Die kurzen und die langen Jahre Die kurzen und die langen Jahre - eBook-Ausgabe
Roman
„Klug komponiert. (...) Rund und süffig zu lesen.“ - Badische Zeitung
Die kurzen und die langen Jahre — Inhalt
Liebe kann geheimnisvoll sein, abgründig und intensiv. Vor allem dann, wenn sie unerfüllt bleibt. Aber ist das wirklich die Bestimmung von Simon und Sylvie, die ein schrecklicher Doppelmord zusammenführt? Beide versuchen es auf ihre eigene Art herauszufinden – und begegnen sich nach vielen Jahren schließlich an einem gänzlich unerwarteten Ort wieder.
Leseprobe zu „Die kurzen und die langen Jahre“
Es gibt Anblicke, von denen ich nicht weiß, ob sie mir gut- oder wehtun, ob ich hinsehen darf oder den Blick abwenden soll, und irgendwann habe ich den Blick abgewandt und bin beschäftigt damit, mir selbst zu erklären, dass das eben Gesehene kein Zeichen war, keine Botschaft an mich, sondern einfach das Leben, an dem jeder zumindest mal vorbeikommt, falls er, wie ich, nicht mehr daran beteiligt ist.
Der Bahnsteig in Singen füllt sich mit denen, die aus meinem Zug aussteigen, unter ihnen ein vielleicht vierzigjähriger Mann mit kleinem Gepäck, offenem [...]
Es gibt Anblicke, von denen ich nicht weiß, ob sie mir gut- oder wehtun, ob ich hinsehen darf oder den Blick abwenden soll, und irgendwann habe ich den Blick abgewandt und bin beschäftigt damit, mir selbst zu erklären, dass das eben Gesehene kein Zeichen war, keine Botschaft an mich, sondern einfach das Leben, an dem jeder zumindest mal vorbeikommt, falls er, wie ich, nicht mehr daran beteiligt ist.
Der Bahnsteig in Singen füllt sich mit denen, die aus meinem Zug aussteigen, unter ihnen ein vielleicht vierzigjähriger Mann mit kleinem Gepäck, offenem Gesicht, Lederjacke und blonden Locken.
Ich sehe, wie er seine Tasche fallen lässt, die Arme ausbreitet, strahlt und ein kleines Mädchen, vielleicht sechs, vielleicht sieben, in diese Arme springt, die Beine um seine Taille klammert, die Arme um seinen Hals und wie ein Kätzchen Kinn und Wange an seiner Schulter reibt.
Als der Zug seine Fahrt nach Stuttgart fortsetzt, sind die beiden längst verschwunden, aber ich behalte ihr Bild noch bei mir bis Schwäbisch Gmünd, wo ich, am Ende meiner Reise, aus dem Taxi steige, auf das große Gebäude eines ehemaligen Klosters zugehe, immer langsamer, je näher ich dessen Tür komme, und ich wünschte, ich müsste da nicht hinein, aber das Wünschen hilft schon lange nicht mehr, die Zeiten sind vorbei.
Und dann fällt mir ein, dass ich nicht muss. Ich will.
1964
Als das Wünschen noch half, war ich zwölf und wollte, dass mein Vater stirbt. Irgendwas musste ich aber falsch gemacht haben, denn es erwischte meine Mutter. Sie war im Garten und grub Küchenabfälle in den Komposthaufen ein, damit mein Vater sie nicht sehen und über das verschwenderische Wegschneiden der äußeren Salatblätter meckern würde, etwas kitzelte sie am Hals, sie hielt es für eine Schmeißfliege und schlug danach, aber es war eine Hornisse.
Ich saß in der Pergola und zeichnete einen Indianer, als ich ihren Schrei hörte und sah, wie sie die Treppe herab zum Haus rannte, ich folgte ihr und fand sie im Flur am Telefon, wo sie die Nummer des Arztes von einem kleinen Notizblock ablas, der an der Wand an einem Bastfaden mit Reißzwecke hing.
