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Ghost Lover

Lisa Taddeo
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Storys

„Wenn Lisa Taddeo schreibt, hinterlässt sie nicht nur aus Buchstaben zusammengesetzte Wörter. Sie hinterlässt eine Stimmung, eine Botschaft, ein Gefühl. Und all das hallt lang nach.“ - Die Presse am Sonntag

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Ghost Lover — Inhalt

Anziehend, verstörend, wahr: „Taddeos Prosa gleicht einer geschliffenen Klinge.“ Nylon

Was, wenn wir nicht mehr selbst auf die Nachricht eines Liebhabers antworten müssten? Wenn eine App namens Ghost Lover es übernähme, uns endlich die Dates zu verschaffen, die wir verdienen? Als Ari für die Erfindung dieser App ein Preis verliehen werden soll, denkt sie zurück an die Männer, die sie geprägt und verletzt haben. Und fragt sich, welche Strafe gerecht ist im ungerechten Spiel der Liebe.

Die „wortgewaltigste und glaubwürdigste Chronistin unseres Begehrens“ (Esquire) beleuchtet in ihren Storys die dunklen Seiten des Frauseins, erzählt von bitterer Sehnsucht, schönem Schein und rückhaltloser Hingabe.

„Die Chancen stehen gut, dass jede Frau, die sie kennen, wenigstens ein kleines bisschen von dem in sich trägt, was Lisa Taddeos Figuren ausmacht.“ Los Angeles Times

€ 24,00 [D], € 24,70 [A]
Erschienen am 27.04.2023
Übersetzt von: Anne-Kristin Mittag
256 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-492-07094-2
Download Cover
€ 18,99 [D], € 18,99 [A]
Erschienen am 27.04.2023
Übersetzt von: Anne-Kristin Mittag
240 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-60418-5
Download Cover

Leseprobe zu „Ghost Lover“

Ghost Lover 1

Göttlich

Du stehst in der Schlange des Hipster-Cafés in einem düsteren Block in den Hills und willst dir kein eigenes Sandwich zusammenstellen. Du könntest dir eine der angeschriebenen Varianten aussuchen, aber die machen alle fett. Pastrami steht im diametralen Gegensatz zu Los Angeles.

Eigentlich hattest du dir in deiner blitzblanken Küche mit Blick auf den Pazifik selbst etwas zu essen machen wollen, einen Avocado-Toast zum Beispiel; nur hattest du keine Avocados mehr, und es war bloß noch ein winziges Stück Butter übrig, und deshalb [...]

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Ghost Lover 1

Göttlich

Du stehst in der Schlange des Hipster-Cafés in einem düsteren Block in den Hills und willst dir kein eigenes Sandwich zusammenstellen. Du könntest dir eine der angeschriebenen Varianten aussuchen, aber die machen alle fett. Pastrami steht im diametralen Gegensatz zu Los Angeles.

Eigentlich hattest du dir in deiner blitzblanken Küche mit Blick auf den Pazifik selbst etwas zu essen machen wollen, einen Avocado-Toast zum Beispiel; nur hattest du keine Avocados mehr, und es war bloß noch ein winziges Stück Butter übrig, und deshalb konntest du auch nichts Feines zaubern. Du hättest dir auch Butter liefern lassen können, doch dann wärst du dir verwöhnt und schwabbelig vorgekommen. Und obwohl du gern Kerrygold gehabt hättest, hättest du wahrscheinlich gesagt: Organic Valley oder so, Hauptsache nicht Land O’Lakes. Und die Kurierin hätte dir nicht weniger als zweimal gesimst. Die haben hier nur Breakstone’s oder Horizon?

