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Vorleben

Vorleben - eBook-Ausgabe

Roman
16,99 €
03.02.2020
224 Seiten
978-3-492-99640-2

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Piper Verlag GmbH
Georgenstraße 4
80799 München

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Beschreibung

Von der verführerischen Macht des Zweifelns

Für Sophia, journalistischer Nachwuchsstar auf dem absteigenden Ast, eröffnet sich die große Chance: Sie soll für das Staatliche Symphonieorchester München das Programmheft konzipieren und die Musiker bei ihren Proben und Konzertreisen begleiten. Als aus der Affäre mit dem gefeierten Cellisten Daniel eine Liebesbeziehung wird und sie in seine Wohnung im Glockenbachviertel zieht, braucht sie ein neues Projekt. Sie beginnt, einen Roman zu schreiben, und stößt auf beunruhigende Informationen aus Daniels Vergangenheit. Wenn sie ihrem Verdacht folgt,…

Von der verführerischen Macht des Zweifelns

Für Sophia, journalistischer Nachwuchsstar auf dem absteigenden Ast, eröffnet sich die große Chance: Sie soll für das Staatliche Symphonieorchester München das Programmheft konzipieren und die Musiker bei ihren Proben und Konzertreisen begleiten. Als aus der Affäre mit dem gefeierten Cellisten Daniel eine Liebesbeziehung wird und sie in seine Wohnung im Glockenbachviertel zieht, braucht sie ein neues Projekt. Sie beginnt, einen Roman zu schreiben, und stößt auf beunruhigende Informationen aus Daniels Vergangenheit. Wenn sie ihrem Verdacht folgt, gefährdet sie ihre Beziehung. Wie wahrhaftig muss Liebe sein?

„Georg M. Oswald ist eine Ausnahmeerscheinung in der gegenwärtigen deutschen Literaturlandschaft.“ DIE ZEIT

Über Georg M. Oswald

Georg M. Oswald

Biografie

Georg M. Oswald, geboren 1963, arbeitet als Schriftsteller und Jurist in München. Seine Romane und Erzählungen zeigen ihn als gesellschaftskritischen Schriftsteller, sein erfolgreichster Roman „Alles was zählt“, ist mit dem International Prize ausgezeichnet und in zehn Sprachen übersetzt worden....

Mehr über Georg M. Oswald

Aus „Vorleben“

1.

Warum schöpft man Verdacht gegen jemanden, den man liebt? Und ab wann? Und wenn man es tut, warum folgt man diesem Verdacht? Fragen wie diese stellten sich Sophia Winter seit einigen Tagen. Seit der Mann, den sie in Gedanken ihren Mann nannte, verreist war. Sie nannte ihn so, obwohl sie nicht verheiratet waren und obwohl sie nicht wusste, ob sie es jemals sein würden. Es war nicht ausgeschlossen, dass es einmal so käme, aber sie hatten noch nicht darüber gesprochen.

„Das liegt doch in der Luft“, hatte ihre Freundin Lea neulich am Telefon gesagt. Sophia hatte es [...]

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Georg M. Oswald
Vorleben.
Georg M. Oswald über seinen Roman „Vorleben“

„Wer bin ich?“ ist eine der grundlegenden Fragen, die uns immer wieder beschäftigen. Gewöhnlich beantworten wir sie, indem wir Geschichten erzählen. Uns und den anderen. Doch diese Geschichten, wir wissen es genau, entsprechen nicht immer ganz der Wahrheit. Ich wollte ein Buch schreiben, in dem es um diese Fragen geht: „Wer bin ich?“ Und um die sich daran anschließende: „Wer bist du?“

Stellen Sie sich vor, der Geliebte, mit dem Sie, eine Frau Ende Dreißig, erst seit einem halben Jahr in dessen Wohnung zusammen leben, verreist für eine Woche beruflich. Sie bleiben zuhause, und stoßen auf ein Jahrzehnte altes Foto, das ihn als jungen Mann zeigt. Neben ihm eine andere Frau. Kein Problem, denken Sie? Sie mögen Recht haben. Nur, was tun Sie, wenn Sie das Gesicht dieser Frau wiedererkennen. Sie haben es schon einmal gesehen, da sind Sie sich sicher, und zwar in einem ziemlich schrecklichen Zusammenhang. Und nun fragen Sie sich doch mit einer gewissen Unruhe, was es damit auf sich hat.
Für mich verkörpern die beiden Hauptfiguren des Romans die eingangs gestellten Fragen. Sophia steht für „Wer bin ich?“ und Daniel für „Wer bist du?“
Sophia ist eine Journalistin, die nach verheißungsvollem Beginn etwas vom Weg abgekommen ist. Es handelt sich dabei gar nicht so sehr um eine berufliche Krise, auch, wenn es vielleicht auf den ersten Blick so aussieht. Sie spürt, dass sie aus einer Rolle gewachsen ist, die sie einmal besser ausgefüllt hat, und sie weiß nicht, ob es eine neue Rolle für sie gibt, oder ob es überhaupt erstrebenswert ist, eine „Rolle“ durch eine andere zu ersetzen. Das Schreiben, soviel ahnt sie, könnte ihr helfen, der Wahrheit näher zu kommen. Doch hat sie überhaupt genügend Talent dazu?
Sie begegnet Daniel, als sie den Auftrag bekommt, über ein Symphonieorchester in München zu schreiben, dem er angehört.

