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Das Objekt

Das Objekt

John Sandford
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Roman

„›Das Objekt‹ macht unwahrscheinlich viel Spaß und sorgt für sehr unterhaltsame Stunden.“ - hysterika.de

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Das Objekt — Inhalt

Das größte Science-Fiction-Epos seit dem internationalen Bestseller „Der Marsianer“: Es ist das Signal, auf das die Welt seit Beginn der Weltraumforschung wartet – in der Nähe des Saturns ist ein künstliches, unbekanntes Objekt gesichtet worden. Ein amerikanisches Team bricht sofort zu dem fernen Planeten auf. Doch alles auf der Reise geht schief, und noch bevor sie den Saturn erreichen, erkennen die Astronauten, dass es nahezu unmöglich sein wird, zur Erde zurückzukehren. Und auch auf zwei weitere Dinge sind sie nicht vorbereitet: auf das, was sie in dem geheimnisvollen, kilometergroßen Objekt finden. Und auf ein skrupelloses, konkurrierendes Team, das ebenfalls als erstes am Ziel sein will. Bald geht es nicht mehr nur darum, die größte Entdeckung der Menschheitsgeschichte zu bewahren. Sondern ums blanke Überleben ... „Das Objekt“ ist ein unnachahmlich spannender und cooler Trip in die Tiefen des Universums.

€ 8,99 [D], € 8,99 [A]
Erschienen am 17.03.2016
Mitautor: Ctein
Übersetzt von: Ingrid Herrmann-Nytko
576 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-97400-4
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Leseprobe zu „Das Objekt“

Kapitel 1



9. Februar 2066
Draußen im Weltall, aus zehn Kilometern Entfernung, glich das Sky Survey Observatory einer überdimensionalen Bierdose. Gelbweißes Sonnenlicht funkelte auf der nach außen gewandten Seite, während die andere Hälfte wie in einem Spiegelkabinett die sich bewegenden Bilder der blassblauen, von perlweißen Wolkenbändern überzogenen Erde reflektierte, die tausend Kilometer darunterlag.
Die Dose war nicht völlig allein. Ein eiförmiges Service-Modul von der Größe eines Menschen, das mit an Insekten erinnernden Anhängseln, Anschlüssen, [...]

