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Die Krone der Dunkelheit (Die Krone der Dunkelheit 3)

Laura Kneidl
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Götterdämmerung

„Magie, Geheimnisse, Liebe, Verrat aber auch epische Schlachten und Auseinandersetzungen, sowie andere Momente haben mich als Leserin perfekt unterhalten.“ - boooks.are.my.life

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Die Krone der Dunkelheit (Die Krone der Dunkelheit 3) — Inhalt

Der dritte Band der großen Saga von Bestsellerautorin Laura Kneidl!
Eine dunkle Macht hat sich über Lavarus erhoben. Wie eine Welle treibt sie über das Land und lässt Elend, Tod und Finsternis zurück. Prinzessin Freya wurde von ihrer eigenen Familie verraten und muss aus dem Königshaus fliehen. Nun droht sie, alles zu verlieren: ihre Magie, ihre Liebe und ihr Leben. Doch allein kann sie ihr Königreich nicht vor der Bedrohung durch die Dunkelheit retten. Verzweifelt begibt sich Freya erneut auf den lebensgefährlichen Weg nach Nihalos, um den jungen Fae-Prinzen Kheeran vor den finsteren Plänen ihres Vaters zu warnen ...

€ 16,00 [D], € 16,50 [A]
Erschienen am 28.10.2021
800 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-70545-5
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 28.10.2021
800 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99944-1
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Leseprobe zu „Die Krone der Dunkelheit (Die Krone der Dunkelheit 3)“

1. Kapitel – Ceylan

– Nihalos –


„Er hat seinen Körper zurückgelassen, um wieder Teil der göttlichen Macht zu werden“, hallte die Stimme des Priesters über den kleinen Platz in der Nähe des Palastes. Es war bereits Nacht, und die Monde hingen voll über Nihalos, der Stadt der Unseelie, und spendeten der Beisetzung ihr Licht.

„Yule, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Ostara, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Mabon, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir …“, beteten die anwesenden Unseelie im Chor [...]

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1. Kapitel – Ceylan

– Nihalos –


„Er hat seinen Körper zurückgelassen, um wieder Teil der göttlichen Macht zu werden“, hallte die Stimme des Priesters über den kleinen Platz in der Nähe des Palastes. Es war bereits Nacht, und die Monde hingen voll über Nihalos, der Stadt der Unseelie, und spendeten der Beisetzung ihr Licht.

„Yule, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Ostara, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Mabon, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir …“, beteten die anwesenden Unseelie im Chor zu ihren Göttern, während der Priester Kheerans Asche unter die Erde eines Baumes mischte, der noch klein und zierlich in einem Topf saß, aber eines Tages hoch und mächtig sein würde. Er war Kheerans Vermächtnis in der irdischen Welt – zumindest glaubten das die Fae. Sie waren allerdings auch überzeugt, dass es Kheerans Asche im Trog des Priesters war.

Ceylan wusste nicht, wessen Leiche die Gardisten aus Bryoks niedergebranntem Freudenhaus gezogen hatten, aber Kheeran war es mit Gewissheit nicht. Dass sein Volk dachte, er sei tot, kam ihnen aber gelegen, denn niemand suchte nach einem Verstorbenen. Was auch der einzige Grund war, weshalb Ceylan sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen konnte. Sie war ebenfalls für tot erklärt worden, weshalb niemand sie eines zweiten Blickes würdigte, dennoch beobachtete sie die Zeremonie lieber aus den Schatten heraus.

Sie kauerte auf dem bepflanzten Dach eines Hauses und beobachtete das Treiben aus der Ferne. Sie hatte nicht geplant, der Bestattung beizuwohnen, doch sie hatte kommen müssen, um nachzusehen, ob er hier war – Aldren. Von Kheerans ehemaligem Berater und bestem Freund fehlte allerdings jede Spur. Dafür waren umso mehr Gardisten anwesend, welche den Platz bewachten, damit die Beisetzung in Frieden und ohne Aufstände stattfand, denn selbst im Tod war Kheeran vielen Unseelie verhasst. Sie standen am Rande des Geschehens, von den Gardisten in Schach gehalten, und brüllten Beleidigungen in die Nacht hinaus.

