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Vom Glück mit einem Teenager zu leben

Wie es Spaß macht, unsere Kinder durch die Pubertät zu begleiten

Montag, 26. März 2018 von Piper Verlag


Das Drama der Pubertät

In manchen Familien kündigt sie sich leise an, in anderen kommt sie über Nacht mit Paukenschlag. Wann und auf welche Weise auch immer - wenn Sie Kinder haben kommt sie irgendwann, die Pubertät. Die Zeit, vor der es den meisten Eltern schon graut, wenn sie noch Kinderwagen schieben. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum schon der Begriff mit negativer Aura daher kommt? Pubertät klingt viel dramatischer als Trotzphase.

Warum nur?

Beide Phasen haben viel gemeinsam, Kinder entdecken sich selbst und stellen im Zuge dessen so einiges im Verhältnis zu den Eltern in Frage – am liebsten durch gnadenloses Auflehnen. Der große Unterschied ist nur, dass ein Trotzanfall schnell vorüber geht. Danach ist alles wieder gut, alles wieder unter Kontrolle. Auch die Pubertät geht vorbei. Aber danach wird alles anders sein und das spüren wir Eltern schon mittendrin. Wir werden die Kontrolle über unser Kind verlieren. Wir werden mit enttäuschten Erwartungen zurecht kommen müssen. Und am schlimmsten: Wir werden als Eltern nicht mehr so wichtig sein wie früher. Tja, daran werden wir nichts ändern können, so wenig wie alle anderen Eltern. Und eigentlich müssten wir uns deshalb auch nicht so aufregen, als wären wir die ersten, denen die Pubertät ihrer Kinder passiert. Wir ahnen doch was kommt! Statt dessen könnten wir doch mal was Neues probieren: Wir könnten uns darüber freuen keinen Ja-Sager mehr zuhause zu haben. Wir könnten froh sein, endlich auf Augenhöhe diskutieren zu können. Wir könnten Hoffnung spüren, dass da eine neue Generation heranwächst, die die Welt mit ihren Ideen verbessern wird. Wir könnten uns inspirieren lassen, mal Fünfe gerade sein zu lassen und den Esstisch später abzuräumen.

Und wir könnten sehen, dass wer sich traut Fehler zu machen, im Leben immer, wirklich immer weiter kommen wird.

Ändern Sie ihre Einstellung!

Ich möchte Sie mit meinem Buch inspirieren vom Genervtsein in den Glücksmodus zu schalten und das seltsame Verhalten Heranwachsender nicht nur kritisch zu beäugen, sondern zu verstehen. Keine Sorge, es ist kein Lobgesang und verschließt nicht die Augen vor all den schwierigen Momenten, den Problemen und Konflikten in der Pubertät. Im Gegenteil – es geht sehr viel um verzweifelte Gefühle und unerfreuliche Situationen, die mich jeden Tag begleiten. Darum, wie schwer es mir fällt, meine Vorstellungen loszulassen und meinem Sohn trotz stärkster Pubertätssymptome zu vertrauen. Aber ich schreibe auch darüber, wie faszinierend der Entwicklungsprozess von Teenagern für uns Eltern sein kann und wie wir unsere Kinder unterstützen können, für die es anstrengend ist, sich immer wieder neu zu (er-) finden.

Ich beziehe mich dabei auf viele persönlicher Beispiele und neueste wissenschaftlicher Erkenntnisse.                                                                                                                                                     

Was ist dabei das Wichtigste, was ich Ihnen empfehlen möchte?

Ändern Sie ihre Einstellung!  All meine gesammelten Erfahrungen und Gedanken beruhen auf dem einen Grundprinzip: Ich konzentriere mich auf das, was gut ist – oft sogar großartig! Was ich aus dieser Perspektive erlebe, gibt mir das Vertrauen und die Kraft, die ich brauche, um die nicht so guten Seiten der Pubertät mit (ein bisschen mehr) Gleichmut zu nehmen. Und das wünsche ich Ihnen auch!

Geeignete Glücksstrategien:

Von einer Mutter und Markt- und Werbepsychologin

Zügel lockern

„Als ich dann vor einigen Jahren einen Agenturjob annahm, war mir nach zwei Wochen klar: Ich werde das langfristig nur hinkriegen, wenn ich mich einiger gedanklicher Pflichten entledige – wenn ich endlich aufhöre, mir ständig Sorgen zu machen, ob Leo gesund genug isst, seine Hausaufgaben gut erledigt und ein reges Sozialleben führt. Knappe Kapazitäten sind für Kontrollfreaks wie mich ein guter Weg, um sich zum Loslassen zu zwingen. Vielleicht ist aber Loslassen manchmal auch weniger eine Frage der Zeitkapazität als der inneren Haltung. Eine neue gedankliche Priorität tut gut – ob Begeisterung für den Beruf, ein neues Hobby oder die Pflege von Freundschaften.“

Unterstützen statt einmischen

„Ein heikles Thema. Meine Empfehlung: Jugendliche wissen ziemlich genau, ob sie Hilfe brauchen und in Anspruch nehmen wollen. Das sollte unser Entscheidungskriterium sein – und nicht ob wir denken, dass sie Unterstützung gut gebrauchen könnten.“

Erwachsen vertrauen

„Macht der unaufhaltsam rebellische Charakter der Teenager unser Vertrauen zu Recht unmöglich? Oder ist es unser geschenktes Vertrauen, das die Verhaltensweisen des Jugendlichen beeinflusst? Meine Meinung ist, dass Vertrauen der Eltern Jugendliche erwachsen macht und damit auch verantwortungsvoll. Allerdings sollten wir uns darauf einstellen, dass Teenager nicht nach einem Wenn-dann-Prinzip funktionieren. Enttäuschung gehört zum Elterndasein ebenso wie unermüdliche Vorleistung.“

Rückenwind geben

„Jugendliche bekommen vor allem gesagt, worin sie schlecht sind – und das nicht nur von ihren Eltern. Sie sind umgeben von Menschen, die ihnen das Gefühl geben, nicht auszureichen: Lehrer lassen keine Zweifel aufkommen, wenn sie jemanden als Loser sehen. Sporttrainer erst recht nicht. Und auch unter Freunden haben Schwächen einfach den größeren Unterhaltungswert! Das ist bitter, weil die Neigung zur Selbstkritik in dieser Zeit sowieso systemimmanent ist: Zu schlecht, zu hässlich, zu dick, zu dumm, zu ungeschickt. Sollten wir als Eltern nicht versuchen, hier entgegenzuwirken?“

Kommunizieren statt fragen

»Das Problem ist, dass Teenager ihr Bedürfnis nach Austausch normalerweise nicht mit „Hättest du kurz Zeit für mich?“ ausdrücken. Und mit dem Zwischen-den-Zeilen-Lesen ist es so eine Sache im Alltag. Jeder hat seine To-dos und Befindlichkeiten, ist müde vom Job, genervt von einem Kollegen oder sauer auf eine Freundin  – im Zweifel also ausreichend mit sich selbst beschäftigt. Aber: Wie ungeplant die Gelegenheiten, bei denen unser Kind ein Gespräch mit uns sucht, auch aufpoppen, wir sollten sie besser ergreifen.«

I love Teens
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Wie es Spaß macht, unsere Kinder durch die Pubertät zu begleiten

Die Pubertät gilt für die meisten Eltern als Zeit des Schreckens, Teenager werden gefürchtet als launisch und außer Kontrolle. „Augen zu und durch“ lautet oft das Motto. Maja Overbeck zeigt, wie es anders geht: Sie lädt Eltern dazu ein, die Perspektive zu wechseln. Denn im Teenageralter entwickeln sich Kinder zu eigenständigen Persönlichkeiten, deren Ideenreichtum und Risikolust ansteckend sein können. Die Autorin erklärt anhand eigener Erfahrungen, wie man Problemthemen mit verändertem elterlichen Verhalten umschifft und warum Offenheit und eine Portion Selbstironie dabei helfen. Ihre Thesen stützt sie auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, außerdem lässt Overbeck Teenager selbst zu Wort kommen.

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Willkommen im Leben des Pubertiers

Fragen zum Leben mit Jugendlichen - Überlebenstipps für Eltern

Mit Teenagern haben es Eltern nicht immer leicht. Sie sind häufig unmotiviert, ständig müde oder können sich nur für weniges interessieren.

Bestseller-Autor Jan Weiler weiß, wie Teenager funktionieren und beantwortet in seinen Büchern, die wichtigsten Fragen, die pubertätsgeplagte Eltern haben mit Humor.

Wo chatten Teenager?

TikTok WhatsApp oder Snapchat - die Liste der Nachrichtendienste ist lang. Sich morgens in der Schule für nachmittags zu verabreden war mal:

„Unter den teuflischen Hervorbringungen der Gegenwart nimmt WhatsApp eine Sonderstellung ein. Dieser Messenger-Dienst hält nämlich nicht nur jene auf Trab, die sich dort angemeldet haben, sondern auch sämtliche unschuldig zufällig in deren Umkreis lebende Menschen. Seit Carla bei WhatsApp angemeldet ist, werden wir ununterbrochen Zeuge ihres Mitteilungsdranges und, was noch gravierender ist, des Mitteilungsdranges ihrer ungefähr 12 000 Freunde. Wobei ich zugeben muss, dass ich auch bei WhatsApp bin. Alle mir bekannten Menschen haben diesen tosenden Kurzmitteilungsdienst installiert. Nachrichten kündigen sich durch ein Geräusch an, das in etwa so klingt wie der vergebliche Versuch einer Stubenfliege, sich aus einem Glas Pflaumenmus zu befreien, ungefähr so: ›Wwwh wwwh.‹

Unsere Tochter ist Teil von ungefähr zwanzig Gruppen mit verschiedenen Interessen, die sich ununterbrochen darüber austauschen, wer einen Feuerlöscher zum Grillabend auf der Wiese mitbringt (offenbar niemand) oder wer mit ins Kino kommt und wer den süßen Typen von der S-Bahn-Haltestelle kennt. Meine Jugend kommt ihr absurd vor, aber sie findet es völlig normal, mit ihrer Freundin Emma zu whatsAppen – und zwar während diese neben ihr auf dem Bett sitzt. Manchmal möchte ich ihr Handy gerne mit einem großen Hammer zerschmettern, dann ist Schluss mit ›wwwh-wwwh‹.“
 

Wann sind Teenager Teenager?

Beginnt das Teenager-Alter mit dem zehnten Lebensjahr und endet mit dem 20. Geburtstag? Jan Weiler weiß, dass sich das Alter von Teenagern ändern kann - je nach aktuellem Stimmungsbild.

Carla ist inzwischen siebzehn, und manchmal ist sie auch schon vierzig. An anderen Tagen aber auch erst sechs. Ich höre immer genau hin, wenn sie nach Hause kommt und versuche anhand der Geräusche, auf ihr momentanes Alter zu schließen.
 

Was tragen Teenager heute?