Und du hättest dagesessen, hundeelend auf die Wellen geblickt, die an deinem felsigen Streifen Strand nagen, und nicht weniger als drei Minuten gewartet, damit das dunkelblonde Mädchen, das jünger, schmaler und ärmer wäre als du, dort in der Kühlabteilung hätte ausharren müssen, in einem ärmellosen Shirt an diesem herrlichen Strandtag, bis du zurückschriebst: Gesalzen. Manchmal war das Einzige, was dir ein Glücksgefühl verschaffen konnte, Kontrolle über ein anderes Leben auszuüben. Aber letztendlich wird sich das natürlich nie auszahlen. Zum einen wirst du immer fetter sein, als dir lieb ist. Über andere zu bestimmen macht um die fünfhundert Kalorien extra. Ein leckerer exotischer Cocktail in der Bar neben dem Nobu am Pacific Coast Highway hat hundert zusätzliche Kalorien, wenn du versuchst, deine Assistentin für dein schlechtes Date büßen zu lassen, indem du ihr textest, während sie gerade ein gutes Date hat.

In der Warteschlange reißt du eine Tüte Caesar Croûtons auf. Wenn du nur die Hälfte isst, sind es 170 Kalorien. Dick und träge vom Spätsommer, segelt eine Fliege im Tiefflug heran. Vor dir turtelt ein Pärchen. Der junge Mann beugt sich vor, um den Duft ihrer Haare am Scheitel einzuatmen. Sie dreht sich um und blickt ihm lächelnd in die Augen. Die Fliege, die laut um eure Köpfe summt, hören sie gar nicht. Als sie den versexten Blick voneinander losreißen, wendet der Typ sich um und bemerkt dich. Zuerst nimmt er kaum Notiz von dir, weil du nicht heiß bist, seine Freundin aber schon. Und dann erkennt er dich. Er knufft ihr in den Arm.

„Ey!“, sagt er. „Ey! Das ist – Sie sind Ari von Ghost Lover! Oder?“

Mit einem albtraumhaft großen Croûton im Mund wird dir flau. Du versuchst, lautlos zu kauen, aber es ist schlichtweg unmöglich, still und leise mit einem Croûton fertigzuwerden, es gibt nur langsame Zersetzung.

Die Augen der Freundin, die dich jetzt offensichtlich auch erkennt, weiten sich. Die Fliege schwirrt vorbei. Hinter dir geht die verrußte Fliegengittertür auf und wieder zu, und du nutzt die Gelegenheit, um den Kopf dorthin zu drehen und den Croûton zu zermampfen.

„Alter“, sagt das Mädchen, „Sie sind es!“

Du wendest dich, Sprenkel getrockneter Petersilie auf den Lippen, wieder um. Sie trägt ein ärmelloses Cure-Shirt mit nichts drunter, und hinter Robert Smiths Ohr blitzt ihr Busen hervor. Ihre Schultern sind glatt und rund. Sie ist fünfundzwanzig. Du warst nie fünfundzwanzig.

„So wegen Ihnen heiratet meine beste Freundin den Mann ihrer Träume!“, fährt das Mädchen fort.

Der Junge grinst. „Luke ist der Mann ihrer Träume?“

Das Mädchen boxt ihn und rollt mit den Augen. Beide wenden sich dir zu.

„Ohne Scheiß, wir gehen so in zwei Monaten auf ihre Hochzeit! Alles nur wegen Ihnen!“

Gegen deinen Willen musst du lächeln. Die beste Freundin des Mädchens ist wahrscheinlich eine Rang-III-Kundin, überlegst du. Obwohl sie vielleicht auch einfach nur deine Serie geschaut hat. Es ist die einzige Selbsthilfe-Show auf Netflix, die je gebingt wurde. Was Jennifer, deine PR-Frau, öfter erwähnt als ihren eigenen Namen.

„Alter, Pandora flippt aus, wenn wir ihr erzählen, dass wir Sie getroffen haben!“

Inzwischen hat er das Interesse verloren, krabbelt mit den Fingern an der Hüfte des Mädchens. Ihre schwarze Jeans ist tief geschnitten; das Fleisch dort straff wie ein Sitzgurt. Er will jetzt einfach nur Sex mit ihr. Niemand hat einen besseren Riecher dafür als du.

