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Leibniz war kein ButterkeksLeibniz war kein Butterkeks

Leibniz war kein Butterkeks

Michael Schmidt-Salomon
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Den großen und kleinen Fragen der Philosophie auf der Spur

„Diese Einführung in die Philosophie ist ansprechend und verständlich.“ - Neue Osnabrücker Zeitung

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Leibniz war kein Butterkeks — Inhalt

Gibt es einen Grund dafür, dass wir existieren? Warum herrscht so viel Leid in der Welt? Und wie finden wir den Weg zum Glück? Im Gespräch mit seiner Tochter Lea behandelt Michael Schmidt-Salomon die großen und kleinen Fragen des Lebens und eröffnet einen faszinierenden Einblick in die Welt der Philosophie.

€ 11,00 [D], € 11,40 [A]
Erschienen am 12.11.2012
288 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-30182-4
Download Cover
€ 10,99 [D], € 10,99 [A]
Erschienen am 09.03.2011
288 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-95320-7
Download Cover

Leseprobe zu „Leibniz war kein Butterkeks“

VORWORT


Wie die Idee zu diesem Buch entstand


Wie gut, wenn man Kinder hat, die einen auf ganzer Linie enttäuschen! Ansonsten würden wir uns nämlich noch viel häufiger etwas vormachen. Ich beispielsweise würde noch immer glauben, dass meine Bücher – im Unterschied zu vielen anderen – für jeden verständlich geschrieben seien. Glücklicherweise belehrte mich meine Tochter eines Besseren …


„Mann, Papa!“, sagte Lea, als sie mein Büro betrat.
„Was ist?“, fragte ich.
„Dein neues Buch …“ Sie stöhnte. »Willst du denn nicht mal zur Abwechslung etwas schreiben, das [...]

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VORWORT


Wie die Idee zu diesem Buch entstand


Wie gut, wenn man Kinder hat, die einen auf ganzer Linie enttäuschen! Ansonsten würden wir uns nämlich noch viel häufiger etwas vormachen. Ich beispielsweise würde noch immer glauben, dass meine Bücher – im Unterschied zu vielen anderen – für jeden verständlich geschrieben seien. Glücklicherweise belehrte mich meine Tochter eines Besseren …


„Mann, Papa!“, sagte Lea, als sie mein Büro betrat.
„Was ist?“, fragte ich.
„Dein neues Buch …“ Sie stöhnte. „Willst du denn nicht mal zur Abwechslung etwas schreiben, das man auf Anhieb kapiert? Ich meine, ohne dass man zusätzlich noch einen Stapel Lexika braucht?!“
„Hey, ich kann doch nichts dafür, dass du in der Schule so wenig mitbekommen hast“, versuchte ich zu witzeln, was allerdings nicht ganz so humorvoll ankam, wie es gemeint war.
„Du hältst mich wohl für blöde?!“, schoss es mir entgegen.
„Nein, bestimmt nicht! Aber bei solchen Büchern muss man halt ein gewisses Vorwissen mitbringen. Außerdem: Wenn du meine Bücher schon als schwierig empfindest, dann lies erst mal Hegel, Heidegger oder Habermas! Du würdest dich wundern ! “
„Warum sollte ich die denn lesen, wenn sie noch unverständlicher sind? Ihr Philosophen seid wirklich komische Typen … “
„Wieso?“, fragte ich.
„Wenn ein Getränkehersteller herausfindet, dass seine Limonade bei den Leuten nicht ankommt, dann heißt es nicht: ›Die doofen Konsumenten haben mal wieder voll versagt. Egal, wir bleiben bei unserem Rezept!‹ Nee, ein solcher Getränkehersteller würde so lange neue Geschmacksrichtungen ausprobieren, bis er die Leute endlich erreicht.“ Lea grinste. »Jeder weiß, dass das vernünftig ist. Nur ihr Philosophen habt das o¤enbar nicht begriffen. Kein Wunder, dass sich kaum jemand für euch interessiert.«