Trends kommen und gehen, besonders im Modebereich. Was finden Teenager cool und was brauchen sie um cool zu sein?

„Später versuchte ich vergeblich, Nick von schönen Schuhen für den Schulsport zu überzeugen. Das ist jedoch unmöglich. Er und seine Freunde tragen nur noch Sportschuhe, die an den Füßen aussehen wie Knallbonbons. Was war bitte falsch an den Modellen Samba, Gazelle und Allround?
Es gibt sie immer noch, ich zeigte sie ihm, aber er schüttelte nur mitleidig lächelnd den Kopf. Dann probierte er zunächst neongrüne, dann rosa und schließlich orange Plastiklatschen an. Er entschied sich für Letztere. Das Beste, was man über die hässlichen Dinger sagen kann, ist, dass sie für eine große Errungenschaft der zweiten Moderne stehen, nämlich einer gewissen, der allgemeinen
Metrosexualität geschuldeten Bekleidungstoleranz.
In meiner Schulzeit wäre man für solche Turnschuhe noch über den Schulhof und auf den nächsten Baum gejagt worden.“

Warum sind Teenager so müde und schlafen so lange? Wann sollten Teens ins Bett?

Dauermüde und Antriebslos. Teenager sollten früher ins Bett, das ist klar. Dies ist aber nicht der einzige Grund für ihre Müdigkeit:

„Nick erinnert mich an den berühmten Wanja aus einer Geschichte von Otfried Preußler. Wanja verpennt darin Jahre seines Lebens, die er im Wesentlichen schlummernd auf einem Ofen verbringt. Wenn er wach ist, futtert er Sonnenblumenkerne. Eines Tages steht er auf, zieht los und wird am Ende Zar von Russland. Letzteres ist von unserem Nick nicht zu erwarten, und ich will auch gar nicht, dass er Zar wird, weil Zaren historisch betrachtet eine kurze Lebenserwartung haben. Es würde mich aber freuen, wenn er mich beim Sprechen wenigstens nicht immer angähnen würde.

Forscher sprechen dieser Symptomatik einen gewissen Krankheitswert zu, manchmal ist dann die Rede von Narkolepsie, an der Nick jedoch nicht leidet. Er kann nämlich überraschend aufgeweckt sein, wenn es ihm Spaß macht oder das Wachsein sich lohnt.

Unser Arzt sagte dann auch, die ganze Sache habe bei ihm mit dem Melatoninspiegel zu tun. Und dass die Jugendlichen eben allgemein abends früher ins Bett müssten. Wenn sie dies beherzigten, sei der Spuk schnell vorbei. Es gibt auch mindestens einen sehr sympathischen Aspekt an der Dauermüdigkeit unseres Kindes, den man mit einem Zitat gut veranschaulichen kann. ›Im Kino einzuschlafen bedeutet, dem Film bedingungslos zu vertrauen‹, hat der Filmkritiker Michael Althen einmal bemerkt. Dieses Bonmot lässt sich aufs ganze Leben anwenden: Ständig einzupennen bedeutet, dem Leben bedingungslos zu vertrauen. Dies ist am Ende eine wirklich beruhigende Erkenntnis. Schlaft schön, liebe Kinder. Wenn ihr aufwacht, liegt immer noch das ganze Leben vor euch.“

Wie motiviert man Teenager? Motivation für Schule und Lernen

Fehlende Motivation ist ein weiteres Phänomen, das Teenager quasi perfekt beherrschen - besonders an Sonntagen:

„Während an Werktagen bei Pubertieren ein steter Wechsel von einerseits geradezu katatonischer Zockerstarre und andererseits rastlosem Sporttreiben zu verzeichnen ist, wird der Sonntag im Wesentlichen dadurch gefüllt, dass Pubertiere lange schlafen, um dann etwas auszuruhen und auf der Couch zu chillen.
Zwischendurch sind sie empfänglich für Nahrung, nicht jedoch für Gespräche oder körperliche Betätigungen. Das findet der Versuchsleiter prinzipiell in Ordnung, denn die Pubertiere sind auf diese Weise wehrlos seinen Vorträgen ausgeliefert, in denen er das Nichtstun geißelt und seinen Pubertieren erzählt, dass es zu Zeiten seines eigenen Urgroßvaters so etwas wie einen Sonntag für Kinder gar nicht gegeben habe, weil sie erst in die Kirche, dann in die Sonntagsschule und schließlich in den Garten mussten, um Dicke Bohnen auszumachen. Die Pubertiere ignorieren ihn und widmen sich brummenden, zischenden und piependen Vorgängen an ihren Mobilgeräten.“

Welche Musik hören Teenager?

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, auch in der Musik. Doch für welche Genres begeistern sich Teenager? Von HipHop bis Schlager ist alles dabei - die Musik der Eltern von früher spielt allerdings keine Rolle:

„Untermalt von Klängen aus Nicks feiner Musiktruhe, die HipHop und Autoscooter-Techno beinhaltet. Das klang unwahrscheinlich aufregend für mich. Ich regte an, vielleicht das Musikprogramm noch durch irgendwas zu ergänzen, was Mädchen gerne hören, zum Beispiel Cat Stevens. Oder Kajagoogoo. Kannte er beides nicht und sagte, ich hätte, was Mädchen angeht, nicht genug Swag, um ihm Ratschläge zu geben. Gut, da hat er absolut recht.“ [...]
„Lustige Clips, in denen sie Mäuseöhrchen haben oder in denen männliche Klassenkameraden zu sehen sind, Lieder von Helene Fischer singen. Letzteres ist sehr verstörend, denn man wünscht sich die Jugend ikonoklastisch oder wenigstens gemäßigt anarchistisch. Aber sie singen nicht Degenhardt und nicht einmal Wader, sondern Atemlos durch die Nacht. Was soll nur aus dieser Jugend werden?“
 

Was machen Teenager in ihrer Freizeit?

Wie verbringen Teenager ihre Freizeit? Jan Weiler nennt zwei Beispiele, wie Teenager ihre freie Zeit nutzen und wofür sie sich interessieren.

»Eine halbe Stunde später störe ich sie beim Multitasking: Sie verfolgt einen YouTube-Kanal, zupft dabei ihre Wimpern, telefoniert und fertigt Hausaufgaben an. Das sind vier Tätigkeiten, die man ausgezeichnet miteinander verbinden kann.‹ […]„Da erinnerte ich sie an ein Spiel, von dem mir Nick erzählt hat. Es ist das Lieblingsspiel aller 14-jährigen Jungs bei uns in der Gegend, und es geht so: Einer sagt leise Penis , dann ist der Zweite dran und sagt etwas lauter Penis, dann wieder der Erste, wieder etwas lauter. Wer sich nicht mehr traut, hat verloren. Nick und sein Kumpel Finn spielen das immer in der S-Bahn. Jedenfalls muss man auch mal ein Wagnis eingehen, man muss mal mutig sein, man darf sich nicht alles gefallen lassen, man muss hier und da über persönliche Grenzen gehen.“

>> Mehr Erkenntnisse und Gewinnspiel zu „Und ewig schläft das Pubertier“

Warum sind Teenager so schwierig?

Rebellisch, egoistisch, streitlustig - die Pubertät hat viele Facetten, wie dieser Auszug aus „Und ewig schläft das Pubertier“ von Jan Weiler zeigt:

„Und als ich ihr bei anderer Gelegenheit mit dem Elternklassiker Immer musst du das letzte Wort haben kam, konterte sie gespielt unschuldig:
›Woher soll ich denn wissen, dass dir nichts mehr einfällt?‹ Und so ist Carla zu einem sehr starken Pubertier geworden.

Bei Bedarf kann sie sich übrigens auch blitzschnell in andere Tiere verwandeln. In ein Lamentier zum Beispiel. In ein Boykottier und besonders gerne in ein Diskutier. Als solches sucht sie regelmäßig die Auseinandersetzung mit ihrem Vater und bringt ihn nicht selten an den Rand seiner intellektuellen Möglichkeiten. Im Moment doziert sie gerne zu ihrem aktuellen Lieblingsthema, der geschlechtergerechten Sprache. Sie gendert auf Teufel komm raus. Vor Kurzem kam sie aus dem Zirkus, den sie als Begleitperson für einen Kindergeburtstag besucht hatte, und teilte mit, es habe dort Elefantinnen und Elefanten gegeben. Das schreit nach Notwehr.“
 

Welche Pflegeprodukte nutzen Teenager?

Schon früh greifen pubertäre Jugendliche zu allen Mitteln, um beispielsweise Hautunreinheiten vorzubeugen oder sich in Schale zu werfen. Teenager und Kosmetik behandelt der folgenden Auszug aus „Und ewig schläft das Pubertier“ von Jan Weiler.

„Als ich ihn trotzdem noch darauf hinwies, dass eine astreine Körperhygiene absolute Voraussetzung für das Klarmachen von Chicks darstelle, warf er mir einen mitleidigen Blick zu und verwies auf die eindrucksvolle Batterie von Duschgelflaschen und anderen chemischen Keulen, die in unserem Badezimmer unheilvoll oszillierend auf ihren Einsatz warten.
Am Samstag um halb sieben gingen Sara und ich aus dem Haus. Nick, Finn und ihr Kumpel Aziz saßen in Nicks Zimmer vor dem Rechner und rochen wie eine Douglas-Verkäuferin.“

Blick ins Buch
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Wenn es erst einmal wach ist, hält es die Welt in Atem: Das Pubertier. Und inzwischen hat sich Nick zu einem Parade-Exemplar entwickelt. Als männliches Pubertier besticht auch er durch faszinierende Einlassungen zu den Themen Mädchen, Umwelt und Politik sowie durch seine anhaltende Begeisterungsfähigkeit für ganz schlechtes Essen und seltsame Musik. Er wächst wie Chinagras und trägt T-Shirts und Frisuren, die uns dringend etwas sagen wollen. Ansonsten allerdings ist die Kommunikation mit dem Pubertier auf ein Mindestmaß reduziert, es spricht wenig, dafür müffelt und chillt es ausgiebig. Und die Liebe spielt in diesem dritten Teil der Pubertier-Saga eine immer größer werdende Rolle sowie auch die Wahl der richtigen Schuhmode. Im Pubertierlabor werden über einen möglichen Zusammenhang beider Phänomene Mutmaßungen angestellt. Gemutmaßt werden darf außerdem über die Frage, wann diese verfluchte Pubertät eigentlich aufhört. Der Erzähler schaut manchmal in den Spiegel und denkt: Eigentlich nie.