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Kapitel 1



9. Februar 2066
Draußen im Weltall, aus zehn Kilometern Entfernung, glich das Sky Survey Observatory einer überdimensionalen Bierdose. Gelbweißes Sonnenlicht funkelte auf der nach außen gewandten Seite, während die andere Hälfte wie in einem Spiegelkabinett die sich bewegenden Bilder der blassblauen, von perlweißen Wolkenbändern überzogenen Erde reflektierte, die tausend Kilometer darunterlag.
Die Dose war nicht völlig allein. Ein eiförmiges Service-Modul von der Größe eines Menschen, das mit an Insekten erinnernden Anhängseln, Anschlüssen, Sichtfenstern und Kameras ausgestattet war, näherte sich ihr ; Lagerspinde und Kanister umgaben den Sockel des Moduls. Hätte es sich nicht im luftleeren Raum befunden und wäre da draußen etwas gewesen, das Ohren hatte, hätte man hören können, wie die näselnden Töne eines Countrysongs durch die eisweißen Wände drangen : „ Oh, my ATV is a hustlin’ on down the line, and them tofu critters are looking mighty fine …  “
Der Allrounder machte einen Hausbesuch.
Das Sky Survey Observatory war mit vier Teleskopen bestückt, dem Big Eye, dem Medium Eye, dem Small Eye und Chuck’s Eye, von dem das letzte inoffiziell nach einem Kongressabgeordneten benannt war, der die Finanzierung in eine vetosichere Social Security Bill eingeschmuggelt hatte. Die Teleskope blickten nach draußen ins All, wurden von Partikel- und Strahlungsdetektoren unterstützt und hielten Ausschau nach interessantem Zeug.
Das gesamte SSO ließ sich per Fernsteuerung bedienen. Die Teleskope, die Radarschüsseln und die Partikelsensoren, sämtliche Digitalkameras und Computer sowie alle Speichersysteme und Treibstofftanks und Solarzellen wurden von Astronomen kontrolliert, die bequem in klimatisierten Büros drunten auf der Erde saßen.
Bis etwas am Observatorium kaputtging. Dann musste jemand mit dem metaphorischen Äquivalent eines Schraubenziehers hinfliegen.
Einer der Grounder rief : „ Kannst du es sehen ? “
Joe Martinez sagte in sein Kinnmikro : „ Ja, kann ich. Verdammter Mist ! Das Scheißding hat echt was abgekriegt ! “
„ Was ! Was ? Joe, was … “
„ Ich wollte dich nur verarschen, Bob. “
» Hey, Joe ? Gleich drück ich auf den Knopf, der dir die Luft ab­­sperrt ! «
„ Wusste gar nicht, dass es solche Knöpfe gibt. “
„ Astronomen verarscht man nicht, Joe. Luftzufuhr wird gesperrt in drei-zwei-eins … “
Martinez war Handwerker. Seine offizielle Dienstbezeichnung lautete „ Chief of Station Operations “, was bedeutete, dass er den Laden am Laufen hielt.
Innerhalb der letzten Stunden, während er darauf wartete, das SSO zu erreichen, hatte er nicht viel zu tun gehabt, außer Kaffee zu trinken und sich die gerade gespielten Guitar Riffs anzuhören. Sofern nicht irgendeine bizarre Panne eintrat – und die Chancen dafür standen eins zu einer Million –, war seine Flugbahn festgelegt durch die Gesetze der Physik und den Impuls der Low Velocity-Railgun an der Raumstation. Laut Computer befand er sich auf dem exakten Kurs. Er nuckelte noch ein wenig von dem koffeinfreien Kaffee und trommelte mit den Fingern unbewusst einen kontrapunktierenden Rhythmus zur Musik der Blue Ridge Bitches, seiner derzeitigen Lieblingsband.
Martinez war kein Wissenschaftler. Er war Mechaniker und Elektroniker, erledigte gelegentlich Schweißarbeiten, arbeitete häufig mit Klebstoffen, klempnerte ab und zu und beschäftigte sich dann wieder mit Leimen und Kleben. Er hatte einen Abschluss in elektromechanischem Ingenieurwesen, aber an manchen Tagen dachte er, er hätte Spezialist für Klebstoffe werden sollen. Seine technische und akademische Ausbildung, dazu eine tief sitzende Vorliebe für Maschinenwerkzeuge, sorgten dafür, dass er schnell hinzulernte, aber er hatte kein besonderes Interesse daran, neue Ma­­schinen zu bauen.
