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My Life as a Serial Killer - eBook-Ausgabe My Life as a Serial Killer

Joanna Wallace
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Roman

— „Eine Serienmörderin, die man einfach lieben muss!“ Jack Jordan
E-Book (14,99 €) Paperback (17,00 €)
€ 14,99 inkl. MwSt. Erscheint am: 04.07.2025 In den Warenkorb Im Buchshop Ihrer Wahl bestellen
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My Life as a Serial Killer — Inhalt

Unsere neue Lieblings-Serienmörderin! | „Erfrischend originell und zum Totlachen komisch.“ Clare Mackintosh

Claire ist eine ganz normale junge Frau – zumindest, wenn man einmal davon absieht, dass sie ab und an lästige Mitmenschen über die Klinge springen lässt. Gerade hat sie es auf Lucas abgesehen, der noch nichts von seinem Glück ahnt. Eine unbedachte, falsch getippte E-Mail hat ihn ins Fadenkreuz dieser extrem reizbaren Serienkillerin gebracht. Doch noch bevor sie Blickkontakt aufnimmt, bevor sie sich von ihm einen Drink spendieren lässt, ja sogar bevor Claire ihn mit nach Hause nimmt und in kleine Stücke zerlegt, läuft an diesem Abend etwas ganz und gar schief: Irgendjemand beobachtet Claire. Jemand, der im Begriff ist, ihr mörderisches kleines Hobby zu entdecken. Ist ja klar, dass sie alles unternimmt, um dieses geheim zu halten …

„Erstklassige Unterhaltung – nie werden Sie mehr Spaß mit einer hammerschwingenden Wahnsinnigen haben.“ DAILY EXPRESS

Haben wir nicht alle schon einmal daran gedacht, dem Vordrängler an der Supermarktkasse den Hals umzudrehen? Wenn Sie „How to Kill Your Family“ unterhaltsam fanden oder mit der mörderischen Villanelle in „Killing Eve“ mitgefiebert haben, dann wird Sie „My Life as a Serial Killer“ absolut begeistern! Joanna Wallace liefert in ihrem Debüt einen ungewöhnlich unverblümten und wahnsinnig unterhaltsamen Einblick in den Kopf einer psychopathischen Serienkillerin, die auf einer persönlichen Rachemission ist. Stellen Sie sich schon einmal darauf ein, dass Sie dieses Buch nicht mehr weglegen können!

„Messerscharf, raffiniert und voller köstlichem Galgenhumor.“ BOOKSELLER

„Eine willkommene Neuheit im aufkeimenden Subgenre der düster-humorvollen weiblichen Serienkiller-Romane. Ein rasanter Pageturner mit herrlich trockenem Humor.“ THE GUARDIAN

„Dieser düstere, bitterkomische Thriller krempelt die gängigen Genrekonventionen für Serienmörder um, denn man kann nicht anders, als mit der Protagonistin Claire mitzufiebern.“ DAILY MAIL

„Joanna Wallace‘ Sprache ist messerscharf – dieses Buch ist im wahrsten Sinne des Wortes zum Totlachen. Claire ist eine Serienmörderin, die man einfach lieben muss!“ JACK JORDAN

€ 14,99 [D], € 14,99 [A]
Erscheint am 04.07.2025
Übersetzt von: Leena Flegler
384 Seiten
EAN 978-3-492-60895-4
Download Cover
€ 17,00 [D], € 17,50 [A]
Erscheint am 04.07.2025
Übersetzt von: Leena Flegler
384 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06516-0
Download Cover

Leseprobe zu „My Life as a Serial Killer“

Damals

In der vollen Turnhalle legen die einen ihren Regenschirm hinten neben die Tür, die anderen klappen ihn zusammen und nehmen ihn mit an ihren Platz. Diejenigen, die ihn an der Tür deponiert haben, setzen sich zögerlich. Wie sollen sie sicherstellen, dass ihr Regenschirm später noch da ist? Nicht dass sie nachher vergessen, ihn mitzunehmen … Vielleicht hätten sie ihn doch nicht an der Tür liegen lassen sollen.

Die Frau in der Mitte der ersten Reihe hat ihren Regenschirm auf den freien Platz rechts neben sich gelegt. Jedes Mal, wenn jemand kommt und [...]