Die Telefone waren damals noch schwarz und hatten Wählscheiben, man steckte einen Finger in ein Loch und drehte bis zum Anschlag, dann ließ man los, und ein filigranes Rasseln ertönte, bis die Wählscheibe sich wieder in ihre Ausgangsposition zurückbewegt hatte. Ich bin froh, dieses Rasseln heute nirgendwo mehr hören zu müssen.
Sie schickte mich zu den Nachbarn, die ein Eisfach im Kühlschrank hatten, denn sie wollte die einem verrutschten Kropf ähnelnde Schwellung am Hals mit Eiswürfeln kühlen. Ich rannte los, klingelte, aber niemand machte auf, ich rannte weiter zum nächsten Haus und hatte Glück. Man gab mir eine rechteckige Blechschale mit einem Gitter darin, das ich nur herausziehen müsse, dann könne ich einzelne Eiswürfel abbrechen. Als ich zurückkam, war sie tot.
„Geh raus, Junge“, sagte der Arzt, der sich über sie gebeugt hatte und, wie ich später verstand, einen Luftröhrenschnitt versuchte, ich gehorchte und setzte mich vor die Haustür, es war Ende Oktober, und die Luft roch nach Kartoffelfeuern. Ich hörte wieder das Rasseln des Telefons und war stolz auf das Drama, das ich erlebte, und gespannt darauf, wie sich echte Trauer anfühlen würde.
1974
Als mein Vater dann viel später wirklich starb, waren die Telefone grün, rot oder beige, und ich wünschte mir nichts mehr. Nicht nur, weil es beim letzten Mal so schiefgegangen war und ich mir eigentlich hätte Vorwürfe machen müssen, schließlich hatte ich meine Mutter auf dem Gewissen. Aber ich machte die Vorwürfe nicht mir, sondern meinem Vater, der sich irgendwie aus der Schusslinie meines Fluchs gebracht und ihn auf meine Mutter umgeleitet hatte, und ich wusste längst, dass Wünsche nur etwas für Frauen und Kinder sind. Männer haben Pläne.
Ich war zweiundzwanzig und verdiente mein Geld als Klavierstimmer, nachdem ich von der Musikhochschule abgelehnt worden und aus einer Lehre als Klavierbauer rausgeflogen war.
Ein Polizist stand morgens um elf im Musikladen, wo ich gerade neue Geigensaiten einsortierte, das war mein Nebenjob, immer wenn ich keine Stimmaufträge hatte, half ich im Laden aus. Der Polizist fragte nach Herrn Stiller, ich sagte, der sei ich, und er änderte seinen Gesichtsausdruck von neutral auf besorgt.
„Ihr Vater wurde ermordet“, sagte er.
Ich sagte nichts, weil das absurd war. Mord gab es nur im Fernsehen und in Büchern, genauso wie Liebe und Spionage. Nicht dass ich viel ferngesehen oder gelesen hätte in dieser Zeit, aber früher hatte es Phasen gegeben, in denen die wirkliche Welt an dem, was ich erlebte, nur geringfügig beteiligt gewesen war.
Irgendwas musste ich mit dem Polizisten geredet haben, zumindest er mit mir, denn als er irgendwann wieder gegangen war, sah ich durch den Nebel in meinem Kopf das Bild zweier erschlagener Männer vor der Hütte am Feldberg, die mein Vater von seinem Vater geerbt und in der er seit einiger Zeit als Rentner gelebt hatte. Ohne Strom und Telefon. Und ohne Kontakt zu mir. Unser letztes Treffen lag schon Monate zurück.