Daheim auf der Erde bosselte er mit elektrischen Gitarren, Videospielen, Propellerflugzeugen und hölzernen Schnellbooten herum. Echte Hardware liebte er noch mehr als seinen Computer, und in seinen Computer war er buchstäblich vernarrt. Wenn er ihn aufbauen, reparieren, aufmotzen oder einfach nur daran basteln konnte, war er glücklich.
Aber am glücklichsten fühlte er sich droben am Himmel, wo er von allem etwas machen konnte. Er war einer der am besten bezahlten Handwerker.
Bob Anderson meldete sich wieder : „ Wie ist deine Einschätzung ? “
„ Ich kann überhaupt nichts erkennen “, sagte Martinez. „ Ich meine, ich sehe nichts Ungewöhnliches. “
„ Gut. Gehst du auf manuell ? “
„ Auf alle Fälle so weit wie möglich. Und zwar … jetzt. “
Er aktivierte den Joystick für die Schubdüsen. Ein Check des Lasers im Abfang-Lidar ergab, dass seine Restgeschwindigkeit unter 5 m/sec lag – was sehr gut war –, und so be­­tätigte er die Düsen. Die Übung, die er sich in Hunderten von Einsätzen erworben hatte, ließ ihn beinahe unbewusst arbeiten. Die Aktionen liefen so selbstverständlich ab, als würde man Fahrrad fahren. Während er die Instrumentenanzeigen ablas, ließ er die Steuerraketen in kurzen Schüben zünden. Das Ganze war weniger riskant, hatte er seiner dritten Exfrau Amelia erklärt, als mit dem Auto zur Arbeit zu fahren.
„ Und was passiert “, hatte sie gefragt, „ wenn sämtliche Systeme ausfallen ? Ich meine, wenn du hier auf der Erde mit dem Auto zur Arbeit fährst und eine Panne hast, landest du in einem Graben. Aber wenn da draußen alles schiefläuft ? “
Na ja, in diesem Fall, hatte er gesagt, bekäme er eine Gratistour durch das Universum und wäre immer noch unterwegs, wenn die Sonne in ein paar Milliarden Jahren schließlich sterben würde. Amelia fand das gar nicht komisch. Und auch später hatte sie nicht darüber gelacht.
Martinez hingegen hielt das für einen guten Witz. Wie die Seelenklempner über ihn vermerkt hatten, machte Isolation ihm nichts aus.
„ Das Radar zeigt an, dass du da bist “, sagte Anderson.
„ Fast. Muss nur noch ein bisschen näher heran. “
Die Fluglage des Eis entsprach der des SSO. Im Weltraum gab es eigentlich kein „ senkrecht “, aber als die Dose auf der Erde montiert wurde, war sie vertikal ausgerichtet gewesen, und die Buchstaben an der Seite befanden sich aus Martinez’ Perspektive in der korrekten Richtung. Nur wenige Besucher hatten diese Beschriftung gelesen – in den elf Jahren, seit das Observatorium in Betrieb genommen war, hatte es nur dreißig Besuche erhalten, und zwar von weniger als einem halben Dutzend verschiedener Leute, wobei jeweils immer nur ein einziges Ei hingeflogen war.
Von den dreißig Ausflügen hatte Martinez achtzehn unternommen. Die meisten Instrumente und Teleskope bestanden aus Modulen und waren als voneinander unabhängig funktionierende Einheiten ins All geschossen worden, um dort zusammengesetzt zu werden.
Ein paar Montagearbeiten waren mal wieder erforderlich. Die Instrumente mussten in die Dose installiert, regelmäßig gewartet und nachgerüstet werden, da ständig neue und bessere Kameras, Computer und Datenspeicher auf den Markt kamen. Das SSO war das am höchsten entwickelte astronomische Gerät, das je fabriziert wurde, und die Amerikaner – jedenfalls diejenigen, die sich mit Astronomie befassten – waren dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es die beste Ausrüstung erhielt, die sich der Steuerzahler leisten konnte.
Auf diesem Trip bekam Chuck’s Eye einen Sehtest verpasst, zusammen mit einer neuen Kamera. Seit Kurzem litt Chuck an einem nervösen Tic. Die Vibration konnte von einem der Servos in dem Kameragehäuse stammen ; vielleicht hatte sich auch aufgrund der Kälte- und Hitzezyklen irgendwo im Innern des Behälters ein Draht gelockert. Eine Anzahl von Ursachen war möglich, doch was auch immer für die Störung verantwortlich war : Das Problem musste behoben werden. Die Kosten für die Reparatur konnten zwischen null und rund einer Million Dollar schwanken. Auf der Erde betete man für „ null “, da sich der Kongress wieder einmal in seinen alle fünf Jahre auftretenden Krämpfen wand, bei denen es sich um Kosteneinsparungen drehte.