„Sie sind echt toll. Sie sind echt so meine Heldin.“

Du nickst. Vor einer Woche hast du dir vorgenommen, nicht mehr Danke zu sagen. Überhaupt frostiger aufzutreten. Die Entscheidung fiel an einem Tag, als die Schiebetür zu deinem Balkon offen stand und von weither das sonderbare Krächzen eines Vogels ertönte. Für diesen Laut hättest du dem Tier am liebsten die Augen ausgestochen, und dir selbst gleich mit. An jenem Tag warst du Gott ferner als je zuvor. Du hast nie an ihn geglaubt, doch in dem Moment konntest du spüren, wie das Meer bis zum Grund gefror und dir das Blut aus den Zehen wich. An jenem Tag flatterte über die zarten Triebe dieser Erkenntnis hinweg die Karte zu dir herein.

„Kann ich … können wir Ihr Autogramm haben, oder so, keine Ahnung?“

Ihn interessiert das echt null. Du kriegst einen Riesenhass auf das Mädchen, weil ihr die Begegnung mit dir gerade wichtiger ist als ihr Freund; dass sie diese Macht hat. Die Glückliche. Eine blinde Vorsehung hat sie bei der Geburt mit diesen großen Augen bedacht, den hohen Wangenknochen. Zu Hause ist deine Fliegengittertür aus der Schiene gesprungen. Es gibt niemanden, den du bitten könntest, das zu reparieren. Es gibt jemanden, aber darum kannst du ihn noch nicht bitten. Du weißt, dass es zu früh dafür ist. Dass es immer zu früh sein wird.

„Nächste, bitte!“, blökt der Sandwichverkäufer.

Heute ist Sonntag, ein Tag wie der Rachen eines Wals – blauschwarz und unendlich. Die Leute melden sich immer montagmorgens um 10:27 Uhr, wenn du gerade am meisten zu tun hast. Sonntags fast nie. Nicht einmal deine alten Freundinnen von der Highschool, deren Männer an einer seltenen Krebsart leiden und die auf eine milde Gabe hoffen. Selbst die sind zu beschäftigt, um dich an einem Sonntag anzuklingeln.

Das Paar wendet sich dem Verkäufer zu. „Äh, ein Bánh mì mit Schweinefleisch und ein Göttliches Grilled Cheese“, sagt der Typ.

Du musst daran denken, wie du zum ersten Mal hergekommen bist. Mit ihm. Er hat dir L. A. gezeigt, als stieße er eine sonnige Tür in seiner Brust auf. Seinen Sandwichladen. Abgeranzt, aber nach vor sich hin backendem Brot duftend, auf einem Hügel über dem Highway, im Schatten von Bäumen. Die Weinflaschen, die drinnen zum Verkauf stehen. Du könntest mit einer Flasche Wein nach Hause gehen, und Sandwiches.

„Keine Tomaten auf dem Grilled Cheese“, flüstert das Mädchen und zupft an dem weichen grauen Hemd ihres Freundes.

„Keine Tomaten auf dem Göttlichen“, sagt er, und der Verkäufer nickt.

„Macht genau zwanzig“, antwortet er. Der Typ fischt einen Schein aus der Hosentasche, der wie der letzte Zwanziger der Erde aussieht, und das Herz bricht dir noch etwas mehr, als das Mädchen ein „Danke“ in sein Schulterblatt flüstert.

2

Die Zukunft ist weiblich

Auf dem Weg zum Country Mart drehst du die Temperatur auf 15 Grad runter und das Gebläse voll auf. Innerhalb von Sekunden ist dein Gesicht kühl wie ein Glas Milch. Früher hast du dir Sorgen gemacht, wie viel Benzin die Klimaanlage frisst. Jetzt nicht mehr. Kalt fühlen sich deine Wangen dünner an.

