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Spinnenzeit (Elemental Assassin 10)

Spinnenzeit (Elemental Assassin 10)

Jennifer Estep
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Elemental Assassin 10

„Ein absolutes Highlight.“ - angeltearz-liest.de

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Spinnenzeit (Elemental Assassin 10) — Inhalt

Was bewegt wohl eine junge Frau, ihre magischen Talente zu nutzen, um zur gefürchteten Killerin zu werden? Wenn Sie sich das auch schon gefragt haben, haben Sie wahrscheinlich die ersten neun Bände der „Elemental Assassin“-Reihe gelesen – und erhalten nun endlich Antworten. „Spinnenzeit. Elemental Assassin 10“ bringt Licht in die mysteriöse Vergangenheit der „Spinne“ Gin Blanco und erläutert die tragischen Umstände, die aus Gin eine begnadete Auftragsmörderin machten. Für alle Estep-Fans ein Muss, und zugleich der perfekte Einstieg für Neuleser.

€ 11,99 [D], € 11,99 [A]
Erschienen am 01.08.2018
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
416 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99088-2
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Leseprobe zu „Spinnenzeit (Elemental Assassin 10)“

Der Tag, an dem das Paket kam, begann wie jeder andere auch.

Ich öffnete pünktlich das Pork Pit, das Barbecue-Restaurant, das ich in der Innenstadt von Ashland führte, schaltete die Geräte an, band mir die blaue Arbeitsschürze um und drehte das Schild an der Tür auf Geöffnet. Anschließend verbrachte ich meine Zeit damit, Burger, gebackene Bohnen und die dicken, leckeren Rindfleisch- und Schweinefleisch-Sandwiches zuzubereiten, für die mein Laden berühmt war. Ich unterhielt mich mit den Bedienungen, wischte Tische ab und sorgte dafür, dass meine Gäste [...]

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Der Tag, an dem das Paket kam, begann wie jeder andere auch.

Ich öffnete pünktlich das Pork Pit, das Barbecue-Restaurant, das ich in der Innenstadt von Ashland führte, schaltete die Geräte an, band mir die blaue Arbeitsschürze um und drehte das Schild an der Tür auf Geöffnet. Anschließend verbrachte ich meine Zeit damit, Burger, gebackene Bohnen und die dicken, leckeren Rindfleisch- und Schweinefleisch-Sandwiches zuzubereiten, für die mein Laden berühmt war. Ich unterhielt mich mit den Bedienungen, wischte Tische ab und sorgte dafür, dass meine Gäste ihre fettigen Mahlzeiten genossen.

Doch die ganze Zeit über wartete ich darauf, dass jemand versuchte, mich umzubringen.

Nicht zum ersten Mal am heutigen Tag ließ ich meinen Blick durch den vorderen Teil des Restaurants gleiten, in dem verschiedene Tische und Stühle standen, flankiert von blauen und pinkfarbenen Sitznischen. Farblich dazu passende, aber bereits verblasste Schweineklauen-Spuren auf dem Boden führten zu den beiden Toilettenräumen. An der hinteren Wand zog sich ein langer Tresen mit gepolsterten Hockern davor entlang und trennte den Kochbereich vom Gastraum.

Da es inzwischen nach sechs Uhr war, war der Laden gerammelt voll, jeder Platz war belegt. Die Bedienungen eilten hin und her, nahmen Bestellungen auf, brachten das Essen und füllten Gläser auf. Das Klirren von Geschirr erfüllte das Restaurant, begleitet vom Kratzen von Gabeln, Messern und Löffeln auf Tellern und in Schüsseln. Das Geräusch von mehr als einem Dutzend verschiedener Gespräche waberte durch den Raum, während mir der köstliche Duft von Kümmel, schwarzem Pfeffer und anderen Gewürzen in die Nase stieg.