Martinez’ rechte Hand huschte über die Sensortafel und rief seine Arbeitstools und Assistenten auf. Der Zeigefinger gab den Befehl, die Servos an den Manipulatorarmen mit Energie zu versorgen und die taktilen Handschuhe zu aktivieren. Der Daumen drückte auf einen Schalter, und an der Oberfläche des Eis schalteten sich Dutzende winziger ausgerichteter Punktstrahler ein, welche die Dunkelheit zwischen dem Ei und der Dose verscheuchten. Im Weltraum waren Stablampen genauso überlebenswichtig wie der Sauerstoff zum Atmen.
Sein rechter kleiner Finger schwenkte die Strahler und brachte sie optimal zum Einsatz. In seiner Jugend hatte Martinez Jahre damit vergeudet, sich an Spielekonsolen zu vergnügen, doch da­­durch hatte er sich Reflexe und eine Fingerfertigkeit angeeignet, um die ihn wohl so mancher Jazzsaxofonist beneidet hätte. Während er mit der rechten Hand kontinuierlich auf den Instrumenten spielte, bediente er mit der Linken den Joystick und steuerte das Ei langsam näher heran. Er umkreiste einmal die Dose, drehte ein Video und brachte dann das Ei in Relation zum Observatorium zum Stillstand.
Langsam, langsam, nur einen Millimeter pro Sekunde, darauf kam es an. Für das Observatorium bestand keine Gefahr. Dessen eigene Navigationscomputer konnten einen Zusammenprall mühelos ausgleichen, die Schubdüsen des Observatoriums zünden und es mithilfe der Gyroskope wieder exakt ausrichten. Aber warum sollte man den begrenzten Treibstoffvorrat nur wegen eines schlampigen Andockmanövers verschwenden ?
Mit einem leisen Klirren hakte sich der Greifarm des Eis in eine der Andockkupplungen ein, die sich überall an der Außenhülle der Dose befanden. Diese spezielle Kupplung lag neben der Instrumentenluke, die zu Chuck’s Eye gehörte. Nach dem Andocken prüfte Martinez zu einer abschließenden Bestätigung noch einmal die Überwachungskameras. Während dieser Hausbesuche wurde alles, was sich innerhalb und außerhalb der Dose tat, aufgezeichnet, weil man nie wusste, ob ein Detail, das man übersah, einen den Job kosten konnte … oder das Leben.
„ Wir sehen, dass du angedockt bist “, sagte Bob. „ Gute Arbeit. Das Ding hat kaum gewackelt. “
„ Deshalb habt ihr ja einen Profi angeheuert “, erwiderte Martinez. „ Guckt ihr euch das Video an ? “
„ Ja, wir vergleichen es mit dem letzten Scan, und bis jetzt können wir keine Veränderungen oder Anomalien entdecken “, erklärte Bob. Drei Sekunden lang herrschte Stille. » Okay, der Scan ist be­­endet, außen ist rein gar nichts zu sehen. «
„ Schön. Dann stell mal den Saft ab. “
„ Stelle den Saft ab. Saft abgestellt. Du kannst loslegen. “
Den Strom des SSO abzustellen war eine Vorsichtsmaßnahme, nicht nur wegen Martinez, der gut isoliert und geschützt in seinem Ei saß, sondern auch, um Chuck’s Eye nicht zu gefährden. Ein zufälliger Kurzschluss oder eine Überspannung während des Wartungsvorgangs konnte eine dieser Millionen Dollar teuren Reparaturen zur Folge haben, obwohl man drunten auf der Erde auch dafür betete, dass dieser Fall nie eintreten möge.
Kurz darauf meldete sich eine auf der Erde stationierte Teleskopspezialistin namens Diana Pike, der Joe niemals persönlich begegnet war, mit der er jedoch des Öfteren zusammengearbeitet hatte, und sagte in ihrem vertrauten Südstaatenakzent : „ Alles klar, Joe. Möchtest du dich zuerst um den Tic kümmern ? “
