortäuschte, er hätte etwas fallen gelassen und müsste danach auf dem Fußboden suchen. Im Schutz der Menschenmasse bahnte er sich, weiter in die Knie gegangen, gebückt seinen Weg in die entgegengesetzte Richtung. Als er sich mehrmals umgesehen hatte und weder den Aufseher noch seine Burschen ausmachen konnte, rannte er hastig auf die Straße und wäre beim Überqueren fast von einem laut hupenden Lieferwagen erfasst worden.



2

Sommerfrische

Die Kooperative lag außerhalb der Stadt. Der Vorort grenzte direkt an die umliegenden Wälder, und die Besitzer hatten einen Teil ihres Grundstücks in eine Feldlandschaft für Selbstpflücker verwandelt, die sich wie eine kostenlose Werbefläche an der frisch geteerten Ausfallstraße entlangzog. Bergheim stieg aus der Straßenbahn und gelangte nach einiger Zeit zu einem Parkplatz für Elektroautos, neben dem ein Fachwerkhaus stand. An der Front des Hauses war, aus Holzscheiten gezimmert, der Name der Kooperative zu lesen: Sommerfrische.

Bei seinem Fußmarsch hatte Bergheim hinter dem unlängst abgebeizten Jägerzaun durch die Rauten hin und wieder Familien in Allwetterkleidung erkennen können, die mit Bastkörben gebeugt zwischen Erdbeerbeeten umherliefen und bisweilen triumphierend besonders riesige Exemplare hochhielten, um sie den anderen zu zeigen. Obwohl der Spätsommer kaum in Herbst übergegangen war und der Regen noch nicht eingesetzt hatte, trugen alle Gummistiefel und Wachsjacken. Im Laufen hatte er versucht, die Rauten des Jägerzauns aus seinem Blickfeld verschwinden zu lassen, indem er seine Augen auf das Geschehen dahinter fixierte, aber es war ihm nicht gelungen. Ein Umstand, der Bergheim an eine Eisenbahnfahrt erinnerte, die er vor Kurzem unternommen hatte.

Als er wie üblich im Abteil saß und die Landschaft vor dem Fenster vorbeiraste, begann er zufällig auf die Masten der Stromleitung zu achten, die parallel zur Strecke standen. Dann geschah etwas Seltsames. Weil er am Fenster entgegen der Fahrtrichtung saß, konnte er in Kurven bis zum Zugende sehen, aber das schöne Bild des silbernen Bandes, das sich elegant an einem See entlangschlängelte, wurde empfindlich durch die nun in den Vordergrund drängenden Masten gestört. Früher war es ihm immer gelungen, Dinge, die direkt vor ihm waren, mit seinen Augen wie ein Objektiv ins Unscharfe zu drehen und auszublenden, um sich auf etwas dahinter konzentrieren zu können. Nun hatte er Schwierigkeiten, überhaupt etwas von der Natur zu sehen, das nicht vom Stakkato der Strommasten verwischt wurde. Zwischen den Masten hing die Leitung noch dazu nach unten durch, was im Vorbeifahren den Eindruck eines Elektrokardiogramms entstehen ließ, das jemand heimlich vor das Zugfenster projiziert zu haben schien.

Bergheim war in der Nähe eines Umspannwerks aufgewachsen. Was ihn daran immer besonders beeindruckt hatte, war das monotone Brummen, das man bereits von Weitem hören konnte und das sich beim Näherkommen in sirrendes Britzeln verwandelte. Er fragte sich oft, wie Strom an sich wohl aussähe, warum man ihn im Freien hörte, wenn er von irgendwo herkam und gebündelt wurde und dann weitergeschickt, Gott weiß, wohin, aber niemals zu Hause in der Wohnung an den Steckdosen, wo er in die Lampen floss und die Geräte.

