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Leseprobe

Schönwald

Roman | Großer Familien-Roman auf der Shortlist des Aspekte-Literaturpreises
14,00 €
27.02.2025
544 Seiten, Broschur
12cm x 18,7cm
978-3-492-32139-6

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Piper Verlag GmbH
Georgenstraße 4
80799 München

Beschreibung

Eine deutsche Familie, ein großer Roman

Anders als Harry findet Ruth Schönwald nicht, dass jedes Gefühl artikuliert, jedes Problem thematisiert werden muss. Sie hätte Karriere machen können, verzichtete aber wegen der Kinder und zugunsten von Harry. Was sie an jenem Abend auf einem Ball ineinander gesehen haben, ist in den kommenden Jahrzehnten nicht immer beiden klar. Inzwischen sind ihre drei Kinder Chris, Karolin und Benni erwachsen. Als Karolin einen queeren Buchladen eröffnet, kommen alle in Berlin zusammen, selbst Chris, der Professor in New York ist und damit das, was Ruth sich immer…

Eine deutsche Familie, ein großer Roman

Anders als Harry findet Ruth Schönwald nicht, dass jedes Gefühl artikuliert, jedes Problem thematisiert werden muss. Sie hätte Karriere machen können, verzichtete aber wegen der Kinder und zugunsten von Harry. Was sie an jenem Abend auf einem Ball ineinander gesehen haben, ist in den kommenden Jahrzehnten nicht immer beiden klar. Inzwischen sind ihre drei Kinder Chris, Karolin und Benni erwachsen. Als Karolin einen queeren Buchladen eröffnet, kommen alle in Berlin zusammen, selbst Chris, der Professor in New York ist und damit das, was Ruth sich immer erträumte. Dort bricht der alte Konflikt endgültig auf.

„Schönwald“ ist der mitreißende Roman einer Familie und zweier Generationen, die nie gelernt haben, miteinander zu reden – und die ein großes Geheimnis miteinander verbindet.

„›Schönwald‹ ist ein entlarvender, preisverdächtiger Roman, vielleicht sogar ein Buch des Jahres.“ ― WDR 5 „Bücher“ 

Über Philipp Oehmke

Philipp Oehmke

Biografie

Philipp Oehmke, geboren 1974, wuchs in Bonn auf, studierte Germanistik in Hamburg und war zwei Jahre lang Volontär bei der Zeitschrift Tempo. 2001 schloss er die Graduate School of Journalism der Columbia University mit einem Master of Science ab. Von 2002 bis 2006 war er Redakteur beim Magazin der ...

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Aus „Schönwald“

LESEPROBE

Ruths Qualen

Wenn Ruth im Hotel am Gendarmenmarkt aus dem Fenster blickte, kam ihr der Verdacht, dass das Hotel am Gendarmenmarkt möglicherweise gar nicht am Gendarmenmarkt lag. Jedenfalls vermochte sie nicht zu sagen, in welcher Richtung der Platz sein könnte – geschweige denn, dass sie ihn sähe. Sie hatte versucht, das Fenster zu öffnen, um ihren Kopf mal hinausstrecken zu können, vielleicht waren links und rechts ein paar Hinweise auf die Existenz des Platzes auszumachen, ja womöglich wären gar seine Ränder und Ausläufer in ihr Blickfeld geraten. Die [...]

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Blogbeiträge zum Buch

Philipp Oehmke für "aspekte"-Literaturpreises nominiert

Philipp Oehmke für "aspekte"-Literaturpreises nominiert

Philipp Oehmke steht neben vier weiteren Autor:innen auf der Shortlist des 45. "aspekte"-Literaturpreises des ZDF für das beste literarische Debüt des Jahres.

weitere Infos

Pressestimmen

„Philipp Oehmke trifft einen Zeitgeist.“

rbb radio3

„Clever fügt er die Geschichten der einzelnen Figuren zu einem unterhaltsamen Abriss deutscher bildungsbürgerlicher Saturiertheit zusammen: Alle sprechen, ohne etwas zu sagen.“

kulturnews

„Ein großer Familienroman. Es wird klar, wie sensibel familiäres Gleichgewicht mitunter sein kann.“

hr2 Kultur „Lesung“

„Ein sehr gegenwärtiger Generationenkonflikt.“

Zeit Magazin

„Ein gnadenloser Roman über die lähmende Kraft des schlechten Gewissens.“

Zeit Literatur

„›Schönwald‹ ist ein moderner Familienroman, der den Bogen spannt von der BRD bis zu den USA unter Trump.“