Daniel erscheint ihr als perfektes Gegenbild zu sich selbst: Gefeierter Cellist in einem weltbekannten Orchester. Sein Talent ist über jeden Zweifel erhaben, seine Karriere hat ihn scheinbar zwangsläufig dorthin geführt, wo er jetzt ist.
Sehr schnell wird aus der Begegnung der beiden eine Liebesgeschichte. Sophia kann es gar nicht schnell genug gehen, sich aus ihrem bisherigen Leben zu verabschieden. Sie zieht zu Daniel, der sie ermutigt, das zu tun, was sie ohnehin schon tut: zu schreiben. Nun aber einen Roman.

Aber ist es wirklich die Beziehung zweier Künstler, die die beiden führen?
Sophia ist voller Zweifel. Vielleicht habe ich sie deshalb zur Schriftstellerin gemacht. Die Zweifel, die das Schreiben mit sich bringt, sind mir bestens vertraut. Sie zu lösen, ist eigentlich im Kern, das, worum es beim Schreiben geht.Bei Daniel hingegen ist es umgekehrt. Seine ganze Kunst handelt davon Zweifel, Unsicherheiten ganz und gar zu beherrschen.
Ich hatte einmal einen ähnlichen Job wie Sophia im Roman und durfte einem Symphonieorchester hinter den Kulissen bei der Arbeit zusehen und mit ihm reisen. Diese Erfahrung hat meinen Zugang zur „klassischen“ oder besser E-Musik sehr verändert. Wenn ich orchestrale Musik höre, achte ich nun mehr auf das, was die einzelnen Musiker dazu beitragen, auf den menschlichen Anteil daran. Zu dieser Zeit entstand auch die erste Idee für die Figur, die später zu Daniel wurde. Während der Arbeit am Roman habe ich gerne die Suiten für Violoncello von Bach gehört, gespielt von Pablo Casals. Es sind alte Schallplattenaufnahmen, ich habe sie mir im „Optimal“ gekauft, dem Platten- und Buchladen in der Kolosseumstraße, in dem auch Sophia eine folgenschwere Entdeckung macht.

Aber zurück zum Orchester, ich war zutiefst beeindruckt von der Perfektion mit der dort gearbeitet wird. Das beginnt mit der unglaublichen Logistik und Organisation, und gipfelt im Zusammenspiel dieses „Klangkörpers“ (so der etwas eigenartige Fachbegriff) mit dem Dirigenten. Nur die talentiertesten, besten Musiker werden aufgenommen, aber Talent ist bei weitem nicht alles, was es dazu braucht. Wer je gesehen hat, mit welchem Fleiß, welcher Akribie jeder einzelne von ihnen, und schließlich das ganze Orchester, probt, und immer wieder probt, weiß, was ich meine. Sophia erscheint es, als wäre es dieser Apparat, der die Zweifel bändigt. Wenn das Orchester auftritt, ist immer schon gesetzt, dass nun große Kunst geboten wird. Ihr eigenes Talent erscheint ihr fragwürdig. Alles, was ihr bleibt, ist, es Satz für Satz zu beweisen.
Sophia begibt sich auf die Suche nach der Geschichte hinter dem Foto. Sie führt zurück ins Münchener Nachtleben der Achtzigerjahre im Glockenbachviertel. Einen Ausschnitt von dem, was ich dabei vor Augen hatte, kann man in dem Video „Living On My Own“ von Freddie Mercury sehen, das damals dort gedreht wurde. Aber auch heute vergessene Bands wie zum Beispiel Psychic TV haben ihren Auftritt. Sophia blickt bei ihren Recherchen allerdings in Abgründe, in die sie lieber nie geschaut hätte.
Wie sie das tut, und was sie dabei entdeckt, will ich hier nicht verraten, nur soviel: Indem sie darüber schreibt wird sie zur Autorin der wahren Geschichte Daniels. Findend und erfindend bringt sie eine Wahrheit ans Licht, an die sie niemals gerührt hätte, hätte sie die Wahl gehabt.