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Damals

In der vollen Turnhalle legen die einen ihren Regenschirm hinten neben die Tür, die anderen klappen ihn zusammen und nehmen ihn mit an ihren Platz. Diejenigen, die ihn an der Tür deponiert haben, setzen sich zögerlich. Wie sollen sie sicherstellen, dass ihr Regenschirm später noch da ist? Nicht dass sie nachher vergessen, ihn mitzunehmen … Vielleicht hätten sie ihn doch nicht an der Tür liegen lassen sollen.

Die Frau in der Mitte der ersten Reihe hat ihren Regenschirm auf den freien Platz rechts neben sich gelegt. Jedes Mal, wenn jemand kommt und fragt, ob dort noch frei sei, lächelt sie entschuldigend und verneint. Diejenigen, die sich von ihrer betörenden Schönheit verunsichern lassen, reagieren irritiert. Alle anderen starren sie wie gebannt an. Dann geht hinten die Eingangstür zu, und Musik erklingt. Die Letzten stolpern über Regenschirme, als sie noch einen freien Platz ergattern. Gleich geht die Aufführung los.

Die Kinder sind als Mäuse verkleidet. Mit Pappohren am Haarreif, aufgemalten Schnurrhaaren und einem Schwanz, der an den Turnanzug genäht wurde, tippeln sie über die Bühne, und das Publikum applaudiert. Als eine der kleinen Schauspielerinnen versehentlich auf den Schwanz des Kindes vor ihr tritt, ertönt Gelächter. Die kleine Missetäterin bückt sich, hebt den Schwanz auf, und alle johlen. Als sie dem vorderen Kind auf die Schulter tippt, um ihm seinen Schwanz zurückzugeben, bricht in der Aula tosender Beifall aus und übertönt sogar die lautesten Donnerschläge von draußen. Bis die Kinder die Bühne wieder verlassen, sind die Regenschirme zu Füßen der Zuschauer den Standing Ovations zum Opfer gefallen und zerdrückt worden.

Nach der Vorstellung greift die Frau in der Mitte der ersten Reihe nach ihrem Regenschirm auf dem Sitz neben sich und nimmt die Tochter von der Bühne in Empfang. Die Kleine hüpft auf dem Rückweg zum Auto über Pfützen, während die Mutter allen im Vorbeigehen zulächelt. „War das nicht großartig?“, sagt sie zu den anderen Eltern, die im Regen zurück zu ihren Autos laufen. „Das haben die Kinder ganz toll gemacht!“ Die Frauen lächeln betreten, sobald sie sie anspricht, die Männer glotzen nur.

Sie verlassen den Parkplatz, und das Mädchen sieht auf dem Heimweg den Scheibenwischern zu, die über die Windschutzscheibe fegen. Hin und her, hin und her, hin und her – bis es mit einem Mal aufhört. Nicht das Unwetter, sondern das Hin und Her. Es ist nicht ganz leicht, draußen etwas zu erkennen, trotzdem weiß das Mädchen, dass sie noch nicht zu Hause sind. Die Frau zieht den Zündschlüssel ab und dreht sich zu ihrer Tochter um.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“

Das Mädchen wendet sich ab und starrt jeden einzelnen Regentropfen an, der auf die Scheibe fällt. Jeder von ihnen ist so frei. Frei, irgendwo zu landen. Frei, so zu sein, wie er ist.

Die Mutter packt sie am Kinn. „Wag es nicht, dich wegzudrehen! Ich rede mit dir!“ Sie hat kräftige Finger und scharfe Fingernägel. Das Mädchen hat Mühe zu atmen. „Du hättest einfach nur anmutig sein müssen!“ Die Frau verstärkt ihren Griff. „Nichts anderes war verlangt – ein anmutiges, zartes Mädchen! Wie konnte jemand wie ich so etwas wie dich zur Welt bringen? Wie kannst du es wagen, mich so zu blamieren? Dass du auf diesen Scheißschwanz treten musstest – so was Tollpatschiges! Jetzt reden sie alle über dich. Darüber, wie ungeschickt und nichtsnutzig du bist. Und weißt du, was mit ungeschickten, nichtsnutzigen Kindern passiert?“

„Nein“, flüstert das Mädchen.

„Jetzt weißt du es“, sagt die Frau und schlägt dem Kind ins Gesicht.

Dann lässt sie den Motor wieder an, und die Scheibenwischer wischen weiter. Hin und her, im Takt ihrer Wut, hin und her, aufgemalte Schnurrhaare und Tränen, hin und her, und der Gewittersturm – der wartet geduldig ab.


