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Vegan für alle

Vegan für alle

Jan Bredack
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Warum wir richtig leben sollten

„Gesellschaftskritisch, glücklicherweise wenig missionarisch, was das vegane Leben betrifft, aber doch mit ökonomischen und ökologischen Fakten, die sehr zum Nachdenken anregen.“ - Ostsee-Anzeiger

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Vegan für alle — Inhalt

Jan Bredack sagt selbst: „Veganer waren früher für mich Extremisten, die nicht alle Latten im Zaun haben.“ Inzwischen weiß er, wie gut ihm die neue Ernährungs- und Lebensweise tut. Er war auf der Karriere-Überholspur, schon mit 30 Jahren leitender Manager bei Mercedes, daneben eine Familie mit drei Kindern und Triathlon als Hobby. 2008 klappt Bredack zusammen und ändert sein Leben daraufhin komplett. Er, der bis dahin alles in sich reingeschaufelt hat, was ihm auf den Teller kam, wird Veganer. 2011 steigt er bei Daimler aus und gründet in Berlin den veganen Supermarkt Veganz, aus dem gerade eine europaweite Kette wird. Anhand Bredacks persönlicher Geschichte erzählt das Buch viel Wissenswertes über die vegane Lebensweise und liefert erschütternde Fakten, die für ihre ökologische wie ökonomische Notwendigkeit sprechen. Ein Impulsbuch, das nicht missioniert, sondern inspiriert und zum Nachdenken bringt!

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 14.04.2014
Mitautor: Helmut Kuhn
256 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-96677-1
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Leseprobe zu „Vegan für alle“

Vorwort

Ich bin ein Verkäufer. Ich habe mit Autos gehandelt, jetzt handle ich mit Lebensmitteln. Das ist mein Metier. Und ich will Ihnen etwas verkaufen.

Ich verkaufe Ihnen eine Idee.

Diese Idee macht Sie gesund, glücklich und zufrieden. Diese Idee rettet die Welt, sie beseitigt den Hunger und schafft Frieden. Und das Beste daran ist: Sie müssen nur umdenken. Klingt gut? Nun, es ist nicht meine Idee. Ich bin nur einer von vielen, die den Traum von einer besseren Welt teilen. Das ist naiv? Keine Sorge, ich bin nicht naiv. Ich war ein ziemlich ausgebuffter [...]

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Vorwort

Ich bin ein Verkäufer. Ich habe mit Autos gehandelt, jetzt handle ich mit Lebensmitteln. Das ist mein Metier. Und ich will Ihnen etwas verkaufen.

Ich verkaufe Ihnen eine Idee.

Diese Idee macht Sie gesund, glücklich und zufrieden. Diese Idee rettet die Welt, sie beseitigt den Hunger und schafft Frieden. Und das Beste daran ist: Sie müssen nur umdenken. Klingt gut? Nun, es ist nicht meine Idee. Ich bin nur einer von vielen, die den Traum von einer besseren Welt teilen. Das ist naiv? Keine Sorge, ich bin nicht naiv. Ich war ein ziemlich ausgebuffter Karrierist. Vom kleinen Ossi zum Millionär. Ich war ein Tierquäler, verantwortungsloser Familienvater, Angeber und Vertilger von Massentierfleisch vor dem Herrn.

In diesem Buch erzähle ich meine Geschichte. Nicht, weil ich mich für etwas Besonderes halte, sondern weil ich mit Ihnen teilen möchte, was ich erlebt und erfahren habe. Ich will Sie auch nicht missionieren. Wenn Sie meine Geschichte gelesen haben, wissen Sie, warum. Aber nach zahlreichen Irrwegen und Irrtümern in meinem Leben fühle ich mich jetzt so viel besser, und vielleicht wird es Ihnen genauso gehen.