Was ging in den Masten vor sich, die wie Wachtürme aus einer anderen Zeit in seltsamer Melancholie das Land überzogen? Einer Melancholie, die wohl dem Umstand geschuldet war, dass sie sich nie vom Fleck bewegten, aber gleichzeitig ertragen mussten, wie eine Urgewalt endlos durch ihre Leitungen strömte, über Felder und Hügel, von einem Ort zum nächsten, aber keiner konnte ihrer je habhaft werden, weil sie unfassbar, ja nicht zu greifen war. Es gab Menschen, die über der Allgegenwart des Stroms fast verrückt wurden, die es nicht aushalten konnten, in einem Raum zu sein, wenn nicht jede installierte Steckdose auch mit einem Gerät verbunden war, weil sie das, was andernfalls aus der Wand kam, fürchteten wie nichts sonst. Bergheim hingegen misstraute selbst dem Ruhezustand seines Fernsehers, wenn er abgeschaltet war, und zog nachts den Stecker, um zu verhindern, dass Strahlung austrat.

Auf dem Parkplatz der Kooperative standen mehrere polierte Geländewagen an der Akkuladebank, daneben zwei Minitaxis und ein Kombi mit Allradantrieb. Der mit Kieselsteinen ausgelegte Weg vom Parkplatz zum Gebäude war von Brombeersträuchern gesäumt, was Bergheim zu einem, wie er es bei sich nannte, Mundraub im Vorübergehen nutzte. Die Brombeeren waren weder besonders groß gewachsen noch weich. Als er die erste Frucht beherzt mit der Zunge am Gaumen zerdrückte, zog sich seine Stirn in Falten: Der Geschmack war ernüchternd. Er glich einer mit Süßstoff gezuckerten Feige, die zu lang getrocknet war. Wie bei Most gab es einen Hauch von Fermenten, dann hörte die Brombeere auf, überhaupt nach etwas zu schmecken. Um sicherzugehen, dass er nicht einfach nur ein überreifes Exemplar gewählt hatte, aß er noch ein paar mehr, aber immer mit dem gleichen Ergebnis.

Zudem hatte sich auf der Hand mit den Brombeeren ein Marienkäfer niedergelassen, dessen Gestalt Bergheim irritierte: Er sah auf den ersten Blick ganz normal aus, nur dass er nicht rund war, sondern eher länglich. Auch konnte er seine transparent schimmernden Flügel nicht richtig zusammenfalten, sie bewegten sich auf und ab, während er hektisch über das dichte Flaumhaar von Bergheims Handrücken krabbelte, um nach einem Abflugpunkt zu suchen. Was Bergheim aber am meisten wunderte, war die Farbe: ein blasses Rostrot, über das die Natur ein paar dunklere Punkte gestreut hatte. Als hätte die jahreszeitliche Verfärbung der Blätter an den Bäumen auch von den Tieren Besitz ergriffen und das bevorstehende Ableben bereits in ihre Erscheinung eingeschrieben.

„Verzeihung, kann ich Ihnen irgendwie helfen?“

Vor Bergheim hatte sich, während er dem Käfer zu folgen versuchte, eine kräftige junge Frau aufgebaut, die ihn um einen ganzen Kopf überragte. Sie trug ihr Haar zu einem Zopf geflochten, dazu schlammfarbene Latzhosen und ein weißes Hemd, über dessen Brusttasche Name und Emblem der Kooperative in grasgrünem Garn eingestickt waren. Obwohl er sich ihr sofort höflich zuwenden wollte, um die Frage zu beantworten, konnte er seinen Blick nicht von dem Symbol lösen, das auf ihrer Hemdbrust prangte: der zackige Umriss eines Blattes, der unmerklich in die Strahlen einer aufgehenden Sonne überging.

„Danke. Ja, vielleicht können Sie mir helfen. Ich bin wegen der Himbeeren hier, die Sie auf dem Markt in der Stadt verkaufen.“ Er versuchte sich an die Stilfigur zu erinnern, die das Bild auf ihrem Hemd beschrieb.

„Wieso? Sind Sie Großhändler? Wir haben da schon jemanden unter Vertrag.“

Es war ja so: Das Chlorophyll kam erst durch die Einwirkung des Sonnenlichts und den Prozess der Photosynthese zustande. Aber auf dem Bild sah es so aus, als ob die Sonne bereits über einem vollends ergrünten Blatt aufging, da genau lag der Fehler. Bergheim war derart begeistert von seiner Erkenntnis, dass er sogar vergaß, die Stilfigur zu bestimmen, die ein solches Vexierbild bezeichnete, eine Art Umkehrung der logischen Reihenfolge des Geschehens.