1

Sie dürfte in etwa so alt sein wie ich, also Anfang dreißig, und sie baut einen instabilen Tellerturm. Ich frage mich, ob sie es eilig hat oder ob es sie einfach nur reizt zu sehen, wie viele sie schafft, bevor alles zusammenkracht. Auf dem Tablett stehen jetzt neun Teller, und obendrauf liegt Besteck. Sie dreht sich zur Küche um und zögert. Offensichtlich hat sie einen weiteren Teller entdeckt. Sie wird doch wohl nicht … Doch. Sie greift tatsächlich zum zehnten Teller und stellt ihn oben aufs Besteck. Ich nehme einen Schluck Rotwein und sehe weg. Die ernst dreinblickenden Männer in ernsten schwarzen Anzügen stehen eindeutig zu nah bei mir und starren mich an. Muss ich jetzt etwas sagen?

„Claire“, spricht einer von ihnen mich an, „das mit deinem Vater tut mir, wie gesagt, sehr leid. Er war ein guter Mann. Einer der Besten.“

Einer der Besten? Merkwürdiges Lob. Einer der Besten von wie vielen denn? Der ganzen Welt? Der hier Anwesenden?

„Er war ein wunderbarer Mensch“, sagt jemand anders, eine weitere Solostimme, die sich aus dem sanft beifälligen Chor erhebt. Sie sehen aus wie ein depressiver Gesangsverein, all diese Männer, die mit meinem Vater zusammengearbeitet haben. Ein Chor, der kein Charisma abbekommen hat.

„Und die Ruhe in Person“, fährt der Solist fort. „Weißt du was, Claire? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich deinen Vater je fuchsig erlebt hätte. Kein einziges Mal. In all den Jahren, die wir uns kannten, ist er kein einziges Mal fuchsig geworden. Ganz gleich, was passiert ist: Er hatte immer die Ruhe weg.“

„Da hast du recht“, sagt ein anderer. „Er ist wirklich kein einziges Mal fuchsig geworden. Bemerkenswert, jetzt, da ich darüber nachdenke. Ich hab ihn nie fuchsig erlebt, kein einziges Mal.“

Ich sehe zu, wie ihre Münder sich bewegen, und denke über all die Beerdigungen der Weltgeschichte nach. All die Beerdigungen, die seit Menschengedenken stattgefunden haben. Wie viele Milliarden das wohl waren? Hunderte? Tausende? Billionen? Wie viele Milliarden gehen in eine Billion? Und war seit Beginn der Aufzeichnungen auch nur eine einzige Beerdigung dabei, bei der das Wort „fuchsig“ derartig überstrapaziert wurde?

„Ich weiß noch – das muss jetzt an die dreißig Jahre her sein“, meldet sich die nächste Stimme, „da haben dein Vater und ich bei diesem Riesenprojekt zusammengearbeitet, und ich sage dir, die Deadline war eine Zumutung. Jeder – also, fast jeder – hat sich aufgeregt. Der Chef hat sich aufgeregt, der Kunde war aufgeregt, und ich gebe gern zu, ich hab mich am meisten aufgeregt. Aber dein Vater, Claire, der hatte die Ruhe weg. Der ist nie auch nur ansatzweise fuchsig geworden.“

Wenn das hier die Trauerfeier für eine fuchsige junge Mutter wäre, die bei dem Versuch gestorben wäre, ihr Neugeborenes vor einem tollwütigen Fuchs zu beschützen, hätte ich vielleicht verstanden, dass das Wort „fuchsig“ so oft gefallen wäre. Vielleicht.

„Er war ein außergewöhnlicher Mensch“, sagt eine weitere Stimme. „Immer so ausgeglichen. So ruhig.“

Im Gegensatz zu dem Geschirr, das soeben scheppernd zu Boden fällt. Alle wirbeln zu der Bedienung herum, die die Küchentür fast, aber nur fast erreicht hat. Der zehnte Teller, den sie wacklig bis waghalsig obendrauf gepackt hatte, liegt zerschellt auf dem Boden, zusammen mit den anderen neun. Die Bedienung ist in die Hocke gegangen und klaubt schon die ersten Scherben auf, als sich eine zweite mit Schaufel und Besen dazugesellt – und beide kichern, dass die Schultern beben. Dann rufen sie sich den Anlass ins Gedächtnis und sind wieder still und respektvoll. Aber es ist gespielt. Ich weiß, es ist nur gespielt. Sobald sie in der Küche verschwinden, werden sie loslachen.