Das saß! Leider musste ich eingestehen, dass Lea in gewisser Weise recht hatte. Doch ganz geschlagen geben wollte ich mich noch nicht. „Vielleicht ist es ja ein Problem der Zielgruppe“, sagte ich. „Ob Getränkehersteller oder Philosoph: Man kann mit seinen Produkten niemals alle erreichen …“
„Du meinst, ich gehöre nicht zu deiner Zielgruppe? Wie kommst du denn darauf?! Du beschäftigst dich doch mit den großen Fragen des Lebens: Wer wir sind, woher wir kommen, wie wir zu einem guten Leben finden und so weiter. Diese Themen gehen ja wohl alle Menschen an, oder? Warum also, frage ich dich, schreibst du deine Bücher nicht so, dass sie auch von allen verstanden werden können?“
„Also, ich bemühe mich schon, möglichst verständlich zu schreiben“, versuchte ich mich zu verteidigen.
Lea lächelte spöttisch: „Du weißt ja, was es bedeutet, wenn in einem Arbeitszeugnis steht: ›Er hat sich redlich bemüht …‹ Das heißt, dass man es eben nicht hingekriegt hat, dass man im Grunde ’ne ziemliche Niete ist!“
»Okay, möglicherweise tri¤t das ja den Punkt«, sagte ich. „Ich bin ’ne Niete, die es einfach nicht besser hinkriegt!“
„Unsinn“, entgegnete sie. „Ich weiß doch, dass du das kannst! Wenn ich mit dir über philosophische Themen rede, kapiere ich sofort, worum es geht. Lese ich aber deine Bücher, verstehe ich oft nur Bahnhof! Ich frage dich: Warum machst du nicht einmal ein Buch, in dem du genauso einfach und verständlich schreibst, wie du mit mir sprichst? “


Im ersten Moment war ich über diesen Vorschlag so überrascht, dass ich nicht wusste, was ich antworten sollte. Im Grunde war das gar keine schlechte Idee! Und je mehr ich darüber nachdachte, desto besser gefiel sie mir. „Würdest du mir denn helfen, ein solches Buch zu schreiben?“, fragte ich nach einer Weile.
„Wer? Ich? Wie soll ich dir denn helfen? Ich habe doch überhaupt keine Ahnung von Philosophie!“
„Eben drum! Dir wird es im Unterschied zu mir sofort auffallen, wenn irgendetwas nicht verständlich oder staubtrockenlangweilig ist. “
„Ich soll also die Stellvertreterin für all die Dummies da draußen spielen? Für die Masse der philosophisch Zurückgebliebenen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben? Die kein Philosophiebuch je freiwillig anfassen würden aus Angst, sich dabei zu Tode zu langweilen?“ Lea lachte. „Ja, ich glaube, das könnte ich ganz gut hinkriegen! Aber: Wenn ich dir helfe, was springt denn für mich dabei heraus?“
„Du meinst, außer der Gelegenheit, mit deinem Alten zu quatschen und tiefere Einsichten zu gewinnen über das Leben, das Universum und den ganzen Rest? Na ja, du würdest einen Teil der Bucheinnahmen bekommen.“
„Wirklich? Wird dann auch mein Name neben deinem auf dem Cover des Buchs stehen?“
„Klar“, antwortete ich.
„Cool!“ Sie streckte mir die Hand entgegen: „Ich bin dabei ! “
„Abgemacht“, sagte ich und schlug ein.