Es ist jetzt beinahe zwei Jahre her. In zwei Jahren hast du eine vollkommene Verwandlung durchgemacht, zumindest in den Augen der Welt. Davor kannte man dich überhaupt nicht, jetzt kennt dich fast jeder. Was sich schon verrückt anfühlt. Männer in Titleist-Käppis und labberigen Golfhemden wissen, wer du bist, weil ihre Töchter es wissen. Weil man deinem Gesicht auf Schritt und Tritt begegnet. Du bist reich. Dieses Wort! Du hast dir ein Haus in Malibu gekauft. Auf Stelzen, mit einer dieser Auffahrten direkt am Pacific Coast Highway. Früher hast du gesagt: „Geht so. Das ist Malibu?“ Worauf Nick meinte: „Du hast ja keine Ahnung, der Witz ist die andere Seite.“ Und eines Tages ging er mit dir dort spazieren, über die Felsen am atmenden Wasser entlang, und du sahst die Sonnenterrassen und die wahren Fassaden der Häuser. Die Fassaden blickten aufs Meer! Die andere Seite, die zum Highway, das war die Rückseite. Als du auf der Meerseite standest, wurde dir klar, wie viel mehr diese Menschen wussten, wie viel mehr sie besaßen als du. Nick hielt deine Hand, um dir über die scharfen Felsen hinwegzuhelfen. Du erinnerst dich nicht, ob du damals mehr wolltest, aber es muss so gewesen sein.

Jetzt besitzt du ein A-Frame-Haus. Du hast deine beste Freundin belogen, was den Preis angeht, weil du ein schlechtes Gewissen hast, in bar bezahlt zu haben, während sie mit zwei Jobs gerade so den Kredit für ihre Krankenpflegeausbildung abstottert. Im obersten Stock gibt es ein fantastisches weißes Badezimmer. Eine Badewanne auf Klauenfüßen mit Blick aufs Meer und goldenen Hähnen. Himmelweiße Handtücher auf Teakhaltern und ein Stück Seife auf dem Teakhocker. Vetiver in französischer grüner Tonerde, noch in flaumiges Papier eingeschlagen.

Gerade bist du auf dem Weg zum Country Mart für einen Iced Matcha Latte und um dir Klamotten zu Preisen zu kaufen, die dich immer noch entzücken. Du kannst über zweitausend Dollar für eine hauchzarte Bluse ausgeben, bei der man trotzdem etwas drunterziehen muss. Je unvollkommener der Körper, desto dringender ist er auf teure Kleidung angewiesen, schwere Kreppstoffe, die sich wie Katastrophenhelfer über die Verwerfungslinien legen.

Gleichwohl halten sich die alten Gewohnheiten hartnäckig. Die Seife in deinem Bad hat achtzehn Dollar gekostet. Du weigerst dich, sie anzurühren, bis du mindestens zwei Kilo abgenommen hast.

Die Idee für Ghost Lover kam – so bitter das ist – von Nick. Beziehungsweise von der Auflösung von Nick und dir. Euer Ende hatte mehr von einem Bankrott als einem Dolchstoß. Du hast deine Seele, wie du es damals in weniger feinen Worten ausdrücktest, auf den Seiten deines Tagebuchs ausgeschieden. Hast monatelang getrauert, dann in Cafés herumgelungert und Pläne ausgeheckt. Anfangs warst du entschlossen, ihn zurückzuerobern. Es gab da einen Laden am La Cienega Boulevard, ein von ihm unberührter Coffeeshop, der ihm auch gar nicht aufgefallen wäre. Dafür war er weder teuer noch sauber genug. Man konnte keine Arabica-Bohnen kaufen. Eine Frau so um die fünfzig arbeitete da in der Küche und kam auch nach vorn, um die Süßstofftütchen aufzuräumen und mit der Handfläche die Milchtheke abzuwischen. Anfangs fandest du ihr Gegrunze unerträglich. Du fandest es unerträglich, wie unförmig ihr Hintern und wie laut ihre Schuhe waren. Wie sie hinter dir herumstampfte, ihre Zehen wie Dominosteine an deinen Fersen. Obwohl sie offenbar kein Englisch konnte, warst du dir sicher, dass sie die Worte auf deinem Laptop las, deine Tagebucheinträge. Eines Tages dann, als sie den Boden um deinen Stuhl moppte, legte sie dir eine Hand auf die Schulter. Segnete dich, wie eine Mutter oder ein Priester. Das war deine Heilung. Du wandtest dich um, und ihre uralten Augen sogen deine Abgründe auf.