Haben Sie aber keine Sorge. Sie müssen nicht von heute auf morgen Ihr Leben komplett umkrempeln und auf alles verzichten, was Sie häufig und gerne zu sich nehmen. Es reicht vollkommen, wenn Sie sich langsam von Ihrer gewohnten Ernährung verabschieden. Wenn Sie Ihrem Körper Schritt für Schritt keine tierischen Fette und Enzyme mehr zumuten, keine Milch, Eier, aber auch weniger Zucker und Weißmehl. Wenn Sie sich – nicht sofort, aber irgendwann – für den veganen Weg entscheiden. Dann werden Sie körperliche Zustände erreichen, von denen Sie nicht zu träumen wagten. Das kann ich Ihnen garantieren. Sie werden sich fühlen, als wären Sie ein Olympionike.

Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Zeit. Und wir werden umdenken müssen, wenn wir als Menschheit überleben wollen. Die Tage der Massentierhaltung sind gezählt.

Sie haben sich für dieses Buch entschieden und damit bereits eine Tür aufgestoßen. Ich würde mich sehr freuen, wenn meine Geschichte dazu beitragen könnte, Ihnen die Idee eines veganen Lebens näherzubringen. Und sie Ihnen vielleicht ein wenig die Augen für die klaren Fakten öffnet, die für die ökologische, aber auch ökonomische Notwendigkeit der veganen Lebensweise sprechen. Denn nur wenn wir uns ändern, können wir die Welt zum Besseren verändern. Wie Victor Hugo es schon so treffend gesagt hat: Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.



I. Die Initialzündung: Wir sind arme Schweine, die arme Schweine essen


Fleisch gleich Tier gleich Töten

Im September 2008 wurde ich von einem Tag auf den anderen Vegetarier.

Schuld daran waren ein Burn-out und Hannah. Damals hatte ich mich bereits von meiner Frau getrennt. Über Jahre hatte mein Job uns auf schleichende Weise voneinander entfernt, bis wir schließlich wie Fremde unter einem Dach lebten. Dabei ging es uns eigentlich gut. Wir wohnten außerhalb der Stadt, in einer Villa mit Swimmingpool und großem Garten. In der Garage standen stets die neuesten Mercedes-Modelle. Das Leben glich einem Traum, und unsere Nachbarn waren grün vor Neid. Obwohl sie mich gar nicht kannten. Sie bekamen mich kaum zu Gesicht, denn ich verließ das Haus im Morgengrauen und kehrte erst spät in der Nacht zurück. Ich arbeitete als Manager für Mercedes-Benz. Ich war 36 Jahre alt und verantwortlich für einen Milliardenumsatz. Ich hatte einen luxuriösen Dienstwagen, ein repräsentatives Büro und einen persönlichen Parkplatz vor dem Haupteingang. Ich verdiente sehr viel Geld, hatte Macht und wurde respektiert.

Ich war am Ziel meiner Wünsche – und ziemlich am Ende.

Innerlich war ich ein Wrack, ein Schatten meiner selbst. Ich funktionierte nur noch und lebte angepasst, um mein erreichtes Machtlevel zu halten und abzusichern. Am wahren Leben nahm ich schon lange nicht mehr teil. Ein Leben außerhalb der Mercedes-Welt existierte für mich nicht. Mit Menschen, die keinen Mercedes-Stern trugen, konnte ich mich gar nicht unterhalten, ihre Ansichten interessierten mich nicht, ihre Alltagsprobleme belächelte ich, ihre Fragen und ihr Interesse an meinen Themen ignorierte ich. Ich war alleine und nur mit mir und den imaginären großen Problemen rund um den Stern, den ich rund um die Uhr im Kopf und im Herzen trug, beschäftigt.