Als er aufsah, bemerkte er die routinierte Bewegung, mit der die junge Gärtnerin ihn unauffällig Schritt um Schritt zurück in Richtung Parkplatz drängte. „Deswegen bin ich gar nicht hier, warten Sie, ich kann alles erklären.“ Weil er ihr nun direkt in die Augen sah, blieb sie kurz stehen. Als er ihrem Blick folgte, während sie langsam an ihm herabschaute, bemerkte er entsetzt, dass er die Brombeeren immer noch in der Hand hielt. „Hier, wenn Sie mal probieren wollen, ein ähnlicher Fall wie bei den Himbeeren. Da war es die Farbe, hier ist es der Geschmack.“

Sie starrte Bergheim erstaunt an, nahm eine Beere und begann zu kauen. Während sie noch Reste deutlich sichtbar zwischen ihren Zähnen hin- und herbewegte, legte sie den Kopf schief, um ihrem Urteil Gewicht zu verleihen: „Die sind nicht zum Verkauf bestimmt. Die wilden Sträucher haben wir hier gepflanzt, um Lücken in den Hecken zu füllen. Weil die schneller wachsen als die anderen.“

Bei dem Gedanken, dass es sich am Ende um eine ungenießbare Sorte handelte, wurde ihm mulmig, aber die Frau hatte sie schließlich gerade selbst gekostet. Seine Zähne begannen zu kribbeln, als habe man ihnen eine wesentliche Substanz entzogen, und in seinem Magen wurde es unangenehm warm.

„Und was meinen Sie mit den Himbeeren?“ Sie fixierte ihn mit verschränkten Armen, was der Situation den Charakter eines Verhörs gab. Die Stille, die auf ihre Frage nach den Himbeeren eintrat, wurde Bergheim so unerträglich, dass er die Brombeeren ungeschickt fallen ließ, was er mit einem etwas zu lauten „Hoppla“ kommentierte. „Da liegen sie. Und siehe da: völlig intakt. Keine einzige zerplatzt.“

Sie lächelte ihn mitleidig an. „Wilde Strauchbrombeeren, nie probiert? Viel solider als ihre überzüchteten Verwandten aus der Feinkostabteilung.“

Bergheim sah sie staunend an: „Nein, nie gehört. Wo kommen die Pflanzen denn her?“

Sie lachte auf. „Ich glaube, ein Besuch in unserer Musterschule könnte interessant für Sie sein. Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie doch einfach mit.“

Obwohl er nicht wusste, was man sich nun genau unter einer Musterschule vorzustellen hatte, folgte er der Gärtnerin zu einem Hintereingang, der als große Rampe für Lieferwagen diente. Während das bis zum Rohmaterial abgebeizte Holzportal sich automatisch öffnete, bemerkte Bergheim ein winziges Instrument, das die Gärtnerin diskret an der Brusttasche ihrer Latzhose befestigt trug und das parallel zum monotonen Surren der altertümlich anmutenden Mechanik dunkelrot aufzublinken begann.

„Kommen Sie herein, wir haben den alten Begriff der Musterschule etwas weiter gefasst.“

Sie öffnete die Tür zu einem Saal, in dessen Mitte die Miniaturdarstellung einer Landschaft unter Glas stand.

„Musterschule meint, wir zeigen, wie die Natur hier im Land früher ausgesehen hat: Fauna und Flora, die ganze belebte Welt mit allen indigenen Pflanzen, Bäumen, Sträuchern, Tieren, Fischen, Insekten, Vögeln – ein Abbild dessen, was so sein sollte, wie es einmal war. Woran wir, selbstverständlich, mit allem, was wir hier tun, unermüdlich arbeiten.“

Erst jetzt bemerkte Bergheim, dass das, was er sah, nicht nur eine perfekte Nachbildung der Natur in Form einer Spielzeugwelt war, sondern dass sich alles noch dazu bewegte. „Wie haben Sie das geschafft?“

Die Gärtnerin lächelte. „Sie meinen die Animation? Unsere kleine Welt erscheint in neuem Licht, so ging das Lied, das wir damals auf der Straße beim Hinkekästchen-Spielen immer gesungen haben. Mein absoluter Kindertraum. Nun haben wir ihn dank der Präparatoren verwirklicht. Eine Liliput-Arche. Wir haben sozusagen die Goethe’schen Urpflänzchen alle hier versammelt, damit sie uns nicht wieder verloren gehen, wie beim letzten Mal.“

Bergheim konnte die Augen nicht von dem Treiben unter Glas lassen und umschritt das Modell, um es von allen Perspektiven aus zu betrachten.