„Ich hoffe, die Götter verstoßen dich, Kheeran!“

„Brenne im ewigen Feuer, du Verräter!“

„Du warst eine Schande für dein Volk!“

Ceylan ballte die Hände zu Fäusten und versuchte den Beschimpfungen kein Gehör zu schenken. Dennoch stieg ihr Puls in die Höhe, und sie wünschte sich, sie könnte von dem Dach steigen und diesen Fae eine Lektion erteilen. Aber die einzige Waffe, die sie bei sich trug, war ein Dolch, den Sibeal ihr für Notfälle gegeben hatte. Ohne Zweifel könnte sie damit großen Schaden anrichten, vor allem mit ihrer neu gefundenen Fähigkeit, die Magie der Fae zu blockieren. Ohne ihre Zaubertricks waren die meisten Unseelie ziemlich hilflos. Doch sie wollte Kheeran und auch Sibeal und Rhyland nicht in Gefahr bringen, indem sie etwas derart Unüberlegtes tat, wie Rache zu üben. Das war etwas, das die alte Ceylan getan hätte, aber sie hatte in den letzten Monaten gelernt, ihren zerstörerischen Impulsen nicht immer kopflos nachzugeben.

Der Priester verneigte sich vor der Pflanze, in deren Erde nun die Asche ruhte, und überreichte den Topf an Gemhá. Ceylan erkannte die Fae, allerdings hatte sie noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Sie wusste nur, dass Gemhá Teil des Rats gewesen war, der Kheeran in seinen Entscheidungen unterstützt hatte. Das war jedoch die einzige Verbindung, welche die beiden geteilt hatten. Umso trauriger war es, dass sie die einzige noch lebende Fae war, die Kheerans Lebensbaum für sich beanspruchte. Seine Eltern waren verstorben, die Beraterin seines Vaters, Onora, ermordet und sein bester Freund Aldren, an den Kheeran seinen Thron abgegeben hatte, war der Verräter, der ihn hatte töten wollen.

Er versuchte nicht einmal, den Schein seiner Freundschaft zu wahren, denn von ihm war weit und breit keine Spur. Vermutlich verbrachte er die Nacht mit seiner Geliebten Valeska. Nur wenige Tage nach dem Angriff auf das Freudenhaus hatten die Königin der Seelie und Aldren ihre Verlobung bekannt gegeben. Ceylan hätte ihre rechte Hand darauf verwettet, dass all das ein abgekartetes Spiel um Macht und Reichtum gewesen war. Wie lange Aldren wohl geplant hatte, Kheeran zu hintergehen? Er hatte ihn manipuliert und dazu gebracht, seine Krone abzugeben, nur um ihn anschließend wie einen heißen Stein fallen zu lassen. Ceylan graute es jetzt schon vor dem Tag, an dem Kheeran von dem Ausmaß des Verrats erfuhr.

Falls er jemals davon erfährt, flüsterte eine leise Stimme in ihren Gedanken, der sie allerdings kein Gehör schenkte. Stattdessen löste sie sich aus den Schatten und kletterte die Fassade hinunter, um Sibeal und Rhyland nicht länger warten zu lassen. Unbemerkt schlich sie durch die Straßen, wobei sie immer wieder den Gardisten ausweichen musste, welche in der gesamten Stadt patrouillierten, denn Nihalos war dabei, im Chaos zu versinken. Der Tod von König Nevan, Kheerans gescheiterte Krönung, die Ermordung Onoras und seiner Mutter, für die man sie verantwortlich machte, die vermehrten Angriffe der Elva und schließlich die Erhebung von Aldrens Macht und dessen Vermählung mit Valeska hatten viel Unruhe in die Stadt gebracht.

Das Volk war gespalten, und das sorgte für Angst, Chaos und Verwüstung. Gärten waren zerstört, Brunnen zerschmettert und Flüsse, die durch die Stadt liefen, brach gelegt worden. Und Aldren wurde dieser Aufstände nur mit Gewalt Herr, was jedoch die Unsicherheit der Bevölkerung nur anfachte und weitere Gewalt erzeugte. Viele Unseelie verbarrikadierten sich deswegen nach Einbruch der Dunkelheit in ihren Häusern, weshalb Ceylan nur wenigen Fae begegnete, die nicht die offizielle Uniform der Garde trugen.