Alles war, wie es sein sollte, trotzdem musterte ich jeden Gast genau. Ein paar der Anwesenden schluckten und wandten eilig den Blick ab, wenn sie bemerkten, dass ich sie beobachtete, weil sie es nicht wagten, mir in die Augen zu blicken. Doch die meisten Leute waren so auf ihr Essen und ihre Gesprächspartner konzentriert, dass sie mich kaum beachteten. Sie waren einfach hier, um die Südstaaten-Köstlichkeiten zu genießen, die in meinem Restaurant serviert wurden – nicht um mich zu ermorden oder um einen Blick auf die Spinne, Ashlands berüchtigtster Profikillerin, zu erhaschen.

„Gin?“ Eine tiefe Männerstimme unterbrach meine Gedanken.

Ich sah zu dem Mann, der auf dem Hocker vor der altmodischen Registrierkasse saß. Trotz seiner leicht schiefstehenden Nase und einer Narbe, die quer über sein Kinn verlief, war er sehr attraktiv; mit intensiven, blauen Augen, die fast violett wirkten, und tiefschwarzem Haar, das an manchen Stellen bläulich schimmerte. Sein marineblauer Geschäftsanzug und das weiße Hemd darunter betonten seine breite Brust und die Schultern und ich war nicht die einzige Frau im Restaurant, die ihm bewundernde Blicke zuwarf.

„Ist alles okay?“, fragte Owen Grayson, der Mann, den ich liebte.

Mein Blick wanderte noch einmal von rechts nach links durchs Restaurant, bevor ich antwortete. „Anscheinend schon. Für den Moment.“

Owen nickte und wandte sich wieder seinem Essen zu, während ich mir einen Lappen schnappte und anfing, den Tresen abzuwischen.

Tatsächlich war am heutigen Tag alles in normalen Bahnen verlaufen, mit der Ausnahme, dass niemand versucht hatte, mich zu ermorden – bis jetzt zumindest.

Fast überzeugt, dass ich zur Abwechslung einmal tatsächlich unbeschadet durch den Arbeitstag kommen würde, erlaubte ich mir, mich ein wenig zu entspannen – zumindest bis die Glocke über der Tür bimmelte. Ich sah zum Eingang, in der Erwartung, einen neuen Gast zu sehen … jemanden, der sich auf ein saftiges Stück Fleisch vom Grill freute.

Nur dass kein Gast das Restaurant betrat, sondern ein großer, dünner Mann in der schwarzen Uniform eines Lieferdienstes.

Der Kerl sah sich einen Moment um, bevor er mich anvisierte und auf mich zukam. Ich spannte meine Muskeln an, den Blick auf den weißen Karton in seinen Händen gerichtet. Gleichzeitig ließ ich meine Hand unter den Tresen sinken. Eine Sekunde später ließ ich ungesehen ein Messer in meine Finger gleiten – eine der fünf Klingen, die ich immer am Körper trug. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand, der sich als Paketbote verkleidet hatte, versuchte, auf diese Weise an mich heranzukommen. Der letzte Kerl lag immer noch in der Kühltruhe und wartete darauf, dass sich Sophia Deveraux um ihn kümmerte, meine Chefköchin im Pork Pit, die gleichzeitig auch als meine persönliche Leichen-Entsorgerin arbeitete.

Doch zu meiner Überraschung kam der Kerl einfach zur Registrierkasse marschiert, als wäre das eine ganz normale Lieferung.

„Ich habe hier ein Paket für Gin Blanco“, sagte er gelangweilt. „Sind Sie das?“

„Ja.“

„Unterschreiben Sie da.“

Er streckte mir einen elektronischen Scanner entgegen. Ich schob mein Messer in den Spalt unter der Registrierkasse, wo er es nicht sehen konnte, und nahm ihm das Gerät ab. Der Kerl wartete, bis ich mit dem angehängten Plastikstift etwas aufs Display gekritzelt hatte, was grob an meine Unterschrift erinnerte. Kaum war ich fertig, entriss er mir den Scanner wieder und drückte mir stattdessen die weiße Kiste in die Hand. Dann nickte er mir zu.

