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Long Island Witches

Long Island Witches

G. A. Aiken
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Zwei Novellen aus der Welt der Lions

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Long Island Witches — Inhalt

Als Emma Lucchesi im Auftrag ihres Hexenzirkels nach North Carolina fährt, um ein versehentlich geöffnetes Höllentor zu versiegeln, hat sie nicht damit gerechnet, in einer Stadt wie Smithville zu landen – oder einen sexy Cop wie Kyle Treharne zu treffen. Doch irgendetwas ist in Smithville anders. Warum sind alle Menschen, denen Emma dort begegnet, groß und gut aussehend? Und warum lässt Kyle sie nicht mehr aus den Augen, seit sie in Smithville aufgetaucht ist? Als Emma herausfindet, dass Smithville das Zuhause einer Vielzahl von Gestaltwandlern ist, ist sie Kyles Charme längst verfallen ... In zwei Novellen erzählt G. A. Aiken die erotischen Abenteuer des New Yorker Hexenzirkels der Dunkelsten Nacht.

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 02.03.2020
Übersetzt von: Michaela Link
368 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99467-5
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Leseprobe zu „Long Island Witches“

Kapitel 1

„Hier ist überall Blut.“

Kyle Treharne beugte sich über den Beifahrersitz des umgekippten Autos, dessen Fahrerseite so schwer beschädigt war, dass sich eigentlich niemand durch das zerbeulte Metall aus dem Wagen hätte befreien können. Auch nicht die Frau, deren Angst er roch. Angst und Panik … und noch etwas anderes. Etwas, das er nicht ganz benennen konnte.

„Siehst du irgendjemanden?“, fragte sein Boss. Kyle rückte das Headset zurecht, um den Mann besser hören zu können. Die Stimme des Sheriffs war so tief, dass es oft schwer war, genau zu [...]

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Kapitel 1

„Hier ist überall Blut.“

Kyle Treharne beugte sich über den Beifahrersitz des umgekippten Autos, dessen Fahrerseite so schwer beschädigt war, dass sich eigentlich niemand durch das zerbeulte Metall aus dem Wagen hätte befreien können. Auch nicht die Frau, deren Angst er roch. Angst und Panik … und noch etwas anderes. Etwas, das er nicht ganz benennen konnte.

„Siehst du irgendjemanden?“, fragte sein Boss. Kyle rückte das Headset zurecht, um den Mann besser hören zu können. Die Stimme des Sheriffs war so tief, dass es oft schwer war, genau zu verstehen, was er sagte.

„Nein. Ich sehe niemanden. Auch keine Leichen, aber …“ Er schnupperte und senkte den Blick. „Eine Blutspur.“

„Geh ihr nach. Und gib mir Bescheid, wenn du etwas findest. Ich schicke die Sanitäter los.“

„In Ordnung.“ Kyle legte auf und folgte der Blutspur, die direkt zum Strand führte. Er ging schnell, weil er befürchtete, die Frau könnte verbluten, doch gleichzeitig machte er sich auch Sorgen, dass diese menschliche Frau etwas sehen würde, das er niemals würde erklären können.

Kyle lief zwischen den Bäumen hindurch, bis er an den Strand kam. Wie erhofft, lungerten dort weder Leute aus der Stadt noch Besucher der Hotelanlage herum. Der Strand lag an diesem heißen Augusttag glücklicherweise völlig verlassen da. Kyle ging weiter der Blutspur nach, die in einem kleinen Bogen durch den Sand verlief. Sie führte in den Wald zurück, etwa sechs oder sieben Meter von der Stelle entfernt, wo er selbst hineingegangen war.

Er war kaum ein paar Schritte weit gekommen, als ein greller Lichtblitz und der Geruch der verschwundenen Frau ihn trafen, Sekunden bevor sie ihn traf. Er hätte eigentlich schneller sein müssen. Normalerweise wäre er es auch gewesen. Aber ihre Fährte hatte ihn total aus dem Konzept gebracht, und er konnte sich nicht schnell genug berappeln, um der Frau auszuweichen, die jetzt direkt in ihn hineinkrachte.

Sie prallte so heftig gegen ihn, dass sie ihn, wäre er vollkommen menschlich gewesen, vielleicht sogar getötet hätte.

Kyle war aber kein Mensch. Er war anders auf die Welt gekommen, wie fast alle in seiner kleinen Stadt. Sie mochten nicht alle derselben Gattung entstammen, doch sie waren alle von derselben Art.