„ Hey, Di. Ja, ich verteile jetzt ein paar Pucks. “ Mithilfe eines spinnenartigen, ferngesteuerten Arms setzte er einige Mikro-Seismometer-Pucks auf die Hülle der Dose und das Außengehäuse von Chuck’s Eye. Die Unterseite der Pucks war mit einem elektrisch leitfähigen Phosphorprotein-Kleber beschichtet, einem Kunststoff auf der Basis des natürlichen Leims, dessen sich Seepocken bedienten. Wenn ein leichter elektrischer Strom durch den Kleber lief, haftete er an nahezu jeder Oberfläche. Schaltete man den Strom ab, verschwand die Haftwirkung. Diese Pucks bezeichnete man als Post-its. Was das mit gelben Pop-up-Gedächtnisstützen auf einem Workslate-Screen zu tun hatte, war jedem schleierhaft.
„ Okay, Di, bin damit fertig “, meldete Martinez. „ Rüttel das Ding mal durch. “
„ Wird gemacht “, erwiderte Pike. „ Drei-zwei-eins. Jetzt. “
Zwei entgegengesetzte Schubdüsen an der Dose zündeten, jede nur für eine Zehntelsekunde und so dicht nebeneinander, dass ein menschliches Auge sie nicht hätte unterscheiden können. Die Dose wackelte.
„ Okay. Zyklus läuft. Kannst du das sehen ? “
„ Ja, ja, ich kann es sehen “, sagte Martinez, fast ein bisschen ge­­langweilt.
Martinez beobachtete seine Monitoranzeigen – auf der Erde sah man dieselben Daten –, welche die Messungen der Mikros wiedergaben und ihm zeigten, aus welcher Richtung die Vibration kam. Sie entstand dicht unter der Oberfläche der Aufbauten, was an sich gut war, aber außerhalb der Seismo-Anordnung. „ Ich muss ein paar Pucks umverteilen “, erklärte Martinez. » Warte einen Mo­­ment. «
Er bewegte seine Mikros und forderte dann Pike auf : „ Nächster Zyklus. “
„ Zyklus beginnt bei drei-zwei-eins. Jetzt. Zyklus läuft. “
Martinez blickte auf seinen Monitor und sagte : „ Das Problem liegt direkt unter der Oberfläche. Denke, es ist eine Stelle zwischen den Wänden. Ich versetze noch einmal die Pucks und guck mir das Ganze mal aus der Nähe an. “
„ Mit dem Isolierschaum stimmt was nicht “, meinte Pike, irgendwie hoffnungsvoll.
„ Wahrscheinlich. Ich arrangiere die Pucks neu … “
Noch ein Rütteln, und die Mikros machten eine präzise Orts­angabe mit einer Abweichung von nur einem halben Zentimeter vom Ursprung der Vibration. Durch ein Makro-Objektiv prüfte er die Außenhaut des Observatoriums. » Es gibt keinen externen De­­fekt «, berichtete er.
„ Gut “, sagte Anderson. Wäre ein Mikrometeorit eingeschlagen, hätten die Reparaturarbeiten sich zu einem größeren Problem auswachsen können. Eine Beschädigung beider Wände war noch niemals vorgekommen, aber diese Möglichkeit bestand immer.
„ Ich muss ein Loch reinschneiden “, sagte Martinez.
Der Vorgang dauerte eine Stunde. Martinez bohrte ein drei Millimeter breites Loch in die Meteoritenbarriere, dann peilte er mit einem Glasfaserkabel hinein. Wie bereits vermutet, hatte sich an Chuck’s Eye etwas von dem Schaum gelockert, der zwischen den beiden Wänden als Isoliermasse diente. Wahrscheinlich war bei der Konstruktion eine Bruchstelle entstanden, oder als die Dose ins All geschossen wurde. Durch die jahrelange Einwirkung von Hitze und Kälte hatte sich das Zeug dann von den Wänden abgelöst. Martinez spritzte neuen Schaum ein, der speziell für diese Art von Schaden entwickelt worden war – mittlerweile handelte es sich um die vierte Instandsetzung dieser Art –, versiegelte das Loch mit einem Kohlefaserpatch und war fertig.
Das war der knifflige Teil gewesen. Was dann kam, konnte ein dressierter Affe erledigen.
„ Ich hole jetzt das Kamerapackage heraus “, sagte Martinez.
„ Okay. Du hast grünes Licht für die Kameraextraktion. “
Das neue Package für Chuck’s Eye war kein einzelnes Instrument, sondern ein spinnenköpfiger Komplex aus Primär- und Sekundäraugen, die alle Wellenlängen abdeckten, angefangen vom mittleren Infrarot bis zum fernen Ultraviolett. Chuck’s Eye glich einem dieser Scouts, die früher im Wilden Westen die Vorhut einer Expedition bildeten, sich den großen Überblick verschafften und Ausschau hielten nach ungewöhnlichen Dingen und Ereignissen. Die größeren, aufwendigeren Teleskope würden die wirklich wichtige Forschungsarbeit leisten, aber Chuck’s Eye wäre das erste, das eine neue Supernova oder einen Gammastrahlenausbruch oder was auch immer sich ereignen mochte, entdeckte.
