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Raybearer – Die Masken der Aiyetoro (Raybearer 1)

Jordan Ifueko
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Raybearer – Die Masken der Aiyetoro (Raybearer 1) — Inhalt

Seit frühester Kindheit wurde sie darauf vorbereitet: Endlich zieht Tarisai in die Hauptstadt des Königreichs, um dort eine von elf Vertrauten des Kronprinzen Dayo zu werden. Sie, die in kompletter Isolation aufgewachsen ist, findet dadurch die Gemeinschaft, nach der sie sich immer gesehnt hat. Doch die neue Position gibt ihr auch Macht – die Macht, Dayo zu töten ... Genau das ist der magische Wunsch ihrer manipulativen Mutter, der Tarisai als Kind eingepflanzt wurde und dessen grausame Magie sie gefangen hält. Wird Tarisai stark genug sein, die zu verteidigen, die sie liebt?

€ 22,00 [D], € 22,70 [A]
Erscheint am 31.05.2024
Übersetzt von: Judith C. Vogt
480 Seiten, Hardcover
EAN 978-3-492-70871-5
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€ 6,99 [D], € 6,99 [A]
Erscheint am 31.05.2024
Übersetzt von: Judith C. Vogt
480 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-60801-5
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Leseprobe zu „Raybearer – Die Masken der Aiyetoro (Raybearer 1)“

Kapitel 1

 

Es hätte mich nicht überraschen sollen, dass es Feen wirklich gibt.

Nicht, wenn Elefanten als schwerfällige Flut unter meinem Fenster vorbeitrampelten und Lichtfunken mir im Staub zuzwinkerten, der über dem Meer aus Stoßzähnen und ledriger Haut tanzte. Ich beugte mich bedenklich weit über das Fensterbrett vor in der Hoffnung, einen solchen Funken zu fangen, bevor jemand von der Dienerschaft mich wieder ins Hausinnere zerrte.

„Schäm dich, Tarisai, schäm dich!“, schalten mich die, die mich unterweisen sollten. »Was würde die Dame nur tun, wenn du [...]

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Kapitel 1

 

Es hätte mich nicht überraschen sollen, dass es Feen wirklich gibt.

Nicht, wenn Elefanten als schwerfällige Flut unter meinem Fenster vorbeitrampelten und Lichtfunken mir im Staub zuzwinkerten, der über dem Meer aus Stoßzähnen und ledriger Haut tanzte. Ich beugte mich bedenklich weit über das Fensterbrett vor in der Hoffnung, einen solchen Funken zu fangen, bevor jemand von der Dienerschaft mich wieder ins Hausinnere zerrte.

„Schäm dich, Tarisai, schäm dich!“, schalten mich die, die mich unterweisen sollten. „Was würde die Dame nur tun, wenn du fällst!“

„Aber ich wollte die Lichter sehen“, sagte ich.

„Das sind nur Tutsu-Geister“, sagten die Gelehrten und scheuchten mich vom Fenster fort. „Freundliche Geister, die verirrten Elefanten den Weg zum Wasserloch weisen.“

„Oder in die Fänge von irgendwelchen Löwenrudeln“, murmelte eine von ihnen. „Wenn sie weniger freundlich gestimmt sind.“

Magie, so lernte ich rasch, war launenhaft. Als ich zum bauchigen Stamm des Boabbaums im Hof hinüberblinzelte, erschien dort ein freches Gesicht. „Kye, kye, kleine Mörderin“, kicherte es, bevor es wieder in der Borke verschwand.

Mit sieben fand mich der Mann mit den Flügeln aus kobaltblauem Feuer. In dieser Nacht hatte ich entschieden, Swana, das zweitgrößte Land im Aritischen Reich, nach meiner Mutter abzusuchen. Ich war an den schnarchenden Mägden und Gelehrten vorbeigeschlichen, hatte mir Mangos in einen Sack gestopft und war über die Lehmziegelmauer gekraxelt.

Der Mond hing hoch über der Savanne, als der Alagbato – auch eine Fee – mitten auf meinem Weg erschien. Das Licht schimmerte in seinen goldgesprenkelten Augen, die so weit waren, dass sie ihm bis zu den dunklen Schläfen reichten. Er packte mich hinten an meiner Kleidung und hob mich hoch, um mich von oben bis unten zu betrachten. Ich trug einen Lappa in der Farbe von Bananenblättern, den ich mehrmals unter den Armen um meinen Körper gewickelt hatte und der meine Schultern freiließ. Der Alagbato beobachtete amüsiert, wie ich vor ihm in die Luft boxte und trat.