Trotzdem bedeutete seine nicht ganz menschliche Natur keineswegs, dass er keinen Schmerz spürte. Gerade jetzt, als er flach auf dem Rücken landete und die Frau sich auf ihn setzte, fühlte er jede Menge Schmerz.

Doch er ließ nach, als die Frau sich bewegte und ihr schmaler Körper über seinen streifte. Sie stöhnte und Kyle umfasste sanft ihre Schultern.

„Hey, Schätzchen. Geht es Ihnen gut?“

Sie antwortete nicht. Stattdessen klatschte sie ihm eine Hand aufs Gesicht und drückte seine Nase platt, weil sie sich mit ihrem ganzen Gewicht daraufstützte und hochstemmte.

Durch ihre Finger hindurch konnte er die Verwirrung in ihren Augen sehen, während sie sich umschaute. Blut, das aus einer tiefen Platzwunde auf ihrer Stirn sickerte, verklebte ihr dunkelbraunes Haar und bedeckte einen Teil ihres Gesichtes. Blutunterlaufene, leicht mandelförmige braune Augen schauten sich suchend um. Kyle hatte nicht die leiseste Ahnung, wonach sie suchte. Ihre Oberlippe war ebenfalls aufgeplatzt, und obwohl sie nicht länger blutete, hatte die Stelle angefangen, sich außenrum schwarz und blau zu verfärben.

Verdammt, die Kleine ist süß.

„Ähm …“ Er klopfte ihr auf den Arm. „Könnten Sie die Hand wegnehmen, Schätzchen?“ Er stieß die Frage hervor, als hätte er die schlimmste Erkältung im Universum. „Ich kann nicht richtig atmen.“

Sie sah ihn nicht einmal an, sondern starrte stattdessen in den Wald. „Verdammt. Es ist weg.“ Die Frau übte noch mehr Druck auf seine arme Nase aus und stieß sich schließlich von ihm ab. „Verdammt. Verdammt. Verdammt.“ Sie stolperte in Richtung Wald und Kyle rappelte sich schnell hoch.

„Das ist nicht meine Schuld. Wirklich nicht“, platzte die Frau heraus.

Armes Ding, vollkommen im Delirium wegen des starken Blutverlusts. Sie brabbelt vor sich hin wie eine Irre, dachte Kyle.

Dann blieb sie stehen. Abrupt. Beinahe so, als sei sie gegen eine Wand gelaufen. „Verdammt“, wiederholte sie.

Da er wusste, dass er sie ins Krankenhaus schaffen musste, bevor sie ihm wegstarb, legte Kyle ihr eine Hand auf die Schulter und drehte sie sanft zu sich um. „Es ist alles gut, Liebes. Ich bringe Sie von hier weg, okay?“ Er legte ihr einen Arm auf den Rücken, schob ihr den anderen unter die Knie und hob sie hoch.

Hmm. Sie fühlt sich gut an.

Kyle schaute lächelnd auf sie herunter und für einen Moment sah sie ihn vollkommen verwirrt an.

Dann fing die Verrückte an, um sich zu schlagen und zu treten, und versuchte, aus seinen Armen herauszukommen. Obwohl sie über keinerlei Technik verfügte – sie tat kaum mehr, als wild mit den Armen zu rudern –, konnte er nicht glauben, wie stark sie trotz des großen Blutverlustes war. Schnell merkte er jedoch, dass noch jemand ihre Fährte aufgenommen hatte und direkt auf sie zukam.

Kyle packte die kämpfende Frau um die Taille und drückte ihren Rücken mit einen Arm an sich. Ohne auf den Schmerz zu achten, den ihre kleinen Fäuste und Füße ihm zufügten, drehte er sich so, dass sie in die entgegengesetzte Richtung schaute. Mit seiner freien Hand holte er zu einem Haken aus und donnerte seine Faust gegen das Maul des schwarz-orangefarbenen Yankee-Bastards, der wild entschlossen schien, die Frau in seine Tigerpfoten zu bekommen. Tigermännchen brauchten nur einen Hauch von einem Weibchen zu erschnuppern, um sich – so sicher wie das Amen in der Kirche – darauf zu stürzen. Die Tatsache, dass diese Frau vollkommen menschlich und zudem von außerhalb war, schien für einige Idioten keine Rolle zu spielen.

Ein überraschtes Aufjaulen, und die Yankee-Katze flog zurück in den Wald. Kyle verdrehte die Augen. Er liebte seine Stadt, doch die Yankees, die häufig aufkreuzten, konnte er weiß Gott nicht leiden. Alle durch die Bank unhöflich, anmaßend und verdammt nervig.