Wie ein Schatten bewegte sie sich durch die Straßen, in denen sie sich mittlerweile ziemlich gut zurechtfand, auch wenn sie nie verstehen würde, weshalb man eine Stadt auf diese Weise errichtete. Überall gab es Gassen, die plötzlich endeten oder ins Leere führten. Manche Wege beschrieben Bögen, während andere kerzengerade verliefen. Sie hatte sich nicht nur einmal in diesem Gewirr verloren, aber mittlerweile fand sie den Weg zu Sibeals Haus auch in der Dunkelheit. Erst als sie sicher war, dass niemand ihr gefolgt war, klopfte sie an die Tür. Einen Augenblick später erklangen Schritte und eine tiefe Stimme.

„Ja?“, fragte Rhyland durch das Holz.

„Ich bin es“, antwortete Ceylan.

Das Schloss wurde entriegelt und kurz darauf die Tür geöffnet. Sie huschte ins Innere, wo die angenehme Wärme eines Kaminfeuers und der Duft von frisch gebackenem Brot sie willkommen hießen. Sie zog ihren Umhang aus und hängte ihn an einen Haken neben der Tür.

„Du warst lange weg.“ Rhylands Worte klangen wie ein Vorwurf, aber nach über vier Wochen kannte Ceylan den mürrischen Fae gut genug, um zu wissen, dass die Sorge aus ihm sprach. Es war derselbe Tonfall, den er angeschlagen hatte, als sie mit dem halb verbrannten Kheeran das erste Mal vor seiner Tür gestanden hatte, nachdem sie nur knapp dem magischen Feuer entkommen waren.

Ceylan betrachtete den hochgewachsenen Fae. Sein aschblondes Haar hatte er zu einem Zopf geflochten, und seine feinen Gesichtszüge standen im starken Kontrast zu den harten Muskeln in seinen Oberarmen, welche ihm die Arbeit in der Glaserei beschert hatte. „Mir ist etwas dazwischengekommen.“

Sibeal tauchte in der Tür auf, die zur Küche führte. „Du warst bei der Beisetzung, nicht wahr?“

Ceylan wich ihrem wissenden Blick aus. Sie hatte den beiden Fae versprochen, sich nicht in Gefahr zu begeben, aber ihre Füße hatten sie wie von selbst zu dem Ort getragen, an dem sich das Volk von Kheeran verabschiedet hatte. „Ich war vorsichtig.“

Sibeal verzog unerfreut die Lippen. Ihr langes blondes Haar fiel ihr glatt über die Schultern und umschmeichelte ihre sanduhrähnliche Figur. Die Unseelie gehörte zu den schönsten Frauen, die Ceylan je gesehen hatte, trotz ihrer nicht menschlichen Abstammung. Mehrere Jahrzehnte lang hatte sie in Bryoks Freudenhaus gearbeitet und dort ihren Körper für viel Geld verkauft. Sie hatten einander kennengelernt, als Kheeran Ceylan angewiesen hatte, sich in dem Etablissement zu verstecken, erst später hatte sie erfahren, dass Kheeran selbst ein Kunde Sibeals gewesen war. Das war jedoch, bevor sie sich aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, um mit ihrem Mann Rhyland eine Familie zu gründen. Sie hatte die Kräuter abgesetzt, die eine Empfängnis verhinderten, und nicht selten hörte Ceylan die beiden durch die dünnen Wände des Hauses hindurch keuchen und stöhnen, wenn sie mal wieder versuchten, ein Kind zu zeugen.

„War er dort?“, fragte Sibeal.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, um ehrlich zu sein, war kaum jemand dort.“ Was sie nicht verstand. Kheeran gehörte zu den Guten. Wieso erkannte sein Volk das nicht?

Sibeal lächelte traurig, wechselte dann jedoch das Thema. „Hast du die Kräuter?“

Ceylan griff in ihre Tasche und zog das Päckchen hervor, das sie Stunden zuvor vom Markt geholt hatte. Denn Sibeal war nicht nur Meisterin in der Kunst der Verführung, sondern wusste auch, wie man Arznei herstellte. Um keinen Verdacht zu wecken, rührte sie daher die Salbe für Kheeran aus den Kräutern selbst an.