„Ich wünsche noch einen schönen Tag.“

Er wollte gehen, doch ich ergriff seinen Oberarm. Der Lieferbote hielt an, sah über die Schulter zurück und runzelte die Stirn, als hätte ich durch die Berührung eine Art geheimen Paketboten-Kodex gebrochen. Vielleicht stimmte das sogar.

„Ja?“, fragte er. „Brauchen Sie noch etwas?“

Vorsichtig stellte ich das Paket auf dem Tresen ab. Glücklicherweise war der Platz neben Owen frei, also konnte ich es ein paar Zentimeter von uns wegschieben.

„Was ist in dem Karton?“, fragte ich.

Der Kerl zuckte mit den Achseln. „Das weiß ich nicht, Lady, und es interessiert mich auch nicht. Ich liefere nur aus. Ich schaue nicht rein.“

Er wollte sich von mir losmachen, aber ich umklammerte seinen Arm fester.

„Sie sollten mir wirklich sagen, was da drin ist.“

Er verdrehte die Augen. „Und warum sollte ich das tun?“

„Damit ich mir sicher sein kann, dass sich nichts … Fieses darin befindet.“

Der Kerl wirkte vollkommen verwirrt. „Fieses? Wieso glauben Sie, dass sich in dem Paket etwas Fieses befindet?“

„Oh, ich weiß nicht“, sagte ich gedehnt. „Wieso schauen Sie nicht einfach noch mal nach, was auf dem Lieferschein steht?“

Er warf einen Blick auf seinen Scanner und drückte einen Knopf. „Hier steht Lieferung an Gin Blanco, im Pork Pit-Restaurant in der Innenstadt. Und? Soll mir das irgendwas sagen?“

Verständnis flackerte in seinen Augen auf, als er endlich meinen Namen erkannte und ihm dämmerte, wer ich wirklich war. Gin Blanco. Restaurantbesitzerin. Und, noch wichtiger, die Profikillerin, die unter dem Namen „die Spinne“ bekannt war. Er schluckte so schwer, sodass sein Adamsapfel sichtbar hüpfte.

„Hören Sie, ich will keinen Ärger, Lady. Ich bin nur Paketbote. Ich weiß nicht, was sich in diesem Karton befindet, und der Scanner verrät mir auch nichts. Das schwöre ich.“

Ich hielt weiter seinen Arm fest und sah ihm tief in die Augen, konnte darin allerdings nichts anderes erkennen als den dringenden Wunsch, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Kluger Mann. Trotzdem ließ ich ihn noch ein paar Sekunden schwitzen, bevor ich ihn losließ.

„Okay“, sagte ich. „Dann können Sie jetzt gehen.“

Der Kerl wirbelte herum und wollte gerade den ersten Schritt machen, als ich ihn noch mal rief.

„Moment. Eine Sache noch.“

Er erstarrte und schwankte leicht und ich konnte förmlich sehen, wie sich die Räder in seinem Kopf drehten, als er überlegte, ob er einfach zur Tür rennen sollte. Doch dann wurde ihm wohl klar, dass er keine Chance gegen mich hatte, da er sich umdrehte und mich wieder ansah.

Ich winkte ihn mit einem Finger heran.

Wieder schluckte er schwer, bevor er sich näher an den Tresen schob, wobei er darauf achtete, sich außerhalb meiner Reichweite aufzuhalten.

Inzwischen hatten meine Worte und mein Verhalten die Aufmerksamkeit einiger Gäste erregt, die mich aus großen Augen anstarrten, als würde ich jeden Moment ein Messer ziehen und den Paketboten vor ihren Augen aufschlitzen. O bitte. Ich ging in solchen Dingen gern diskreter vor, wenn auch lediglich, um den schönen Schein zu wahren.

Ich musterte den Boten noch ein paar Sekunden lang intensiv, bevor ich hinter die Registrierkasse griff und etwas herauszog. Er schluckte ein drittes Mal schwer und ich sah, dass ihm trotz der Klimaanlage im Restaurant der Schweiß auf die Stirn getreten war. Als er erkannte, was ich in der Hand hielt, erstarrte er.