Diesmal war ich nicht stolz auf das Drama, aber Trauer, wie sie mich nach dem Tod meiner Mutter bald mit Macht eingeholt und monatelang zu einer Art Roboter gemacht hatte, empfand ich nicht. Nicht nach der Nachricht und auch nicht später am Grab – mein Vater war mir so fremd geworden, dass ich nur eine Art inneres Achselzucken für ihn zustande brachte. Die Erinnerungen an meine frühe Kindheit hielt ich längst für Einbildung. Auch die wenigen Fotos aus der Zeit, bevor er angefangen hatte, meine Mutter zu drangsalieren mit seiner ätzenden ständigen Kritik und seinem noch ätzenderen tagelangen Schweigen, schienen mir keine Beweiskraft mehr zu haben – die jüngere Vergangenheit hatte sich über die ältere gelegt und alles verdeckt, was daran schön gewesen sein mochte.
~
Ich fuhr mit dem Simca meiner Freundin zum Feldberg mit offenem Fenster, weil es August und sehr heiß war und ich außerdem rauchte, was sie nicht riechen sollte – sie hatte es verboten, um den Wiederverkaufswert des Autos nicht zu schmälern. Die meiste Zeit kroch ich hinter Lastwagen her, weil ich es nicht wagte zu überholen. Als ich durch Geisingen fuhr, sagte der Moderator im Autoradio, dies sei der heißeste Tag seit hundertvierundzwanzig Jahren, dann lief Jessica von den Allman Brothers und danach Monika von Hannes Wader.
Ich wollte die Hütte verkaufen und mir vorher ein Bild davon machen, was ich alles ausräumen und abtransportieren müsste, ob ich eine Umzugsfirma brauchen oder selbst mit einem gemieteten Transporter klarkommen würde.
Es war mein zweiter Versuch. Ich hatte diesen Weg schon einmal vor zehn Tagen gemacht, zusammen mit Astrid, so hieß meine Freundin, aber wir waren nicht weiter als bis zur Lichtung gekommen, weil ich auf einmal einen Widerwillen dagegen verspürt hatte, das Haus zu betreten, die Stelle zu sehen, an der mein Vater gelegen hatte, vielleicht noch irgendwo Leichengeruch zu riechen – es war einfach unmöglich gewesen weiterzugehen. Astrid hatte mich angesehen, als wäre ich ein Idiot in ihren Augen, aber ich war ein Idiot, den man schonen musste. Ein Idiot, dessen Vater gerade ermordet worden war. Sie spottete nicht und meckerte nicht, sondern fuhr bereitwillig mit mir zum Titisee, wo es mir zu kalt zum Schwimmen war und sie sich endlich darüber lustig machen konnte, dass ich ein Weichling sei.
Ich parkte im Wald neben dem weißen Renault 16 meines Vaters und einem hellgrünen VW-Käfer und ging den Rest des Weges zu Fuß, weil ich mir nicht sicher war, ob ich mit dem Simca ohne Achsenbruch oder Loch in der Ölwanne über die Wurzeln und Steine bis zur Hütte gekommen wäre. Es gab keinen offiziellen Weg, nur Förster, Jäger, Pilzsammler, mein Vater und ich wussten, in welcher Richtung die kleine Lichtung lag, neben der sich das Häuschen an den Hang schmiegte.
Das Gras auf dem Vorplatz stand schon wieder hoch. Seit der Polizist mich informiert hatte, waren drei Wochen vergangen. Es gab kein Blut und keine Spuren, die Hütte sah aus wie eh und je, leicht vergammelt mit hier und da ein paar zerbrochenen Schindeln, sie hockte irgendwie vorläufig, wie zu einer kurzen Rast, als wolle sie gleich weiter, in der Nachmittagssonne, die sich schon den Baumwipfeln genähert hatte und bald dahinter verschwunden sein würde.
Ein Liebespaar hatte die Leichen gefunden, Sportler, eine Handballerin und ein Zehnkämpfer, die im nahen Trainingszentrum untergebracht und sicher zu Enthaltsamkeit verdonnert worden waren. Sie hatten im Wald nach einem Platz gesucht und vielleicht voller Vorfreude die Lichtung entdeckt, aber dann musste ihnen die Lust aufeinander vergangen sein, als die vielen Fliegen von den beiden leblosen Körpern aufstoben. Ich stellte mir den Anblick vor, aber außer Ekel löste das nichts bei mir aus.
