„Schönwald“ ist der große, souveräne Roman einer deutschen Familie und ein kluger Blick auf unsere gesellschaftliche Gegenwart.
„Er seziert die Familie brillant als zeitgenössisches System verdrängter Konflikte und verwackelter Wünsche.“
Philipp Oehmke über die Entstehung des Romans
Die Literatur der Amerikaner:innen scheint seit mehr als einem halben Jahrhundert das Konstrukt Familie zu erforschen und zu hinterfragen, die Deutschen hatten zwar Thomas Mann und von ihm vor 122 Jahren Buddenbrooks, aber seither gab es das Genre des Großen Familienromans eigentlich nicht mehr.
Mit dem Instrumentarium des amerikanischen Romans einer deutschen Familie zu Leibe rücken – und zwar ausdrücklich, um ganz frei sein zu können, nicht meiner eigenen – war die Idee. Ich wollte all die Hoffnungen, Erwartungen, Enttäuschungen und Vertuschungen anhand einer Familie betrachten, fragte mich beispielsweise, was es für die Mutter der Familie bedeutet haben könnte, mit verpassten Möglichkeiten und einem gescheiterten Ausbruchsversuch zu leben, welche Verwüstungen das angerichtet haben könnte, in ihr selbst, aber auch in ihren Kindern – und wie sie immer wieder auftraten als unterdrückte Konflikte, nicht verheilte Verletzungen, verschwiegene Fehltritte.
Mich interessierten die Erzählungen und Normalisierungen, die jede Familie für sich pflegt. Vielleicht waren sie irgendwann mal nötig, um überhaupt weitermachen zu können. Vielleicht sind aber auch sie es, die Traumata und Verhaltensweisen über die Generationen hinweg weitertragen. Können wir uns von ihnen freimachen und wenn ja, zu welchem Preis kommt diese Freiheit?
Die wichtigsten Personen im Roman
Ruth Schönwald, geb. 1947, Mutter von Christopher, Karolin und Benni. Tochter eines ehemaligen Wehrmachtssoldaten und späteren Bundeswehr-General. Hätte eine Karriere als Literaturwissenschaftsprofessorin einschlagen können. Dass sie darauf der Familie wegen verzichtet hat, bereut sie. Hat sich stattdessen ein jahrelanges Geheimnis gegönnt, das immer mehr zur Belastung wird.
Hans-Harald Schönwald, Harry genannt (außer von Ruth), geb. 1943. Ehemaliger Staatsanwalt aus Köln und ebenfalls Sohn eines Bundeswehr-Generals. Ehemann von Ruth, Vater von Chris, Karolin und Benni. Fragt sich mit Anfang 80, ob sein Leben tatsächlich so glücklich war, wie er immer geglaubt hatte.
Christopher Schönwald, Chris genannt (außer von Ruth), geb. 1975, Sohn von Ruth und Harry. Eigentlich Professor für Literaturwissenschaft in New York. Allerdings gibt es Gerüchte, dass die Universität ihn gefeuert und Chris sich Donald Trumps MAGA-Bewegung (Make America Great Again) angeschlossen haben soll.
Karolin Schönwald, geb. 1977, Tochter von Ruth und Harry, geschieden von Rainer Tiede. Möchte in Berlin einen queeren Buchladen eröffnen, bekommt jedoch Probleme mit der Familiengeschichte.
Benjamin Schönwald, genannt Benni (sogar von Ruth), geb. 1986. Sohn von Ruth und Harry, Lebt mit seiner Frau Emilia und den kleinen Söhnen August und Otis in der Uckermark. Seine Ehe droht zu scheitern, weil Emilia sich von Bennis Familie bedrängt fühlt.
Emilia Papenbrinck, geb. 1987, Ehefrau von Benni. In New York und Kalifornien aufgewachsen, wo ihr Vater in den Neunziger- und Nullerjahren ein Vermögen verdient hat, von dem Emilia aber nichts haben möchte, da sie ihren Vater für unseriös hält. Deswegen lebt sie mit Benni in einem Fertighaus in der Uckermark.