Westfälischer Anzeiger

„Der Familienroman ist die Königsklasse. Er erzählt alles. Oehmkes Buch ist eine Sensation.“

Welt online

„›Schönwald‹ ist ein entlarvender, preisverdächtiger Roman, vielleicht sogar ein Buch des Jahres.“

WDR 5 „Bücher“

„Dieser Roman belegt auf bestechende Art, wozu Literatur in der Lage ist, welche Kraft und Sogwirkung das Erzählen hat. Hier ist ein großer, ein bedeutender Roman, der – und das ist bei weit über 500 Seiten ein wichtiges Merkmal – auch sehr humorvoll und mit blitzenden Dialogen unterhält, ein Roman, wie es ihn nicht sehr oft gibt.“

Südwest Presse

„Philipp Oehmke hat sich an ein großes Familienepos gewagt – mit Erfolg.“

Stern

„Oehmke beschreibt das dynamische und doch sehr wirbelnde Zusammenleben der beiden Generationen mit einer bildlichen und sehr treffsicheren Schreibfeder.“

SonntagsBlick

„Ein packender Familien- und Gesellschaftsroman, der viele Themen unserer Zeit aufnimmt, von Identitätspolitik bis zum Trumpismus. Und der zugleich tief in die bundesrepublikanische Vergangenheit führt.“

SWR2 „vor Ort: lesenswert Gespräch“

„Getreu den US-amerikanischen Vorbildern lässt Oehmke die Erzählperspektive in seinem Roman häufig wechseln und fördert bei all seinen Figuren nach und nach abstruse Abgründe zutage.“

SRF Kultur

„Was für eine Familie! Was für ein Buch! Philipp Oehmkes Roman-Erstling gebührt ein Tusch.“

Ruhr Nachrichten

„Ein fulminanter, zeitgemäßer deutscher Familienroman, der an Jonathan Franzen erinnert und leider mit 544 Seiten immer noch viel zu kurz ist. Ein kurzweiliges Lesevergnügen, das uns den Spiegel vorhält.“

Ruhr Nachrichten

„Die offenen und verdeckten Demütigungen und Kränkungen, die sich die Familienmitglieder antun, werden von Oehmke eindrucksvoll beschrieben.“

Rolling Stone

„Ein wunderbares Buch.“

Podcast „Tage wie diese“

„Ein gelungenes Beispiel für einen kritischen Blick in die bundesrepublikanische Vergangenheit, in der viel Geredet, aber wenig miteinander gesprochen wurde.“

Podcast "Ein Buch“

„Sehr interessante Beobachtungen, ein sehr rasanter Roman. Diese Charaktere, die sind wirklich schön Rund, es macht Spaß das zu lesen.“

Papierstau Podcast

„Das Besondere an diesem Buch ist, dass es komplett im Hier und Heute angesiedelt ist und aktuelle Themen literarisch verarbeitet – von der Alt-Right-Bewegung in den USA bis zur Wokeness in Deutschland. Alles nicht belehrend, sondern sehr gut lesbar und unterhaltsam.“

NDR Kultur "Der Morgen"

„Er ist ein kraftvoller, übersprudelnder Erzähler, er liebt die zugespitzte Situationskomik, hat ein Talent für pointierte Dialoge und durchleuchtet dennoch seine Protagonisten psychologisch sehr genau.“

Münchner Abendzeitung

„Der Autor, ein exzellenter Beobachter und geschickter Erzähler, hält nicht nur dieser Familie, sondern auch einer verlogenen Gesellschaft den Spiegel vor.“

Magdeburger Volksstimme

„Mit feiner Beobachtungsgabe spießt der Autor die typischen Eigenschaften der internationalen Hipster-Gesellschaft auf.“

Lesart

„Philipp Oehmke kann erzählen – und das sogar richtig beeindruckend. Er hat seine groß angelegte Familiengeschichte der Verlierer bewusst zugespitzt und alle Figuren ungebremst gegen die Wand laufen lassen.“

Landshuter Zeitung

„Philipp Oehmke (…) legt mit seinem Roman ein kurzweiliges, gegenwartspralles und durchwegs lesenswertes Buch vor.“