Ich liege im Bhekina-Haus im Bett, versuchte ich mich zu beruhigen.

Mein Herz schlug wie eine Faust auf das Ziegenleder einer Trommel. Ich biss mir in die Wange, um mir zu beweisen, dass ich träumte.

Ich bin von hauchdünnen Moskitonetzen umgeben, und die Dienerinnen fächeln mir mit Palmwedeln Luft zu. Ich kann das Frühstück aus der Küche riechen, Maisbrei und Eintopf mit Matembafisch …

Doch meine Wange begann zu pochen. Ich lag nicht im Bett. Ich war verloren im Swani-Grasland, und ein Mann, der aus puren Flammen bestand, hatte mich gefunden.

„Hallo, Tarisai.“ Sein Wüstenatem wärmte meine perlenverzierten Zöpfe. „Wohin des Weges?“

„Woher weißt du meinen Namen?“, wollte ich wissen. Waren Alagbatos allwissend wie Am, der Geschichtenerzähler?

„Ich bin der, der ihn dir gab.“

Ich war zu wütend, um diese Antwort in mich aufzunehmen. Und warum musste er nur so hell sein? Sogar das Haar schimmerte wie eine leuchtende Wolke um sein schmales Gesicht. Wenn die Wachen ihn bemerkten …

Ich seufzte. Ich hatte es nicht einmal eine Meile weit in die Savanne geschafft. Es wäre so erniedrigend, wenn sie mich hier erwischen würden! Die Gelehrten würden mich schon wieder einschließen, und diesmal würden sie wirklich jedes Fenster im Bhekina-Haus vernageln.

„Ich darf nicht berührt werden!“, spie ich und versuchte, den Griff des Alagbatos zu lösen. Seine Haut fühlte sich warm und heiß an, wie Ton, der in der Sonne aushärtet.

„Du darfst nicht? Du bist klein genug, dass ich dich tragen könnte. Man sagte mir, Menschenkinder brauchen diese Art von Zuneigung.“

„Nun, ich bin kein Menschenkind“, gab ich triumphierend zurück. „Also lass mich runter!“

„Wer hat dir das gesagt, kleines Mädchen?“

„Niemand“, gab ich nach kurzem Zögern zu. „Aber alle sagen es hinter meinem Rücken. Ich bin nicht wie andere Kinder.“

Es war vermutlich nichts als eine Lüge. Tatsächlich hatte ich noch niemals andere Kinder gesehen, außer in den Karawanen, die in einiger Entfernung am Bhekina-Haus vorbei zum Markt zogen. Jedes Mal winkte ich aus dem Fenster, bis mir fast die Arme abfielen, aber sie winkten nie zurück. Die Kinder starrten an mir vorbei, ganz, als wäre unser Anwesen – Hauptgebäude, Obstgarten und Nebengebäude, alles zusammen so groß wie ein eigenes kleines Dorf – für alle außerhalb unsichtbar.

„Ja“, sagte der Alagbato grimmig. „Du bist anders. Suchst du deine Mutter, Tarisai?“

Ich hörte sofort auf, mich ihm zu widersetzen, und meine Glieder hingen an mir herab wie Schlingpflanzen. „Weißt du, wo sie ist?“

Meine Mutter war wie der Nebel am Morgen: Erst da, dann fort, verschwunden in einer Wolke aus Jasminduft. Alle im Bhekina-Haus beugten abergläubisch das Haupt, wenn sie an der hölzernen Büste in meinem Schreibzimmer vorbeikamen. Sie nannten sie die Dame. Unsere äußerliche Ähnlichkeit gefiel mir: Wir hatten dieselben hohen Wangenknochen, vollen Lippen und unergründlichen tiefen Augen. Ihre Schnitzerei wachte über mein Studierzimmer, in dem Gelehrte von Sonnen- bis zum Mondaufgang ein und aus gingen.

Sie sprachen Dialekte aus allen zwölf Ländern des Aritischen Reiches. Einige Gesichter waren warm und dunkel wie meines oder das der Herrin. Andere waren fahl wie Ziegenmilch, mit Augen wie Wasser, oder rostbraun und mit dem Duft von Kardamom oder golden mit Haar, das wie Tinte floss. Die Gelehrten überschütteten mich mit Rätseln und Rechenaufgaben.