Ich streckte den Arm aus und schob ihm einen Hundert-Dollar-Schein in die Westentasche des Overalls. „Ich wünsche einen schönen Tag“, sagte ich freundlich.

Der Kerl starrte mich mit offenem Mund an, als könnte er nicht glauben, dass ich ihn einfach so laufen ließ. Doch dann fing er sich wieder. Er nickte hektisch und lief rückwärts durch den Raum auf den Ausgang zu, ohne mich aus den Augen zu lassen.

„Kommen Sie mal wieder“, rief ich ihm hinterher. „Wenn Sie Zeit haben, sich hinzusetzen und etwas zu essen. Das Essen hier ist fantastisch, nur für den Fall, dass Sie es noch nicht gehört haben.“

Der Paketbote antwortete nicht, sondern starrte mich unverwandt an, bis sein Hintern gegen den Türknauf knallte. Dann schnappte er nach Luft, riss die Tür auf und verließ das Restaurant so schnell, wie es eben möglich war, ohne dabei zu rennen.

Owen zog eine Augenbraue hoch. „Ich glaube, du hast dem Kerl fast einen Herzinfarkt verpasst.“

Ich grinste. „Geschieht ihm recht, wenn er mir nicht sagen konnte, was in dem Paket ist.“

Owens Blick glitt zu dem weißen Karton auf dem Tresen. „Willst du es aufmachen?“

„Später“, murmelte ich. „Wenn wir allein sind. Falls sich darin etwas Fieses versteckt, wäre es Quatsch, es allen zu zeigen.“

„Und wenn es nichts Fieses ist?“

Ich schnaubte. „Dann wäre ich sehr überrascht. Allerdings rechne ich eher nicht damit.“

 

Owen aß seinen Cheeseburger mit Zwiebelringen auf und orderte ein Stück Kirschkuchen mit Vanilleeis zum Dessert, während ich die nächste Stunde in Arbeit versank. Ich schnitt Kartoffeln für die letzte Runde Pommes, kontrollierte den Topf mit Fletchers Barbecue-Soße, den ich auf den Herd gestellt hatte, füllte Gläser wieder auf und tippte Bestellungen in die Kasse.

Außerdem brachte ich das Paket nach hinten und legte es in einen der Kühlräume. Ich wusste nicht, welche Überraschung sich in dem Karton versteckte, aber ich wollte auf keinen Fall, dass meine Angestellten oder Gäste durch das verletzt wurden, was sich vielleicht darin verbarg.

Schließlich zahlten die letzten Gäste und verließen das Restaurant. Es war kurz nach sieben Uhr. Ich beschloss, den Laden heute mal früher zu schließen, schickte Sophia und die Bedienungen nach Hause, schaltete alle Geräte aus und drehte das Schild an der Tür auf Geschlossen, bevor ich die Eingangstür verriegelte.

Jetzt musste ich nur noch das Paket öffnen.

Vorsichtig trug ich es aus dem Kühlraum in den vorderen Teil des Restaurants, wo ich es an derselben Stelle auf den Tresen legte, wo es vorhin schon gestanden hatte. Ich zwang Owen, aufzustehen und sich ans andere Ende des Raums zu stellen, außer Reichweite jeglichen elementaren Feuers oder anderer Magie, die vielleicht gleich explodieren würde. Dann musterte ich den Karton.

Obenauf klebte ein Versandauftrag mit meinem Namen und der Adresse des Pork Pit. Doch auf dem Zettel stand nichts, was darauf hinwies, wer das Paket geschickt hatte. Die Absenderzeile hatte niemand ausgefüllt, was mich nur noch misstrauischer machte.