„Wie geht es dir überhaupt, Claire?“, fragt einer der Männer. „Es muss schwierig sein, so ganz ohne Verwandte, die dir in dieser schweren Zeit beistehen könnten.“

Ich will schon antworten, als mein Handy summt. „Entschuldigung“, sage ich und nehme es aus meiner Handtasche, „da muss ich kurz draufgucken.“

Als ich aufs Display blicke, ist eine neue E-Mail eingegangen. Sie ist da. Endlich. Die Nachricht, auf die ich gewartet habe. Ich hole tief Luft und klicke die E-Mail an.

Guten Tag, wir bedanken uns für Ihre Bewerbung um den Keiver-Preis für neue Talente. Ihre Einsendung hat meine Kollegin Hannah und mich sehr beeindruckt, daher freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie in die engere Auswahl …

„Ist alles in Ordnung, Claire?“

Ich reiße den Blick vom Handy los. Die Männer starren mich immer noch an.

„Ja, alles in Ordnung.“ Ich lasse das Handy zurück in die Tasche fallen. „Das war eine gute Nachricht. Eine sehr gute sogar.“

„Ach?“ Der Männerchor bemüht sich sofort um den passenden Gesichtsausdruck.

„Ich hab mich vor einiger Zeit mit einem meiner Bilder für einen Kunstpreis beworben. Gerade erfahre ich, dass ich auf der Shortlist stehe.“

„Das ist ja fabelhaft!“, singt der Chor. „Herzlichen Glückwunsch!“

„Darf ich etwas fragen, Claire?“, wagt sich die jüngste Solostimme hervor. „Was heißt das genau? Shortlist?“

„Das heißt, ich bin in der Auswahl der besten zehn“, erkläre ich. „Nur die besten zehn Bilder gehen in die Endrunde.“

„Von wie vielen denn?“

„Von Hunderten.“

„Wow! Das ist ja total großartig“, sagt ein fein gekleideter Herr, der nicht so aussieht und klingt, als würde er allzu häufig Wow! Das ist ja total großartig sagen. „Dein Vater hat immer wieder erzählt, wie talentiert du bist. Er hat immer gesagt, er habe dir dein künstlerisches Talent von klein auf ansehen können.“

Ich lächle ihn an, was sich sofort verkehrt anfühlt. Mein Gesicht ist an Lächeln schon länger nicht mehr gewöhnt. Und ich muss schleunigst etwas sagen, weil es allmählich anfängt, wehzutun und sich anzufühlt, als würde Beton beim Trocknen Risse kriegen.

„Ich weiß noch gut, wie er mir mein erstes Skizzenbuch geschenkt hat.“ Ich hebe mein Weinglas an die Lippen. „An dem Tag war ich als Maus verkleidet.“

Sämtliche Blicke sind auf mich gerichtet. Urplötzlich bin ich die Chorleiterin.

„Es war ein Geschenk zu meinem vierten Geburtstag. Ich hatte erst einen Auftritt bei einer Kindergartenaufführung, und als ich nach Hause kam, stand er da, mit einem Geburtstagskuchen. An dem Tag hat es schrecklich gewittert, das weiß ich noch.“

Das und noch einiges mehr. Mein Vater, der aus seiner sagenumwobenen Ruhe geriet, als ihm dämmerte, dass er die Aufführung verpasst hatte. „Aber die steht für morgen in meinem Kalender! Du hast gesagt, sie wäre morgen!“ Es kam nicht allzu oft vor, dass er sie hinterfragte, und prompt bekam meine Mutter einen Migräneanfall. Sie ging nach oben ins Bett, und ich machte zusammen mit Dad meine Geschenke auf. Und da lag es – mein allererstes Skizzenbuch.

„So ist also deine Liebe zur Kunst entstanden?“, fragt einer, als ich erneut an meinem Wein nippe.

„Ich glaube schon.“

Sie wollen mehr. Kriegen sie aber nicht.

„Wahrscheinlich kannst du dich nicht mehr an allzu viel erinnern, wenn du da gerade erst vier warst.“

Was stimmt nicht mit diesen Männern? Was ist verkehrt daran, einfach schweigend beisammenzustehen?

„Ich kann mich an alles erinnern.“

An alles. Daran, dass ich das Skizzenbuch ausgepackt und sofort zu einem Stift gegriffen habe. Und daran, dass Dad die Zeichnung, kaum dass sie fertig war, zum Meisterwerk erklärt hat. Typisch für ihn. Er meinte noch, wir sollten sie sofort in eine dieser schicken Kunstgalerien in der Innenstadt bringen. Wir haben beide darüber gelacht …

„Claire, ist alles okay?“

„Mir ist nur gerade etwas eingefallen. Die Anwärterinnen und Anwärter auf den Kunstpreis werden ausgestellt. Mein Bild wird in einer Galerie ausgestellt!“

„Wow! Das ist ja total großartig“, sagt der feine Herr erneut, und wieder klingt es aus seinem Mund zum Davonlaufen. Aber beharrlich ist er. Total vom Feinsten.

