Auf wenige Autoren trifft das Etikett „Weltbürger“ so zu wie auf Andreas Altmann; er ist tatsächlich in der ganzen Welt zu Hause. Eine Stadt oder ein Land reicht ihm nicht aus. Überall auf dem Globus sucht er nach etwas, das er für sich als Heimat reklamieren kann. Wortgewaltig, wirkmächtig und mit präzisen Beobachtungen erzählt er vom Schönen und Schrecklichen, das uns auf Reisen widerfährt.
„Der Mensch muss raus, muss weg, er soll von der Welt wissen und lernen: die intelligenteste Voraussetzung, um ein kosmopolitischer Patriot zu werden.“
Wie und warum ist das Schreiben Teil deines Lebens geworden?
Das ist eine Frage, auf die eine pompöse Antwort erwartet wird: Weil ich der Welt den Spiegel vorhalten will! Weil ich eine Mission habe! Weil ich die Wahrheit herausfinden will! Sorry, von alldem nichts, nur: Ich habe so viele Dinge ausprobiert und bin bei allen gescheitert. Bis ich mich verliebte. In Sprache. Und ich – mir ist es noch heute ein Rätsel, wie das passieren konnte – etwas entdeckte, für das ich einigermaßen taugte – das Schreiben. Und wenn dieser umwerfende Zeitvertreib auch anderen – den Lesern – Freude bringt, dann will ich Tag für Tag das Lied der Dankbarkeit singen.
Welche Begegnungen bedeuten dir am allermeisten?
Ach, leichter Schweiß rinnt mir über die Stirn, wenn ein „Ranking“ verlangt wird. Am schönsten, am allerschönsten, am meisten, am allermeisten? Wo müsste ich da anfangen, wenn ich mir vorstelle, dass in meinem (digitalen) Adressbuch über eine halbe Million Anschläge stehen, sprich, ich ein paar Leuten auf der Welt über den Weg gelaufen bin. So mancher fade Knochen war dabei, aber die vielen anderen, die haben mich beschenkt. Mit lauter Sachen, die ich nicht wusste. Mit der Erlaubnis, in ihr Herz zu blicken. Mit einem Lächeln, das sie mir lässig mit auf den Weg gaben.
Was ist Leben für dich, warum reisend leben?
Was ist Leben? Schon wieder eine Frage, die mich überfordert. Immerhin fällt mir der Motorradhändler in Albuquerque ein, der zu mir meinte: „Life is a bitch.“ Der Satz ist so wahr und wirklich wie der von Jack Kerouac: „For life is holy and every moment is precious.“ Den einen zermalmt das Leben, dem anderen macht es schöne Augen. Okay, nun zum zweiten Teil: warum reisend leben? Vorweg, ich versuche auch dann zu leben, wenn ich nicht reise. Ich versuch’s jeden Tag. Und reisen ist nur ein anderes Wort für abhauen. Aus dem Alltag, den ich schon immer für einen Skandal hielt. Irgendwas muss passieren, das mir versichert, dass ich vorhanden bin, dass es mich gibt. Man glaubt nicht, wie viele schon tot sind, bevor sie offiziell begraben werden. Ich will erst tot sein, wenn ich tot bin.
sprenger spricht #books&sports: Gebrauchsanweisung für alles. Fast alles.
Andreas Altmann, Sophie Bonnet und Thomas Spiegel über Frankreich, Fußball und Frauen.
Andreas Altmann wohnt seit knapp 30 Jahren in Paris, Sophie Bonnet steht gerade mit ihrem achten Pierre-Durand in den Bestsellerlisten. Französisch geht´s zu. Cette fois. Thomas Spiegel, tätig im Team Tradition beim FC Schalke 04, lange Jahre Pressesprecher des Vereins, hält als großer Fan von Eric Cantona und Liebhaber von Fangesängen mit: „manches habe ich mir von unseren Spielern übersetzen lassen, weil es einfach so schön klingt.“
Andreas Altmann, der seit Ende der 1990er Jahre 22 Bücher geschrieben hat, davon sechs Bestseller mit einer Gesamtauflage von über einer Million, ist jedoch auch von der Schönheit der deutschen Sprache überzeugt, zudem sei sie „spielerischer“, formbarer als die französische. Was das Wort „bonnet“ mit Sophie Bonnet und ihren Krimis zu tun hat, warum sie Glück hatte und wie es überhaupt zu ihren Frankreich Krimis gekommen ist? Ecoutez!
„Die Welt ist die einzige Heimat, die wir haben.“
˶Freunde schenken sich Freiheit, sie lassen einen kommen und gehen. Wie ein Land, das man liebt. Man fliegt davon und kehrt zurück. Aus Liebe, ganz unsichtbar, so treu."
"Ich wünschte, jedes meiner Bücher taugte so nebenbei als Aphrodisiakum. Man liest es, man schluckt es, und nach spätestens einer halben Stunde regt sich die Lust. Aufs Leben."
Andreas Altmann im Interview
Was bedeutet Reisen, was Heimat für dich?
Ich bin überall da zu Hause, finde immer dort Heimat, wo Geist umgeht, Kichern, Leichtigkeit, Swing und Damen und Herren, die das mit mir teilen. Bei gewissen Landschaften verliere ich auch den Verstand. Und in manches Tier verliebe ich mich ebenfalls. Heimat, wohin man sieht.
Was hast du bei deinen Unternehmungen immer dabei?
Das Wichtigste, eben die Erkenntnis, wie skandalös kurz das Leben ist.
Was war deine eindrücklichste Erfahrung unterwegs?
Dass ich ein gutes Leben habe und andere im Elend schmoren. Ich weiß noch immer keine Erklärung dafür.
Wie sieht dein Schreiballtag aus?
Wie ein Maurer geht es täglich zur Arbeitsstelle. Bei ihm zum Bau, bei mir an die Folterbank, den Schreibtisch. Dann setze ich einen dicken Kopfhörer auf, wie Lotsen am Flughafen, um nichts von der Welt zu hören. Dann verdunkle ich, um nichts von der Welt zu sehen. Dann tauche ich. Bis ich das eine Wort finde, das heute passt. Dann das nächste Wort. Um etwa 15 Uhr bin ich erledigt.
Wo schreibst du am liebsten?
Da, so würde der Wiener sagen, wo es „hautfreundlich“ ist, sprich, ein Ambiente umgeht, das zum Sinnieren, zum Stillsein, zum Mutterseelenallein-Sein-Dürfen einlädt.
Was möchtest du deinen Leser*innen mit auf den Weg geben?
Das, was ich bei Henry Miller abgeschrieben habe: „Stay hungry!“. Und das, war mir ein polnischer Auschwitz-Überlebender ins Tagebuch schrieb: „Think for yourself!“. Und das, was allen hilft: „Blühen Sie!“
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