Ich schloss auf, ging durch alle Räume und öffnete die Fenster, zuerst unten im Wohn- und Esszimmer mit der kleinen Küche, dann oben im Schlafzimmer unterm Dach, dann drehte ich mir eine Zigarette und ließ meinen Blick über die Regale schweifen, auf der Suche nach Büchern, die ich behalten wollte.
Dann hörte ich die Schreie einer Frau. Sie konnten von der Quelle kommen, die ihr stetiges Rinnsal am Hang unterhalb der Hütte in einen hölzernen Trog ergoss, den mein Großvater gebaut und mein Vater repariert hatte. Ich rannte nach draußen, ums Haus und in Richtung der Schreie, aber stoppte dann abrupt, weil mir der Gedanke kam, dass die Frau vielleicht angegriffen wurde und ich mich in eine gefährliche Lage brachte. Ich schlich, so schnell ich konnte, von oben heran, um erst mal zu sehen, was sich abspielte, dabei ließ ich den Blick schweifen nach einem Stück Holz, das als Waffe infrage käme, aber ich fand nichts.
Vorsichtig näherte ich mich der Stelle oberhalb der Quelle, und als ich die Szene vor Augen hatte, verstand ich, was an den Schreien ungewöhnlich gewesen war: Sie klangen nicht verzweifelt, schmerz- oder angsterfüllt.
Einerseits wollte ich sofort zurückweichen, als ich sah, dass die Frau nicht in Gefahr war, aber andererseits war sie nackt. Sie wusch sich am Trog, und ihre Schreie kamen vom eiskalten Wasser, das sie sich immer wieder mit den Händen an verschiedene Stellen ihres Körpers warf. Sie hatte rotes langes Haar, leuchtender, als man es mit Henna hinbekam, und außerdem verifiziert durch den nur wenig blasser leuchtenden kleinen Schamhaarbusch, von dem ich den Blick nur wandte, um den Rest ihres Körpers nicht zu verpassen.
Ich stand schief, in einer Haltung zwischen Nach-vorne-Stürzen und Schnell-Verschwinden, und ich stand auf moosigem Boden, also rutschte ich aus und fiel auf den Hintern. Meine Hoffnung, damit auch aus ihrem Blickfeld verschwunden zu sein, erfüllte sich nicht, sie sah mich – ihr Schrei klang jetzt anders, erschrocken, empört, zornig –, sie bückte sich nach ihren Jeans, um diese irgendwie vor sich zu halten, bedeckte aber damit nur ihre Brüste – der rote Schambusch lugte zwischen den Hosenbeinen hervor. Ich musste unendlich blöd dreinschauen, während ich mich aufrappelte und meinen Blick höflich zur Seite wandte.
„Was machen Sie hier?“
„Ich dachte, Sie seien in Not oder so“, sagte ich.
Ich sah nicht hin, aber ich hörte sie nach einer kurzen Pause lachen: „Stimmt ja irgendwie. Das Wasser ist so saukalt, dass man blaue Flecken davon kriegt.“
Ich hörte, wie sie zu mir hochkam, und sah wieder in ihre Richtung. Sie war angezogen und trug eine Umhängetasche aus indischem Stoff mit Goldfäden und kleinen Spiegelchen über der Schulter. Mir fiel ein, dass ich keine Unterwäsche gesehen hatte, nur noch ein T-Shirt und die labbrige gehäkelte Jacke, die jetzt über ihrem Arm hing.
„Und was machen Sie hier?“, fragte ich.