So entstand die Idee zu diesem Buch. Es ist gedacht für diejenigen, die sich scheuen, lange philosophische Abhandlungen zu lesen. Für alle, die im Alltag keine Zeit finden, sich mit Philosophie zu beschäftigen, jedoch zwischendurch etwas Gehaltvolles und Unterhaltsames lesen wollen. Letztlich sollte das Buch aber auch philosophisch Versierten gefallen, sofern sie Spaß daran haben, abstrakte Konzepte auf knappe, prägnante Formulierungen herunterzubrechen. Kurzum: Das Buch sollte für alle geeignet sein, die sich hin und wieder den Luxus erlauben, über den Sinn und Unsinn des Lebens auf diesem Staubkorn im Weltall nachzudenken.
Im Grunde tut dies jeder von uns auf die eine oder andere Weise. Denn: Haben wir uns nicht alle schon einmal gefragt, was das Ganze eigentlich soll? Wofür sich all der Aufwand lohnt, der mit dem Leben Tag für Tag verbunden ist? Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass wir allesamt „geborene Philosophen“ sind, verurteilt dazu, unsere eigenen, kleinen Antworten auf die großen Fragen des Lebens zu finden.
„Berufsphilosophen“ wie ich unterscheiden sich von „geborenen Philosophen“ nur darin, dass wir das Privileg genießen, etwas systematischer über diese Fragen nachdenken zu dürfen – und damit sogar unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Ich meine, dass wir Berufsphilosophen als Ausgleich für dieses Privileg unsere Denkergebnisse in möglichst einfacher, verständlicher Form präsentieren sollten, statt die Ö¤entlichkeit mit überkomplexen Formulierungen zu verschrecken.
Glücklicherweise entdeckten die alten Griechen schon vor 2500 Jahren eine Methode, mit der sich philosophische Einsichten leicht vermitteln lassen: Sie verpackten ihre Philosophie in interessante Gespräche, statt die Leser mit langen, komplizierten Abhandlungen zu traktieren. Obwohl ich diese antiken, philosophischen Dialoge seit langem wertschätze, kam ich seltsamerweise nie auf den Gedanken, es selbst einmal auf diese Weise zu versuchen. Dazu bedurfte es o¤ensichtlich jener Standpauke, die mir Lea freundlicherweise angedeihen ließ. Durch sie habe ich ohnehin viel gelernt, was mir vorher einigermaßen unklar war. Vor allem machte sie mir die Probleme bewusst, vor denen „ganz normale Leute“ (Lea meint, ich sei nicht „normal“) stehen, wenn sie mit der „Geheimsprache der Philosophen“ konfrontiert werden.


Wir beide hoffen, dass dieses Buch ein wenig dazu beitragen kann, die Lust am wilden, ungehemmten Philosophieren zu fördern. Schließlich ist die Aufforderung „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“, die der Königsberger Philosoph Immanuel Kant im 18. Jahrhundert formulierte, noch immer brennend aktuell. Wir sollten es keinesfalls „den Experten“ überlassen, über den Sinn und Unsinn des Lebens zu richten. Machen wir uns selber einen Reim auf die Welt! Das mag vielleicht anstrengender sein, als althergebrachten Glaubensrezepten blind zu vertrauen, aber eine solche Anstrengung lohnt sich in jeder Hinsicht: Denn Nachdenken ist nicht nur vernünftiger als Nachbeten, es macht auch viel mehr Spaß !


Lea Salomon & Michael Schmidt-Salomon


…1


Über das Leben, das Universum und den ganzen Rest


„Mich erstaunen Leute, die das Universum begreifen wollen, wo es schwierig genug ist, in Chinatown zurechtzukommen.“


WOODY ALLEN ( *1935 )
Amerikanischer Schauspieler, Autor und Regisseur


„Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau herausfindet, wozu das Universum da ist und warum es da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch etwas noch Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt. Es gibt eine andere Theorie, nach der das schon passiert ist.“


DOUGLAS ADAMS ( 1952–2001 )
Britischer Schriftsteller


Gibt es einen Grund dafür, dass wir existieren?