„Und wo arbeiten diese, wie sagten Sie, Präparatoren?“

Sie deutete auf eine kleine Tür an der Seite: „Die Dermoplastiker? Gleich hier. Wir haben heute Abend ein Forum mit vorangehender Führung durch die Baumschule – vielleicht wollen Sie kommen? Ich stelle Sie gern schon einmal meinem Kollegen vor, wie war noch ihr Name?“

„Bergheim. Und wie heißen Sie?“

Sie reichte ihm die Hand. „Asche. Henriette Asche. Sehr erfreut.“

Sie gingen durch den Flur in einen kleinen Zwischenraum, und nachdem sich die Tür hinter ihnen automatisch geschlossen hatte, reduzierte sich das Deckenlicht sanft und ohne Zutun auf Minimalbeleuchtung. Es dauerte eine Weile, bis sich Bergheim überhaupt an das Zwielicht gewöhnen konnte. Nach mehrmaligem Klopfen öffnete sich die Tür vor ihnen, und aus dem schummrigen Halbdunkel materialisierte sich langsam eine Gestalt, die zunächst nur als Umriss wahrzunehmen war, der sich schleppend zu einem Mann mit Vollbart im weißen Kittel entwickelte. Er trug an der hohen Stirn ein Vergrößerungsglas befestigt und trat auf die beiden zu.

„Dr. Haupt. Hocherfreut. Wie Sie sehen, ist es völlig dunkel hinter mir im Zimmer. Ich muss selbst diese Tür sofort wieder schließen, wenn Sie entschuldigen. Im Prinzip sollten wir ausschließlich nachts arbeiten, aber aus verständlichen Gründen geht das natürlich nicht immer. Daher auch die künstliche Nacht. Jahrelang haben wir an die Unabdingbarkeit des Tageslichts für die Entstehung des natürlichen Eindrucks der Tiere auf den Betrachter geglaubt. Die letzten Forschungen haben aber ergeben, dass ausgerechnet die Sonne neuen Hautpartikeln nicht nur deutlich sichtbaren Schaden zufügt, sondern diese in gewisser Hinsicht sogar zu zersetzen beginnt. Wie früher die sich selbst auflösenden Polaroidbilder. Oder, fast genauso schlimm, das kennen Sie bestimmt auch noch, die verblassenden Papierkopien, die unsere Lehrer mit diesen lilafarbenen Matrizen abzuziehen pflegten.“

Bergheim hatte während seiner Ausbildung die Kopien für seine Kurzvorträge mit ihnen gemacht. Nachdem damals bekannt geworden war, dass gerade die Druckerschwärze, wie sie die Tintenstrahlgeräte seiner Jugend verwendeten, zu den schlimmsten Karzinogenen gehörte, war der Markt bald voll von alternativen Methoden zur Herstellung von Kopien. Ihr überraschender Erfolg, so viel schien Bergheim sicher, war dem klinischen Geruch geschuldet – war das eigentlich Formalin? –, den die Matrizen verströmten. Es kam ihm vor, als ob mit der hauchdünnen lila Farbschicht auf der Rückseite des Pauspapiers nicht nur Buchstaben auf die Abzüge transportiert, sondern auch eine olfaktorische Geheimschrift in die Köpfe der Menschen geschleust wurde: versteckte Botschaften, die das glatte Papier der Matrizen, auf dem in Mattlila die Hand- oder Druckschrift zu lesen war, mithilfe seiner unsichtbaren molekularen Hülle aus Duftpartikeln verströmte. Bergheim stellte sie sich als Äquivalent der prähistorischen Höhlenzeichnungen vor, die man im Südwesten Frankreichs entdeckt hatte. Nicht vom Inhalt her, sondern was die Form anbelangte.

Während des Studiums hatte er sich ausgiebig mit ihnen beschäftigt und damals am Institut einen Aufsatz dazu geschrieben, den er „Über die Jagd und die Sammler“ genannt hatte, ein Wortspiel und Verweis auf Ortega y Gasset. Seine Aufmerksamkeit galt dabei einer besonders obskuren Zeichnung, die in der Nähe des Abstiegs zu einem Brunnen gefunden worden war. Für Bergheim war es ganz offenkundig, dass es sich bei der Darstellung um nichts Geringeres als die Urszene des menschlichen Sündenfalls handelte. Weit vor den Anfängen des Christentums hatten die Höhlenbewohner diesen symbolischen Moment als Zeichnung schockgefroren und verewigt.