Die Kameras waren nach dem Baukastenprinzip zusammen­gesetzte, in sich geschlossene Systeme, und das neue Kameramodul sah genauso aus wie das alte. Joe zog das alte mit einem Ruck heraus, schob das neue in das Haltegerüst, ließ die Verschlussklemmen einrasten und pingte Anderson an.
„ Ich habe das alte Kamerapackage aus dem Rack gezogen und das neue installiert. Macht sich gut. Bob, du kannst jetzt den Strom wieder einschalten. Hier sieht alles tipptopp aus. “
„ Hier sieht auch alles gut aus. Ich schalte den Strom wieder
ein. “
Und es war tatsächlich alles in schönster Ordnung. Die Reparaturen fielen in die Null-Kosten-Kategorie. Ein anderer Missionswissenschaftler mischte sich ein und sagte : „ Gute Arbeit, Joe. Wir haben fünfzig Zyklen durchlaufen, ohne Vibration, und die neue Kamera ist online. Du kannst wieder nach Hause fliegen. “
„ Bin schon unterwegs. “
Auf dem Rückflug nahm Martinez sich einen Trinkbeutel mit richtigem, koffeinhaltigem Kaffee, zog die Lasche, um ihn zu erhitzen, futterte ein paar nicht krümelnde Erdnussbutter-und-Käse-Crackers und freute sich schon auf seine nächste ordentliche Mahlzeit. Er hatte eine Einladung zum Dinner mit der Kommandantin der Raumstation, Captain Naomi Fang-Castro und ihrer Verlobten, Llorena soundso, an deren Namen er sich nicht erinnern konnte. Bevor ich mich noch blamiere, sollte ich ihn lieber nachsehen, dachte er. Von ihrer ersten Ehefrau hatte sich der Captain vor zwei Jahren scheiden lassen. Die Ex und ihre beiden Kids im College­alter lebten auf der Erde. Für den Weltraum hatte die Ex nie viel übriggehabt. Fang-Castro hingegen war dem Himmel verfallen. Vielleicht kamen er und die Kommandantin deshalb so gut miteinander aus, sinnierte Martinez … und wahrscheinlich waren sie beide deshalb geschieden.
Er nahm einen Anruf von der Raumstation entgegen, wo Elroy Gorey, den die Erdlinge als Farmer bezeichneten, die Pflanzen päppelte oder die Nährstoffzyklen mit dem Biotech-Programm überwachte, je nachdem, wie umständlich man sich ausdrücken wollte.
Gorey hatte einen Doktor in Botanik, arbeitete nebenbei ein bisschen als Klempner und Programmierer und kannte sich mit Schalttafeln aus. „ Dieses Schätzchen von Starbucks hat angerufen “, sagte er. „ Sie will wissen, ob du deinen Kaffee vergessen hast. “
„ Nee, ich hab einen Trinkbeutel hier, aber es wäre schön, wenn sie mir einen frischen Espresso kredenzen würde. “
„ Ich werd’s ihr ausrichten “, sagte Gorey. „ Ich glaube, sie möchte mich näher kennenlernen. “
„ Nichts für ungut, Elroy, aber du bist wohl eher der Wingman-Typ … “
Das Schätzchen arbeitete in Seattle und vernetzte sich über einen Audio/Videolink mit der Station, der es ihr ermöglichte, mit einer automatischen Kaffeemaschine Kaffee für das Stationspersonal zu brauen. Das direkte Gespräch sollte die Stimmung verbessern, was auch meistens gelang. Das Stationspersonal vermutete, dass die Baristas, egal ob weiblich oder männlich, eher wegen ihres guten Aussehens eingestellt worden waren und weniger aufgrund ihres Talents, Kaffee zu kochen.
Hinter Martinez’ Rücken, an der Dose, durchlief Chuck’s Eye seine vorprogrammierte Diagnosesequenz, schoss eine Reihe Weitwinkelfotos und schickte sie an die Bodenstation des Caltech in Pasadena, Kalifornien. Nachdem diese überprüft worden waren, von einem Praktikanten, weil die Arbeit eine langweilige Routine war, würde man Chuck’s Eye wieder den richtigen Astronomen für eine richtige Arbeit überlassen.
Zumindest war das so geplant.