Kleine Zeitung Newsletter

„Philipp Oehmke schaut hinter die Türen einer deutschen Durchschnittsfamilie, deckt auf, was eigentlich geheim bleiben sollte und übt dabei gleichzeitig ziemlich viel Gesellschaftskritik.“

Kielux

„Ein fulminanter, zeitgemäßer deutscher Familienroman.“

Hellweger Anzeiger

„Es geht um Narzissmus, Verdrängung, Schuld und Sprachlosigkeit – eine furiose Mixtur, die ›Schönwald‹ zu einem einzigartigen aktuellen Gesellschaftsroman macht.“

Handelsblatt

„Gut geschriebener Roman“

Gala

„Oehmkes Schreibstil ist schnell und sehr unterhaltsam. Er ist ein wunderbarer Beobachter. Das Buch ist phasenweise deshalb sehr komisch, manchmal traurig. Immer fesselnd.“

Elle online

„Philipp Oehmke liefert mit seinem Debüt den aktuellen deutschen Gesellschaftsroman.“

Die ZEIT

„Oehmke hat ein gutes dramaturgisches Gespür, seine Sprache ist klar und strukturiert, manche Dialoge könnten aus einer Beziehungskomödie Woody Allens stammen.“

Die Rheinpfalz

„Wie das Schweigen scheitert und die familiären Wahrheiten zu Tage treten, davon erzählt Philipp Oehmke in rasanter, komischer und treffsicherer Weise.“

Deutschlandfunk „Büchermarkt“

„Ein tragisch-komisches Familienpanorama, das den Zeitgeist einfängt und bis zur letzten Seite zu unterhalten weiß.“

BÜCHERmagazin

„Unterhaltsam und tiefgründig beschreibt Philipp Oehmke Generationen, die nie gelernt haben, miteinander zu reden.“

B.Z. am Sonntag

„Seit Jahren hat es kein deutscher Autor geschafft, gesellschaftliche und politische Stimmungen derart packend und gleichzeitig unterhaltsam darzustellen.“

Anwalt aktuell

„›Schönwald‹ ist wie die sanftere, auf die bürgerliche, deutsche Mitte umgelegte Version der Serie ›Succession‹. Besonders gut gelingt Oehmke der Verfall des alten weißen Mannes Christopher.“

(A) Die Presse am Sonntag

„Er seziert die Familie brillant als zeitgenössisches System verdrängter Konflikte und verwackelter Wünsche.“

Brigitte

Bewertungen

Philipp Oehmke
Schönwald.
Mit 4 von 5 Sternen bewertet.
2 Bewertungen

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Sie armer, armer Mensch

Lukas Schulte
am 12.07.2023

Hallo Herr Oehmke,

vielen Dank für die Kurzweil, die Ihr Roman mir bereitet hat. Ich war die ganze Zeit fasziniert und angewidert zugleich.

Fasziniert über die Gründlichkeit, eine Familie zu sezieren, wenn auch der Sinn sich mir nicht erschließt. Eine funktionierende und "glücklic…

Martin
am 31.08.2023

Pop-Literatur der 2020er vom Feinsten!

Philipp Oehmke über „Schönwald“

Wir waren im Museum Dia Beacon mit einer Gruppe von Leuten, meine Frau und ich, meine Eltern, die Schwester meiner Frau und einige andere, entferntere Verwandte. Es war der Tag vor unserer Hochzeit, Herbst 2015, wir lebten damals in New York, strahlende Sonne, ein Indian-Summer-Tag, wie es ihn nur an der Ostküste der USA gibt. Im Dia Beacon sind riesige Installationen zu sehen, Skulpturen, Konzeptkunst und auch ein paar Gemälde, Werke von 1960 bis heute, Arbeiten von Richard Serra, Dan Flavin, On Kawara, Blinky Palermo oder Andy Warhol. Das Museum liegt knapp zwei Stunden nördlich von New York City, an den Uferwiesen des Hudson River in minimalistich renovierten Industriehallen, in deren großen Fensterscheiben sich das Herbstlicht bricht. Der Hudson, auf den man von einer kleinen Anhöhe herunterblickt, ist hier besonders breit und der Himmel besonders hoch. Das Publikum, Fans von Installations- und Konzeptkunst, kommt aus New York, Los Angeles oder Tokio hier aufs Land gereist, es trägt schwarze Rollkragenpullover und überdimensionale Brillen, es liegt Distinguiertheit und Kennerschaft in der Luft. Für viele einer der schönsten Orte Amerikas. 