Hinter den Kulissen suchte man in der Führungsetage bereits nach einem neuen, weniger exponierten Job für mich. Bis es so weit war, nahm ich wie gewohnt Termine wahr, saß in Meetings und reiste durch die Welt. Während einer Veranstaltungstournee mit leitenden Managern aus der Zentrale und Geschäftsführern diverser Mercedes-Benz-Autohäuser hielt ich die Eröffnungsvorträge. Anschließend zog ich mich mit ausgewählten Gästen zum Kamingespräch zurück und machte ein bisschen auf buddy-buddy; die Kamine dafür hatte man eigens in den Veranstaltungszelten installiert. Eine der Veranstaltungen fand in Siegen statt, und dort begegnete ich Hannah. Sie war Hostess, eine junge, schöne Frau mit einer Stimme, die mich vom ersten Moment betörte. Sie sang auf meinen Wunsch in einem Moment, in dem wir alleine im Zelt waren, ein Lied für mich, nur für mich alleine. Ich verliebte mich sofort. Unsere Begegnung wurde für mich zu einer Initialzündung – in vielerlei Hinsicht.

Bis zu jenem Tag hatte ich gegessen, was auf den Tisch kam. Ohne nachzudenken, hatte ich in mich hineingestopft, was man überhaupt nur essen konnte: Hamburger, Currywürste, blutige Steaks und jede Art von Innereien. Erst, als ich Triathlet wurde, begann ich, bewusster auf meine Ernährung zu achten. Statt Schweinefleisch aß ich Pute, statt Rind Huhn. Geflügel ist gesund, dachte ich, es versorgt deinen Körper mit Eiweiß. Am liebsten aß ich das Fleisch roh, weil ich glaubte, so noch mehr Energie zu bekommen.

„Ich bin Vegetarierin“, sagte Hannah, als wir zum ersten Mal essen gingen. Ich orderte, wie sehr oft, ein Hähnchenbrustfilet, sie bestellte einen Salat mit Tofu. „Ich finde, man sollte Tieren kein Leid zufügen.“

„Leid zufügen?“, fragte ich. „Was meinst du?“

„Das Hähnchen auf deinem Teller wurde getötet, damit du es essen kannst.“

Ich sah sie an, sah auf meinen Teller – und zum ersten Mal dämmerte mir, dass das Stück Fleisch tatsächlich einmal ein Tier gewesen war. Wenn wir Tiere essen wollten, musste sie jemand schlachten. Daran hatte ich noch nie gedacht, wenn ich ein Steak verschlungen hatte. „Stimmt“, sagte ich und kam mir nicht sehr cool vor. Warum hatte ich daran noch nie selbst gedacht? Warum hatte ich mich nie gefragt, woher das, was wir essen, eigentlich kam?

Hannah begann, zu erzählen, warum sie seit 13 Jahren kein Fleisch mehr aß. Es sei ihr wichtig, keinem Lebewesen Gewalt anzutun, sagte sie und stach mit der Gabel in ihren Tofu. Sie wolle nichts essen, was unter Qualen aufgezogen, womöglich misshandelt und schließlich mehr oder weniger grausam getötet worden sei. Ich hörte zu – und fühlte mich, als hätte mir jemand einen Schlag verpasst.

Fleisch gleich Tier gleich Töten?

War die Gleichung wirklich so simpel?

Doch Hannah verzichtete nicht nur auf Fleisch, sie rauchte auch nicht, trank keinen Alkohol, keinen Kaffee, keinen Tee, nahm keine Drogen und spielte nicht. Als Sportler war mir das nicht fremd. Aber auf Kaffee verzichten? Nie wieder Tee trinken? Ich runzelte die Stirn. Hannah erklärte mir: „Kaffee und Tee wirken aufgrund ihres Koffein- beziehungsweise Teeingehaltes anregend, und ich will keine Stoffe zu mir nehmen, die meinen Organismus in irgendeiner Art und Weise beeinflussen.“

Es war eine fremde Welt, die sich vor meinen Augen und Ohren öffnete. Eine Welt mit Werten, denen ich bislang keine große Bedeutung beigemessen hatte. Kein Glücksspiel? Wie oft hatte ich an der Börse gezockt wie ein süchtiger Pokerspieler! Ich hatte mit dem Geld, das ich als Manager verdiente, spekuliert und dabei echt Kohle gemacht und ein kleines Vermögen angehäuft.