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Signierte Ausgabe: Die ÄlternDie ÄlternDie Ältern

Jan Weilers neue, hinreißend amüsante Geschichten über Eltern, deren Nachwuchs flügge wird

Irgendwann ist es soweit: Wenn aus Pubertieren Erwachsene werden, ist es an Papa und Mama, sich zu verwandeln. Eben noch Gegner mutieren sie zu den milde belächelten, ahnungslosen: Ältern. Und natürlich sind sie darauf ganz schlecht vorbereitet, denn ist ja so: Man ist 49, fühlt sich wie 29 – wird aber behandelt, als sei man 79. Und sieht einer ungewissen Zukunft ohne Wäscheberge, Jungs-Deo und leeren Chipstüten entgegen. Beunruhigt fragt man sich vielleicht: Werden die in die Freiheit entlassenen Pubertiere noch einmal den Weg zurück in den heimischen Stall finden? Und was wird eigentlich, wenn sämtliche Lastschriftaufträge für die Kinder einmal erloschen sein werden? Ist man dann für immer allein?




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Pubertäter

Wenn Kinder schwierig und Eltern unerträglich werden

Wenn kleine Kinder größer werden, sind die ersten Freuden gelebt und die ersten Schritte gemacht, der erste Frust ist verdaut. Nun, denken Eltern, ist es geschafft: Die Kinder sind auf dem Weg ins Leben. Irrtum,  das Schwierigste kommt erst noch: Die Pubertät. Denn hat sich der Sohn erst mal hinter dem  Kapuzenpulli verschanzt und die Tochter ihren Dauerchat auf Facebook begonnen, ist der Frieden auf Jahre dahin. Anarchisch, streitlustig und schonungslos erzählen die Eltern und Journalisten Cathrin Kahlweit und George Deffner, wie es einer Familie ergeht, die an dauerhaftem Hormonüberschuss leidet und deren Küchentisch regelmäßig zur Kampfzone wird.

WO DIE LIEBE HINFÄLLT


Synapsen ohne Verbindung
oder: Auch Eltern haben Rechte




Wir lieben Kinder. Und wir lieben–insbesondere–unsere eigenen Kinder. Hätten wir uns irgendwann im Leben entscheiden müssen: entweder wahnsinnig viel arbeiten und Karriere machen, zu zweit auf eine einsame Insel auswandern, Rockstars on tour werden, Antikriegsaktivisten in der Sahelzone–oder aber Kinder großziehen und dafür den einen oder anderen Kompromiss im Leben eingehen, wir hätten uns immer für Letzteres entschieden (aber zum Glück hat uns der liebe Gott nie vor die Wahl gestellt).


Allerdings: Hätten wir gewusst, dass unsere Kinder, wie wohl die meisten Kinder dieser Welt, ihre liebenden Eltern während der Pubertät derart in die Defensive drängen, dass wir uns manchmal fragen, ob kinderlose Akademiker mit Hund und Vielflieger-Bonuskarte nicht doch glücklicher sind–wir hätten zumindest einiges anders gemacht. Wären wir früher, als unsere Kinder noch klein und beeinflussbar waren, streng gewesen, konsequent, sparsam, ethisch unangreifbar, vielleicht hätten wir uns manchen Ärger erspart. Denn Tatsache ist: Einerseits wird jeder Mensch schon als Unikat geboren, und Umwelteinflüsse, das soziale Umfeld, familiäre Erziehung können nur partiell an diesem Unikat etwas ändern. Andererseits sagen wir immer zu unseren Kindern: Unser Job ist es trotzdem, euch zu erziehen, sonst macht es ja keiner. Also versuchen wir es, wenn auch offenbar mit wechselndem Erfolg.
In der Pubertät stellt sich nämlich die Frage, ob die Erziehung in der frühen Kindheit falsch war oder versagt hat, ob man also die Konsequenzen der eigenen Inkonsequenz erntet, und ob man ein schlechtes Vorbild war. Jedenfalls haben wohl die wenigsten Eltern das Gefühl, dass sie ihre pubertierenden Kinder kennen und immer, in jeder Minute, an jedem Tag bedingungslos lieben, während diese motzen und kotzen, schweigen und chatten, schmutzen und abhauen. Und nur selten, sozusagen aus Versehen oder zur Abwechslung, mal zugewandt, sensibel und rational sind.
Ratgeber und wissenschaftliche Abhandlungen erklären uns immer, warum das alles so sein muss und warum das gut ist. Wissenschaftlich gesehen hat das viel mit dem Umbau des Gehirns zu tun (davon später), und jeder zweite populärwissenschaftliche Text spricht lang und breit davon, dass das Hirn von Jugendlichen im Umbau und im Dauerstress sei und sie deshalb gar nichts dafür könnten, dass sie so sind, wie sie sind. Jeder Ratgeber und viele populärwissenschaftliche Texte erläutern auch, dass die Angst der Eltern vor der Pubertät ihrer Kinder unnötig sei, wenn sie sich nur richtig verhielten. Aber was genau ist „richtig“? Der Familienforscher Kurt Kreppner vom Max-Planck-Institut für Bildung in Berlin hat mal aufgelistet, was Eltern leisten müssen, wenn sie keine Fehler machen wollen: alle Entwicklungsschritte mit Verständnis begleiten, dem Kind nie das Gefühl geben, es sei böse oder werde im Stich gelassen, immer souverän bleiben, eine lange Leine lassen, aber Regeln aufstellen, Distanz erlauben, aber immer da sein, Kinder nicht zu Partnern machen, nicht alles verstehen wollen, sich nicht gemeinmachen. „Kompetent“ nennt Kreppner das–und müsste wahrscheinlich lange suchen, bis er Helden-Eltern fände, die sich selbst auch nur einen Bruchteil dieser Eigenschaften zuschreiben würden.
Eltern sollen also wahnsinnig viel leisten, können und dulden, aber wo bleibt eine entsprechende Anforderungsliste an die Kinder? Und wo bleibt die sympathisierende Forschung über Eltern als Opfer? Wir jedenfalls erklären unseren Kindern regelmäßig, dass das mit den entkoppelten Synapsen ja gut und schön ist, dass man aber trotzdem das Badehandtuch nach dem Duschen aufhängen kann und dass die Ausschüttung von Litern neuer Sexualhormone niemanden daran hindern muss, nach der Schule in sein Englisch-Vokabelheft zu schauen.
Ratgeber und wissenschaftliche Abhandlungen erklären uns auch unentwegt, dass Kinder sich nur in der Abgrenzung von ihren Eltern emanzipieren können, dass nur Verständnis und unbedingte Offenheit Nähe ermöglichen. Das ist in Ordnung, wir sind gern offen, aber beinhalten diese Regeln auch das Verständnis dafür, dass den ganzen Nachmittag Viva im Wohnzimmerfernseher läuft, während sich die Eltern ebendort gern mal in Ruhe auf einen Tee zusammensetzen würden? Der Schweizer Psychologe Allan Guggenbühl hat jedenfalls einen guten Rat an alle Familien, den wir, das geben wir gern zu, in die Tat umsetzen, ohne es immer zu wissen: „Zur gelungenen Ablösung der Kinder von den Eltern gehört, dass Jugendliche denken, Eltern machen alles falsch, und dass Eltern denken, sie hätten alles falsch gemacht.“
Nun, das klappt beides bei uns ganz gut. Und weil wir wissen, dass wir nicht die Einzigen sind auf der weiten Flur der Pubertätsgeschädigten, haben wir beschlossen, unsere–zugegeben häufig subjektiven, oft aber auch verallgemeinerbaren–Erlebnisse einer größeren Elternschaft weiterzugeben. Oft hilft ja im Leben schon das Gefühl, man sei nicht allein. Ach ja, und einen tollen Tipp haben wir auch. Psychologen, Pädagogen und Bildungsforscher haben recht, wenn sie sagen: Das geht alles vorbei. Eines Tages, man wacht auf und weiß nicht, was geschehen ist, sind die Kids wieder nett und zuverlässig, organisiert und entspannt. Huch, denkt man, und freut sich still. Und entsinnt sich der Jenaer Entwicklungspsychologin Karina Weichold, die tröstend mitteilt, es sei doch schön zu wissen, dass immerhin 80 Prozent aller Pubertierenden diese schwere Zeit ohne größere Krisen durchlebten und gestärkt aus ihr hervorgingen. Das gilt übrigens auch für die Eltern, finden wir: Je härter der Kampf zwischen 12 und 20, desto leichter fällt später die Trennung.
Was aber ist nun eigentlich los in dieser Zeit zwischen 12 und 20, die oft auch schon als sogenannte Vorpubertät mit 8 anfangen und als Spätpubertät bis 25 dauern kann? Pubertät ist bekanntlich jener häufig genutzte, pädagogisch bedeutsame Begriff, der immer dann eingesetzt wird, wenn alle Beteiligten ratlos sind. Probleme? Das ist die Pubertät. Unglück? Auch die Pubertät. Depressionen? Pubertät! Anarchie? Natürlich die Pubertät, was denn sonst!–Pubertät meint mithin die Krise schlechthin; die Krise als Dauerzustand, als ein sich vermeintlich in alle Ewigkeit fortsetzender Prozess, Tag für Tag–und vor allem auch nachts. Pubertierende Kinder sind grundsätzlich rund um die Uhr aktiv. Selbst ihr Tiefschlaf hat einen aggressiven Charakter, da er meist kurz ist, erst spät in der Nacht einsetzt und nach Kneipe riecht.
Aus Kindersicht definiert sich Pubertät gemeinhin als die Zeitspanne, in der Eltern schwierig werden. Von einem Moment auf den anderen brüllen sie plötzlich los, natürlich völlig grundlos; sie verhindern und blockieren das Fortkommen ihrer Nachkommenschaft (auch im geografischen Sinne); und sie sind grundsätzlich gegen alles, was ihre Blagen an Argumenten vorbringen, ja sie finden im Ernstfall sogar stimmige Gegenargumente.
Aus Elternsicht bedeutet es: Verzweiflung und Hoffnung, Scheitern und Gelingen, viele kleine Niederlagen und wenige Siege, begleitet von der Spannung zwischen nie versiegender Zuneigung aller Beteiligten zueinander und der Ratlosigkeit darüber, wie das zusammenpasst: schlampige, desinteressierte, verplante, dümmliche– aber genauso oft witzige, überraschend kompetente, lebenskluge, liebevolle Teenager. Und weil es immer zwei Seiten gibt, kommen in diesem Buch alle Opfer und alle Täter zu Wort, also Eltern und Kinder, oder Kinder und Eltern–je nachdem, wo man sich selbst und seine Lieben in dieser Aufteilung ansiedelt.