Auch das Paket selbst lieferte keine Hinweise. Es war einfach ein stabiler, weißer Karton, rechteckig und ungefähr fünfundzwanzig Zentimeter lang. Auf der Oberfläche prangten keine Verzierungen, keine Runen oder anderen Symbole. Es gab nicht mal einen Herstellerstempel, der verriet, wer den Karton produziert hatte. Ich zögerte kurz, dann schob ich mein Ohr an das Paket heran und lauschte, für den Fall, dass jemand eine Bombe mit einer altmodischen tick-tick-tickenden Uhr darin verschickt hatte. Mir waren in meinem Beruf schon ziemlich viele seltsame Dinge untergekommen.

Doch ich hörte keinerlei Geräusche aus dem Inneren. Ich roch auch nichts und spürte keine elementare Magie davon ausgehen.

„Irgendwas?“, fragte Owen von seinem Platz neben dem Eingang.

Ich schüttelte den Kopf. „Bisher nichts.“

Der Deckel war mit Klebeband zugeklebt, also zückte ich eines meiner Messer und durchschnitt das Band, wobei ich sorgfältig darauf achtete, das Paket nicht mehr zu bewegen als unbedingt nötig. Dann wartete ich und zählte die Sekunden.

Zehn …

Zwanzig …

Dreißig …

Fünfundvierzig …

Sechzig …

Nach zwei Minuten war ich mir ziemlich sicher, dass nichts passieren würde, bis ich den Karton wirklich öffnete.

„Wird schon schiefgehen“, rief ich in Owens Richtung.

Noch während ich langsam nach dem Deckel des Kartons griff, rief ich meine Steinmagie und setzte sie ein, um meine Haut, meinen Kopf, mein Haar, die Augen und jeden anderen Teil von mir zu verhärten, der vielleicht von einer Explosion getroffen werden könnte, sollte sich eine Bombe oder eine Runen-Falle darin befinden. Eine Sonne hätte bedeutet, dass elementares Feuer mich umhüllte; ein Sägen-Symbol hätte scharfe, dolchartige Nadeln aus Eis auf mich abgeschossen; vielleicht war im Paket sogar irgendeine Art von Luftelementar-Wolken-Symbol versteckt, das jeglichen Sauerstoff aus der Luft saugen und mich damit ersticken konnte.

Doch nichts von alledem geschah. Ich sah nur die dicke Schicht aus weißem Seidenpapier, in die der Inhalt eingewickelt war.

Also atmete ich tief durch und schob vorsichtig das Papier zur Seite, immer noch von meiner Steinmagie gegen potenzielle Gefährdungen geschützt. Doch zu meiner Überraschung enthielt der Karton etwas vollkommen Harmloses: Blumen.

Rosen, um genau zu sein. Schwarze Rosen.

Ich gab meine Magie frei, sodass meine Haut wieder normal wurde. Dann runzelte ich die Stirn, weil ich einfach nicht verstand, wer mir einen Karton voller schwarzer Rosen schicken sollte. Ich griff nach einer der Blumen, wobei ich sorgfältig auf die scharfen, gebogenen Dornen achtete, die aus dem Stängel ragten, und drehte die Blüte in der Hand, als könnte sie mir verraten, wer das Bouquet geschickt hatte und warum.

Eine gute Idee.

Denn dies war keine normale Rose. Der Stängel war nicht grün, sondern milchigweiß und mit Dornen mit derselben hellen Färbung. Doch hauptsächlich waren es die Blütenblätter, die meine Aufmerksamkeit erregten, weil sie doch nicht schwarz waren, wie ich zunächst gedacht hatte, sondern vielmehr von einem tiefen, dunklen Blau – einer Farbe, die ich in dieser Form bisher nur ein einziges Mal gesehen hatte.

„Die Luft ist rein“, sagte ich.

Owen trat an den Tresen heran und spähte in die Kiste. „Rosen? Jemand hat dir Rosen geschickt?“

„Sieht so aus“, murmelte ich.

Auf dem Strauß lag eine weiße Karte, also griff ich danach. Darauf standen in schwarzer Tinte und geschwungener Handschrift nur zwei Worte: Glücklichen Jahrestag.

Das war’s. Mehr stand nicht auf der Karte und auf dem Papier waren keine anderen Zeichen, Runen oder Symbole zu entdecken.