Thomas Papenbrinck, geb. 1968, Vater von Emilia, Milliardär mit Wohnsitzen in London und Kalifornien, zurzeit zu Besuch in der Uckermark, wo er zusammen mit seiner dritten oder vierten Frau ein preußisches Wasserschloss oder zumindest einem Vierseitenhof kaufen möchte, um Emilia und seinen Enkeln näher sein zu können.
Kimberley Conway, geb. 1974, Freundin von Chris, Anwältin aus Washington, die angeblich auch schon für das Weiße Haus gearbeitet hat. Inzwischen eine wichtige mediale Stimme aus dem Trump-Orbit. Sieht in Chris Potential, wenn er bloß ein bisschen ernsthafter wäre.
Alina Schröder, geb. 1984, Zusammen mit Karolin Inhaberin des queeren Buchladens. Lesbische Aktivistin und überzeugte Ostdeutsche.
Rainer Tiede, geb. 1971, Exmann von Karolin. Ehemaliger Kreuzberger Szenewirt, inzwischen Inhaber eines Sternelokals. Hat die Trennung von Karolin nicht verwunden.
Graydon McInnerney, geb. 1970, Freund und Mentor von Chris in New York. Ehemaliger Hipster und Magazingründer, heute einflussreicher Podcaster und TV-Host der rechten MAGA-Szene.
Stephen Shapiro, geb. 1946, ehemaliger Literaturwissenschaftsprofessor in New York. Doktorvater von Chris mit Me-Too-Problemen. Verstrickungen und Loyalitäten zwischen Chris und ihm werden zum Verhängnis.
„›Schönwald‹ soll der Roman werden, den ich auf deutsch immer lesen wollte, aber nur in der amerikanischen Literatur fand: ein Familienroman, der anhand seines Personals wichtige Aspekt bundesrepublikanischen (und US-amerikanischen) Lebens untersucht."
Leser:innenstimmen bei Vorablesen
„ Die Leseprobe hat mich total mitgerissen! Der Autor hat mit seiner ungemein scharfen Beobachtungsgabe bereits auf den ersten Seiten die Charaktere des Romans so pointiert angelegt, dass man förmlich in diese Familienkonstellation hineingezogen wird!! In gewanderter Sprache werden gesellschaftspolitische Aspekte zur Sprache gebracht, wobei die Schilderungen und Beobachtungen aus Sicht der dreifachen Mutter erwachsener Kinder - einer pensionierten Dozentin - die Sichtweisen der älteren Generation ausgesprochen realistisch, aber auch unterhaltsam einfließen lassen- hoher Wiederkennungswert was das eigene Erleben anbelangt - toll, muss ich unbedingt weiterlesen! “
„Selten habe ich bei einer Leseprobe so gelacht. Die Charakterisierung von Ruth als alte, gut betuchte Westdeutsche, die zwar meint, supertolerant zu sein, aber doch irgendwie Probleme mit "modernen" Werten hat, ist extrem gut gemacht. Auch wie ihre Sichtweise auf die Welt erklärt wird, ist sehr lustig. Gleichzeitig werden in den 27 Seiten auch ernste Töne angeschlagen. Die Frage der Schuld 90 Jahre nach den Naziverbrechen finde ich sehr interessant, ich bin gespannt, wie dieses Buch darauf blickt.“
„"Die Konflikte auf sich beruhen zu lassen, sie mit aller Kraft zu ignorieren, sie sogar, wenn man so wolle, unter den Teppich zu kehren, hingegen sei eine menschlich erprobte und bewährte Überlebensstrategie." Mein Lieblingssatz in dieser grandiosen Leseprobe. Ruth, die Hauptfigur in dieser interessanten, bunten Familie gefällt mir eh richtig gut. Sie versucht die Kontrolle zu behalten in einer aussichtslos chaotischen Situation. Man bekommt eine gute Vorstellung davon, wie sie ihr Leben lebt und ihr eigenes Licht dimmt, um die Familie zusammenzuhalten. Sehr spannend. Sie erinnert mich an meine beste Freundin, die auch bei jeder Gelegenheit "...aber das ist ja nicht so schlimm" sagt. Ich frage mich, was der Auslöser für Ruth sein wird, auf den Tisch zu hauen und womöglich auszubrechen (?) Endlich mal wieder ein deutsches Großkaliber. Ich freue mich auf diesen Roman.“