Die Wahrheit ist ja: Wenn kleine Kinder größer werden, sind die vielen ersten Freuden gelebt, die ersten Schritte gemacht, die ersten Zähne verloren, und der erste Frust ist verdaut. Nun, denken Eltern, ist das Schwierigste geschafft, die Kinder sind auf dem Weg ins Leben. Irrtum, das Schwierigste kommt erst noch: die Zeit, in der sogenannte junge Erwachsene alles sind, aber nicht erwachsen. Sie sind oft schlecht gelaunt, stumm, ichbezogen, gehen bei Eiseskälte im T-Shirt auf die Straße, rauchen und trinken ohne Sinn und Verstand, schauen Grunge-TV, spielen Ego-Shooter, kommunizieren in der Regel über Facebook, hängen auf anonymen Massenpartys herum, verlangen nach Markenklamotten, sind bisweilen grob zu ihren Mitmenschen, frech zu ihren Eltern, halten keine Verabredungen ein, finden Schule doof–und so weiter.
Einiges davon ist eher neu–der Umgang mit neuen Medien etwa oder die Rituale in der Peergroup–und vieles davon so alt wie die Geschichte der Pubertät. Nur: Für Mütter und Väter, die pubertierende Kinder daheim haben, ist diese Zeit ein Leben im ersten Kreis der Hölle. Schulische Leistungen und der Streit zwischen den Generationen dominieren den Familienalltag, die Debatte über pädagogische Konsequenzen bringt Mutter und Vater auseinander, jüngere, weniger verhaltensauffällige Geschwister fühlen sich vernachlässigt. Die Finanzierbarkeit von Internaten wird geprüft, Nachhilfe angeordnet, ab und an wird auch schon mal eine Erziehungsberatung in Anspruch genommen. Auch wenn alle Beteiligten wissen, dass diese Phase mit ihren Ausprägungen normal ist– denn das Leben mit pubertierenden Kindern ist, wie alles, was man selbst erlebt, faszinierend in seiner unerträglichen Einzigartigkeit.




Drei gegen zwei – und fünf gegen den Rest der Welt


Unser eigenes Leben sieht so aus: Zwei Erwachsene, drei Kinder; die Eltern berufstätig, die Kinder (derzeit) noch alle drei in der Schule, das Zuhause eine Wohnung im Grünen, die Nachbarn freundlich und die Katze wohlauf. Die Kinder, Jerry, Lukas und Hannah, sind 11, 17 und 18 Jahre alt. Jerry spielt Tischtennis und schreibt–noch– gute Noten. Er ist freundlich und zärtlich, was Jungs im Alter von 11 noch sind, bis sie lernen, dass echte Männer nicht freundlich und schon gar nicht zärtlich sind und schon gar keine guten Noten schreiben.
Lukas ist ein echter Mann. Er spielt keinen Fußball mehr, das ist was für Kinder, er ist wortkarg, außer wenn er etwas möchte, und zärtlich nur zu seiner Freundin. Vermutlich. Er hat die Dame zu Hause noch nie vorgestellt, insofern ist die positive Zuwendung zu anderen Frauen als seiner Mutter eine pure Vermutung der Eltern.
Hannah ist mehr unterwegs als daheim, macht theoretisch Abitur, aber praktisch viel Party, und was sie den ganzen Tag genau tut, wenn, wie meist, jede Menge Schulstunden ausfallen, bleibt den Erziehungsberechtigten ein Rätsel. Sie hoffen, dass zumindest die Abiturvorbereitung reell ist; aber wenn sie so intensiv ausfällt wie Hannahs Aufräumarbeiten vor dem vollgestopften Kleiderschrank, dann wird die Hoffnung bis zuletzt nur Hoffnung bleiben.
Und dann sind da noch die Eltern und die Kinder von Freunden und Verwandten, Beispiele aus Zeitungen und Fernsehsendungen sowie aus anderen Ländern und anderen Lebensbereichen, was bedeutet: Die Kinder, die in diesem Buch vorkommen, sind Individuen und doch zugleich repräsentativ, es sind drei wie viele andere. Zahlreiche Geschichten, die hier erzählt werden, haben sich nicht bei uns oder nicht genau so, aber so ähnlich oder genau so anderswo abgespielt. Will heißen: Nicht überall, wo Hannah, Lukas und Jerry draufsteht, sind auch Hannah, Lukas und Jerry drin. Lukas, Hannah und Jerry sind Prototypen. Und der hier beschriebene Alltag von Eltern und Kindern ist in vieler Hinsicht dem realen Leben nachempfunden, aber Namen und Personen sind (fast) frei erfunden.
Im Namen aller Pubertisten, die hier stellvertretend porträtiert werden, bekommen Hannah, Lukas und Jerry in diesem Buch das letzte Wort. Damit sichergestellt ist, dass all die Gemeinheiten, Unsäglichkeiten und Missverständnisse, die von den Autoren aufgeschrieben wurden, wieder zurechtgerückt werden. Denn eines ist sicher: So ein Buch kann, ja darf nur entstehen, wenn sich alle Beteiligten einig sind. Und sich auch hinterher noch lieben und verstehen.


WER NICHT ONLINE IST, IST TOT


Medien – und die Kraft der 160 Zeichen




Was tut ein liebender Vater, wenn er erfährt, dass seine noch minderjährige Tochter exakt 843 gute Freunde hat? In Worten achthundertdreiundvierzig–Stand gestern Abend, 18 Uhr, mit steigender Tendenz. Und wohlgemerkt: „gute“ Freunde!
Früher–ein, zwei Generationen vor unserer Zeit– wäre die Lösung klar gewesen: Der empörte Vater hätte umgehend das Jagdgewehr aus dem Schrank geholt, sich vor den Gemächern des Nachwuchses postiert und den wild gewordenen Lustknaben aufgelauert. Danach hätte er sich die Tochter zur Brust genommen, sie ein Flittchen geheißen und sie auf eine Hausfrauenschule auf einem einsamen Berg in der Schweiz expediert. So wurde man seinerzeit der grassierenden Unmoral Herr. Und so sah in grauer Vorzeit auch Verhütung aus.
Doch die Zeiten haben sich geändert, die Methoden besorgter Väter auch. Außerdem beteuern Töchter heutzutage, diese Freundschaften seien harmlos und völlig anders, als sich das der spießige Vater in seiner verklemmten Phantasie und die Mutter mit ihren Angstneurosen vorstellten. Also gut, fragen wir erst einmal beim eigenen Kind unverbindlich-harmlos nach.
„Sag mal, Hannah, wie kommst du zu 843 guten Freunden?“
„Ach Papa.“
„Jetzt sag: Wieso hast du 843 gute Freunde? Wo kommen die alle plötzlich her? Das sind doch bloß Pseudofreunde, von denen nie einer für dich da wäre, wenn es dir mal schlecht geht.“
„Mensch Papa, ist doch egal. Du verstehst das sowieso nicht!“
Dieser Satz ist der meistgesagte in unserem Haushalt: „Du verstehst das sowieso nicht!“ Reaktionen dieser Art kommen immer dann, wenn die noch kindlichen Pubertäter von ihren Altvorderen auf frischer Tat gestellt werden. Das soll Distanz ins Verhältnis bringen, für den Moment Luft verschaffen und bedrohliche Erstreaktionen wie Wutausbrüche oder bittere Tränen der Enttäuschung verhindern. Und es erklärt die liebenden, eben noch so wohlgesinnten Eltern ganz nebenbei zu anachronistischen Wesen, die es leider, leider schon lange aus der Zeitmaschine des Lebens herausgeschleudert hat. Die bereits ins Schattenreich der großen Ahnungslosigkeit abgedriftet sind, wegkatapultiert von allem, was das Leben lebenswert macht–quasi ein frühes Stadium von Demenz, das seit jeher Kinder für ihre Eltern diagnostizieren dürfen. Was wissen Eltern denn schon vom Heute, was von modernen Zeiten, vom rasenden Fortschritt und den grandiosen neuesten Errungenschaften der aktuellen Hightech-Ära? Nichts.


Wenn Hinz oder Kunz anrufen


Wir, die Alten (und Eltern sind immer die Alten!), sind für unsere Kinder Dinosaurier aus dem MS-DOS-Zeitalter, aufgewachsen zwischen Röhrenfernseher, Atari-Spielkonsolen, verstaubten Commodore 64-Tastaturen, antiken Stereo-Radio-Kassettendecks und 1,44 MB starken Floppy Disks. Wir kennen Beatles-Songs auswendig und hören Eric Clapton. Wen, bitte? „Lukas, das ist der geilste Gitarrist der Welt.“ „Nie gehört, wer soll das sein? Der geilste Gitarrist der Welt ist ja wohl…“–und dann kommen zehn Namen, zehn Bands, von denen unsereins wiederum nie gehört hat. Obwohl die moderne Eltern-Kind-Forschung gern die These verbreitet, es sei deshalb nichts mit Grenzen setzender Erziehung und pädagogischer Autorität, weil sich Eltern heutzutage allzu sehr bei ihren Kindern anbiederten, mit ihnen gemeinsam zum Justin-Timberlake-Konzert eilten, mit ihnen gemeinsam im Auto bei Jack Johnson mitsängen und auch gemeinsam mit ihnen bei H & M Röhrenjeans einkauften. Das heißt, wer keine Geschmacksgrenzen setzt, kann seinen Kindern nur schwerlich das Gefühl vermitteln, dass er ansonsten weiter, erfahrener, abgeklärter ist.
Bei uns ist das natürlich nicht so. Unser Sohn hat sich bei einem Sprachschulaufenthalt im Ausland mit Abercrombie & Fitch-Klamotten eingedeckt, die wir Erwachsenen uns nie im Leben leisten könnten, und er hört Rammstein. Da gibt es keine Gemeinsamkeiten. Unsere Tochter liebt elegisch-melancholische finnische Jazzsängerinnen mit depressiven norwegischen Vorfahren–auch da gibt es keine Gemeinsamkeiten. Dean Martin- oder Louis Prima-CDs, zu denen die Mutter gern laut und expressiv mitsingt, werden von ihren sensiblen Kindern gern mit empörtem Geschrei und ohne weitere Nachfrage aus dem Player gerissen. Was die Mutter daran erinnert, dass ihr Vater in jenen Dinosaurier-Zeiten, in denen man noch Vinyl-Schallplatten auf MusiCassetten überspielte, regelmäßig die bei ihm in Auftrag gegebene Überspielung von Earth Wind & Fire mit der Bemerkung abbrach, er habe schließlich seine teure Hi-Fi-Anlage nicht gekauft, um dabei zuzuhören, wie kastrierte Männer ihrer verlorenen Männlichkeit hinterherjammerten. Ach ja, derselbe Vater, mittlerweile Großvater, meldete seinen Töchtern, wenn ihre 843 Freunde anriefen (damals benutzte man noch das gemeine Festnetztelefon, das aber exzessiv!), gern den jeweiligen Anrufer mit dem Satz: „Hinz, Kunz, Pinz oder Schrunz haben wieder angerufen. Wie die hießen? Wer soll sich das merken?“
Nun, unsere Kinder vermuten jedenfalls, dass wir auch das Manuskript zu diesem Buch auf einer klapprigen Olympia-Reiseschreibmaschine mit ausgeleiertem Schlitten-Rückstellhebel schreiben. Also, wie soll man uns, den Bewohnern des Jurassic Parks für prä-senile Dinos, beibringen, was Apps, Firefox und MMS sind? Wo wir doch Mozilla garantiert mit Mozzarella verwechseln und bei Twitter nur an Tweety denken, den kleinen Vogel aus den Zeichentrickfilmen mit Kater Sylvester.