Bergheim hatte sie dann in seiner Schrift mit einer Filmsequenz in Beziehung gesetzt, die den Beginn des Fleischverzehrs als eigentlichen Sündenfall präsentierte: Darin verwandelte ein übrig gebliebener Knochen des ersten verspeisten Tieres die vormals friedlich miteinander Lebenden, die sich ausschließlich von Pflanzen, Früchten und Gemüse ernährt hatten, in aggressive Monster, die, so erklärte er es, aufgeputscht durch brutale Jagd und blutigen Verzehr in einen Furor der Streitlust gerieten. Aus dem gierig abgenagten und von gefletschten Zähnen polierten Knochen wurde in den Händen eines machttrunken brüllenden Affenmenschen, der mit den Armen wild auf seiner Brust trommelte, ein provozierend in die Luft geworfenes Kriegswerkzeug, das sich mit einer einzigen elliptischen Drehung in eine Raumstation der Zukunft verwandelte.

Der Wissenschaftler musste seinen Vortrag bereits beendet haben, denn als Bergheim aus seinen Gedanken hochschreckte, führte Henriette Asche ihn gerade zurück in den Saal mit der Miniaturlandschaft und wies auf eine Tür, an der eine stilisierte Seife als Schild hing.

„Sie wollen sich vielleicht die Hände waschen, wir wissen ja nicht genau, mit was für Stoffen Dr. Haupt hier hantiert.“

Bergheim war ganz angetan von der Fürsorge, mit der Frau Asche ihn während seines Aufenthalts in der Sommerfrische bedachte. Als er dann aber beim Auftragen der Seife seine Hände ansah, erschrak er: Alle Farbe war aus ihnen gewichen, und übrig geblieben war nur weiß schimmernde Haut, unter der all die Adern und Venen sichtbar wurden, die dort verliefen. Durch die hauchdünne Schicht der Epidermis war alles, was sonst unter ihr versteckt war, zum Vorschein gekommen: Knochen, Muskeln und Nerven bis zum Fettpolster, das vor Verbrennungen schützte. Er nahm immer mehr von der Seife, als ob er den furchtbaren Effekt damit abwaschen könnte, aber jedes Mal, wenn er auf seine Hände sah, war es das Gleiche. Er drehte sie nach vorne, um zu prüfen, ob der Effekt auch im Spiegel zu sehen war, aber das machte die ganze Sache nur noch schlimmer, weil er nun erkennen musste, dass anscheinend selbst sein Gesicht von dem fremdartigen Verfallsprozess betroffen war.

Bergheim klatschte sich Wasser ins Gesicht und rieb sich die Augen, weil er in all seiner Verzweiflung hoffte, das Ganze könnte eine durch niedrigen Blutdruck und Schlafmangel verursachte Sehstörung sein, ein Zustand, den er aus Berichten von Drogenessern kannte, die auf einmal Ameisen aus Händen krabbeln sahen. Um sich von dem entsetzlichen Anblick abzulenken und etwas Sicherheit zurückzugewinnen, versuchte er, mit dem Taschenkamm vor dem mit Tropfen übersäten Spiegel seinen Scheitel nachzuziehen. Doch zunächst hatte er Schwierigkeiten, die Linie zu finden, die das kurze Haar an der Seite des Kopfes vom Deckhaar trennte, und dann verschwand der Scheitel vollends im beschlagenen Spiegelglas.

Bergheim nahm sich zusammen und trat, noch zitternd, zurück auf den Hof der Kooperative. Der Abschied von Frau Asche war hastig: „Vielen Dank nochmals, ich komme gern später zu Ihrer Führung.“

Sie nickte bestätigend: „Sicher, wir freuen uns, Sie nachher begrüßen zu dürfen.“

Erst als er auf die Straße trat und geistesabwesend über den hohen Bordstein stolperte, was ihn unglücklich zu Fall brachte, bemerkte er, was ihm schon die ganze Zeit an seiner Sohle geklebt haben musste: ein zerfaserter schwarzer Fellfetzen, aus dem eine mattgrau gallertartige Substanz auf den frischen Teer quoll.