Für mich nicht mehr. 

Während der letzten zehn Minuten unserer Fahrt ins Dia Beacon begann im Auto ein kleiner Disput, er begann mit eigentlich banalen Logistikfragen der kurzfristig anberaumten Hochzeitsfeier und ihrer Gästeliste. Doch schon auf dem Museumsparkplatz hatte er sich zu einem handfesten Streit entwickelt, meine Frau und ich bildeten eine Einheit, aber ansonsten ging es alle gegen alle in wechselnden Koalitionen, und plötzlich wurden nicht mehr Logistik-, sondern Grundsatzfragen verhandelt. 

Es musste für jeden Unbeteiligten ein herrliches Bild abgegeben haben (wäre es nicht so traurig gewesen), und bis heute frage ich mich, ob zufällig die Drehbuchautoren von White Lotus oder Succession zugeguckt haben: eine Gruppe wohlsituierter Deutscher im Alter von Mitte zwanzig und Mitte siebzig stehen in dem wunderschönen Garten von Robert Irwin oder den phosphoreszierenden Lichtinstallationen von Dan Flavin – und schreien und weinen auf Deutsch.  

So schlimm, dass meine Frau und ich alle wieder ausladen und allein im Marriage Office der City Hall heiraten wollten. Schließlich konnte das Fest dann haarscharf doch noch stattfinden, und in den Jahren danach wurde noch viel über „die schöne Hochzeit“, aber nie wieder über den Tag davor geredet.  

Trotzdem musste es für diese Eruption offenbar tief vergrabene Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Unterstellungen, ja Gründe gegeben haben, vergiftete unterirdische Lavaströme, die schon ihre Risse durch den festen Familiengrund gezogen hatten. 

Damals begann ich, grundsätzlich über Familien und ihre Strukturen nachzudenken, ausgestattet mit allem, was ich bei John Updike, Philip Roth, Richard Ford oder später Jonathan Franzen oder Celeste Ng gelesen hatte. Die Literatur der Amerikaner und Amerikanerinnen schien seit mehr als einem halben Jahrhundert das Konstrukt Familie zu erforschen und zu hinterfragen, die Deutschen hatten zwar Thomas Mann und von ihm vor 122 Jahren Die Buddenbrooks, aber seither gab es das Genre des Großen Familienromans eigentlich nicht mehr (wenn man von einigen speziellen Ausprägungen wie Tellkamps Der Turm absieht).  

Große Teile von Schönwald habe ich in den USA geschrieben, und wenn die Leute mich dort fragten, woran ich da schriebe, sagte ich an einer family novel und wunderte mich über die zurückhaltenden Reaktionen, bis mir jemand erklärte, dass es die family novel im Sinne von Familienroman auf Englisch nicht gebe, und eine famly novel schlicht ein Roman für die ganze Familie sei, wie ein family movie. 

Mit dem Instrumentarium des amerikanischen Romans einer deutschen Familie zu Leibe rücken – und zwar ausdrücklich, um ganz frei sein zu können, nicht meiner eigenen – war die Idee. Ich wollte all die Hoffnungen, Erwartungen, Enttäuschungen und Vertuschungen anhand einer Familie betrachten, fragte mich beispielsweise, was es für die Mutter der Familie bedeutet haben könnte, mit verpassten Möglichkeiten und einem gescheiterten Ausbruchsversuch zu leben, welche Verwüstungen das angerichtet haben könnte, in ihr selbst, aber auch in ihren Kindern – und wie sie immer wieder auftraten als unterdrückte Konflikte, nicht verheilte Verletzungen, verschwiegene Fehltritte. 