John Sandford

Über John Sandford

Biografie

John Sandford, 1944 in Cedar Rapids/Iowa geboren, ist Autor von über dreißig Thrillern, die international zu Bestsellern wurden. Er gewann den Pulitzer-Preis und steht regelmäßig auf der New-York-Times-Bestsellerliste. John Sandford lebt in New Mexico.

Pressestimmen
hysterika.de

„›Das Objekt‹ macht unwahrscheinlich viel Spaß und sorgt für sehr unterhaltsame Stunden.“

Delmenhorster Kreisblatt

„ein ungemein spannender, fast 600 Seiten starker Science-Fiction-Roman, der sowohl mit dem bekannten menschlichen Konkurrenzdenken als auch mit außerirdischer Psychologie spielt.“

Lee Child, Bestsellerautor der Jack-Reacher-Romane

„Drei Dinge möchte ich klarstellen: erstens, ich bin der größte John-Sandford-Fan auf Erden. Zweitens: Als er mir sagte, er schreibe an einem Science-Fiction-Thriller, dachte ich... was?! Drittens: Ich hätte nicht zweifeln müssen: ›Das Objekt‹ ist ein echter Sandford – nur eben in der Zukunft. Sie werden nicht enttäuscht sein.“

Jeffery Deaver

„›Das Objekt‹ ist Thriller und erstklassige Science Fiction zugleich. Es erinnert mich an die besten Werke von Bradbury und Heinlein, und ich will vor allem eins – mehr davon!“

Buchwelten

„Faszinierende Reise durchs All zum Saturn. Detailverliebte, hochwertig formulierte Technikbeschreibungen und eine interessante Erstkontakt-Theorie lassen einen das Buch schwer aus der Hand legen. Tolle Hard-SF.“

Geek!

„Ein in Plot, Figuren und Science durchwegs überzeugender Hard-SF-Roman der allerersten Güteklasse!“

mutlimania

„›Das Objekt‹ schildert detailliert die politischen, wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen, die eine Entdeckung dieser Art nach sich zieht, und ist ein gelungener Roman über eine in kürzester Zeit geplante und durchgeführte Reise zum Saturn“

Kommentare zum Buch
Gute Science Fiction
Mar-Kus am 21.03.2016

Dss Buch enthält eine spannende und fesselnde Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftspolitischen Fragen. Die Amis wollen wie immer größer, schneller, und weiter sein als alle anderen und sind immer im Wettbewerb oder Kampf, inclusive gegen den aktuellen Lieblingsfeind China. Das hat etwas unguten Beigeschmack. Die technischen Details im Roman dagegen sind gut. Von technisch-künstlerischen Freaks bebildert würde das Buch m.E. noch mehr faszinieren.

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