„Ich bin von Menzenschwand hier hochgewandert und war total verschwitzt.“
„Ich meine, warum sind Sie hier hochgewandert?“
„Mein Mann hat hier gewohnt, sein Auto muss hier irgendwo sein, das will ich abholen.“
„Ihr Mann? Dann müssten Sie meine Stiefmutter sein. Das wüsste ich dann doch.“
„War das Ihr Vater? Der hier ermordet wurde?“
„Ja“, sagte ich. Das zweite Todesopfer musste ihr Mann gewesen sein und der grüne Käfer ihm, das heißt jetzt ihr gehören.
Sie reichte mir ihre Hand. „Sylvie“, sagte sie. „Spengler. Das tut mir leid mit Ihrem Vater.“
„Stiller“, sagte ich, „Simon.“
„Wir haben dieselben Initialen.“
„Ja. Keine schönen.“
„Doch. Die Buchstaben können nichts für ihre Bedeutung im Dritten Reich.“
„Na ja“, sagte ich, „ein Monogramm würd ich mir nicht in die Wäsche sticken lassen.“
Ihr Mann und mein Vater waren vor Kurzem hier ermordet worden, und wir plauderten über die Anfangsbuchstaben unserer Namen. Das war absurd. Aber es war auch ein Weg, die peinliche Situation, in der ich wie ein Spanner ausgesehen hatte, vergessen zu machen. „Wollen Sie einen Kaffee?“, fragte ich.
„Gibt’s das hier?“
„Wenn ich den Herd ankriege. Und wenn Sie Nescafé ertragen können. So, wie ich meinen Vater kenne, hat er keinen richtigen da.“
Als ich die Flamme mit dem ersten Streichholz anbekam, ohne groß mit der Propangasflasche herumhantieren zu müssen, und zwei Teelöffel in dem kleinen Gitter neben der Spüle stehen sah, kam mir zu Bewusstsein, dass mein Vater mitten in seinem Alltag einfach aus dem Leben geschlagen worden war, und es fühlte sich wie ein Kreislaufzusammenbruch an. Ich stand da und starrte auf die Flamme, bis ich die Stimme von Frau Spengler hörte: „Was ist?“
„Weiß nicht.“
Sie sah mich prüfend an, nahm mir den kleinen Topf mit Wasser aus der Hand und stellte ihn auf die Gasflamme.
„Hatten Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrem Vater?“
„Bis vor etwa zwölf Jahren ja, seither gar keines.“
Sie schwieg und öffnete, so als kenne sie sich aus, als gehöre sie hierher, die Tür des Schränkchens an der Wand, um zwei Porzellanbecher herauszunehmen. Auf einmal ärgerte mich ihre Frage. Vielleicht ärgerte mich auch meine Antwort, vielleicht war es auch der Kreislaufabsturz – ich hatte den Wunsch, gegen etwas zu treten, aber ich beherrschte mich, und der Wutanfall ging vorüber.
„Kannten Sie meinen Vater?“, fragte ich, um durch höfliche Konversation einem Rückfall vorzubeugen.
„Um Gottes willen. Nein.“
„Wieso um Gottes willen?“
Sie sah mich schon wieder so forschend an, schwieg eine Zeit lang und sagte dann leise: „Sie wissen es also nicht.“
„Was weiß ich nicht?“ Der Wutanfall wollte zurückkommen, ich spürte es genau. Ich stemmte nicht wie ein Volksschauspieler die Hände in die Hüften, aber ich fühlte mich irgendwie sprungbereit oder alarmiert. Ich würde bellen oder beißen, wenn sie jetzt was Falsches sagte.
„Ihr Vater und mein Mann waren ein Liebespaar“, sagte sie, „sie waren …“
Sicher wusste sie nicht, welches Wort sie verwenden sollte, Homos, Tunten, vom anderen Ufer, warme Brüder oder Schwule. Das hätte ich auch nicht gewusst. Ich hatte das Gefühl, darauf achten zu müssen, dass ich wieder Luft bekam – mein letztes Einatmen schien mir eine ganze Weile her zu sein. Sie sah mich an.