Hannah erzählte von einer Gruppe, in der sie sich engagierte, ein Zusammenschluss von Menschen, die für eine bessere Welt kämpften. Eine Welt, in der alle Lebewesen in Liebe zusammenleben. Ich hörte zu, staunte, nickte. Bislang hatte ich mich über Weltverbesserer lustig gemacht. Tierschützer, Vegetarier, Veganer – das waren für mich realitätsfremde Spinner, die in Fußgängerzonen standen und Plakate mit Bildern von toten Robbenbabys hochhielten. Meine Freunde und ich rissen Witze über sie. Wir lachten sie aus – und gingen anschließend ins nächste Steakhaus, denn das blutige Steak zu essen gehörte sich so in unseren Kreisen. Doch ich war beeindruckt von der Vision, die Hannah da in wenigen Worten entwarf. Vieles klang idealistisch, aber auch ungeheuer einleuchtend.

Am Ende des Abends beschloss ich, auch Vegetarier zu werden.

War ich also über Nacht selbst so ein Spinner geworden? Anfangs fragte ich mich das. Heute, im Rückblick, glaube ich, dass es damals nur eines Anstoßes bedurfte. Zu jener Zeit hatte mich das Leben, beruflich und privat, bereits aus der Kurve getragen. Der Topmanager, der permanent auf der Überholspur lebte, war an seine Grenzen gestoßen. Der Ehemann und Vater stand vor den Trümmern seines Familienlebens. Es war eine Zeit radikaler Umbrüche: Ich wechselte den Job, ich verließ meine Frau, ich verliebte mich in Hannah. Ich änderte mein Leben, krempelte es von Grund auf um. Dabei kam mir zugute, dass ich, wenn es darauf ankommt, schnell Entscheidungen treffen kann. Die Entscheidung, Vegetarier zu werden, war trotzdem eine Entscheidung aus voller Überzeugung. Ohne es zu wissen, hatte ich bereits an der Schwelle zu einem anderen Leben gestanden.

Ich denke, es geht heute vielen – und vielleicht immer mehr – Menschen ähnlich. Auch sie stehen an einer Schwelle. An der Schwelle zu einem anderen Denken, einer neuen Zeit, einem lebenswerteren Leben. Es braucht nur einen Anstoß, eine Initialzündung, um den Weg in die neue Richtung einzuschlagen.



Papa, warum isst du kein Fleisch mehr?

„Papa, warum isst du kein Fleisch mehr?“ Wir liefen durch ein Einkaufszentrum, und Philipp und Jakob, meine Söhne, hatten Hunger.

An einem Dönerstand blieben wir stehen. „Seht ihr den Fleischklops an dem Drehspieß dort drüben?“

Meine Jungen, damals drei und zehn Jahre alt, nickten.

„Stellt euch vor, der ist ein Tier. Man hat es gezüchtet, getötet und aufgespießt. Es musste sterben, um zu Döner zu werden.“

Philipp und Jakob sahen mich erschrocken und etwas ungläubig an – und verstanden. Wir gingen weiter, und an einem anderen Imbiss bestellten wir drei vegetarische Döner.

Zu Hause setzten wir uns vor meinen Computer und surften durchs Internet. „Fleisch zu essen ist nicht gesund“, erklärte ich. „Außerdem schadet die Fleischproduktion der Umwelt.“

„Warum?“, fragte Jakob.

„Weil die Zucht von Rindern und Schweinen viele Ressourcen verbraucht. Und der Transport verursacht eine Menge Treibhausgase.“

„Was sind Treibhausgase?“, fragte Philipp.