Blick ins Buch
JugendjahreJugendjahre

Kinder durch die Pubertät begleiten

Computersucht, Komasaufen, Schulmüdigkeit – selten gibt es positive Schlagzeilen über Jugendliche. Mit ihrem Buch wollen Remo H. Largo und Monika Czernin Verständnis für die Jugendlichen und ihre schwierigen Entwicklungsaufgaben wecken und den Blick dafür schärfen, dass in ihren Händen die Zukunft liegt. Ein Buch, das zum Umdenken auffordert.

Einleitung


Wenn der Hummer den Panzer wechselt, verliert er zunächst seinen alten Panzer und ist dann so lange, bis ihm ein neuer gewachsen ist, ganz und gar schutzlos. (Dolto 2005)


Neben der Geburt und den ersten Lebensjahren ist die Pubertät entwicklungsbiologisch gesehen die wichtigste Phase im Leben eines jeden Menschen. Hier kommt zum Abschluss, was mehr als 15 Jahre für seine Entfaltung gebraucht hat. Am Ende der Pubertät ist der Hummer dann ausgewachsen, er hat ein letztes Mal seinen Panzer gewechselt, um beim Bild der französischen Kinderpsychiaterin Françoise Dolto zu bleiben. Die Jugendjahre sind ein großer Einschnitt, für manche sogar die größte Herausforderung ihres Lebens. Aber auch die Erwachsenen, die Väter, Mütter und Lehrer tun sich mit dieser Lebensphase oft schwer. „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Menschen und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Kinder widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen und tyrannisieren ihre Lehrer.“ So klagte vor 2400 Jahren schon der Philosoph Sokrates, zumindest wird ihm das Zitat zugeschrieben.
In unserer Gesellschaft sind Kinder zu einem kostbaren Gut geworden, wer sich für Kinder entscheidet, investiert viel in ihre Entwicklung. Und dann, so plötzlich wie unabdingbar, machen sie sich innerlich wie äußerlich davon, grüßen kaum noch und wünschen sich ein Leben weit weg vom familiären Heim. Kein Wunder, dass Eltern nicht verstehen, was da eigentlich vor sich geht. Haben sie etwas falsch gemacht? Sind es die Hormone? Das Gehirn? Was kann man dagegen tun, und geht diese Phase einfach wieder vorbei, so plötzlich wie sie, einem Alptraum gleich, über die Familie gekommen ist? Auch sind die Erwachsenen verunsichert. Angesichts von Zukunftsängsten und realen Bedrohungen etwa durch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, wachsen die Sorgen einer Elterngeneration, die sich fragen muss, ob sie die Welt, die sie ihren Kindern übergibt, gut genug bestellt hat.
Dieses Buch hat eine besondere Form. Wir, die Autoren, führen stellvertretend für die Leser und Leserinnen einen Dialog, Fragen und Antworten sollen die unterschiedlichen Positionen – vom besorgten Elternteil bis zum Experten – widerspiegeln. Ich, Monika Czernin, bin Mutter einer Teenagerin. Als meine Tochter in die Pubertät kam, erinnerte ich mich daran, wie meine Eltern unter meinen rebellischen Distanzierungsversuchen litten und bekam doch denselben Dackelblick, klagte und seufzte: „Ach, was warst du nur für ein süßes Mädchen, als du noch klein warst.“ Meine Tochter brach zu Recht in Schreikrämpfe aus. „Und jetzt? Du magst mich wohl gar nicht mehr.“ Gott sei Dank begannen Remo Largo und ich dann bald an diesem Buch zu schreiben. Die Gespräche, Debatten und Recherchen haben mir, der Mutter, Journalistin und Pädagogin neue Denkräume geöffnet und viele Irrwege erspart. Vor allem haben sie meine Ängste bekämpft und mir die Freude über das Großwerden meiner Tochter zurückgegeben. Ich habe durch das Schreiben gelernt, anerkennender und großzügiger auf ihre Welt zu schauen, hinter der Kratzbürstigkeit die Verletzlichkeit und Sensibilität wahrzunehmen, trotz aller Launen ihre Kreativität nicht aus den Augen zu verlieren, und bei aller nötigen und dennoch schmerzhaften Loslösung ihre Loyalität, Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit zu würdigen. Die Pubertät der Kinder ist immer auch eine Chance, noch einmal über Ge- und Misslingen des eigenen Starts ins erwachsene Leben nachzudenken. Ich möchte diese Konfrontation sowie den kritischen Blick meiner Tochter auf meinen Lebensentwurf nicht missen.
Ich, Remo Largo, habe drei erwachsene Töchter und vier Enkelkinder, zwei davon sind bereits wieder in der Pubertät. Mich beschäftigt die Pubertät als Vater und Wissenschaftler seit vielen Jahren. Die Erinnerungen an meine eigene Pubertät sind sehr verschwommen. An die Pubertät meiner Töchter erinnere ich mich noch sehr genau. Es gab gute Zeiten, geblieben sind mir jedoch vor allem die Episoden, die mit dem Gefühl einer umfassenden Ohnmacht und einer beängstigenden Einsicht verbunden waren: Als Eltern können wir unsere Kinder nicht mehr beschützen, sondern nur noch hoffen, dass wir ihnen das Rüstzeug mitgeben konnten, um sich „draußen in der Welt“ zu bewähren. In meiner wissenschaftlichen Arbeit wurde mir in den Zürcher Längsschnittstudien die enorme Vielfalt in der Pubertätsentwicklung nachhaltig vor Augen geführt. DIE Pubertät gibt es nicht, sondern nur individuelle Schicksale. Mein bestimmter Eindruck ist, dass Jugendliche – auch Dank ihrer Eltern – in den vergangenen 40 Jahren erfreuliche Fortschritte gemacht haben. Sie sind selbstbewusster, verantwortungsvoller und initiativer geworden – auch wenn das manche Erwachsene anders sehen. Größere Problembereiche orte ich weniger bei den Jugendlichen, als bei den Eltern, den Lehrern, den Politikern und der Gesellschaft als Ganzes. Vorurteile in der Erziehung, Altlasten in den Schulen und offensichtliche gesellschaftliche Benachteiligung der jungen Menschen gilt es abzubauen.
Mit diesem Buch wollen wir darum Verständnis für die Jugendlichen wecken, für ihre Bedürfnisse, Wünsche und Probleme. Indem wir immer wieder durch die Brille der Heranwachsenden auf die Welt blicken, hoffen wir eine Brücke zu schaffen für Eltern, Lehrer und andere Erwachsene. Die Pubertät ist nicht umsonst eine prekäre Lebensphase, in der sich psychische Störungen häufen und die Selbstmordrate massiv ansteigt. Dem oft gegebenen Rat an die Eltern, die Sache doch einfach mal locker zu nehmen, können wir darum nicht zustimmen, müssen aber dennoch immer wieder betonen, dass es mit der herkömmlichen Erziehung in der Pubertät ein für alle mal vorbei ist. Dafür war in den Jahren davor genug Zeit.
Wir werden uns weniger mit Gefahren wie Alkohol, Gewaltvideos, Komasaufen und Cybermobbing auseinandersetzen und werden schon gar nicht Ratschläge erteilen, wie sie zu vermeiden und zu bekämpfen sind. Wir glauben nicht an ein weiteres Zehn-Punkte-was-soll-ich-mit-den-Jugendlichen-tun-Programm für Eltern und Lehrer, sondern wollen eine Veränderung des Denkens und Verstehens bewirken, aus der sich dann hoffentlich neue Verhaltensweisen – weniger für die Jugendlichen als vielmehr für die Erwachsenen – ergeben.
Unser Anliegen ist es, Eltern und anderen Erwachsenen zu zeigen, wie sie die Jugendlichen stärken können. Denn Jugendliche müssen möglichst stark sein, damit sie die Herausforderungen erfolgreich bestehen können, die ihnen in der Pubertät abverlangt werden. Kinder, aus denen allmählich Erwachsene werden, haben eine Vielfalt von Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Noch einmal läuft das Wachstumskraftwerk auf Hochtouren – körperlich, geistig und emotional –, um dann die Entwicklung zu beenden. Die Darstellung der jugendlichen Entwicklungsaufgaben in diesem Buch basiert auf dem Fit-Konzept, so wie es im Buch „Kinderjahre“ (Largo 1999) entwickelt wurde. Danach müssen Jugendliche im Wesentlichen drei wichtige Herausforderungen meistern:
Geborgenheit: Jeder Jugendliche will sich geborgen fühlen. In der Kindheit befriedigen die Eltern seine körperlichen Grundbedürfnisse. Eine bedingungslose Bindung zwischen Kind, Eltern und anderen Bezugspersonen gewährleistet emotionale Sicherheit. Wenn sich der Jugendliche von den Eltern ablöst und die Familie verlässt, muss er die emotionale Sicherheit anderswo finden, was ein schwieriges Unterfangen ist und mit emotionalen Höhen und Tiefen einhergeht.
Soziale Anerkennung: Jeder Jugendliche braucht soziale Anerkennung und eine gesicherte Stellung in der Lebensgemeinschaft. Soziale Sicherheit gewährleistete bisher die Familie und die Schule. Nun muss der Jugendliche aus eigener Kraft seinen Platz in der Gesellschaft finden und sich soziale Anerkennung verschaffen.
Entwicklung und Leistung: Jeder Jugendliche will seine Fähigkeiten möglichst gut ausbilden. Als Kind hatte er zu einem wichtigen Teil für Eltern und Lehrer gelernt, jetzt muss er, ob in der Schule, der Berufsausbildung oder in der Universität für sich selbst lernen. Er muss seine Stärken entwickeln, um dann im konkreten Tun und Handeln in Gesellschaft und Wirtschaft erfolgreich zu sein.
An diesen drei Aufgaben wächst der Jugendliche zum Erwachsenen heran und entwickelt seine Identität. Es erstaunt wohl kaum, dass dieser vielschichtige Prozess des Suchens, Findens und sich Bewährens nicht pannenfrei verlaufen kann, weder für die Jugendlichen, noch für die Eltern und die Schule. Das Fit-Konzept strebt eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen den individuellen Bedürfnissen und Entwicklungseigenheiten des Jugendlichen und seinem Umfeld an. Wenn in diesen drei Bereichen eine gute Übereinstimmung zwischen dem Jugendlichen und seinem Umfeld besteht, fühlt er sich wohl, ist aktiv und kann ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln. Ist die Übereinstimmung ungenügend oder fehlt sie gar, werden Wohlbefinden und Selbstwertgefühl des Jugendlichen beeinträchtigt. Daraus können psychosomatische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten entstehen. Fehlt beispielsweise die Anerkennung von den Gleichaltrigen, kann ein Mädchen magersüchtig werden oder ein Junge besonders große Risiken eingehen.
Unser Buch ist folgendermaßen aufgebaut. In Teil I geht es darum, ein Verständnis für die Gesetzmäßigkeiten zu wecken, welche die Entwicklung in der Pubertät bestimmen. Jugendlichen wird beispielsweise häufig von ihren Eltern vorgeworfen, sie würden zu spät zu Bett gehen und daher notorisch übermüdet sein. Nun hat sich herausgestellt, dass Jugendliche aus biologischen Gründen gar nicht früher einschlafen können. Das soziale Umfeld muss sich also anpassen, nicht die Jugendlichen. Besonderer Nachdruck wird in Teil I auf die Vielfalt gelegt, die unter Jugendlichen herrscht. Diese Vielfalt ist so groß, dass nur ein individueller Umgang dem einzelnen Jugendlichen gerecht werden kann. Denn eine erzieherische Haltung, die bei dem einen Jugendlichen auf fruchtbaren Boden fällt, kann bei einem anderen verfehlt sein. Je genauer es Eltern und Lehrern gelingt, sich auf die individuellen Bedürfnisse und Eigenheiten der Jugendlichen einzustellen, desto besser werden sich die Jugendlichen entwickeln und desto geringer wird der erzieherische Aufwand sein.
In Teil II wollen wir aufzeigen, weshalb die Pubertät für Jugendliche eine so schwierige Zeit ist. Auch wenn es Eltern und Lehrern unbegreiflich erscheint: Ein Konflikt in der Clique kann einen Jugendlichen so umtreiben, dass er die Schule total vernachlässigt. Je besser sich Eltern und Lehrer in die Nöte der Jugendlichen einfühlen und hineindenken können, desto tatkräftiger können sie ihnen beistehen.
In Teil III schließlich geht es um die Frage, wie Eltern, Schule und Gesellschaft Jugendliche besser unterstützen können, um ihre soziale und berufliche Integration sicherzustellen. Tun sie das nicht, werden die jungen Erwachsenen zu einer Belastung für die ganze Gesellschaft. Wir Erwachsene dürfen uns nicht mit Kritik und Ansprüchen an die Jugendlichen zufrieden geben, sondern müssen unsere eigenen Ängste und Vorurteile hinterfragen. Wenn die junge Generation die Pubertät gut bestehen soll, wird diese Zeit eine Herausforderung und Entwicklungschance auch für uns Erwachsene. Denn auch wir müssen uns weiterentwickeln.
Abschließend eine Anmerkung zu den Literaturhinweisen. Wo es notwendig ist, haben wir auf Originalarbeiten und Bücher verwiesen. Oft zitieren wir auch Studien, die schon einige Jahre alt sind – aus gutem Grund. Nicht immer sind nämlich die aktuellsten Untersuchungen auch die besten. Für weiterführende Informationen, beispielsweise über Begriffe wie Sexualhormone oder Transsexualität, empfehlen wir den Lesern und Leserinnen Wikipedia. Dieses Internetportal ist einschlägigen Enzyklopädien qualitativ mindestens ebenbürtig, meist sogar ausführlicher, reichhaltiger an Quellenangaben und immer am aktuellen Stand. Bleibt noch zu erwähnen, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text darauf verzichtet haben, beispielsweise von Schülern und Schülerinnen zu sprechen, und uns jeweils für eine Form entschieden haben.
Monika Czernin und ich sind überzeugt: Die wirksamste Medizin gegen die Angst bei den Erwachsenen und die beste Unterstützung für das jugendliche Kind ist, darauf zu vertrauen, dass es sein Bestes geben wird, um zu dem Menschen zu werden, der in ihm angelegt ist. Dies zu ermöglichen ist unsere Aufgabe. Wir Erwachsene müssen die Jugend tatkräftig bei der Bewältigung ihrer schwierigen Entwicklungsaufgaben unterstützen. Aus diesem Anliegen heraus entstanden dieser Dialog zwischen uns Autoren und dieses Buch für alle, die sich für die jungen Menschen einsetzen wollen.