„Tut mir leid“, sagte sie.
Das Wasser kochte. Ich stellte den Herd ab. Sie löffelte Nescafé in die Becher, und ich goss das sprudelnde Wasser darüber. Wir blieben in der Küche stehen, bliesen über die Oberflächen unserer Kaffees, stellten die Tassen nicht ab, sahen beide aus dem kleinen Fenster auf die Heidelbeeren, Farne und Fichtenschösslinge davor und schwiegen.
„Er hatte den David von Michelangelo in seinem Arbeitszimmer hängen“, sagte ich irgendwann.
„Das passt.“
„Ja.“
Sie trank einen Schluck von ihrem Kaffee und verzog das Gesicht.
„Schmeckt scheiße?“, fragte ich.
„Na ja“, sagte sie.
„Gehen wir raus?“
„Es sind nicht nur die fein beobachteten Szenen, die ruhige, aber bewegende Story, sondern auch die überaus gelungenen Innenansichten der Figuren, die mir die Protagonisten sehr nah gebracht haben.“
„Ein neuer Thommie Bayer ist immer ein Versprechen: auf Wahrhaftigkeit und Melancholie, auf Lebensweisheit und eine gute, spannende Geschichte. Und auf eine, die so noch keiner erzählt hat.“
„Liebens- und lesenswert.“
„Roman einer Generation.“
„Klug komponiert. (...) Rund und süffig zu lesen.“
„Der Autor Thommie Bayer gibt geschickt das Tempo vor. Als habe er eine Gebrauchsanweisung, einen Handwerkskasten zum Bauen von intelligenten, spannenden Lebensgeschichten. (...) Besonders überraschend und klug gemacht fand ich das Ende.“
„Ein schönes, gefühlvolles Buch.“
„Thommie Bayer versteht es, kompliziertere Liebesgeschichten zu entwerfen und ohne Schmalz unterhaltsam, aber auch tiefgründig zu erzählen.“
„Bayer erzählt eine Liebesgeschichte, die den ungezählten Varianten des Genres einige neue Facetten hinzufügt.“
„Eine moderne, still erzählte und nachdenklich machende deutsche Familiengeschichte.“
„Eine packende Liebesgeschichte mit einem verblüffenden Finale.“
„Bayers Roman erzählt spannend und gefühlvoll die Geschichte der Ungleichzeitigkeit der Liebe.“
„Diese Miniaturen des Alltags, wie sie die meisten von uns bereits selbst erlebt haben, kann wohl kaum ein deutscher Autor besser beschreiben.“
„Thommie Bayer versteht es, karge lakonische Sätze mit reiner Poesie zu kombinieren.“
„Mit spielerischer Eleganz und leichter Hand schreibt Bayer hier wieder mal über die Liebe und andere Grausamkeiten - spannend, sensibel und poetisch. Das macht ihm so leicht keiner nach.“
„Der in Staufen lebende Schriftsteller Bayer hat eine Liebesgeschichte mit einem Kriminalroman verwoben – in dem er Simons Vater und Sylvies Ehemann eine heimliche Beziehung zuschreibt und sie beide gemeinsam eines gewaltsamen Todes sterben lässt. Es ist an den beiden ›Übriggebliebenen‹, das Rätsel von Liebe und Tod zu lösen. Die Leserschaft wird vom Weg dahin und von der Lösung nicht enttäuscht sein.“
„Ein sehr gefühlvoller Roman über eine unerwiderte Liebe und das sich selbst Fremdsein in ›Ersatzpartnerschaften‹. Der Schreibstil Thommie Bayers ist beeindruckend, gefällig und sehr angenehm zu lesen. Mit 202 Seiten verteilt auf 50 Jahre Handlung ist dieser Roman komplex und hält einiges an Potential zum Nachdenken und sich selbst Erkennen bereit.“
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