Kann sie es lösen? Versuch noch eins. Sie muss besser werden als das.

Ich wusste nicht, wonach sie suchten. Ich wusste nur, dass ich die Dame nie wiedersehen würde, wenn sie es erst einmal gefunden hatten.

Heute ist es so weit, jubilierten die Gelehrten, wenn ich eine Lektion mit Bravour absolvierte. Die Dame wird so erfreut sein.

Dann öffnete sich das Palisadentor vom Bhekina-Haus, und meine Mutter glitt herein, entrückt wie ein Stern. Ihre Schultern glommen wie Kohlen. Wachsgefärbte Kleidung umgab sie wie eine zweite Haut, Zickzackmuster in Rot, Gold, Schwarz. Sie presste mich an ihre Brust, und es war ein so gutes Gefühl, dass ich weinte, während sie sang: Ich, mein, sie ist ich, und sie ist mein.

Meine Mutter sprach nie, wenn ich ihr meine Fertigkeiten vorführte. Manchmal nickte sie, als wolle sie sagen: Ja, vielleicht. Doch am Ende schüttelte sie stets den Kopf.

Nein. Nicht genug.

Ich sagte Gedichte in acht verschiedenen Sprachen auf, ich schoss Pfeile auf winzige Ziele, ich löste gigantische Logikrätsel auf dem Boden. Aber jedes Mal das Gleiche: nein, nein und wieder nein. Dann verschwand sie in einer Wolke aus berauschendem Parfum.

Mit fünf hatte ich begonnen, zu schlafwandeln, und tapste barfuß durch die gepflasterten Hallen unseres Hauses. Ich spähte in jeden Raum, suchte nach meiner Mutter und weinte, bis mich jemand von der Dienerschaft fand und zurück ins Bett trug.

Dabei waren sie immer sehr darauf bedacht, meine Haut nicht zu berühren.

„Ich kann deine Mutter nicht finden“, sagte mir der Alagbato in jener Nacht meines Fluchtversuchs. „Aber ich kann dir eine Erinnerung zeigen. Nicht in meinem Kopf.“ Er wich meinem Versuch aus, sein Gesicht zu berühren. „Ich verwahre meine Geheimnisse nie in mir selbst.“

Das Berührungsverbot, das die Dame allen auferlegt hatte, hatte seinen Grund. Ich konnte allem, was ich berührte, die Geschichte stehlen: einem Kamm, einem Speer, einem Menschen. Ich konnte etwas berühren und feststellen, wo es sich einen Augenblick zuvor befunden hatte. Wenn es Menschen waren, konnte ich mit ihren Augen sehen, mit ihrem Atem seufzen, mit ihren Herzen leiden. Wenn ich die Berührung lange genau aufrechterhielt, konnte ich Erinnerungen sehen, die Monate, sogar Jahre zurücklagen.

Nur die Dame war immun gegen diese Gabe. Ich kannte jede Geschichte im Bhekina-Haus – außer ihrer.

„Meine Erinnerung musst du von jenem Ort sehen, an dem sie geschah“, sagte der Alagbato und stellte mich wieder ins hohe Gras. „Komm. Es ist nicht weit.“

Er bot mir eine knochige Hand an, doch ich zögerte. „Du bist ein Fremder“, sagte ich.

„Bist du dir da sicher?“, fragte er, und kurz fühlte es sich so an, als würde ich in einen Spiegel schauen. Er lächelte, und seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, das mich stark an das eines Erdmännchens erinnerte. „Wenn du dich dann besser fühlst: Mein Name ist Melu. Und dieser Frau sei Dank bin ich kein Alagbato.“ Das Grinsen verschwand und wich einer sauren Grimasse. „Nicht mehr.“

Angst stieg in meinem Bauch auf wie Rauch aus einer Kohlegrube, aber ich brachte meine Sorgen zum Schweigen. Willst du Mutter finden oder nicht?

Also packte ich meinen Beutel, aus dem die meisten Mangos herausgefallen waren, und nahm Melus Hand. Obwohl er mich sacht hielt, war sein Griff hart, als wären seine Muskeln aus Bronze gegossen. Ein smaragdbesetzter Reif glitzerte auf seinem Unterarm, und als ich ihn versehentlich streifte, versengte er mich.

„Vorsicht“, murmelte er.

Wir kamen zu einer Lichtung inmitten von Akazienbäumen. Reiher zogen über einen großen, ruhigen Teich. Der Duft von Lilien und Veilchen hing in der Luft, und der Wind wehte sacht durch das Unterholz wie ein wortloses Wiegenlied.