Michael: Aller Anfang ist schwer, heißt es. Das gilt auch für philosophische Diskussionen. Hast du eine Idee, mit welchem Thema wir loslegen sollen? Gibt es eine Frage, die dich besonders interessiert?
Lea: Ja. Eigentlich sind es sogar zwei Fragen: Gibt es einen Grund dafür, dass wir existieren? Und: Warum gibt es überhaupt irgendetwas – und nicht einfach nichts?
Alle Achtung, du gehst ja gleich in die Vollen! Das sind wahrscheinlich die beiden dunkelsten aller dunklen Fragen. Willst du wirklich, dass wir zu Beginn solch schwere Themen behandeln?
Unbedingt !
Also gut, fangen wir an: Den Grund dafür, dass du existierst, den kennst du doch, oder?
Klar! Mama und du, ihr habt in der ersten Euphorie des Mauerfalls die Verhütungsmittel vergessen – neun Monate später war ich da.
Äh, ja … So wollte ich es eigentlich nicht formulieren, aber es stimmt: Du wurdest in diesen abenteuerlichen Novembertagen 1989 gezeugt, als uns irgendwie alles möglich erschien. Das ist eine schöne Geschichte, aber sie liefert natürlich überhaupt keine Antwort auf meine Frage! Ich hab dich ja nicht gefragt, warum ich existiere, sondern warum überhaupt irgendetwas existiert. Glaub nicht, dass du mich mit so einfachen Antworten abspeisen kannst !
Okay, dann hole ich etwas weiter aus: Soweit wir wissen, entstand die uns bekannte Materie vor 13,7 Milliarden Jahren im Zuge einer gigantischen Raumexplosion, des sogenannten Urknalls. Aus den riesigen Gas- und Staubwolken des Urknalls bildeten sich vor etwa 12 Milliarden Jahren die ersten Sterne …
Stopp! Auch diese Geschichte kenne ich: Vor 4,5 Milliarden Jahren begann der Lebenszyklus unserer Sonne. Dank der Energie, mit der die Sonne die Erde versorgt, entwickelten sich hier die ersten primitiven Lebensformen. Aus diesen gingen im Verlauf der Evolution unzählige Arten hervor, unter anderem der heutige Mensch.
Richtig.
Du willst also sagen: Dass es überhaupt irgendetwas gibt, haben wir dem Urknall zu verdanken? Ganz so einfach ist das ja wohl nicht! Die entscheidende Frage ist doch: Wer oder was hat den Urknall ausgelöst?
Tja, wenn ich das wüsste, wäre mir der Physik-Nobelpreis sicher! Wir haben bislang keine Ahnung, was vor dem Urknall war oder ob überhaupt irgendetwas vor ihm war. Manche meinen, der Urknall sei tatsächlich der absolute Beginn von allem gewesen, andere halten den Urknall für die Folge des Zusammenbruchs eines vorherigen Universums. Wieder andere sind davon überzeugt, dass dem Urknall ein statischer Zustand, ein „ewiges Vakuum“, vorangegangen ist. Es gibt da verschiedene Modelle.
Also, wenn wir das alles nicht wissen, dann könnte der Urknall doch auch von einem Gott ausgelöst worden sein, oder?
Denkbar ist vieles. Es könnte ein Gott gewesen sein – oder auch ein Team verrückter Computerprogrammierer aus einer anderen Dimension, die sich mit der Erschaffung unseres Universums bloß einen dummen Scherz erlaubt haben.
Du meinst, wir sind Teil eines riesigen Computerprogramms? Wie im Film „Matrix“?
Ich sage nur, dass das denkbar wäre. Ebenso gut könnte unser gesamter Kosmos ein winziges Atom in einem gigantischen Organismus sein, dessen Ausmaß jenseits unserer Vorstellungskraft liegt. Vielleicht leben wir ja im Verdauungstrakt eines unsichtbaren Kobolds namens Gaga Gurgelhurz – und der Urknall war bloß die für uns wahrnehmbare Wirkung einer gigantischen, kosmischen Blähung …
Jetzt nimmst du mich auf den Arm!
Zugegeben. Vor allem aber geht es mir darum zu zeigen, dass solche Spekulationen beliebig sind und uns kein bisschen weiterhelfen. Denn selbst wenn wir wüssten, dass der Urknall tatsächlich von einem scherzenden Programmierer, einem furzenden Kobold oder einem liebevollen Schöpfergott ausgelöst wurde, so müssten wir ja weiterfragen: Wodurch sind Programmierer, Kobold oder Gott entstanden?
Na ja, ein Gott könnte doch schon immer existiert haben oder plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht sein.
Einverstanden. Aber das könnte doch genauso gut auf das Universum zutreffen, oder? Es könnte, wenn auch in anderer Form, schon immer existiert haben oder irgendwann aus dem Nichts entstanden sein.