Sie nahm ihr das Päckchen ab. „Setz dich, ich bring dir was zu essen.“

Ceylan gehorchte, auch wenn sie keinen Hunger hatte, aber das Leben auf der Straße hatte sie gelehrt, niemals eine Mahlzeit auszuschlagen. Sie setzte sich an den runden Tisch aus Glas, der neben dem Kamin stand. Rhyland, der vor Kurzem seine eigene Glaserei eröffnet hatte, hatte ihn selbst hergestellt, genauso wie die unzähligen Vasen und Töpfe, die überall in der Hütte standen und mit Blumen bepflanzt waren. Alles in Sibeals und Rhylands Haus war grün, gläsern und rein, weshalb sich Ceylan noch immer wie ein Eindringling vorkam. Denn neben den beiden Fae, die wie geschliffene Diamanten wirkten, fühlte sie sich wie ein Stück dreckige Kohle.

Sibeal brachte ihr einen vollen Teller mit herrlich duftendem Eintopf und frischem Brot. Ceylan war der Fae und ihrem Mann jeden Tag unendlich dankbar für ihre Hilfe, für die Aldren sie hinrichten lassen könnte, sollte er je davon erfahren. Und sie wusste nicht, wie sie ihre Schuld bei den beiden jemals würde begleichen können, denn sie besaß nichts außer der Kleidung, die Sibeal ihr gegeben hatte.

„Wie geht es ihm?“, fragte sie und nahm den ersten Bissen. Bei ihrer Ankunft in Nihalos hatte sie sich geschworen, niemals Essen zu kosten, das von einer Fae zubereitet worden war. Wie viel hatte sich seitdem geändert …

„Du warst nur ein paar Stunden weg.“ Sibeal lächelte mild und begann die Blumen in der Hütte mit einer Kanne zu wässern, da Ceylans Anwesenheit sie ihrer Magie beraubte. Sie wusste noch immer nicht, woher diese Gabe kam und ob und wie sie sie kontrollieren konnte. Alles, was sie wusste, war, dass Fae in ihrer unmittelbaren Nähe nicht über die Elemente herrschen konnten.

Während Ceylan aß, erzählte Sibeal ihr von ihrem Tag im Palast. Sie arbeitete dort in der Küche und bekochte mit einem Dutzend anderer Fae die königliche Garde, weshalb sie immer etwas zu berichten wusste. Sie kannte alle Gerüchte und nicht selten kamen ihr bevorstehende Neuigkeiten vor der offiziellen Verkündung zu Ohr.

Ceylan schob sich das letzte Stück Brot in den Mund. „Hast du etwas von Leigh gehört?“

Sibeal schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht, aber ich bin mir sicher, er kommt bald zurück.“

Hoffentlich, dachte Ceylan. Sie machte sich Sorgen um den Wächter, und mit jedem Tag wurde das nagende Gefühl ihrer Schuld schlimmer. Leigh war nur ihretwegen verschollen. Er hatte den Halbling gejagt, der für die Ermordung von Kheerans Mutter, der Königin, verantwortlich war, um sie zu entlasten und aus dem Gefängnis zu befreien. Doch die Wälder Melidrians waren gefährlich, denn die dort heimischen Elva waren wilde, gewissenlose Monster mit übernatürlichen Fähigkeiten, die es ihnen erlaubten, mit dem Verstand ihrer Beute zu spielen. Deshalb schotteten sich die Seelie und Unseelie in ihren Hauptstädten ab, um den Kreaturen zu entgehen. Dass Leigh bereits seit Wochen allein durch das Land zog, um Weylin zu finden, gefiel Ceylan nicht. Sie konnte nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob ihr Ausbilder noch am Leben war, aber sie weigerte sich, an die Alternative zu denken. Leigh war stark und kräftig und ein geschickter Kämpfer. Er wusste sich zu verteidigen, und wenn jemand mehrere Wochen im Nebelwald überleben konnte, dann er.

Ceylan räumte ihren leeren Teller ab und ging in ihr Zimmer, das nicht größer war als eine Abstellkammer, weil es genau das war. Im Schein einer Kerze setzte sie sich an den kleinen Tisch, der eng an ihr Bett gedrängt stand, und begann mit ihren Lese- und Schreibübungen, da es sonst wenig anderes für sie zu tun gab.