Eckhart Nickel

Über Eckhart Nickel

Biografie

Eckhart Nickel, geboren 1966 in Frankfurt/M., studierte Kunstgeschichte und Literatur in Heidelberg und New York. Er gehörte zum popliterarischen Quintett „Tristesse Royale“ (1999) und debütierte 2000 mit dem Erzählband „Was ich davon halte“. Nickel leitete mit Christian Kracht die...

Pressestimmen
Deutschlandfunk Kultur

„(Das ist) allerbeste literarische Feinkost – ein kulinarischer Pop-Roman. Man könnte auch von ›Beluga-Literatur‹ sprechen.“

FAS

„Beste, aktuellste Gesellschaftsdystopie seit J.G. Ballard.“

Die ZEIT

„(…) ein raffinierter Roman über das Künstliche und das Natürliche.“

ORF Ö1 ex libris

„›Hysteria‹ von Eckart Nickel ist ein intelligenter und anregender Roman, der auf geschickte Weise bioethische, ökologische und philosophische Diskurse unserer Gegenwart aufgreift. (…) Es geht um ein Menschenbild, das unter den Bedingungen seiner technologischen Allmacht einerseits, und der Möglichkeit seiner selbstverursachten Auslöschung andererseits, neu verhandelt wird.“

F.A.Z. WOCHE

„Eckhart Nickels Roman ist so komisch wie abgründig, er reiht sich in die Tradition der schwarzen Romantik ein, und er stellt unsere von Paranoia und Verschwörungstheorien durchsetzte Gegenwart in einer Weise scharf, dass es in den Augen schmerzt.“

Deutschlandfunk "Büchermarkt"

„›Hysteria ist ein ungemein wichtiges Buch weil es mit seiner Radikalität schockt, weil es insgeheim zu einer Lässlichkeit mahnt, die unsere Gegenwart heilen könnte. Man nimmt diesem brillanten Roman nichts vorweg, wenn man verrät: ›Hysteria‹ wird ähnlich enden wie Francis Ford Coppolas ›Apocalypse Now‹. Nur braucht es dafür nicht einmal ein Vietnam.“

F.A.Z.

„Wie er darin grassierende Verschwörungstheorien mit aktuellen Problemen der Nahrungsmittelindustrie zusammenbringt und den Leser immer wieder im Unklaren über die Verlässlichkeit des Erzählens lässt, ist durchaus einnehmend, gerade weil es in so übertriebener, das Genre des Ökothrillers auch wieder parodierende Weise geschieht“

ZEIT Online

„›Hysteria‹ ist eine bedrückende Dystopie mit gewitzter Kulturkritik.“

NZZ (CH)

„Mit großartiger Leichtigkeit und sprachlicher Eleganz erzählt Eckhart Nickel vom Untergang und vom allmählichen Verschwinden von allem. Selten war eine apokalyptische Vision so vergnüglich wie anregend.“

Der Freitag

„Eine Sprache von oft atemberaubend mikroskopierender Präzision.“

Wiener Zeitung

„Furioser Roman“

Iserlohner Kreisanzeiger

„Hysteria ist doppelbödig wie ein romantischer Schauerroman, spannend und unterhaltsam.“

Rhein-Neckar-Zeitung

„Höchst elegant geschrieben.“

Badische Zeitung

„›Hysteria‹ ist eine überspitzte Kulturkritik. Nickel lässt die allgegenwärtige Sehnsucht unserer Zeit nach Landleben, Natur, dem Natürlichen in eine Dystopie einer nicht allzu fernen Zukunft münden. (…) Der Roman beschwört elegant und heiter den Untergang.“

OÖ Nachrichten (A)

„Ein kluger Spaß.“

Der Freitag

„Nickel und Bram Stoker sind Brüder im Geiste.“

killmonotony.de

„›Hysteria‹ ist ein Trip durch die die Blütezeit des Umweltfaschismus und Rauschhöhlen, bei dem wir nicht immer wissen, was real ist und was nicht. Jedoch hat Eckhart Nickel alle Fäden seiner Erzählung wie ein Puppenspieler perfekt unter Kontrolle, und alles läuft auf eine gruselige Offenbarung hinaus, (…). ›Hysteria‹ ist mit Sicherheit kein seichter Roman für Zwischendurch, sondern verlangt die voller Aufmerksamkeit des Lesers.“