Und einfach so kam alles ins Lot. Du dachtest: Mir gehts gut. Ich schreibe ihm. Es war sein Geburtstag. Du schriebst Happy Birthday. Als du diese Worte über Pfade aus Code schicktest, kamst du dir vor wie eine Herzdame. Sieben Minuten später antwortete er: Thx!

Eine Woche darauf spazierte Nick in deinen Coffeeshop. Mit einem Mädchen. Und zwar definitiv einem Mädchen – ungefähr ein Jahrzehnt jünger. Bei Nicks Anblick ging dir ein Wind ab. Das Mädchen wandte sich um und entdeckte dich. Vor Mitgefühl wurde ihr Gesicht ganz rosa. Er hatte anscheinend nichts gehört. Und sie wusste nicht, wer du bist oder wie Nick dich mal im Haus deiner Mutter geleckt hat, während Karl, ihr sogenannter Ehemann, der sich an dir vergangen hatte, unten die Ohren spitzte.

Entscheidend war, dass Nick dich nicht bemerkte, also ranntest du ohne deinen Laptop und deinen Stapel Bücher hinaus. Du wetztest um die Ecke und wartetest, bis sie wegfuhren, und zwar in ihrem Auto, einem schwarzen Sportwagen. Das drehte dir den Magen um – der Gedanke an ihn im Wagen eines Mädchens, wie er ihre Teeniemusik hörte. Als du wieder hineingingst, stand die Chinesin an deinem Tisch, und ihr Schatten lag schützend über deinen Sachen. Sie nickte dir zu. Du hättest am liebsten geweint. Du wusstest, dass du nicht wiederkommen und sie nie mehr sehen würdest. Diese winzigen Schlusspunkte, wohin man blickt.

Ghost Lover ergab sich ganz natürlich daraus, eine aus Schmerz geborene Idee, so natürlich, wie Motten vom Licht angezogen werden. Du kündigtest deinen Job als zweite Assistentin einer B-Prominenten, einen Job, den du dir nur besorgt hattest, um einen Grund zu haben, in L. A. und damit bei ihm zu sein. Du fingst an, die Tage zu verschlafen, die eisgekühlten Drinks in strahlendem Sonnenschein und die Volleyball spielenden Blondinen im Badeanzug. Du gingst nur noch abends aus dem Haus. Hocktest im Chez Jay’s, das ihm gehört hatte, ehe du es dir unter den Nagel gerissen hast. Es war ein schmieriger Luxus, an einem Ort zu sein, an dem du nicht sein solltest. Ein unheimliches Auf-der-Lauer-Liegen. Du lauschtest. Hauptsächlich Mädels mit Textnachrichten. Was sie auf diese oder jene zurückschreiben sollten. Sie hatten keine Ahnung, waren jung und belanglos, doch du fühltest mit ihnen, oder vielmehr mit dem Schmerz in ihnen, oder nein: Dein Schmerz fühlte eine Verwandtschaft mit ihrem Schmerz, und damals warst du unzertrennlich von deinem Schmerz. Er war das einzig Reale.

Eines Abends bist du dort einem alten Freund in die Arme gelaufen, der in Long Beach einen verkürzten MBA machte und seine Freundin an beinahe jedem Wochenende betrog. Ihr seid auf einen Drink ins Father’s Office weitergezogen. Der süßliche Burger dort schmeckte rosa und falsch. Du spürtest, dass der Freund bloß eine Übernachtungsmöglichkeit in L. A. suchte. Aber wie viele Nebenfiguren war er nützlich. Wie nützlich, wurde dir erst später klar. Er meinte, das Einzige, was man wirklich an der Business School lerne, sei Identifiziere ein Problem auf dem Markt und Finde eine Lösung.