Remo H. Largo und Monika Czernin


Teil I
Die Entwicklung beim Jugendlichen


Entwicklung in der Pubertät


„Seit einiger Zeit finde ich, dass alles immer komplizierter wird, alles ist kompliziert, ich bin auch kompliziert.“ (Nathalie, 14)


Schlussspurt zur Vollendung


Hirnforscher haben Teenager mit bildgebenden Verfahren untersucht und dabei festgestellt, dass ihr Gehirn in der Pubertät einen letzten großen Umbau erfährt (Crone 2011). Wir Eltern und alle, die sich mit Jugendlichen beschäftigen, können also beruhigt sein: Das heillose Durcheinander in der Pubertät hat System und eine klare Ursache.
Die Hirnforschung bestimmt zunehmend unsere Vorstellungen über menschliches Verhalten. So ist beispielsweise die erhöhte Risikobereitschaft von Jugendlichen neurobiologisch erklärt worden. Sie werde nämlich dadurch verursacht, dass die Frontalhirnrinde, die Schaltstelle für besonnenes Handeln, als letztes umgebaut wird. Wer sich als Jugendlicher also außen an einen Zug hängt, Bungeejumping betreibt und sein erstes Auto als Rennsportgerät missversteht, dessen Frontalhirnrinde ist einfach noch unreif. Die Frage ist nur, ob solche Erkenntnisse auch hilfreich sind. Sollen wir als Eltern und Lehrer die Hände in den Schoß legen und das Risikoverhalten von Jugendlichen schicksalhaft erdulden? Wir schaffen es nicht, weil wir uns verantwortlich fühlen. Wir müssen handeln und entscheiden. Und dazu brauchen wir möglichst adäquate und hilfreiche Vorstellungen darüber, was bei Jugendlichen entwicklungsmäßig geschieht. Je besser wir ihre biologische Entwicklung und ihr Verhalten verstehen – und die Hirnforschung leistet dazu eben nur einen kleinen Beitrag –, desto kompetenter können wir mit ihnen umgehen und desto besser geht es den Jugendlichen und nicht zuletzt auch uns selbst. Befassen wir uns also zuerst mit den Entwicklungsprozessen, die in der Pubertät ablaufen und abgeschlossen werden, und dann mit der Vielfalt, die in der Pubertät besonders groß ist.


In der Pubertät kommen die Entwicklungsprozesse zum Abschluss. Das klingt endgültig. So, als ob danach keine Entwicklung mehr stattfinden würde.
Auch Erwachsene können sich noch entwickeln, aber nicht mehr so wie Kinder. Um zu verstehen, was mit Abschluss der Entwicklung gemeint ist, müssen wir uns klar machen, worin die kindliche Entwicklung eigentlich besteht. Sie lässt sich im Wesentlichen durch drei Prozesse charakterisieren: Wachstum, Differenzierung und Spezifizierung.
Wachstum: Jedes Kind wächst. Das Wachstum ist wohl das augenscheinlichste Merkmal der kindlichen Entwicklung. Zahlreiche Aspekte der Entwicklung wie etwa die Körpergröße nehmen im Verlauf der Kindheit zu und finden in der Pubertät ihren Abschluss. Natürlich gibt es gewisse Merkmale wie beispielsweise der Bart, der auch nach der Pubertät noch weiter wächst, oder die Weisheitszähne, die überhaupt erst im Alter von 30 Jahren zum Vorschein kommen. Aber im Wesentlichen ist das kindliche Wachstum am Ende der Pubertät abgeschlossen.
Differenzierung: Bei der Entfaltung von geistigen Fähigkeiten ist der Abschluss der Entwicklung weniger offensichtlich als beim Wachstum. Fähigkeiten wie die gesprochene Sprache, das Zahlenverständnis oder das zwischenmenschliche Verhalten nehmen während der ganzen Kindheit nicht nur quantitativ zu, sondern differenzieren sich auch qualitativ aus. So entwickelt das Kind seine kommunikativen Fähigkeiten, indem sein Sprachverständnis und sein sprachlicher Ausdruck, aber auch seine Körpersprache immer nuancierter werden. Dieser Prozess wird in der Pubertät ebenfalls weitgehend abgeschlossen.
Spezifizierung: Bei der Spezifizierung werden bestimmte Fähigkeiten in der Pubertät festgelegt. Je nach Umfeld, in dem das Kind aufwächst, werden Fähigkeiten wie etwa die Sprache unterschiedlich ausgebildet und schließlich auch festgeschrieben. Ein Erwachsener kann immer noch eine Fremdsprache lernen, aber nie mehr in der Weise und in der Perfektion wie als Kind die Muttersprache.
Die Entwicklung ist also ein Prozess, bei dem der kindliche Organismus und im Besonderen das Gehirn in einer ständigen Interaktion mit seinem Umfeld wächst, sich ausdifferenziert und in seinen Fähigkeiten festgelegt wird.


Use it or lose it – lautet eine weitere Erkenntnis der Hirnforscher. Zellen, die in der Kindheit nicht gebraucht oder angeregt wurden, werden in der Pubertät entsorgt. Heißt das, wir können nach der Pubertät nichts mehr dazulernen, unser Gehirn ist fertig verdrahtet?
In einer gewissen Weise stimmt das. Und dennoch ist Dazulernen bis ins Rentenalter möglich. Das klingt nach einem Widerspruch, ist es aber nicht. Es geht also um die Frage: Was können Erwachsene noch lernen und was nicht mehr? Der beste, wenn auch etwas unschöne Vergleich, der mir dazu einfällt, ist der Computer. Was der Jugendliche am Ende der Pubertät mitbekommt, ist ein Gehirn, vergleichbar einer Festplatte mit fertig entwickeltem Betriebssystem und zahlreichen Programmen. Genauso wenig wie wir als Normaluser das Betriebssystem oder das Word-Programm auf unserem PC verändern können, kann der junge Erwachsene Einfluss auf seine Hirnstrukturen nehmen. Was uns als PC-Benutzer jedoch möglich ist, ist, die Programme verschieden zu nutzen. Wir können Word, Excel, Power Point, Photoshop und alle anderen Programme, mit denen wir uns auskennen, auf ganz unterschiedliche Weise verwenden. Genauso kann der Erwachsene sein analytisches Denken, seine Motorik, seine Sprache oder seine sozialen Kompetenzen auf unterschiedlichste Weise einsetzen und durch neue Erfahrungen mit Wissen und spezifischen Fertigkeiten erweitern. Herauszufinden wie er seine Fähigkeiten – also die Festplatte samt aller Programme – möglichst wirkungsvoll und sinnvoll einsetzen kann, ist eine der großen Herausforderungen für jeden Jugendlichen in der Pubertät.