Kyle ging mit der Frau, die er immer noch festhielt, weiter, bis sie anfing, ihn zu ohrfeigen.

„Hände weg! Hände weg! Lassen Sie mich los!“ Bei all dem Blutverlust schien sie vollkommen klar, wenn auch ziemlich irre zu sein.

Schlimmer noch. Er hätte diesen Akzent überall erkannt. Ein Yankee. Ein verdammter Yankee.

Kyle ließ sie fallen, sodass sie unsanft auf ihren süßen Hintern in den Sand knallte.

Nach einem Moment benommenen Schweigens funkelte sie ihn plötzlich mit ihren großen braunen Augen an … und da wusste Kyle Treharne, dass er im schlimmsten Schlamassel seines Lebens steckte.

 

Nein, nein. Das war kein normal großes menschliches Wesen. Weit gefehlt. Ihr Zirkel hatte sie gewarnt: „Im Süden sind sie ziemlich groß, Süße“, aber sie hätte nicht gedacht, dass sie so groß waren.

Oder so attraktiv. Sie hatte noch nie so schwarzes Haar gesehen. Nicht braun. Schwarz. Aber wenn das Licht auf eine bestimmte Weise darauf fiel, konnte sie noch andere Farben unter dem Schwarz ausmachen. Helle Rot-, Gelb- und Brauntöne. Dann noch seine Augen. Der Blick heller, heller goldener Augen flackerte über ihr Gesicht und nahm jedes Detail auf. Seine Nase, an der Spitze abgerundet. Seine vollen Lippen, die zum Darüberlecken einluden.

„Werden Sie sich jetzt beruhigen, Schätzchen? Oder soll ich Sie noch mal auf ihren hübschen Hintern fallen lassen?“

Emma Lucchesi – Anhängerin der Dunklen Mütter, elementare Macht des Zirkels der Dunkelsten Nacht, Meisterin des neunten Levels des Traumreichs und Steuerberaterin auf Long Island für die Kanzleien Bruce, MacArthur und Markowitz – wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Was sie zu ihm sagen sollte. Vor allem, weil sie nicht aufhören konnte, den Mann anzustarren, der über ihr stand.

Routine. Das hier hätte reine Routine sein sollen. Die simple Suche nach einer Machtquelle, nötig, um sich keine Sorgen um Blutopfer machen zu müssen. Ihre beiden letzten Machtquellen waren schnell versiegt. Schneller als gewöhnlich, daher hatten sie sich außerhalb ihrer Heimatstadt auf die Suche gemacht. Aber sie hatten nicht vorgehabt, dermaßen außerhalb ihrer Heimatstadt danach zu suchen. Und irgendwie hatte der Zirkel eine Tür geöffnet, die sie jetzt in aller Eile wieder hatten schließen müssen. Es führte zu allen möglichen Problemen, wenn man die Tür zwischen den Dimensionen zu lange offen ließ.

Mithilfe einiger Auffindezauber und ein paar wirkungsvoller Runen, die sich im Besitz des Zirkels befanden, hatte Emma die Stelle irgendwo an der Küste der Carolinas entdeckt. Normalerweise machte Emmas Rolle es lediglich erforderlich, den betreffenden Ort zu finden, und irgendjemand anderes aus dem Zirkel löste das Problem.

Genau wie in ihrem Job, mit dem sie sich ihren Lebensunterhalt verdiente, kümmerte Emma sich um die Einzelheiten. Die Details. Die kleinen Dinge. Jemand anders regelte die dramatischeren oder interessanteren Sachen. Und diesmal wäre es nicht anders gewesen, hätte es da nicht ein kleines Problem gegeben …

„North Carolina? Im Süden? Oh. Ähm. Nun, weißt du, ich kann mir wirklich nicht so lange freinehmen.“ Wenn sie London oder Paris oder sogar San Francisco oder Chicago gesagt hätte, hätte es ein Riesengeschrei gegeben, wer fahren dürfte. Selbst Jamie Meacham, ihre Hohepriesterin, hätte sich zumindest mit ihrer Cousine Mackenzie Mathews darum geprügelt.

Aber so blieb es schließlich an Emma hängen, diesen kleinen Ausflug zu machen, weil niemand sonst bereit war, in den Süden zu fahren, um sich um eine so unbedeutende Situation zu kümmern.