An dem Abend nahmst du an der Bar und später zu Hause über 2500 Kalorien zu dir. Du schlucktest eine Ambien und schriebst einen Businessplan, bis die Worte auf dem Bildschirm zerliefen. Am nächsten Wochenende schliefst du mit dem Freund von der Business School. Er fühlte sich in dir an wie ein weiches Stück Eisen, schlicht und schroff. Der stumme Schmerz von schnörkellosem Rein-raus-Sex. Du kamst nicht. Er ejakulierte in deinen Bauchnabel. Diese fettige Lache.

Einige Wochen später verfasstest du mithilfe dieses Freundes die Bewerbung. Ein System zur Weiterleitung von Textnachrichten, sodass eine Expertin demjenigen zurückschrieb (oder auch nicht), in den die Kundin verknallt war. Die Kundin würde je nach Bedarf informiert werden, ansonsten aber selige Ahnungslosigkeit genießen. Eine Möglichkeit vor allem für Frauen, die coolste Version ihrer selbst darzustellen, immun gegen ihr eigenes Verlangen.

Anfangs warst du die einzige Expertin. Du, die sich überlegte, wie Nick selbst auf eine Nachricht antworten würde. Wie die schönen jungen Frauen, mit denen er neuerdings zusammen war, auf Nachrichten murrender Männer reagieren würden. Dein Team wuchs rasch. Du stelltest dünne, umwerfende Mädchen ein. Für dich arbeiteten nur Frauen, von denen du dachtest, dass Nick sie begehren würde. Einer der Gründe war das wütende Pochen, das es in deinem Becken hervorrief. Ein anderer war, dass du ihn damit nie mehr in dein Leben zurücklassen konntest. Das käme gar nicht infrage – zu viele Körper, auf die du hättest eifersüchtig sein müssen. Dieses ganze supertolle Haar, diese Surferinnenschenkel.

Lisa Taddeo

Über Lisa Taddeo

Biografie

Lisa Taddeo sorgte mit ihrem ersten Buch Three Women weltweit für Furore. Es stieg mit Erscheinen auf Platz 1 der Bestsellerlisten der New York Times und Sunday Times ein, und auch in Deutschland führte es die SPIEGEL-Bestsellerliste an. Lisa Taddeo schreibt außerdem popkulturelle Features für The...

Pressestimmen
Die Presse am Sonntag

„Wenn Lisa Taddeo schreibt, hinterlässt sie nicht nur aus Buchstaben zusammengesetzte Wörter. Sie hinterlässt eine Stimmung, eine Botschaft, ein Gefühl. Und all das hallt lang nach.“

Buchkultur

„Wer willens ist, den zeitgeistigen Insta-Lifestyle zu hinterfragen und gut gemachtes Kopfkino zu schätzen weiß, der sollte zu ›Ghost Lover‹ greifen.“

rbb radioeins „Die Literaturagenten“

„Es ist unterhaltsam. Lisa Taddeo wird immer dieser Sog nachgesagt, den Sie bildet. Das macht Sie tatsächlich sehr gut. Das ist wie ein Becher Eis. (…) Dieses Buch kann man tastsächlich weglöffeln und dann mit anderen Leuten darüber diskutieren.“

Gala Schweiz

„Anziehend, verstörend, wahr.“

Zeit online

„Genial von Anne-Kristin Mittag übersetzten, in Herz und Fleisch schneidenden Sprache, gewaltvoll und gnadenlos, als mitleidslose Vermessung einer Welt, die man keinesfalls bewohnen will und die doch die unsere ist.“

www.zuckerkick.com

„Es ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und gleichzeitig irre viel Spaß macht. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der an tiefgründigen Geschichten und einer ehrlichen Darstellung menschlicher Beziehungen interessiert ist.“

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