Hmm, stimmt! Wenn ich mir das so recht überlege: Im Grunde verlagert man mit der Einführung eines Gottes das Problem nur eine Stufe weiter nach hinten. Man führt eine Erklärung ein, die man selbst nicht erklären kann.
Genauso ist es. Auf diese Weise löst man das Rätsel der Entstehung des Universums nicht. Man scha¤t stattdessen nur ein noch viel größeres Rätsel.
Dennoch, ich weiß nicht … Irgendwie ist das doch alles komisch! Die Welt, die uns umgibt, scheint ziemlich perfekt auf unsere Bedürfnisse abgestimmt zu sein. Wir haben genau die Luft, die wir zum Atmen brauchen. Wir verfügen über Wasser, mit dem wir unseren Durst stillen können, und sind umgeben von Pflanzen und Tieren, die uns Nahrung bieten. Wirkt das nicht so, als sei das alles speziell für uns geschaffen worden?
Eine Gegenfrage: Was wäre denn, wenn wir keine Luft zum Atmen hätten, kein Wasser und keine Nahrung?
Na, dann würde es uns nicht geben.
Und was heißt das bezogen auf deine Frage?
Keine Ahnung.
Wenn wir nicht existieren würden, so würde doch niemand die Frage stellen, ob diese Welt nicht geradezu perfekt für uns geschaffen wurde, oder?
Logisch, aber ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinauswillst.
Überleg doch mal: Du kannst diese Frage nur deshalb stellen, weil die Bedingungen auf der Erde Leben ermöglichen. Ohne diese Bedingungen gäbe es keine Frage.
Ach so: Du meinst, man muss sich eigentlich gar nicht darüber wundern, dass die Bedingungen für unser Leben gegeben sind. Denn wären sie nicht gegeben, dann wäre auch niemand da, der sich wundern könnte! Habe ich das richtig verstanden?
Absolut perfekt! Lass uns nun noch einen Schritt weiter gehen: Wir wissen also, dass wir nur deshalb existieren, weil entsprechende Bedingungen auf der Erde vorherrschen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass diese Bedingungen deshalb vorherrschen, damit wir existieren können.
Warte mal: Wo liegt der Unterschied?
Nun, im ersten Fall stellen wir bloß fest, dass es Ursachen gibt, die unsere Existenz bedingen. Hätte es diese Ursachen nicht gegeben, würden wir nicht existieren.
Korrekt.
Im zweiten Fall stellen wir aber nicht bloß etwas fest, wir unterstellen vielmehr etwas, und zwar etwas, das nicht notwendigerweise zutreffen muss!
Wieso das?
Wir behaupten, dass die Ursachen, denen wir unsere Existenz verdanken, aus einem bestimmten Grund vorliegen, weil irgendetwas oder irgendjemand damit einen Zweck verfolgt.
Alles klar. Das Problem ist also, dass manche Ursachen Wirkungen haben, die gar nicht bezweckt sind, oder?
Genau.
Bei genauerer Betrachtung bin ich ja selbst ein lebendes Beispiel für eine solche unbeabsichtigte Wirkung. Die Menschen, die 1989 in Leipzig und Berlin auf die Straße gingen, hatten dafür bestimmt gute Gründe, aber sie hatten ganz gewiss nicht im Sinn, ein junges Paar in Trier dazu zu bringen, auf Verhütungsmittel zu verzichten und eine Tochter namens Lea in die Welt zu setzen.
Haha! Ja, das ist ein schönes Beispiel. Wenn du erlaubst, möchte ich es noch ein Stückchen weiterspinnen: Du weißt doch, dass sich deine Urgroßeltern in den Wirren des 2. Weltkriegs kennengelernt haben. Sie stammten aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands und auch aus ziemlich unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Ohne die Turbulenzen, die der Krieg damals auslöste, hätten sich die beiden niemals getroffen. In diesem Fall wäre deine Oma nie geboren worden und somit würde es auch uns beide nicht geben.
Willst du damit sagen, dass nicht nur der Berliner Mauerfall, sondern auch der 2. Weltkrieg eine notwendige Ursache für meine Existenz war? !
Jawohl, daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber das heißt natürlich nicht, dass Hitler mit seinem Angri¤skrieg in irgendeiner Weise bezweckte, dass du geboren würdest und nun mit mir über solch seltsame Dinge diskutieren kannst.