Natürlich war Emma sich immer noch nicht ganz im Klaren darüber gewesen, dass sich ihre „unbedeutende Situation“ binnen Sekunden in eine ausgewachsene Katastrophe verwandeln würde. Erst hatte sie sich typischerweise verfahren, außerstande, die Stadt namens Smithville irgendwo in ihrem Navigationsgerät zu finden, obwohl eine riesige Tafel, auf der „Willkommen“ stand, ihr sagte, dass sie am richtigen Ort war. Dann war dieses Etwas wie ein streunender Hund aus dem Nichts aufgetaucht und direkt vor ihren beigefarbenen Mietwagen getreten. Sie hätte rechtzeitig bremsen können, aber anders als ein streunender Hund hatte es sie angegriffen. Mit einem Hechtsprung. Dieses Etwas war in die Motorhaube ihres Autos gekracht und hatte es um sie herum zusammengedrückt. Sie darin eingeklemmt. Und es hätte sie getötet, wenn sie nicht schnell gehandelt hätte. Während das Metall um sie herum unter schrillem Kreischen eingedellt worden war, hatte sie nach ihren Schwestern gerufen. Hatte nach ihnen gerufen, ihre Macht an sich gerissen und sich damit umgeben. Hatte die Macht der Dunklen Mütter durch sich hindurchfließen lassen.

Schließlich war sie außerhalb der zusammengedrückten Überreste ihres Mietwagens erwacht, ohne eine Ahnung davon, wie sie dorthin gelangt war, und lag in einer Lache ihres eigenen Blutes. Doch sie spürte bereits, dass ihre Kräfte zurückkehrten, spürte, wie die schützende Macht ihres Zirkels die offenen Wunden verheilen ließ und den Blutverlust wieder ausglich.

Sie musste allerdings dringend wieder ganz zu Kräften kommen, denn auch wenn die Tür jetzt geschlossen worden war – was Emma in die Arme dieses unzufriedenen Hünen geschleudert hatte –, rannte dieses Etwas, das sie zu töten versucht hatte, immer noch frei herum. Sie musste es erwischen, bevor es jemanden umbrachte. Sie wusste nicht, ob ihr Zirkel es beim Öffnen der Tür entfesselt hatte, aber verdammt, sie konnte dieses Ding nicht hier in der winzig kleinen Südstaatenstadt herumlaufen lassen wie in einem Horrorfilm.

Emma schluckte und stieß mühsam „Ich muss los“ aus ihrer Kehle hervor. Es war das Äußerste, was sie während ihres innerlichen Selbstheilungsprozesses gerade zustande brachte.

„Jep. Das müssen Sie wirklich.“ Er hockte sich vor sie hin, und sie stieß einen stummen Seufzer der Erleichterung aus, als sie endlich den Schriftzug des Sheriff’s Departement von Smithville County auf seinem T-Shirt sah. Zuerst hatte sie nur einen wunderschönen Mann in schwarzen Jeans, schwarzen Stiefeln und einem perfekt sitzenden schwarzen T-Shirt gesehen. Mitten im August ergab Schwarz in ihren Augen zwar keinen Sinn, aber er sah gut aus.

Als er seine große Hand ausstreckte, schreckte sie sofort zurück. Er blinzelte überrascht und sagte: „Keine Sorge, Schätzchen. Niemand wird Ihnen wehtun. Ich muss mir nur Ihren Kopf ansehen. Und dann müssen wir Sie ins Krankenhaus schaffen.“

„Nein“, brachte sie hervor und klang dabei viel energischer, als sie sich fühlte. „Nicht ins Krankenhaus.“

Er grinste, und sie merkte, wie ihre Haut zu kribbeln anfing.

„Ich finde es entzückend, dass Sie denken, Sie hätten da ein Mitspracherecht, Liebes.“

Große, starke Hände, die ihr wahrscheinlich ihren schmalen Hals umdrehen konnten, schoben ihr sanft das Haar aus dem Gesicht. Sie zog die Brauen zusammen, nicht weil er sie berührte, sondern weil er vielleicht bemerken würde, wie schnell die Platzwunde an ihrem Kopf heilte. Erheblich schneller, als sie es eigentlich tun sollte.

Sie schlug nach seiner Hand. „Fassen Sie mich nicht an!“

Als er seufzte, verstand sie nicht recht, warum er dabei so verärgert klang. Wurden Cops nicht dazu ausgebildet, mit schwierigen Opfern klarzukommen? Jamie und Mac waren auf jeden Fall dazu ausgebildet worden. Eine Polizistin und eine Feuerwehrfrau, und die beiden konnten mit den meisten Situationen umgehen, vor denen Emma und der Rest des Zirkels schreiend davongelaufen wären.