Weser-Kurier

„Nickel schöpft aus dem großen Repertoire an Bildern und Begriffen der Sprachgeschichte, ohne seinen Text antiquiert werden zu lassen. Er bleibt präzise, mikroskopisch, aber auch somnambul und detailreich, genauso wie Bergheim seine Umwelt wahrnimmt.“

Focus Online

„Mit einer Radikalwelt aus Urwuchs, Sterilität und sprachlicher Präzision schreibt Eckhart Nickel ein fantastisches Romandebüt.“

SWR 2 "lesenswert Magazin"

„›Hysteria‹ ist ein lustiger und lustvoller Roman, der im Stile der klassischen Schauerliteratur nicht nur von einer grauenhaften Zukunft, sondern auch von Liebe und Eifersucht unter ambitionierten Studenten erzählt.“

sueddeutsche.de „Die wichtigsten Bücher des Herbstes“

„Nickels Roman ist wie seine Sprache manieristisch, aber nicht manieriert. Er ist raffiniert anschlussfähig an die Literaturgeschichte und in seiner sprachlichen Eleganz so unanfechtbar wie beunruhigend durch die Erzeugung eines überspannten Grundgefühls von Bedrohung.“

literaturkritik.de

„Er (der Roman) bietet ein geballtes Paket an Deutungsangeboten, aus dessen Teilen ein mitunter eklektizistisches Puzzle entsteht, das vor dem Hintergrund einer stets neu zu goutierenden intertextuellen Landschaft auf unterschiedliche Arten zusammengesetzt werden kann.“

Freie Presse

„Mit virtuoser Eleganz nimmt er sich Zeit für sein hyperrealistisches, episches Erzählen, verliert sich akkurat im Beschreiben der Details einer Natur, deren vollkommene Reproduzierbarkeit zwangsläufig das Ideal ist, verschiebt penibel die Ebenen der Wahrnehmung, bis irgendwann immer unklarer wird, was ist Realität, was Traum, Fakt oder Fiktion, wann wird die Illusion zur Wirklichkeit, die Rettung zum Debakel.“

Rolling Stone

„›Hysteria‹ ist ein dystopisches und fantastiesprengendes Meisterwerk.“

Der Tagesspiegel

„Eckhart Nickels feinsinniger Debütroman ›Hysteria‹ überführt die Sehnsucht nach dem Natürlichen in eine Dystopie.“

Rüsselsheimer Echo

„Der furiose, glänzend geschriebene Roman ›Hysteria‹ entwirft eine unheimliche Vision, wie der Mensch die Natur retten und dafür sich selbst abschaffen will.(…) Grandios!“

literaturoutdoors.wordpress.com

„Da ist eine neue innovative Schreibgewalt, die in Hintergründigkeit, Phantasie und Spannung an ganz große Namen wie Huxley und Greene erinnert. Dazu kommen eine Erzählfreude und ein Augenzwinkern, die Seite um Seite einfach genießen lassen.“

kulturaspekte.wordpress.com

„Hysteria ist eine überspitzte, teils witzige, sprachlich elegante Kulturkritik, die aufzeigt, wie Ideologien sich fern vom Entstehungsgedanken in eine komplett andere Richtung entwickeln können. Ein sinnreicher Blick in die Zukunft, der unser Konsumverhalten weiterdenkt.“

Style

„Gruselthriller um unser Essen der nahen Zukunft und literarischer Hochgenuss!“

Vogue

„Virtuos und Anspielungsreich kombiniert der Autor hochliterarische Referenzen mit Elementen der Alltags- und Popkultur. Ein wilder, ironischer Ritt durch die existentiellen Nöte und Befindlichkeiten der Postmoderne.“

Die ZEIT Literatur Beilage zur Frankfurter Buchmesse

„›Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht‹ - von diesem genialen ersten Satz aus entwickelt sich eine paranoide Sogwirkung, die der Autor mit großer literarischer Finesse von Anfang bis Ende kontrolliert.“

Kommentare zum Buch
Natürlichkeit ad absurdum geführt
Alexandra Michaela Gottstein am 12.12.2018