„Danke.“ Ich nippe abermals an meinem Wein, dann noch mal und noch mal, bis ich mir nicht mehr sicher bin, ob es noch als Nippen durchgeht. „Ich wünschte mir nur, dass Dad das noch erlebt hätte.“

Kurz herrscht Stille, als allen wieder einfällt, warum wir hier sind – und warum der ruhige, friedfertige Mann, mit dem sie zusammengearbeitet haben, nicht mit von der Partie ist.

Jemand räuspert sich. „Ich wette, er ist sehr stolz auf dich, Claire. Und die Erinnerungen bleiben dir ja.“

„Danke.“ Ich nehme noch einen Schluck. Schließlich stimmt es: Die Erinnerungen bleiben mir ja. Besonders meine Lieblingserinnerung an jenen Tag, von der ich nie jemandem erzählt habe. Die Erinnerung an einen Moment nach dem Skizzenbuch und dem Lachen. Wir hatten gerade das zweite Stück Kuchen gegessen, Dad spülte die Teller per Hand und forderte mich auf, allmählich nach oben zu gehen und mich fertig zu machen.

„Weck deine Mutter nicht auf“, sagte er noch, während ich von meinem Stuhl hüpfte. „Sei am besten leise wie ein Mäuschen.“

Auf halbem Weg die Treppe hinauf klirrte Glas.

Mein Vater kam aus der Küche gerannt. „Was ist passiert? Was war das gerade?“

„Das war ein Versehen …“

Ein gerahmtes Foto meiner Mutter lag vor mir auf der Treppenstufe. Das Glas war gesprungen.

„Kein Problem“, flüsterte er und spähte nervös die Treppe hinauf. „Ich räume das weg. Sei bloß vorsichtig wegen der Scherben, und geh leise ins Bett.“

„Entschuldigung!“, brüllte ich so laut, wie ich mit meiner vierjährigen Stimme konnte. „War ein Versehen!“

„Psst!“, machte er alarmiert. „Wie ein Mäuschen, hab ich gesagt!“

„Nicht alle Mäuschen sind anmutig und zart.“ Dann drehte ich mich zu meiner Mutter um, die am oberen Treppenabsatz aufgetaucht war. „Ein paar sind ungeschickt und nichtsnutzig.“ Dann hob ich den Fuß, donnerte ihn auf ihr Fotogesicht und zertrümmerte das Glas über ihrem adretten Lächeln.

Im selben Moment passierte es – in der Sekunde bevor ich die Treppe hinauf in mein Zimmer huschte. In diesem Moment sah ich das Flackern. Im Bruchteil der Sekunde zwischen Gleichgültigkeit und dem Einsetzen der Wut – lediglich einen Wimpernschlag lang. Aber sie war da, und sie war echt. Die Angst. Dieser kurze Moment genügte mir.

„Mein Beileid.“

Vor dem Tisch an der Wand, an dem ich soeben mein Weinglas auffülle, blicke ich auf. Die Teller werfende Bedienung steht vor mir und weicht meinem Blick aus. Sie hält ein Tablett mit leeren Gläsern in der Hand.

„Und das mit dem Lärm und den Tellern tut mir ebenfalls leid … Und das Kichern. Wir wollten nicht pietätlos sein. Das war bloß die Nervosität.“

„Ich weiß“, sage ich, „ist schon in Ordnung, ich kann das verstehen.“

Das stimmt sogar, ich verstehe es. Was ich nicht verstehen kann, ist, dass sie immer noch vor mir steht. Hoffentlich sagt sie nicht noch mal, dass es ihr leidtut. All diese Beteuerungen werden langsam unangenehm. Es war weniger peinlich, als sie die Teller zerschlagen hat.