„Werden Sie weiter solche Schwierigkeiten machen?“

„Ja“, antwortete sie schlicht.

„Na schön.“ Ohne ein weiteres Wort legte er die Arme um sie und hob sie beim Aufstehen mit in die Höhe.

„Wa…was machen Sie da?“

„Ich bringe Sie zu meinem Wagen, damit ich Sie ins Krankenhaus fahren kann. Ich will nicht weiter auf die Sanitäter warten. Und hören Sie auf zu zappeln.“ Sie hörte nicht auf, aber er zog sie einfach fester an sich. „Was habe ich gerade gesagt?“

Sie funkelte ihn an, außerstande, ein weiteres Wort hervorzubringen.

„Oh, gut. Sie können Anordnungen befolgen.“

Oh, dieser Mistk…

„Und beschimpfen Sie mich nicht in Gedanken.“ Unheimlich helle goldene Augen schauten ihr ins Gesicht. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Augen von dieser Farbe gesehen. „Denn ich weiß, dass Sie das tun.“

Sie verdrehte die Augen und er zog eine rabenschwarze Braue hoch. Nachdem sie sich fast eine Minute lang stumm angestarrt hatten, nickte er und ging weiter, und Emma schmollte.

Schmollte, weil sie einfach zu schwach war, um noch länger zu kämpfen. Aufgrund des Blutverlustes und dessen, was sie bereits getan hatte, um die Tür zu schließen, konnte sie kaum die Augen offen halten. Tatsächlich wäre ein kleines Nickerchen …

„O nein, das tun Sie nicht. Sie müssen wach bleiben, Liebes.“

Seufzend zwang sie sich, die Augen zu öffnen. „Hören Sie auf, mich Liebes oder Schätzchen zu nennen.“

Er kicherte und zog sie fester an seinen wunderbar warmen Körper. „In Ordnung. Ich werde Sie als genau das bezeichnen, was Sie sind …“

Emma war darauf gefasst. Sie wusste genau, wie er sie nennen würde, wenn sie zu Hause wäre. Wie man sie schon früher genannt hatte, wenn sie einen betrunkenen Unbekannten auf der Straße ignoriert hatte oder bei einer Ampel, die rot wurde, nicht schnell genug vom Gaspedal gegangen war. Aber das nächste Wort, das aus seinem Mund kam, bewirkte, dass sie sich in seinen Armen versteifte.

„… Yankee.“

Und was sie am meisten ärgerte, war der Abscheu, der in seinen Worten mitschwang.



Kapitel 2

„Du weißt, dass sie eigentlich tot sein müsste, oder?“

Kyle nickte. „Ja. Ich weiß.“

Dr. Dale Sahara, ein in Harvard ausgebildeter Arzt, dessen Kopf Kyle in eine Toilette gedrückt hatte, als er erfahren hatte, dass dieser Bastard mit seiner kleinen Schwester rumknutschte, zog seine Latexhandschuhe aus. „Und doch scheinen ihre Verletzungen ziemlich schnell zu verheilen.“

„Wie schnell?“

Der große, schwere Mann mit dem Wuschelkopf zuckte die Achseln und warf seine Handschuhe in einen knallroten Mülleimer. „Ihre Stirn musste ich lediglich mit zwei Stichen nähen, und ihre Lippe brauchte nicht einmal ein Pflaster, nachdem ich das viele Blut abgewischt hatte.“

„Wie ist das möglich? Ihr Wagen war voller Blut. Sie auch. Und ihr Auto ist schrottreif.“

„Das hast du schon erwähnt. Ich sage dir nur, was ich nach der Wundreinigung festgestellt habe.“

„Was ist mit inneren Verletzungen?“

In Saharas Kinn zuckte plötzlich ein Muskel, und Kyle wusste, dass er dem selbstgefälligen Bastard eine Frage zu viel gestellt hatte. Gut. Er hatte Dale Sahara schon in der Highschool nicht gemocht und jetzt mochte er ihn mit Sicherheit immer noch nicht.

„Glaubst du, ich hätte das nicht untersucht?“, blaffte Sahara.

Kyle zuckte lässig die Achseln. „Ich überzeuge mich nur davon, dass du gut aufgepasst hast und deinen Job richtig machst, Doc.“

Der Mann ballte die Hand zur Faust, aber er schien trotzdem nicht die Kontrolle zu verlieren. Doch Kyle musste zugeben, dass er es liebte, ihn zu piesacken. Löwen machten es einem immer so leicht.