Skurill, bizarr, schräg… Diese Wörter tauchen in vielen Rezensionen zu diesem Titel auf, und tatsächlich sind die Dinge in „Hysteria“ alles, nur nicht normal oder natürlich. Künstlich dagegen ist hier vieles: Nahrung, Unterhaltung, Liebe.   Der hypersenible, leicht neurotische Protagonist stolpert mitten hinein in eine außergewöhnliche Dystopie, die sich Lewis Carroll, E.T.A. Hoffman und Franz Kafka bei einer gemeinsamen Tasse Tee hätten ausdenken können. Das ist hochphilosophisch bis grauenhaft – und dabei durchaus unterhaltsam.   Und alles beginnt mit merkwürdigen Himbeeren.   „Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht.“   Manchmal beschleicht einen das ungute Gefühl, dass die Geschehnisse in diesem Roman gar nicht so weit hergeholt sind. Vielleicht sind wir schon auf einem Weg, der mit Analogkäse, Ersatzschinken und aus Holz gewonnenen Aromaststoffen im Erdbeerjoghurt begann und mit den merkwürdigen Himbeeren in „Hysteria“ endet…?   Hoffentlich nicht – aber zum Nachdenken kann es einen dennoch anregen.   Der Terror kommt ausgerechnet aus Richtung der „Zurück zur Natur“-Ideologen in Form der machthabenden „Naturpartei“.   Nachhaltigkeit und ökologische Achtsamkeit, das sind Ideen, die zunächst nach einem gesunden, wertvollen Gegenpol zu der eben erwähnten Künstlichkeit der Gesellschaft klingen, hier aber ins Absurde überspitzt werden.   Ich schreibe diese Rezension bei einer Tasse Kaffee, und damit hätte ich in der Welt des Buches bereits gegen das Gesetz verstoßen. Ach, sogar mit dem Frühstücksbrötchen befinde ich mich quasi schon im kriminellen Untergrund:   “Nahrung darf sich der Mensch nur noch aus Resten zusammensuchen, die Pflanzen abgestoßen haben und keine Verbindung mehr zu ihrem Organismus besitzen: Fallobst, von den Knospen gelöste Blüten, Gemüse, das lose auf Feldern liegt, Streugut, lose Blätter.”   Aus „natürlich“ wird dabei „natürlich künstlich“ – das eine lässt sich kaum noch vom anderen unterscheiden. Hier werden Grenzen überschritten, die Dystopie bewegt sich in die Gefilde des Schauerromans – nicht nur die Himbeeren entpuppen sich als Gewächse ungeahnten Schreckens. (Achtung: ein gewisser Ekelfaktor bleibt nicht aus!)   „Orthorektisch“ nennt literaturkritik.de das Buch, und das ist sehr treffend. Als „Orthorexia nervosa“ wird eine Essstörung bezeichnet, bei der der Betroffene sich dermaßen obsessiv mit der Qualität der Lebensmittel, die er zu sich nimmt, beschäftigt, dass es zu massiven psychischen oder physischen Beeinträchtigungen führt.   Der Schreibstil ist oft ähnlich überdreht und surreal wie die Handlung, schwankt zwischen sprachlicher Dekadenz und glasklarer Prägnanz. Gerade deswegen erreichen Handlung und Schreibstil jedoch eine sehr wirkungsvolle Symbiose. Nur die Dialoge sind für meinen Geschmack oft zu gekünstelt – aber auch das ist ja irgendwie passend für ein Buch, in der die Grenzen zwischen Kunst und Natur verschwimmen.   Für mich ist das größte Manko das Ende, bei dem sich manche Dinge dann doch zu glatt und wohlgefällig auflösen – dennoch ist „Hysteria“ im Ganzen in meinen Augen ein sehr lohnendes Buch.   Auf zu einem olfaktorischen Trip in der Aromabar.   FAZIT   „Hysteria“ ist eine quietschbunte und dabei doch dystopische Satire, eine Geschichte voller unerwarteter, oft absurder Wendungen. Was sich unter der ästhetischen Hochglanzverpackung versteckt ist abgründig: eine Verschwörung, bei der der falsche Bio-Wahn grauenhafte Formen annimmt.   Der Roman spart nicht mit Gesellschaftskritik, und vieles ist bei aller überspitzter Satire nicht weit entfernt von unserer Lebenswirklichkeit.

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