Ich ließ meine Finger über die Pappe gleiten. Das war nicht das, was ich erwartet hatte. Irgendeine Form von Todesdrohung wäre passender gewesen. Andererseits hatte ich auch nicht geglaubt, heute ein solches Paket zu bekommen. Doch am meisten störte mich, dass mir die beiden Worte keinerlei Hinweis auf den Geisteszustand oder die wahren Absichten des Absenders gaben. Die Karte, die Nachricht, die Rosen – sie konnten alles bedeuten. Sie konnten ein einfacher Gruß sein oder ein Geschenk, das vor Sarkasmus triefte. Hätte ich wetten müssen, hätte ich mein Geld auf den Sarkasmus gesetzt. Oder das Ganze vielleicht als Warnung gedeutet. Vielleicht sogar als Versprechen auf Strafe, Vergeltung, Rache.

„Glücklichen Jahrestag?“, fragte Owen, als er sich vorlehnte, um die Karte in meiner Hand zu lesen. „Jahrestag von was?“

Ich sah zu dem Kalender, der an der Wand neben der Registrierkasse hing. Der 25. August. Vor genau zehn Jahren war es passiert. Jetzt gerade kam es mir angesichts meines rasenden Herzens vor, als wäre es vor zehn Minuten gewesen. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen, doch der widerlich süßliche Duft der Blumen stieg mir in die Nase und füllte meine Kehle aus wie ein vergiftetes Parfüm. Für einen Moment befand ich mich wieder dort, war wieder bei den Rosen, zurück in den Schatten, verletzt und erfüllt von der Frage, wie ich überleben sollte, was als Nächstes kam …

„Gin?“, fragte Owen. „Geht es dir gut? Du siehst aus, als wärst du gerade ganz weit weg.“

„Das bin ich“, sagte ich abwesend, weil ich Dinge sah, von denen er nichts ahnte, Erinnerungen an eine andere Zeit, einen anderen Ort.

Einen anderen Mann.

Owen hob den Arm und legte seine Hand auf meine. „Willst du mir davon erzählen?“, fragte er sanft.

Seine Berührung brach den Bann der Rosen. Ich tauchte aus meinen Erinnerungen auf und starrte ihn an. Owen erwiderte meinen Blick, seine violetten Augen waren warm vor Zuneigung, Mitgefühl und Sorge. Es überraschte mich immer wieder, diese Gefühle in seinem Gesicht zu sehen, besonders, seitdem wir uns vor ein paar Monaten fast getrennt hätten. Doch wir waren wieder zusammen und unsere Beziehung war stärker als je zuvor. Und noch wichtiger, er hatte es verdient, alles darüber zu erfahren. Er hatte es verdient, zu wissen, warum ich war, wie ich war – und wer einen Anteil daran gehabt hatte, mich zu der Person zu machen, die ich heute bin.

Ich bedeutete Owen, sich wieder hinzusetzen, während ich die dunkelblaue Rose zurück zu den anderen in die Kiste legte. Die Karte allerdings behielt ich in der Hand. Wieder und wieder glitt mein Daumen über die Worte. Dann setzte ich mich auf einen Hocker, stemmte die Ellbogen auf den Tresen und sah Owen an.

„Mach es dir gemütlich“, sagte ich. „Weil es eine lange Geschichte ist. Witzigerweise steht am Anfang ein Mädchen – ein dummes, arrogantes Mädchen, das sich eingebildet hat, es könnte nichts falsch machen …“

Jennifer Estep

Über Jennifer Estep

Biografie

Jennifer Estep ist SPIEGEL- und internationale Bestsellerautorin und immer auf der Suche nach ihrer nächsten Fantasy-Romanidee. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und Familie, macht Yoga und liest Fantasy- und Liebesromane. Außerdem sieht sie viel zu viel fern und liebt alles, was...

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„Ein Band, der die Reihe bereichert und gerade für absolute Fans und Neueinsteiger perfekt ist.“

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„Absolut grandios!“

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