Die Nacht war bereits weit fortgeschritten, als Ceylan das gleiche rhythmische Knarzen und Stöhnen hörte wie so oft. Sie presste die Hände auf ihre Ohren, um Sibeals Geräusche der Lust auszusperren und sich auf ihre Geschichte zu konzentrieren. Sie las vor allem Kinderbücher, die sie oft mit den Augen rollen ließen. Märchen und Fantasiegeschichten über mutige Fae, die gegen blutrünstige Elva und hinterhältige Menschen kämpften. Aber sie musste ihre Fähigkeiten schulen, bevor sie bereit war, anspruchsvollere Texte zu verstehen.

Ceylan saß noch immer über ihr Buch gebeugt da, als die Laute aus dem Raum nebenan längst verstummt waren. Ihre Augen brannten, und ihr Geist war erschöpft und sehnte sich nach Schlaf. Doch sie kämpfte mit aller Kraft gegen dieses Verlangen an, denn allein die Vorstellung, einzuschlafen, löste in ihr Herzklopfen aus. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie in den dunkelsten Gassen, in den gefährlichsten Vierteln und in den heruntergekommensten Hütten geschlafen, immer den Gedanken im Hinterkopf, sie könnte überfallen werden. Aber sie hatte sich noch nie so sehr vor dem Schlaf gefürchtet wie jetzt, obwohl sie in Sicherheit war.

Dennoch hatte sie Angst. Angst vor den Träumen. Angst vor der Erinnerung. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, hörte sie Schreie, fühlte die Hitze und schmeckte den Rauch. Dann durchlebte sie erneut die Panik und das Gefühl der Hilflosigkeit, als die Flammen sie eingekesselt hatten.

Du musst mich töten.

Ihre Worte an Kheeran hallten noch immer in ihrem Ohr wider, und sie würde den Ausdruck in seinem Gesicht, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, wohl nie vergessen. Und jedes Mal, wenn sie schlief, erwachten die Bilder in ihrem Kopf erneut zum Leben und raubten ihr mehr Kraft, als der Schlaf ihr spendete. Dennoch gierte ihr Körper nach der Ruhe, die sie als unsterbliche Wächterin eigentlich nicht mehr brauchte, doch alte Gepflogenheiten ließen sich nur schwer ablegen.

Entschlossen schob Ceylan ihren Stuhl zurück, um sich ein Glas Wasser zu holen. Auf Zehenspitzen schlich sie in die Küche. Es war still. In der Hütte. Auf der Straße. In der Stadt. Sie atmete tief durch, und wie von selbst wanderte ihr Blick zu der geschlossenen Tür, die zu Kheerans Zimmer führte. Das Glas fester umklammernd, versuchte sie das Verlangen zu unterdrücken, zum zwanzigsten Mal an diesem Tag nach ihm zu sehen, doch sie kämpfte auf verlorenem Posten.

Bedacht schob sie die Tür auf und huschte in das Schlafgemach. Im Raum war es dunkel mit Ausnahme einer einzigen Lichtquelle auf dem Tisch neben dem Bett. Die magische Lampe tauchte Kheerans Gestalt in helles orangefarbenes Licht, das seine Blässe beinahe zu verbergen vermochte.

Ceylan ignorierte den Hocker, der für sie bereitstand, und setzte sich zu Kheeran auf das Bett. Er atmete ruhig, und wüsste sie es nicht besser, würde sie glauben, dass er nur schlief und jede Sekunde wieder aufwachen könnte. Doch er hatte die Augen seit einem Monat nicht mehr geöffnet, nicht, seit er das Bewusstsein verloren hatte.

Keine Sorge, mir geht es gut.

Das waren die letzten Worte, die Kheeran zu ihr gesagt hatte. Ironischerweise lebte sie seitdem in Sorge um ihn. Sibeal beteuerte zwar, dass es ihm gut gehe und er nur Zeit brauche, um zu heilen. Sie fürchtete sich dennoch jeden Tag davor, ihn leblos aufzufinden, denn er war dem Tod viel zu nah gekommen.

Ceylan stellte ihr Glas auf dem Nachttisch ab und griff nach dem Tiegel mit der von Sibeal angefertigten Salbe. Vorsichtig begann sie die helle Paste auf Kheerans Gesicht zu verteilen. Mehrmals täglich cremte sie ihn damit ein, um seine Heilung voranzutreiben. Seine Heilungsfähigkeit wirkte um einiges langsamer, und die Narben, welche die Flammen hinterlassen hatten, würden vermutlich nie wieder verschwinden.