So simpel die Fragen meiner Söhne waren, so erschreckend waren die Antworten, auf die wir stießen. Rund 842 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Alle fünf Sekunden stirbt laut UNICEF ein Kind an Unterernährung. Gleichzeitig verzehrt ein Mensch im Durchschnitt 42,5 Kilo Fleisch im Jahr, in Deutschland sind es sogar 60 Kilogramm. Allein in Deutschland werden 60 Prozent der Getreideernte als Viehfutter verwendet. Um ein Kilo Rindfleisch zu produzieren, braucht man 16 Kilo Getreide. Der durch die Massentierhaltung bedingte Ausstoß von CO₂, Methan und Stickoxid ist riesig. Würde man sich überall auf der Welt so ernähren, wie wir es tun, hätten 3,2 Milliarden Menschen etwas zu essen, und 3,7 Milliarden müssten hungern. Würden wir dagegen auf Fleisch verzichten, könnte die globale Ernte vier Milliarden Menschen mehr satt machen. Ein einzelner Fleischesser produziert siebenmal mehr Treibhausgase als ein Veganer.

Als wir ein paar Tage später einen Film über Milch sahen, begriff ich, dass es mit dem Verzicht auf Fleisch nicht getan war. Auch Milchkühen wird permanent Leid zufügt. Ich hatte nicht gewusst, dass die Milch, die wir trinken, eigentlich für Kälber bestimmt ist. Dass man Kühe ständig schwängert, damit sie ein Kalb nach dem anderen gebären und Milch produzieren. Ich wusste nicht, dass man ihnen ihre Jungen unmittelbar nach der Geburt wegnimmt, sie mit Kraftfutter und Antibiotika füttert, damit sie noch mehr Milch geben. Dass man sie schnell wieder schwängert und ihnen auch diese Kälber wegnimmt. Dass die Kälbchen hochgezüchtet und geschlachtet werden. Oder selbst zu Milchkühen werden, die geschwängert werden. Es ist ein endloser Kreislauf. Doch wer sagt, dass eine Kuh keine Muttergefühle hat? Man mag mich für naiv oder ignorant halten, aber bislang hatte ich in der Vorstellung gelebt, eine Kuh stehe mehr oder weniger glücklich auf der Weide, fresse Gras und gebe Milch. Ich hatte nicht gewusst, dass wir Menschen, wie sonst keine Spezies, anderen Lebewesen die Muttermilch stehlen, um sie selbst zu trinken.

In den folgenden Wochen sahen Philipp, Jakob und ich uns immer wieder Filme an. Meine Jungen waren neugierig geworden, sie stellten Fragen über Tierschutz, Massentierhaltung und vegetarische und vegane Ernährung. Doch je länger wir vor dem Bildschirm saßen, desto mehr brachten die Filme, die ich aus pädagogischen Gründen meinen Kindern hatte zeigen wollen, mich selbst ins Grübeln.

Ich bin Ossi. In der Schule in der DDR bekamen wir als Kinder Schulmilch, kleine pyramidenförmige Tüten mit einem halben Liter Milch darin. Zu Hause gaben unsere Eltern uns Milchgeld mit, die Lehrer sammelten es ein und verteilten in den Pausen die Milchtüten – ein fest im Alltag verankertes Ritual. Sie meinten es gut. Milch war gesund, und wir Kinder waren im Wachstum. Wir sollten groß und stark werden. Für mich als Stadtkind war Milch also etwas Gutes, etwas Nahrhaftes und Positives. Morgens fuhr ich immer mit der Straßenbahn von Berlin-Marzahn nach Friedrichshain zur Schule, die Fahrt dauerte eine Stunde. Eines Tages endete der Unterricht früher als üblich, und ich ging zur Straßenbahnhaltestelle. Wie immer hatte ich in der Pause meine Milch getrunken, doch auf einmal bekam ich furchtbare Bauchschmerzen. Mein Magen verkrampfte sich, mein Darm rebellierte, und ich musste dringend auf die Toilette. Ich biss die Zähne zusammen und zählte die Stationen. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und machte in die Hose.

Es war mir unwahrscheinlich peinlich.