„Ich weiß nur, dass die Verletzungen der Frau schneller heilen, als es normal zu sein scheint, Deputy.“

„Aber sie ist kein …“

Sahara ließ ihn nicht aussprechen. „Nein. Sie ist vollständig menschlich.“

„Das dachte ich mir.“

„Also wenn du mal keine kluge Straßenkatze bist.“

Kyle kniff die Augen zusammen. „Bring mich nicht dazu, deinen Kopf noch mal in die Toilette zu drücken, Doc.“

„Ich würde gern sehen, wie du es versuchst“, knurrte Sahara, dessen Reißzähne unter seinen Lippen hervorlugten.

Kyle warf seine halb leere Coladose quer durch den Raum in den Mülleimer und ging auf Sahara zu, doch eine der Krankenschwestern trat zwischen sie.

„Ihr beide hört jetzt sofort auf damit. Ihr führt euch auf wie zwei Hunde, die sich um einen Knochen zanken.“ Sie deutete mit dem Kopf auf Kyle. „Du solltest besser nach ihr sehen, Kyle. Dein kleiner Mensch wird schrecklich hibbelig. Zickt ständig rum, dass ihr Handy nicht funktioniert und dass sie wegwill.“

Kyle nickte. Ihr Handy würde hier niemals funktionieren. Die Stadt besaß schließlich Satelliten, um genau dafür zu sorgen. „Ich kümmere mich um sie.“ Er stolzierte um die beiden herum, um zum Zimmer der Frau zurückzugehen, im Vorbeigehen schlug er Sahara jedoch mit der flachen Hand auf den großen Löwenkopf.

Wenn die Krankenschwester den Doc nicht gepackt und sich an ihm festgeklammert hätte, wäre es zu einem hässlichen Kampf gekommen.

 

Emma ging nicht viel nach draußen, das war ihr bewusst. Das gab sie auch offen zu. Wenn sie sich doch einmal aus dem Haus wagte, war sie aber eine wirklich gute Beobachterin. Sie beobachtete und sie studierte und sie fixierte. Allerdings nur, wenn es niemand bemerkte.

Doch in all den Jahren, in denen sie andere beobachtet hatte, hatte Emma noch nie so viele gut aussehende Leute auf einem Fleck gesehen. Die Krankenschwester … umwerfend. Der Arzt … umwerfend und verdammt süß. Und dieser Typ, dieser Deputy … nun, er war mehr als umwerfend, aber er war alles andere als süß.

Allerdings störte es sie, dass er sie immer wieder anstarrte, was unverständlich war, wenn man bedachte, wie zauberhaft die Krankenschwestern waren. Ganz davon abgesehen, dass sie von oben bis unten voller Blut gewesen war, hätte Emma für diese Leute eigentlich genauso unsichtbar sein müssen, wie sie es für alle anderen auf der Welt auch war.

Emma, stets Realistin, war nicht perfekt. Sie war halb Italienerin, halb Chinesin und alle bedachten sie mit demselben Blick, wenn sie ihnen ihren Nachnamen nannte, als erwarteten sie samt und sonders, dass er „Ling“ oder „Chen“ lautete. Aber davon abgesehen war Emma einfach bloß ein nettes Mädchen aus Long Island. Als Steuerberaterin, die auch bei ihren eigenen Steuern nie mogelte, obwohl sie wusste, wie man das meiste rausholte, hatte sie einen schönen, sicheren Job in einem großen Bürogebäude mit vielen Anwälten und Steuerberatern, die nicht einmal ahnten, dass es sie überhaupt gab. Sie verdiente anständig und hatte keine nennenswerten Schulden. Sie fuhr sogar einen sicheren beigefarbenen Toyota und lebte ein sicheres beigefarbenes Leben. Eine ihrer zickigen Cousinen hatte einmal gesagt: „Du könntest Langeweile zu einer olympischen Disziplin machen.“

Nein. Sobald sie es einrichten konnte, musste Emma raus aus dieser Stadt. Sie kriegte hier Komplexe. In einem Land voller schöner Leute wollte niemand ein Mauerblümchen sein. Darum würde man sie auch niemals in Southbeach, Florida, oder in irgendeinem heißen New Yorker Club erwischen. Es gab nichts Schöneres, als von schönen Leuten ignoriert zu werden.