Mit kreisenden Bewegungen massierte Ceylan die Salbe ein. Sanft strich sie über Kheerans Stirn, seine Wangen und seinen Kiefer, den Hals hinab, bis zur Schulter über seine Brust, die ebenfalls von den Narben gebrandmarkt war. Rhyland hatte ihm die Kleidung vom Leib schneiden müssen, die stellenweise mit seiner Haut verschmolzen gewesen war. Nur seine Ohnmacht hatte ihn davor bewahrt, unter Schmerzen zu schreien. Ceylan jedoch hatte bei diesem Anblick innerlich geschrien und geschworen, Rache an dem Mann zu nehmen, der ihm, Bryok, Daimhin und all den anderen dies angetan hatte. Sie wusste nur noch nicht, wie sie es Aldren heimzahlen sollte, zumal dieser Feigling nach Daaria geflüchtet war.

Ceylan rang ihre Wut nieder und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Kheeran. Er brauchte sie jetzt mehr, als sie nach ihrer Rache gierte. Ihre Hand glitt wieder aufwärts über seine nackte Brust zu seinem Hals und seinen Ohren. Auch dort massierte sie die Salbe ein, wobei ihr Blick wie immer an deren Spitzen hängen blieb – oder besser gesagt dem, was davon übrig war.

Behutsam fuhr sie mit einem Finger über die Narbe an seiner Ohrmuschel. Zuerst hatte sie angenommen, dass Rhyland dafür verantwortlich war und die Spitzen hatte abschneiden müssen, um den geschmolzenen Goldschmuck zu lösen. Doch der Fae hatte beteuert, dass er keine Schuld an Kheerans nun nahezu menschlichen Ohren hatte und die Narben von alten Wunden stammten. Ceylan glaubte ihm, auch wenn sie nicht verstand, wie es dazu gekommen war. Gewiss hatte er die Spitzen beider Ohren nicht durch einen Unfall verloren, denn die Schnitte waren mit Genauigkeit gesetzt worden. Wer immer ihn auf diese Weise verstümmelt hatte, hatte versucht, ihm ein menschlicheres Aussehen zu verleihen – aber warum?

Gedankenverloren ließ Ceylan ihre Hand sinken. Dies wäre der Zeitpunkt, um in ihr eigenes Zimmer zurückzukehren, doch stattdessen legte sie sich neben Kheeran ins Bett. Sie hatte schon des Öfteren bei ihm geschlafen, einerseits um sich zu versichern, dass es ihm gut ging, andererseits weil sie sich davor scheute, allein in ihrem Zimmer zu sein. Sie fühlte sich dort oft einsam, aber mit Kheeran an ihrer Seite war dieses Gefühl erträglicher, auch wenn er weder etwas sagen noch tun konnte.

Schon mehrfach hatte Sibeal ihr angeboten, sich um Kheeran zu kümmern, damit Ceylan ins Niemandsland zurückkehren könnte, aber das kam nicht infrage. Sie würde den Prinzen nicht im Stich lassen, nicht nach allem, was er verloren hatte. Nicht nachdem er bereit gewesen war, sein Leben für sie zu geben. Sie würde auf ihn warten, bis er stark genug war, um mit ihr zu gehen.

Laura  Kneidl

Über Laura Kneidl

Biografie

Laura Kneidl, 1990 in Erlangen geboren, begann 2009 an ihrem ersten Roman zu arbeiten. Seitdem schreibt sie u.a. über die große Liebe und phantastische Welten und hat bereits sehr erfolgreich in verschiedenen Genres veröffentlicht. Ihre New-Adult-Reihe „Berühre mich. Nicht.“ stürmte die...

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„Magie, Geheimnisse, Liebe, Verrat aber auch epische Schlachten und Auseinandersetzungen, sowie andere Momente haben mich als Leserin perfekt unterhalten.“

zwischen.buchseiten

„Endlich mal eine Reihe aus Deutschland, die mit Sarah J. Maas Büchern mithalten kann.“

justmiaslife

„Kneidls Schreibstil ist weiterhin wortgewandt, bildhaft und seht atmosphärisch, weshalb man nur so durch die Seiten fliegt.“

lovely_bookish

„Ich musste lachen, hatte Tränen in den Augen, habe mitgefiebert und mich selbst in die Figuren verliebt. Die ›Krone der Dunkelheit‹ ist eine fantastische Reihe, die ich nur empfehlen kann.“

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