„Lebst du hier?“, fragte ich ehrfürchtig.

„Gewissermaßen“, sagte er. „Die ersten paar tausend Tage lang war es noch schön. Danach wurde es öde.“ Ich blinzelte ihn verwirrt an. Doch statt zu erklären, was er damit meinte, deutete er nur auf die weiche rote Erde. „Die Geschichte ist hier.“

Vorsichtig legte ich mein Ohr an den Boden. Ich hatte noch nie versucht, die Erinnerung eines Ortes aufzunehmen, der größer war als mein Schlafzimmer. Eine vertraute Hitze fuhr mir durch Gesicht und Hände, als sich mein Geist in den Dreck davonstahl und sich an die Erinnerung heftete, die darin am stärksten war. Der geflügelte Mann und die Reiher verschwanden.

***

Nun ist die Lichtung jünger, das Unterholz und die Akazien sind lichter. In dieser Erinnerung ist es Tag, und der bernsteinfarbene Teich ist klar, ohne Fische und Eintagsfliegen. Mein Herz setzt einen Schlag aus: Die Dame, meine Dame, ruht sich auf einem Felsen am Wasser aus.

Durch die Sonne spiegelt sich ihre Silhouette wie ein Mosaik in der Teichoberfläche, ihr Gesicht ist verzerrt, die Wolke aus Mitternachtshaar kräuselt sich. Sorge steigt in mir auf, als ich sehe, dass ihr Lappa ausgefranst ist und ihre Sandalen völlig abgenutzt sind. Wovor bist du weggerannt, Mutter?

Sie tunkt einen smaragdverzierten Reif unter Wasser, murmelt dem Edelstein etwas zu, küsst ihn sacht. Der Smaragd glimmt und verblasst. Dann legt sie den Reif ab und ruft: „Melu.“ Meine Mutter schmeckt das Wort auf ihren vollen Lippen, zieht die Silben lang wie ein Lied. „Melu, mein Lieber. Warum kommst du nicht zum Spielen raus?“

Die Lichtung ist still. Die Dame lacht mit einem tiefen, sonoren Laut. „Die Seher sagen, Alagbatos mögen keine Menschen. Manche zweifeln daran, dass du überhaupt existierst, Melu, Wächter von Swana. Aber ich glaube, dass du mich sehr wohl hörst.“ Sie zieht eine grüne Phiole aus der Tasche und neigt sie allmählich über den Teich. „Daran zweifle ich keine Sekunde.“

Ein heißer Wind eilt über die Lichtung, wirbelt Schlamm und Lehm auf und formt sie zu einem hageren Mann. Seine Schwingen glühen in einem Kobaltblau wie junges Feuer, doch seine Stimme ist eiskalt. „Halt.“

„Ich würde dir meinen Namen nennen“, teilt ihm die Dame mit. „Aber wie du weißt, hat mir mein Vater nie einen gegeben.“ Sie hält inne, immer noch mit der Phiole über dem Teich. „Wie rasch verbreitet sich Abiku-Blut durch Erde und Wasser, Melu? Wie viel davon würde genügen, um alles Leben innerhalb von fünfzig Meilen zu vergiften? Zwei Tropfen? Drei?“

„Nicht“, blafft Melu. „Warte!“

Die Dame deutet auf den Smaragdreif.

In Melus Gesicht kann ich sehen, dass er ihr nichts entgegenzusetzen hat. Mit zusammengebissenen Zähnen nimmt er den Reif entgegen und legt ihn sich um den Unterarm.

„Wenn ich alles richtig gemacht habe“, sagt die Dame, „bist du nicht länger Swanas Alagbato. Du bist jetzt mein Ehru … mein Djinn.“

„Drei Wünsche“, speit Melu. „Und ich bin an dieses Grasland gebunden, bis sie erfüllt sind.“

„Wie praktisch.“ Die Dame bleibt sitzen und plätschert mit muskulösen braunen Beinen im Wasser. „Melu, ich wünsche mir eine Festung, die niemand sieht oder hört, es sei denn, ich will es. Einen Ort, an dem meine Freunde und ich immer sicher sein werden. Ein Ort … der einer Königin würdig wäre. Dies ist mein erster Befehl.“

Melu blinzelt. „Es ist getan.“

„Wo?“

„Eine Meile von hier.“ Melu deutet hinüber, und die frisch verputzten Wände vom Bhekina-Haus schimmern in der Ferne.