Krasses Beispiel! Aber ich glaube, ich verstehe jetzt, worauf du hinauswillst: Dieser Massenmörder Hitler schuf indirekt Voraussetzungen dafür, dass es mich heute gibt, aber er hat meine Existenz natürlich niemals bezweckt. Und so könnte es auch sein, dass niemand die Existenz des Universums oder der Menschheit in irgendeiner Weise gewollt hat, oder?
Richtig. Es gibt zwar unzählige Ursachen dafür, dass wir heute existieren, aber es muss nicht sein, dass irgendjemand je unsere Existenz im Sinn hatte. Und damit können wir auch auf deine Ausgangsfrage zurückkommen: Es könnte sein – und ich halte das sogar für äußerst wahrscheinlich –, dass es überhaupt keinen Grund für unsere Existenz gibt, sondern bloß Ursachen.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, sind Gründe auf Zwecke ausgerichtet, bloße Ursachen aber nicht. Stimmt das?
Ja. Wenn du dir nach dem Duschen die Haare föhnst, dann hast du einen Grund dafür, denn du verfolgst einen Zweck: Du stylst dich, um gut auszusehen. Der Föhn in deiner Hand trocknet deine Haare jedoch nicht, weil er damit irgendetwas bezweckt, sondern weil er nun einmal so konstruiert wurde, dass er heiße Luft erzeugt, wenn man ihn an eine Stromquelle anschließt.
Verstehe. Die Konstruktion des Föhns ist die Ursache dafür, dass er heiß wird. Er selbst kennt jedoch keine Gründe, da er keine Zwecke verfolgt. Er sagt sich nicht: „Mann, heute hätte ich aber wirklich große Lust, heiß zu werden!“ Er tut einfach das, wozu er bestimmt ist. Basta! Das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen mir und dem Föhn.
In der Tat.
Dennoch gibt es gute Gründe dafür, dass der Föhn genau so konstruiert wurde und nicht anders.
Klar. Denn die Menschen, die den Föhn konstruierten, verfolgten damit einen Zweck.
Das heißt also, es gibt einen Grund für die Existenz dieses dämlichen Föhns, aber keinen Grund für die Existenz der Menschheit?!! Das klingt ganz schön schräg!
Ja, wenn man das so ausdrückt! Man kann es aber auch anders formulieren: Der Föhn unterliegt einem fremdbestimmten Zweck, da er von uns Menschen zur Erfüllung einer Aufgabe konstruiert wurde. Da wir selbst aber von niemandem konstruiert wurden, können wir über den Zweck, den Sinn unseres Daseins, selbst bestimmen. Wir Menschen sind also im Unterschied zum Föhn keinen fremden Zwecken unterworfen.
Gut, ich gebe zu, dass das angenehmer klingt. Aber: Woher willst du denn so genau wissen, dass wir im Unterschied zum Föhn von niemandem konstruiert wurden und somit auch keinem fremden Zweck unterliegen?
Ich will gar nicht behaupten, dass ich das so genau weiß. Aber es sprechen sehr viele Indizien für diese Annahme.
Und welche Indizien sind das deiner Meinung nach? Wenn etwas zu einem bestimmten Zweck geschaffen wurde, dann weist es Eigenschaften auf, die diesen Zweck in irgendeiner Weise widerspiegeln. Der Föhn zum Beispiel besitzt exakt die Eigenschaften, die seiner vorgegebenen Funktion entsprechen. Aber gilt dies auch für das Universum oder für uns? Besitzen wir Eigenschaften, die die Annahme rechtfertigen, dass wir von irgendjemandem aus irgendeinem Grund erschaffen wurden? Ich meine: Nein! Doch um das zu erklären, müssten wir einen genaueren Blick auf die Natur der Dinge werfen.
Klingt interessant. Aber lass uns dieses Thema auf morgen verschieben. Das war, wie ich finde, schon genug Input fürs Erste …

Michael Schmidt-Salomon

Über Michael Schmidt-Salomon

Biografie

Michael Schmidt-Salomon, Dr. phil., geboren 1967, ist freischaffender Philosoph und Schriftsteller sowie Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung. Er ist häufiger Interviewpartner in Presse, Funk und Fernsehen. Bei Piper erschienen von ihm „Jenseits von Gut und Böse“, »Leibniz war kein...

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„Diese Einführung in die Philosophie ist ansprechend und verständlich.“

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„… der Forderung seiner Tochter, sich doch endlich mal in verständlichem Deutsch auszudrücken, ist der Vater in vorbildlicher Weise nachgekommen.“

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