Emma ließ sich vom Bett gleiten und schnappte sich ihre Jeans. Sobald sie aus dem Krankenhaus raus war, würde ihr Handy wahrscheinlich wieder funktionieren. Sie bekam einfach keine Verbindung und niemand wollte ihr ein verdammtes Telefon geben. Sie hatte noch nie in ihrem Leben so viele Male ein Nein zu hören bekommen, und das immer auf die denkbar netteste Weise. Bisher hatte sie noch kein einziges ungehaltenes Wort von irgendjemandem gehört.

Emma schlüpfte mühevoll in ihre Jeans und zog sie unter ihrem viel zu großen Krankenhaushemd hoch. Stirnrunzelnd griff sie nach ihrem T-Shirt, das voller Blut war. Sie hätte es lieber nicht angezogen, doch sie hatte keine Wahl. Also fasste sie das Krankenhaushemd am Ausschnitt und zog es herunter. Sie hatte es schon beinahe über ihren Busen gezogen, als die Worte „Was machen Sie denn da?“ sie innehalten ließen.

Emma hielt sich das Hemd vor die Brust, wirbelte herum und sah den Deputy dastehen, die Arme vor dem Oberkörper verschränkt. Er lehnte an der Tür, die Füße lässig überkreuzt. Emma hatte das beunruhigende Gefühl, dass er schon die ganze Zeit dort gestanden hatte, während sie damit beschäftigt gewesen war, ihre Jeans anzuziehen.

„Würden Sie mir eine Antwort geben?“, fragte er gedehnt, seine Stimme ruhig, seine verrückten hellgoldenen Augen auf ihren Körper gerichtet.

„Nein.“

Leise lachend stellte er sich gerade hin und lockerte seine Arme und Beine. Dann kam er auf sie zu und Emma konnte nicht anders: Sie machte einen Schritt nach hinten und sah sich nach einem anderen Weg aus dem Raum um.

„Na, na, Schätzchen, Sie werden doch jetzt nicht versuchen, mir auszuweichen?“

Wenn Emma daheim in New York gewesen wäre und irgendein hünenhafter Typ ihr genau dieselbe Frage gestellt hätte, hätte sie „Feuer“ geschrien – denn da, wo sie herkam, ließ ein herausgeschrienes „Hilfe“ oder „Vergewaltigung“ kaum jemanden auch nur eine Augenbraue hochziehen –, und sie hätte versucht, ihm die Augen auszukratzen. Aber irgendetwas an diesem Typen … etwas, das sie nicht ganz verstand … ließ sie erstarren. Wie damals, als ein wütender Rottweiler sie hinter der Pizzeria ihres Vaters in die Enge getrieben hatte. Sie hatte damals gewusst, dass er ihr, wenn sie sich rührte, an die Kehle gehen würde.

Erschreckenderweise hatte sie bei diesem Typen das gleiche nervöse Gefühl.

Sein imposanter Körper ragte über ihr auf und er starrte ihr mit seinen hellgoldenen Augen ins Gesicht. „Sie bestehen darauf, Schwierigkeiten zu machen, was?“ Er kam einen weiteren Schritt näher und sie spürte seine Körperwärme, roch seinen Duft … und ups, das war angenehm.

Emma schluckte. „Schwierigkeiten?“

„Ja. Schwierigkeiten.“ Er nahm ihr das T-Shirt aus der Hand und warf es zurück auf den Stuhl, auf den sie es ursprünglich gelegt hatte. „Indem Sie versuchen zu verschwinden, bevor der Doc grünes Licht gibt.“ Seine großen Hände packten mit festem Griff ihr Krankenhaushemd, und Emma hörte plötzlich auf zu atmen, während sie abwartete, was er noch tun würde. Obwohl sie wusste, was sie gern gehabt hätte … doch das kam ihr falsch vor. Sie kannte diesen Mann kaum ein paar Stunden. Sie und ihr letzter Freund waren erst drei Monate nach ihrem ersten Date miteinander ins Bett gegangen. Als sie das bei einem zwanglosen Abendessen ihrem Zirkel gegenüber erwähnt hatte, hatten alle sie nur angestarrt, als spräche sie plötzlich kantonesisch. Aber Emma kannte dieses plötzliche Aufwallen von sexueller Leidenschaft eben nicht – bis jetzt.

Behutsam zog der Deputy ihr das Hemd aus den Fingern und streifte es ihr langsam wieder über die Schultern. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, als er sie umdrehte und sie spürte, wie seine Finger das Hemd wieder zuknoteten. Sie dachte, dass er es dabei bewenden lassen würde, doch dann stieß sie ein leises Quieken aus, als ihr klar wurde, dass er sich hinter sie gehockt und ihre Jeans gepackt hatte.