Dreißig Jahre später, als ich mit meinen Söhnen durchs Netz surfte, erinnerte ich mich an diesen Tag. Und plötzlich wurde er zu einer Art Schlüsselerlebnis. Ich las Berichte, die erklärten, wie Milch den Körper verschleimt, ihn übersäuert, den Knochen Kalzium entzieht, statt sie damit zu versorgen. Ich verstand, dass ich die Milch damals schlicht nicht vertragen hatte. Und ich war nicht allein. Viele Menschen leiden unter einer Laktoseintoleranz. Und die meisten begreifen erst mit der Diagnose, warum ihnen so oft übel wird.

Warum also geben wir unseren Kindern weiterhin Milch zu trinken?

Warum handeln wir wider besseres Wissen?

Weil man uns mit Milch regelrecht gefüttert hat, im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn. Im Westen war das nicht anders als im Osten. Die Milch macht’s, lautet ein beliebter Werbeslogan. Er suggeriert, dass Milch direkt vom Bauern kommt, dass sie frisch und gesund ist und kleine Kinder groß, stark und glücklich macht. Ein Schokoriegelhersteller wirbt mit dem Slogan: Der schwimmt sogar in Milch. Schokolade mit extra viel Milch ist bis heute ein Renner.

Es war absurd. Je tiefer ich in die Materie eintauchte, desto mehr verstand ich, dass alles, was ich als Kind über Ernährung gelernt hatte, falsch war. Ja, dass angeblich Gesundes sogar krank machen kann! In den USA beispielsweise darf die Werbung nicht mehr behaupten, Milch sei gesund.

Stück für Stück fügten sich Informationen und Erkenntnisse wie Bausteine zusammen. Wir Menschen sind Lemminge. Wir nehmen als gottgegeben, was überliefert und in den Medien gepriesen wird. Dabei geht es um unsere Gesundheit – das wichtigste Gut im Leben. Wir leiden unter Bauchweh, Erbrechen und Ausschlägen, unter Schwindel, Schweißausbrüchen und Schlafstörungen – und glauben weiterhin, Milch sei gut für uns. Warum stellen wir die vermeintliche Tatsache nicht einmal infrage? Warum schlucken wir, was schon Generationen vor uns geschluckt haben? Wir entwickeln die tollsten Smartphones und schicken Roboter auf den Mars, doch wenn es um unsere Ernährung geht, unsere Gesundheit, unser Leben, handeln wir, ohne nachzudenken, desinteressiert, ignorant geradezu.

Warum?

Am nächsten Wochenende, an dem die Kinder mich besuchten, gingen wir in einen Supermarkt. Wir stellten uns vor, wir müssten uns vegan ernähren.

„Nur so zum Spaß“, sagte ich.

„Was können wir denn dann noch essen?“, fragte Philipp.

Wir liefen durch die Regalreihen und packten ein, was wir gern aßen. Dann sahen wir uns die Listen der Inhaltsstoffe an und sortierten aus. Am Ende war der Einkaufskorb leer – nichts entsprach auch nur halbwegs veganen Standards. In Quark, Käse und Schokolade war Milch. Kekse, Kuchen und Pizza enthielten tierische Substanzen – tierische Fette, Eiweiß, außerdem Enzyme, Zucker und ungesundes Weißmehl. Inzwischen hielt ich mich für einen lupenreinen Vegetarier, aber von wegen: Ich musste erkennen, dass ich noch immer Tiere ausnutzte. Ich belog mich schlicht, wenn ich Lebensmittel in den Einkaufswagen legte, die irgendwelche tierischen Zutaten enthielten.

Das musste anders werden. Ich musste meine Ansprüche und Absichten viel radikaler umsetzen.

Wieder zu Hause, begann ich, mich über eine konsequent vegane Ernährung zu informieren. Dabei hatte ich Veganer vor Kurzem noch für Extremisten gehalten! Für Idioten, die sich in eine seltsame Ideologie verrannten. Mit meinen Kollegen bei Mercedes hatte ich mir das Maul über diese Körnerfresser zerrissen. Nun nahm ich Anlauf, um über meinen Schatten zu springen. Ich hinterfragte meine eigenen Kauf- und Essgewohnheiten und machte mir mehr und mehr Gedanken darüber, was auf meinem Teller liegt, und vor allem, wie es da hinkommt. Was sind die Ursachen von Krankheiten, warum gibt es in unserer zivilisierten und hoch entwickelten westlichen Welt so viele „Zivilisationskrankheiten“, die es in weniger entwickelten Ländern nicht gibt?