Die Dame strahlt zufrieden. „Und jetzt“, haucht sie, „wünsche ich, dass Olugbade stirbt …“

„Nicht erlaubt“, fährt Melu sie an. „Leben und Tod liegen jenseits meiner Macht. Und besonders dieses Leben. Nicht einmal Feen können den Sonnenträger töten.“

Die Dame presst die Lippen zusammen, dann entspannt sie sich wieder. „Das habe ich mir schon gedacht“, sagt sie. „Nun gut. Ich wünsche mir ein Kind, das tun, denken und fühlen wird, wie ich befehle. Eine Erweiterung meiner selbst. Ein mit einer Gabe versehenes Kind, das garantiert in einem Wettkampf der Talente obsiegt. Dies ist mein zweiter Befehl.“

„Nicht erlaubt“, sagt der Melu erneut. „Ich kann keinen Menschen zu Liebe oder Hass zwingen. Ein Kind kannst du nicht besitzen, wie du einen Ehru besitzt.“

„Ist das so?“ Die Dame verschränkt nachdenklich die Finger. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus, und ihre Zähne sind von einem kalten Weiß.

„Was, wenn mein Kind“, sagt sie, „ein Ehru wäre? Was, wenn mein Kind deines wäre?“

Melu wird starr wie ein Baum in der Trockenzeit. „Solch eine Vereinigung wäre gegen die Natur. Du bist menschlich, nicht von meiner Art. Du bittest um etwas Abscheuliches.“

„O nein, Melu.“ Der strahlende schwarze Blick der Dame trifft den von Ekel erfüllten des Ehrus. „Ich befehle dir etwas Abscheuliches.“

***

Dann vollzogen sie ein Ritual, das ich als Siebenjährige nicht verstand. Es sah schmerzhaft aus, wie sich sein Körper im Gras über den ihren faltete. Zwei Arten, die sich nie hätten vereinigen sollen, so ungleich wie Fleisch und Metall. Doch die Erinnerung sagte mir, dass neun Monate später mein Neugeborenenschrei durchs Bhekina-Haus hallte. Und der dritte unerfüllte Wunsch rann durch meine Adern.

***

„Verstehst du es jetzt?“, murmelte Melu über meiner schläfrigen Gestalt, nachdem die Erinnerung ihren Lauf genommen hatte. „Bis du ihr nicht ihren dritten Wunsch gewährt hast, werde weder ich frei sein noch du.“ Er berührte meine Stirn mit einem langen, schlanken Finger. „Ich habe mit der Dame ausgehandelt, dir den Namen Tarisai geben zu dürfen. Es ist ein Swana-Name: Sieh, was kommen wird. Im Moment gehört deine Seele ihr. Aber dein Name, darauf habe ich bestanden, muss dein eigener sein.“

Ich hörte seine Worte wie aus der Ferne. Die Geschichte der Dame zu stehlen hatte mich erschöpft. Ich spürte kaum, dass Melu mich in seinen schmalen Armen wiegte, mit mir durch die Luft flog und mich am Palisadentor vom Bhekina-Haus absetzte. „Seit sieben Jahren bin ich nun schon an diese Savanne gebunden. Um meinetwillen hoffe ich, dass diese Frau ihren Wunsch erfüllt bekommt. Aber um deinetwillen, meine Tochter, hoffe ich, dass dieser Tag niemals kommen wird“, flüsterte er mir noch zu, bevor mehrere Diener aufs Tor zukamen. Dann war Melu fort.

Ein Dutzend ängstlicher Hände brachte mich ins Bett, süße Stimmen beruhigten mich, als ich am nächsten Tag von Melu sprach.

„Es war alles nur ein Traum“, sagten die Gelehrten. Doch ihre geweiteten Pupillen und ihr angestrengtes Lächeln erzählten eine andere Geschichte. Mein Abenteuer hatte ihren finstersten Verdacht bestätigt.

Meine Mutter war der Teufel und ich ihre dämonische Marionette.

Jordan Ifueko

Über Jordan Ifueko

Biografie

Jordan Ifueko ist die New-York-Times-Bestsellerautorin der „Raybearer“-Reihe und der Marvel-Comic-Reihe „Moon Girl und Devil Dinosaur“. Sie war bereits Finalistin für den Nebula Award, den Ignyte Award, den Audie Award und den Hugo Lodestar. Sie schreibt über „Magic Black Girls“, die nicht immer...

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