Wenn man sich in einer 7. Klasse umschaut, dann glaubt man oft nicht, dass es sich dabei um mehr oder weniger Gleichaltrige handelt. Manche Mädchen haben schon einen Busen und schminken sich, andere hingegen sehen wie deren jüngere Schwestern aus. Genauso ist es bei den Jungen. Während manche in die Höhe schießen und kräftige Schultern entwickeln, scheinen andere immer noch im Grundschulalter zu stecken. Wie groß sind die Unterschiede in der Pubertät?
Die Unterschiede zwischen den Kindern, die sogenannte interindividuelle Variabilität ist nie größer als in der Pubertät. Die Gründe dafür sind vielfältig. Erstens variiert das Alter, in dem Mädchen und Jungen in die Pubertät kommen, das heißt die Reifung verläuft von Jugendlichem zu Jugendlichem unterschiedlich rasch. Zweitens sind auch die individuellen Pubertätsverläufe verschieden. Die Pubertät kann ganz unterschiedlich lange dauern. Drittens gibt es Gruppenunterschiede zwischen den Geschlechtern. Mädchen sind im Mittel in jedem Alter reifer als Jungen. Und viertens gibt es auch noch die sogenannte intraindividuelle Variabilität. Jeder Jugendliche entwickelt sein eigenes Profil an unterschiedlichen Kompetenzen und Begabungen.




Pablo 13, 15 und 17 Jahre


Woher kommt diese Vielfalt. Was ist deren biologischer Sinn? Und wie groß ist sie tatsächlich?
Es ist ein grundlegendes Prinzip der Biologie, dass jedes Merkmal und jede Eigenschaft bei der Amöbe genauso wie beim Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist. Mir ist keine Eigenschaft und kein Merkmal bekannt, das bei allen Menschen gleich ausgeprägt wäre. Die Vielfalt bei Pflanzen, Tieren und auch beim Menschen garantiert, dass es immer Mitglieder innerhalb einer Art gibt, die sich auf Grund ihrer individuellen Eigenschaften an veränderte Umweltbedingungen besonders gut anpassen können. Die Vielfalt besteht bereits bei der Geburt und nimmt im Laufe der Kindheit immer mehr zu. In der 1. Klasse unterscheiden sich die Kinder in ihrem Entwicklungsalter um mindestens 3 Jahre. Es gibt Kinder, die mit 6 Jahren ein Entwicklungsalter von 7 bis 8 Jahren aufweisen und bereits lesen können. Andere mit einem Entwicklungsalter von 4 bis 5 Jahren sind noch weit davon entfernt. Bis zur Oberstufe nehmen die Unterschiede zwischen den Kindern noch einmal deutlich zu. Mit 13 Jahren variiert das Entwicklungsalter um mindestens 6 Jahre zwischen den am weitesten entwickelten Jugendlichen und jenen, die sich am langsamsten entwickeln (Abbildung 1). Hinzu kommt, dass Mädchen, wie schon erwähnt, den Jungen im Mittel um eineinhalb Jahre voraus sind. Diese Vielfalt muss Jugendliche und Erwachsene verwirren, die von Normvorstellungen ausgehen.


Eltern und auch Lehrer wundern sich immer wieder, wie unterschiedlich die Begabungen bei ein und demselben Kind ausgeprägt sein können. Selbst innerhalb der Familie kann es vorkommen, dass das eine Kind gut in Sprache, aber schwach in Mathematik ist; bei einem Geschwister ist es genau umgekehrt.
Jeder Jugendliche und auch jeder Erwachsene weist ein ihm eigenes Profil von Begabungen auf. Zwei solche Kompetenzprofile von 14-jährigen Jugendlichen sind in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt. Bei Daniel und Sarah sind die Begabungen sehr unterschiedlich verteilt. Daniel hat seine Stärken im logisch-mathematischen Denken und in der Motorik, seine Schwächen liegen im sprachlichen Bereich. Bei Sarah ist es genau umgekehrt. Sie ist sprachlich besonders begabt, dafür weniger kompetent in logischem Denken und Rechnen. Die Stärken und Schwächen können unter Jugendlichen in unterschiedlichen Variationen vorkommen. Beim einzelnen Jugendlichen können ausgeprägte Unterschiede zwischen beispielsweise den körperlichen und den sozio-emotionalen Entwicklungsbereichen bestehen.Es kann zu schwierigen Situationen für den Jugendlichen, aber auch für seine Umgebung kommen, wenn er körperlich voll entwickelt ist, aber wegen seiner niedrigen sozialen Kompetenz rasch die Kontrolle über sich verliert. Weil Jugendliche in den verschiedenen Entwicklungsbereichen unterschiedlich weit entwickelt sein können, erstaunt es nicht, dass sie häufig ein Verhalten zeigen, das für Erwachsene schwer verständlich ist und von ihnen als chaotisch bezeichnet wird.


Wenn ein Kind früh in die Pubertät kommt, gilt dies dann nicht nur für seine körperliche Entwicklung, sondern für alle Entwicklungsbereiche wie die Sprache oder die Kognition?
Es gibt Hinweise, dass dies tatsächlich der Fall ist. Das bedeutet, wenn die Pubertät früh einsetzt, schließt auch das Gehirn seine Entwicklung früh ab. Damit werden alle Entwicklungsprozesse, nicht nur die körperlichen, frühzeitig beendet. Tanner (1962) hat eine signifikante Beziehung zwischen dem Intelligenzquotienten und dem Knochenalter als Indikator für die Entwicklungsreife nachgewiesen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein früher Abschluss der Entwicklung zwangsläufig mit einem niedrigen IQ einhergeht. Zur besseren Verständlichkeit möchte ich folgenden Vergleich machen: Es gibt große und kleine Kinder, die rasch oder langsam reifen. Reift ein großes Kind rasch, wird es vorübergehend sehr groß sein. Reift ein kleines Kind langsam, wird es vorübergehend sehr klein sein. Die Ausprägung der Körpergröße und die Reifungsgeschwindigkeit sind also voneinander unabhängig. Genauso verhält es auch mit den kognitiven Fähigkeiten. So können sich kluge Kinder rasch oder langsam entwickeln. Entwickeln sie sich rasch, sind sie in der Schule den anderen Kindern besonders weit voraus.

Wozu nach den Sternen greifen, wenn man auch chillen kann?Wozu nach den Sternen greifen, wenn man auch chillen kann?

Die große Orientierungslosigkeit nach der Schule

Die große Orientierungslosigkeit nach der Schule ist ein Massenphänomen: Junge Erwachsene, ob mit Einser-Abitur oder weniger glanzvollen Abschlüssen, sind nach der Schule blockiert. Statt mit wehenden Fahnen ins Leben zu starten, fühlen sie sich unfähig zur Entscheidung - für die richtige Ausbildung, den richtigen Beruf. Es wird gelitten, gestritten und viel gechillt. Ulrike Bartholomäus erzählt anschaulich und mitunter nicht ohne Komik von den Dramen, die sich in den Familien abspielen. Die Wissenschaftsjournalistin recherchiert bei Pädagogen, Ärzten und Wissenschaftlern, um dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Sie hat zahlreiche junge Menschen, die länger für ihre Orientierungsphase gebraucht haben, begleitet. Sie haben für dieses Buch auch Gespräche mit Gleichaltrigen geführt. Die Autorin liefert damit das Porträt einer Generation zwischen Gap year, Sinnsuche, langwieriger Studienfachfindung, Verweigerung und Aufbruch ins Unbekannte.
Eine lebensnotwendige Lektüre für alle Eltern, die nichts sehnlicher wünschen, als ihr Kind in die Selbständigkeit zu entlassen.

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Die Dinge gechillt geregelt kriegenDie Dinge gechillt geregelt kriegen

Hausaufgaben, Handy und Hobby besser organisieren

Morgen Mathetest, heute Hausaufgaben, Klavierunterricht und Karate-Training: Jugendliche geraten mehr und mehr in einen gefährlichen Strudel aus Alltagsstress, Prüfungsdruck und Zukunftsängsten. Neben den überforderten Teenagern stehen mindestens genauso ratlose Eltern, die sich fragen: Wie können wir unserem Nachwuchs helfen? In seinem neuen Buch liefert David Allen endlich Organisationsstrategien für die nächste Generation. Der Selbstmanagement-Profi sagt nervösen Eltern, wann es besser ist, einfach mal die Klappe zu halten, und erklärt jungen Leuten, wie sie ihren komplizierten Alltag meistern und dabei einen kühlen Kopf bewahren. Ein Buch für alle, die noch lernen müssen!