Einen Anstoß zu diesem Buch gab, als ich wieder nach Deutschland kam, die Debatte um die Eröffnung einer queeren Buchhandlung in Berlin. Der Laden war ein idealistisches progressives, heute würde man sagen: wokes – Projekt, angeboten wurden ausschließlich Bücher von queeren oder weiblichen Autorinnen. Die Gründerin war stolz und gab Interviews, in denen sie sagte, sie habe sich diesen Traum verwirklichen können durch die Erbschaft ihres Großvaters, der General bei der Bundeswehr war wie meiner. Als junger Mann war er allerdings, ebenfalls wie mein Großvater, in der Wehrmacht gewesen, und auf Instagram unterstellten bald junge, nicht weiße Blogger, dass sowohl Großvater wie auch Urgroßvater Stützen des Dritten Reichs gewesen seien. Das Kapital für den Buchladen sei deswegen schmutziges Geld. Die Buchladenbesitzerin, in der Sprache der Blogger eine „Deutsche mit Nazihintergrund“, war völlig überrascht von dem Vorwurf, für sie waren die Vergangenheitsverhältnisse ihrer Familie geklärt, wie für mich auch. Das Land, in dem wir lebten, hatte sich doch erst 1967 konstituiert, als ein ehemaliger Nazi, westdeutscher Polizist und Stasiagent in Personalunion, mit seinen Schüssen auf einen Berliner Studenten gleichzeitig auch dem alten Deutschland endgültig den Garaus machte; daraus und aus 1989, als die Menschen auf der Mauer tanzten, und vielleicht 2006, als sie sich Deutschlandfähnchen aus ihren Autos wehen ließen, ergab sich etwas, mit dem auch meine und ihre Generation etwas anfangen konnte. 

In „Schönwald“ muss sich die Tochter ähnlichen Anschuldigungen stellen und beginnt deswegen, in der Vergangenheit zu graben, was bei Familien selten eine gute Idee ist, beziehungsweise natürlich gerade eine gute Idee, je nachdem, wie tapfer man ist.  

Denn dann gerät man leicht in das Zentrum der Familie, wo all die Dynamiken entstehen, die dann über Generation hinweg wirken. Man entdeckt dort möglicherweise die eigenen nicht verwirklichten Wünsche, nicht gemachte Karrieren trotz großen Talents, die faulen Kompromisse; die abweichenden Lebensentwürfe der Kinder, die später in den Siebzigern nicht nur zu einer anderen Zeit, sondern gewissermaßen auch in einem anderen Land geboren wurden als ihre Eltern. 

Mich interessierten die Erzählungen und Normalisierungen, die jede Familie für sich pflegt. Vielleicht waren sie irgendwann mal nötig, um überhaupt weitermachen zu können. Vielleicht sind aber auch sie es, die Traumata und Verhaltensweisen über die Generationen hinweg weitertragen. Können wir uns von ihnen freimachen und wenn ja, zu welchen Preis kommt diese Freiheit? 

Irgendwann wurde mir klar, dass die Mutter in meiner Familie eine entscheidende Rolle spielen musste. Ich fragte mich, wie es ihr, ihrem Mann, den Kindern heute gehen würde, wenn sie selbst 1985 anders gehandelt hätte? Lag es an der Zeit, in die sie hineingeborgen wurde, oder an ihr selbst (oder ihrem eigenen Vater), welche Entscheidung sie getroffen hat? 

War ihr Lebensweg, wie der so vieler Frauen ihrer Generation, den Müttern der Boomer-Generation, vorgezeichnet – und konnte sie sich dem entgegenstemmen?  

Auch wenn alle Figuren fiktiv sind, musste ich natürlich über ein Milieu schreiben, dessen Typologien, Gefühle, Sprache und Orte ich kannte. Die Familie Schönwald kommt ursprünglich aus Bonn, wie ich selbst auch, und der älteste Sohn wohnt in New York, wo ich ebenfalls gelebt habe, er ist junger Poststrukturalismus-Professor an einer Universität, an der auch ich studiert (es aber nicht zum Professor gebracht) habe. Er sieht sich nicht in der Lage, seinen Eltern zu erzählen, dass die Universität ihm im Zuge eines MeToo-Skandals gekündigt hat. Sein Vater war so stolz auf ihn gewesen. Seine Kränkung und Scham treiben ihn zu den anderen Wütenden und Verletzten, zur amerikanischen Rechten, wo er als Verstellungskünstler zu seiner Überraschung reüssieren kann – in eine Szene, von deren Protagonisten ich einige in New York kennengelernt habe und die ich immer mal ausführlich beschreiben wollte.   

In diesem Moment und auf einem Familientreffen in Deutschland, zur Buchladeneröffnung der Tochter, werden Jahrzehnte alte Dichtungen porös, jedes der drei Kinder der Schönwalds ringt mit Problemen, von denen ihre Eltern nichts ahnen. Alle drei ringen sie mit sich selbst, mit der Wahrheit, auch über sich selbst, und der Frage, wie sehr sie ihr Familienkonstrukt belasten können, ohne dass es kollabiert.