„Halt!“ Sie hielt seine Hände durch das Hemd hindurch fest. „Was zur Hölle tun Sie da?“

„Ich will Ihnen nur helfen.“

„Ich brauche Ihre Hilfe nicht“, stieß sie mit schriller Stimme hervor, während er sich aus ihrem Griff löste und ihre offene Jeans herunterzog, um dann jeden Fuß einzeln anzuheben und aus dem Hosenbein zu befreien.

„So. Ist das nicht besser?“

Sie drehte sich um und funkelte ihn an, ihr Gesicht hochrot. „Nein!“

Er grinste sie an, und sie hätte beinahe zurückgelächelt. Beinahe.

„Nun“, fuhr er fort, während er immer noch vor ihr hockte, ihrer Pussy gefährlich nah. „Ich will nichts mehr davon hören, dass Sie gehen. Sie bleiben, bis ich und der Doc etwas anderes sagen.“

„Was?“ Panik. Sie wurde von einer tiefen, markerschütternden Panik erfasst. „Sie können mich nicht hier festhalten, wenn ich nicht bleiben will.“

„Oh, und ob wir das können, Liebes. Hab ich recht, Doc?“

Emma riss den Kopf hoch, und tatsächlich, der extrem umwerfende Dr. Sahara stand in der Tür und lächelte sie an. Sie gewann den Eindruck, dass er schon die ganze Zeit da gestanden hatte, während der Deputy mit ihrer Jeans tat, was er wollte. Machten diese Leute denn gar keine Geräusche? War das etwa so ein Südstaaten-Ding? Wie Maisgrütze und Eisbein?

„Also, Miss Emma“, tadelte Dr. Sahara sie mit zuckersüßer Stimme, „wir müssen sichergehen, dass Sie okay sind, bevor wir Sie entlassen.“

„Sie … Sie haben doch gesagt, ich sei okay. Sie haben gesagt …“

„Ich habe gesagt, dass nichts Offensichtliches vorliegt. Aber wir möchten Sie noch zur Beobachtung dabehalten. Wir wollen schließlich nicht, dass Ihnen etwas zustößt, nachdem Sie uns verlassen haben. Nicht wahr, Deputy?“

„Nein. Wir wollen, dass sie gesund und munter ist.“

Emma senkte den Blick und begriff, dass, der Deputy diese Worte genau auf Höhe ihres Schritts gesagt hatte. So etwas war ihr noch nie passiert. Diese Nähe zu zwei Männern voller Testosteron, die sie behandelten, als fänden sie sie heiß. Niemand behandelte sie so, dazu war sie viel zu unscheinbar. Niemand bemerkte Emma. Das war schon immer so gewesen. Und um ehrlich zu sein, sie hatte sich ziemlich daran gewöhnt, und es war ihr lieber so.

Sie drängelte sich an dem Mann zu ihren Füßen vorbei. „Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen, Gentlemen. Aber ich denke wirklich …“

„Das steht nicht zur Debatte, Liebes.“

Emma hielt inne und drehte sich zu dem Deputy um. Der Mann ließ sich Zeit damit aufzustehen. Sein Körper war ein einziger sich anspannender Muskel, als er sich langsam zu seiner vollen Größe aufrichtete. Beinahe hätte sie gestöhnt. So ein schöner Typ war ihr noch nie untergekommen. Aber da war noch etwas an ihm. Etwas, das sie nicht recht zu deuten wusste.

Doch eines wusste sie. Er würde es bereuen, wenn er sie richtig sauer machte.

Er würde es sehr bereuen.

Eine schwarze Braue zuckte nach oben, als er vor ihr stand und ihr grinsend ins Gesicht schaute. „Hören Sie auf, mich in Gedanken zu bedrohen. Denn wir wissen beide, dass Sie das tun.“

Emma wollte gar nicht wissen, wie zur Hölle er das machte.

Über G. A. Aiken

Biografie

G. A. Aiken ist New-York-Times-Bestsellerautorin. Sie lebt an der Westküste der USA und genießt dort das sonnige Wetter, das gute Essen und die Aussicht auf attraktive Strandbesucher. Ihre erfolgreichen Erotic-Fantasy-Reihen um die Drachenwandler, „Lions“, „Tigers“, „Honey Badgers“, „Wolf Diaries“,...

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