Vorwort

„Mann, ich wünschte, ich hätte das in der Schule gelernt – dann wäre vieles ganz anders gelaufen!“
„Wie kann ich das meinen Kindern mitgeben?!“
Ich habe unzählige solcher Ausrufe gehört, während ich in den vergangenen drei Jahrzehnten Menschen in der Methode unterrichtet und angeleitet habe, die heute allseits als „GTD“ bekannt und in meinem Hauptwerk Wie ich die Dinge geregelt kriege dargelegt ist.
Bei denjenigen, die mit GTD vertraut sind, bringen diese Empfindungen vielleicht etwas ins Schwingen. Wenn jemand die Methode nicht kennt, erhält er anhand dieses Buches einen tollen Vorgeschmack auf die Art von praktischen Tipps, die wir alle schon in frühen Jahren erlernt haben sollten, es aber nicht getan haben. Es handelt sich um einen einfachen, aber profunden Weg, mit den Dingen umzugehen, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen, sodass wir sie beherrschen, statt ihnen zum Opfer zu fallen.
Eltern, Lehrer, Schulleiter, Geistliche und Berater – Menschen, deren Aufgabe es ist, junge Leute auf das vor ihnen liegende Leben vorzubereiten – haben mir gegenüber oft den Wunsch nach einer Methode geäußert, mit der diese Praktiken an jüngere Leute weitergegeben werden können.
Ich habe keine Kinder und bin auch kein Lehrer im herkömmlichen Sinne. Was ich im Verlauf dieser vielen Jahre entwickelt habe, war ein Modell der besten praktischen Verfahren, das zum Kern meiner Profession wurde, Schulungen und Coachings vor allem für Unternehmen anzubieten. Hier fand sich die Gruppe, die an vorderster Front mit dem Bombardement von E-Mails, dem Internet und den ständig zunehmenden Störungen durch den raschen Wandel auf diesem Gebiet konfrontiert war, und diese Leute verlangten dringend nach Hilfe.
Mir war von Anfang an klar, dass die von mir entwickelten Verfahren extrem nützlich für alle waren, die ein kreatives und arbeitsreiches Leben führen – angefangen bei Studenten und Künstlern bis hin zu Vollzeiteltern. Ich wusste allerdings nicht, wie ich dieses Publikum wirksam ansprechen konnte, da ich damit beschäftigt war, meine eigene Karriere voranzubringen. Und ganz bestimmt hatte ich keine Ahnung, wie sich die Methode in ein für Teenager verständliches und brauchbares Format übertragen ließ.
Nichtsdestotrotz hatte ich stets das Gefühl, dass Kinder die Antwort waren, sollte meine Arbeit sich so langfristig auswirken, wie sie das meiner Ansicht nach konnte. Will man auf lange Sicht stressfreie Produktivität erleben, so gibt es Verhaltensweisen, die für die meisten Erwachsenen nur sehr schwer zu verändern sind – etwa, dass man Verpflichtungen, seien sie nun klein oder groß, im Rahmen eines vertrauenswürdigen externen Systems im Auge behält, und nicht im Kopf. Diese einfache, aber wirksame Verfahrensweise schafft die Fähigkeit, optimal nachzudenken und sich auf kreative Art zu konzentrieren. Die meisten Erwachsenen tun das selbst dann nicht, wenn sie es eigentlich besser wissen. Ich habe das erlebt. Kinder hingegen können es meist rasch übernehmen.
Die meisten Erwachsenen glauben zu wissen, wie Denken geht. Kinder sind in einer Position, in der sie mit dem Lernen gerade erst beginnen.
Wie (und ob) ich dieses jüngere Publikum erreichen konnte, wusste ich nicht, obwohl das immer auf meiner „Irgendwann/Vielleicht“-Liste stand. Mein eigenes Wunschdenken in dieser Hinsicht begann sich in eine reale Möglichkeit zu verwandeln, als zwei Personen in meine Welt traten: Mike Williams und Mark Wallace.
Mike traf ich, nachdem ich von seiner Arbeit bei General Electric gehört hatte, wo er meine Methode erfolgreich anwandte, um dort wesentliche Veränderungen durchzusetzen. Dann fand ich heraus, dass er in seinem Blog davon berichtet hatte, wie er die GTD-Methode mit Erfolg für seine eigenen Kinder umgesetzt hatte! Wir hielten Kontakt, und schließlich heuerte Mike in unserer Firma an. (Einige meiner Mitarbeiter, die ihn kennengelernt hatten, meinten, sie würden sich Mike als Vater wünschen.) Wir fanden übereinstimmend, dass es vielleicht an der Zeit war, endlich dieses Buch zu schreiben, und mir war klar, er war derjenige, der dafür die Knochenarbeit leisten konnte.
Anschließend hörte ich von einem Mann namens Mark Wallace, einem Grundschullehrer in Minneapolis, der sich so für GTD begeisterte, dass er angefangen hatte, die Grundsätze und Techniken der Methode mit den Kindern seiner Schule umzusetzen. Ich hatte die Gelegenheit, seine Klasse zu besuchen, und konnte zusehen, wie die Schüler eine zentrale Technik der stressfreien Produktivität – den sogenannten Wochenüberblick – einsetzten. Dies ist der Schlüssel, um GTD fest zu verankern – Menschen, die meine Methoden anwenden, begreifen das, doch nur wenige praktizieren es wirklich durchgängig. In Marks Klasse waren alle 30 Kinder intensiv damit beschäftigt, und sie waren alle noch keine zwölf Jahre alt! Es war offensichtlich, dass Mark zu unserem Team stoßen musste.
Mike und Mark werden hier ihre eigenen Geschichten erzählen. Mit ihrem Einsatz bei der jüngeren Zielgruppe haben sie unsere Glaubwürdigkeit sicherlich mehr erhöht, als mir das möglich gewesen wäre. Und sie setzten ihre Erfahrung für uns ein und nutzten sie, um ein wundervolles Bildungserlebnis für alle zu schaffen, die willens sind, sich auf GTD einzulassen – ob jung oder alt.
Dieses Buch vertritt das von Oliver Wendell Holmes gepriesene Ideal der „Einfachheit jenseits der Komplexität“. Wer dazu bereit ist, kann es dazu einsetzen, seinem Leben auf wirklich coole Art eine Turboaufladung zu verpassen. Wer glaubt, so etwas nicht nötig zu haben, sollte sich selbst nichts vormachen.

David Allen



Einführung für Eltern, Lehrer und andere Erwachsene, die Verantwortung übernommen haben

Willkommen! Wenn Sie dieses Buch lesen, sind Sie wahrscheinlich ein Erwachsener mit Erziehungsaufgabe (z. B. ein Elternteil, Lehrer, Familienmitglied, Freund, Geistlicher oder Mentor), der in seiner Umgebung einen Teenager unterstützen will.

Was ist Ihnen an diesen jungen Leuten aufgefallen?

  • Nehmen die Ablenkungen, ihr Stress oder ihre Sorgen zu oder ab?
  • Ist Ihnen aufgefallen, was ihre Aufmerksamkeit fesselt?
  • Haben Sie Dinge bemerkt, die sie beschäftigen (z. B. was im Pausenraum der Schule, im Bus, auf einer Social-Media-App abläuft) – Dinge, mit denen sie selbst zurechtkommen müssen?
  • Ist Ihnen ein angehendes Talent oder eine Leidenschaft aufgefallen, die nur ein wenig Anleitung oder Fokussierung erfordert?


Heute sind Sie vielleicht die lenkende Hand, die Ihrem Teen hilft, sich in der Schule und im Leben zurechtzufinden. In ein paar Jahren werden die jungen Leute über die Grundlagen verfügen müssen, mit der Freiheit, der zunehmenden Komplexität und der offenen Natur des Lebens auf eigene Faust zurechtzukommen. Wäre es nicht erfreulich, wenn Sie ihnen die Techniken und Routinen für die Bewältigung ihres Lebens auf ähnliche Weise vermitteln könnten, wie Sie ihnen beibrachten, Fahrrad zu fahren, eine Sportart oder ein Musikinstrument zu beherrschen oder das Autofahren zu lernen?
Es gibt eine gute Nachricht! Wir haben dieses Buch als Unterstützung gedacht, mit dem Teens Fertigkeiten in den grundlegenden Methoden erwerben können, um sich im Leben zurechtzufinden. Diese Fertigkeiten werden ihnen helfen, Ablenkungen, das Gefühl, von allem überwältigt zu sein, und auch Stress zu verringern, während gleichzeitig ihr Selbstvertrauen, ihre Präsenz sowie Produktivität, Kreativität und Spaß im Leben zunehmen.
Die GTD-Methode wird weltweit praktiziert. Die ersten Anwender waren Erwachsene (z. B. Künstler, Führungskräfte, Geschäftsinhaber, Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer, Geistliche, Mütter, Väter und viele andere), die lernten, weniger effiziente Gewohnheiten durch effizientere zu ersetzen. Auf das Erlernen von GTD folgte oft der Ausruf: „Ich wünschte, ich hätte das in der Schule gelernt!“ Dieses Buch haben wir als Lehrwerk für diesen fehlenden Kurs in Lebenskompetenz konzipiert.

Ehe Sie Ihre Reise mit dem Teenager (oder den Teens) in Ihrem Leben antreten, sollten wir für einen Augenblick in die Vergangenheit zurückkehren. Erinnern Sie sich, wie Sie das erste Mal …

  • an einem bedeutenden Schulprojekt gearbeitet haben?
  • Ihre Hausaufgaben und Abgabetermine selbst im Auge behalten mussten?
  • einer Gruppe beitraten oder eine bestimmte Aktivität ausprobierten?
  • Fahrstunden nahmen?
  • den Geschmack von Freiheit spürten, als Sie von zu Hause auszogen – vielleicht fürs Studium oder, um in eigener Verantwortung zu leben?


Wie liefen diese ersten Erfahrungen jeweils ab? Wenn es Ihnen wie den meisten Leuten ging, gestalteten sie sich ein wenig holprig. Doch als Sie im Lauf der Zeit an Lebenserfahrung dazugewannen, klappte vieles davon um einiges leichter.
Wenn Sie dieses Buch zusammen mit Ihren Teens durcharbeiten, werden diese zweifellos viele ihrer „ersten Male“ erleben – und durcharbeiten. Als erziehender Erwachsener werden Sie wahrscheinlich spüren, wie der kurzfristige Impuls „Ich springe ein und bringe das in Ordnung“ der längerfristigen Klugheit weicht, „Ich muss Geduld haben und es ihnen überlassen, das selbst herauszufinden“. Dieses Buch wird Ihnen helfen, den kurzfristigen Bedürfnissen gerecht zu werden und ihren Teens mithilfe der GTD-Methode die Werkzeuge und Verhaltensweisen zu vermitteln, die ihnen auf lange Sicht helfen werden. Stellen Sie sich das Buch als Werkzeugkasten vor, der grundlegende Prinzipien und Prozesse enthält, die lebenslang Bestand haben können. Sie sind einfach. Sie sind lehrbar. Sie sind zeitlos.
Wenn Sie die GTD-Methode noch nicht kennen, sollten Sie sich einen Moment Zeit nehmen, das Buch durchzublättern. Vielleicht finden Sie heraus, dass es als Nebeneffekt auch Ihnen hilft, wenn Sie es an der Seite Ihres Teenagers durcharbeiten.
Wir hoffen, dieses Buch dient Ihnen und Ihrem Teen als verlässliche Quelle praktischen Wissens, die Sie durch die prägenden Teenagerjahre begleiten wird. Wir haben die Hoffnung, dass die Teens in ihrem Leben, nach dem Zurücklassen der Teenagerjahre, über das Know-how verfügen, ihren Träumen zu folgen und mit allem zurechtzukommen, was das Leben für sie bereithalten mag.



Einführung für Teenager

Willkommen! Irgendwie hast du dieses Buch gefunden (oder das Buch hat dich gefunden).
Wenn du gerade nichts anderes machst, solltest du dir ein paar Sekunden Zeit nehmen und es rasch von vorne bis hinten durchblättern. Es ist kein gewöhnliches Buch. Es ist ein Ratgeber und ein Werkzeugkasten fürs Leben – dein Leben.
Du lebst in interessanten Zeiten und musst mit einer Menge Zeug klarkommen. Deine Eltern oder Lehrer dürften einiges von dem kennen, was in deiner Welt abgeht, doch du allein kennst alles. Du jonglierst mit Fächern, Kursen, Sport, Hobbys, der Familie, Freundschaften und so weiter. Du lebst in einer hypervernetzten Welt. Den einen Tag geht es dir vielleicht richtig gut, und dann plötzlich macht es Pling! und ein Kommentar oder ein Foto auf deinem Smartphone oder Computer ändern alles. Es könnte etwas Aufregendes oder Störendes sein, doch in jedem Fall ist es etwas, was deine Aufmerksamkeit beansprucht, und etwas, mit dem du zusätzlich zu allem anderen, was du zu tun hast, irgendwie zurechtkommen musst. Wie gehst du mit alledem um?
Dieses Buch wird dir dabei helfen – es vermittelt dir das Wissen und die Werkzeuge, die du brauchst, um die Antwort zu finden. Es wird dazu beitragen, deinen Stress und deine Sorgen zu verringern. Es wird deine Fähigkeit steigern, mit den Dingen umzugehen, damit du mehr Zeit hast, mit deinen Freunden Zeit zu verbringen oder dich einfach zu entspannen und nichts zu tun.
Du kannst das Buch auf eigene Faust erkunden, aber vielleicht willst du es auch mit einem Freund, einem Mentor oder deinen Eltern kennenlernen. Probier die Ideen einfach mal aus. Finde heraus, was dir heute etwas bringt. Darauf kannst du aufbauen. Wenn deine Arbeit komplexer wird, liest du das Buch einfach erneut – es ist voller Ideen, die dir durch alle Stufen und Abschnitte deines Lebens helfen können.
Freu dich auf das Abenteuer.

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