Es war ein Prozess, und er zog sich über mehrere Wochen. Am Ende fuhr ich mit Philipp, Jakob und Hannah über Silvester ins Riesengebirge. Tagsüber liefen wir Ski und fuhren Snowboard, abends saßen wir in unserer Hütte vor dem Kamin. Am Abend des 31. Dezembers gingen wir ins Restaurant. Wir bestellten gebackenen Camembert mit Preiselbeeren. Es sollte das letzte Mal sein, dass Hannah und ich Käse aßen. Wir zelebrierten es. Dabei haben wir weder Jakob noch Philipp animiert oder gar gezwungen, künftig auch vegan zu essen. Kurz vor Mitternacht stiegen wir in meinen Mercedes-G‑Klasse-Geländewagen und fuhren den Berg hinauf. Wir schossen Raketen in die Luft – und begrüßten das neue Jahr 2009 als Veganer.

Jan Bredack

Über Jan Bredack

Biografie

Jan Bredack wächst in den 70er-Jahren in der DDR auf. Zunächst lässt er sich zum Kfz-Mechaniker ausbilden. Zur Wende heuert er bei Daimler als Pannenhelfer an. Er studiert nebenher und legt einen beispiellosen Aufstieg bis in die Spitze der Zentrale hin. In Moskau baut er das erste russische...

Medien zu „Vegan für alle“
Pressestimmen
Ostsee-Anzeiger

„Gesellschaftskritisch, glücklicherweise wenig missionarisch, was das vegane Leben betrifft, aber doch mit ökonomischen und ökologischen Fakten, die sehr zum Nachdenken anregen.“

Westfalen-Blatt

„Sein Buch soll nicht missionieren, sondern inspirieren.“

Südkurier

„Spannend und flott erzählt. Bredacks eindringliche Botschaft ist gleichzeitig seine Vision: Vegan bedeutet nicht nur, fleischlos zu essen, sondern Leben für alle!“

gruene-smoothies-nahe.de

„Ein Impulsbuch, das nicht missioniert, sondern inspiriert und zum Nachdenken bringt!“

www.sebastian-stranz.de

„Ein hervorragendes Buch! Es hält, was der Titel verspricht: Eine Botschaft zu transportieren, die jeden angeht!“

Kommentare zum Buch
Ein Mensch mit Überzeugungen!
kassandra10 am 03.09.2014

Eine wunderbare Lebensgeschichte, die deutlich zeigt, dass man sich als Mensch auch nach vielen Jahren Alltagstrott noch verändern kann.   Bredack beschreibt sein Leben bis zu seinem Burn-Out und dann den Wandel vom Vegetarier zum Veganer!   Ein Mensch aus Überzeugung!

"Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist"
Kerry am 24.04.2014

In diesem autobiografischen Werk berichtet Jan Bredack aus seinem Leben, wie er es schaffte, seine nicht gerade gut behütete Kindheit zu überstehen, in welche Schwierigkeiten er mitunter geriet, aber auch mit wie viel Ehrgeiz und Fleiß es ihm gelang, dorthin zu kommen, wo er schon immer hin wollte - doch auch das war irgendwann nicht mehr genug, er wollte höher, immer weiter hinaus, kostete es, was es wolle und es kostete mit unter eine Menge. Als es schließlich körperlich nicht mehr ging, lenkte er ein und eine weitere Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Mit teils schonungslosen, teils humorvollen Anekdoten erzählt Jan Bredack aus seinem Leben, räumt mit Irrtümern auf und lässt den Leser am Ende mit dem Wissen zurück: Das war noch lange nicht alles.

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