Mit ihren ausgewaschen blauen Augen sieht sie mir ins Gesicht. „Ich ahne, was Sie gerade durchmachen.“ Sie verändert den Griff um ihr Tablett. „Als meine Mutter gestorben ist, haben alle gesagt, es würde mich immer mal wieder aus heiterem Himmel überrollen. Sie wissen schon … die Trauer. Und sie hatten recht. Urplötzlich hat mich diese Riesenwelle überrollt, und ich konnte nur noch denken: Jetzt ist sie für immer weg und kommt nie wieder. Und das hat mich richtig runtergezogen, dieses Gefühl … als würde ich ertrinken …“

Ihre Stimme rückt in den Hintergrund. Meine Gedanken gefrieren, und in meinem Kopf formen sich zerklüftete Eiszapfen. Ich suche Trost im Keiver-Nachwuchspreis. Solange ich an die Ausstellung denke, muss ich nicht an Dad denken. Der für immer weg ist. Der allein in dieser engen, kalten Kiste in der Erde liegt. Dad hat Kälte immer verabscheut. Er hasste es, allein zu sein, und beengte Orte hat er gemieden.

Sie zittert inzwischen, die Tellerwerferin, als könnte sie meine Gedanken lesen, und die leeren Gläser auf ihrem Tablett fangen an, zu kippeln und zu klirren. Sie schließt die Augen. Ich frage mich, ob das funktioniert – als Strategie, um mit dem Leben klarzukommen, sobald alles den Bach runtergeht. Wenn ich die Augen schließe, wird das alles hier vielleicht verschwinden. Und wenn ich die Augen aufschlage, bin ich wieder zu Hause und arbeite an meinem Bild. Dad sitzt im Sessel und nippt an einem Whisky, und ich fühle mich geborgen. Ich ruhe in mir.

Ich schlage die Augen auf. Die Bedienung steht immer noch da, genau wie die leeren Gläser. Sie haben es überlebt. Die Bedienung sieht erleichtert aus. Zumindest für eine von uns hat die Strategie mit den geschlossenen Augen funktioniert.

Schlagartig bin ich erschöpft und kriege Kopfschmerzen. Die Bedienung versucht, nicht zu gähnen. Sie hat von diesem Empfang genug, genau wie ich. Es war ein langer Tag, und allmählich werde ich ein bisschen … fuchsig. Ich mache mich auf den Weg zum Ausgang.

Am Morgen nach der Beerdigung sitze ich in Dads Sessel, trinke Tee, esse Buttertoast und entwerfe Skizzen für ein neues Bild, als eine weitere E-Mail eintrifft.

Guten Tag, es tut mir wahnsinnig leid, aber gestern habe ich Ihnen fälschlicherweise mitgeteilt, dass Sie in die engere Auswahl für den Keiver-Preis kämen. Es ist mir sehr peinlich, aber die Nachricht war für eine andere Bewerberin mit dem Vornamen Claire bestimmt, und ich habe aus Versehen Ihre E-Mail-Adresse angeklickt. Es tut mir wirklich leid …

Behutsam setze ich Tee und Toast auf dem Couchtisch ab und lese den Rest der Nachricht. Ich solle nicht aufgeben, steht da, und mich auch auf andere Ausschreibungen bewerben – und exakt in diesem Moment fällt mir meine Hand auf, die sich in die Sessellehne krallt. Ich halte die Luft an, während ich die E-Mail anstarre und jedes Wort zur Waffe wird, vom Display aufsteigt und vor meinem Gesicht schwebt, mich bedroht und verhöhnt, ehe es sich an irgendeiner Stelle in einer schicken Galerie, die nie existiert hat, in Luft auflöst. An einem Ort, wo mein Bild nie hängen wird. Und jetzt entstehen andere Bilder. Von Dad, der in einer Kiste im Erdreich liegt. Hat er schon angefangen zu verrotten? Wann machen die Würmer sich über ihn her? Ich kann die Luft nicht mehr anhalten, habe aber viel zu viel Angst vor dem Ausatmen. Meine Hand krallt sich fester in den Sessel. In denselben Sessel, auf dem er immer saß. Wo ist er? Wohin ist er verschwunden? Er muss doch irgendwo sein? Ich konzentriere mich auf die Finsternis, die auf mich zurollt. Hat sie das gemeint? Die instabile Tellerstaplerin? Fühlt es sich so an, wenn man ertrinkt?

Joanna Wallace

Über Joanna Wallace

Biografie

Nach ihrem Jurastudium an der Universität Birmingham arbeitete Joanna Wallace als Anwältin für Handelsrecht, bis eine Autoimmunerkrankung ihr einen Teil ihrer Sehkraft nahm – ihr aber letztendlich half, klarer zu sehen. Jetzt arbeitet sie ehrenamtlich bei den Samaritern und betreibt mit ihrem Mann...

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