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Bronwick Hall – Dornenkrone (Bronwick Hall 2)

Laura Labas
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Roman

„„Bronwick Hall: Dornenkrone“ war ein absolut würdiger und gelungener Abschluss und jeder der Fantasy mag, sollte sich die Reihe auf jeden Fall mal anschauen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.“ - love_booksandpixiedust

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Bronwick Hall – Dornenkrone (Bronwick Hall 2) — Inhalt

Herzergreifende Romantik, ein Strudel aus Intrigen und magische Kämpfe an einer elitären Universität!
Legenden besagen, eine verräterische junge Frau habe vor 200 Jahren die Unterwelt zerstört und alle Hexen gezwungen, nach England ins Exil zu gehen. Die Kalten, eine gewissenlose Rebellenorganisation, sind davon überzeugt, dass jene Frau wiedergeboren wurde und sich an der magischen Eliteuniversität Bronwick Hall aufhält. Der junge Professor Henry Saints und die Studentin Blaine schleusen sich bei den Rebellen ein, um mehr über deren Pläne herauszufinden. Doch je tiefer sie in die Strukturen der Organisation eindringen, desto mehr erfährt Blaine über ihr wahres Schicksal …

Bronwick Hall:
Band 1: Dornengift
Band 2: Dornenkrone

€ 17,00 [D], € 17,50 [A]
Erschienen am 02.01.2024
480 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-70762-6
Download Cover
€ 14,99 [D], € 14,99 [A]
Erschienen am 02.01.2024
480 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-60502-1
Download Cover

Leseprobe zu „Bronwick Hall – Dornenkrone (Bronwick Hall 2)“

1. Kapitel

Scherbenhaufen


Die Tage flossen ineinander über. Eine riesige Lache, die mich einschloss und festhielt. Seit Alston von meinem Onkel entführt worden war, konnte ich kaum eine Stunde schlafen, ohne von Albträumen geplagt zu werden. Immer wieder war da die Vision aus meinem alten Leben, wie ich nun wusste. Ich erkannte nur mich selbst und meine Schwester. Bastien … Seinen Namen hatte ich heute das erste Mal vernommen. Vor zwei Nächten war die Vision in überraschender Deutlichkeit über mich gekommen. Mir war nicht ganz klar, woher ich das wusste, [...]

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1. Kapitel

Scherbenhaufen


Die Tage flossen ineinander über. Eine riesige Lache, die mich einschloss und festhielt. Seit Alston von meinem Onkel entführt worden war, konnte ich kaum eine Stunde schlafen, ohne von Albträumen geplagt zu werden. Immer wieder war da die Vision aus meinem alten Leben, wie ich nun wusste. Ich erkannte nur mich selbst und meine Schwester. Bastien … Seinen Namen hatte ich heute das erste Mal vernommen. Vor zwei Nächten war die Vision in überraschender Deutlichkeit über mich gekommen. Mir war nicht ganz klar, woher ich das wusste, aber es mussten die letzten Momente meines alten Lebens gewesen sein.

Etwas war danach geschehen. Vielleicht war ich von den Titanen getötet worden. Vielleicht hatte ich es nicht rechtzeitig durch das Portal in die Menschenwelt geschafft und war verhungert. Vielleicht …

Letztlich war alles Spekulation, und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wollte ich es nicht mal wissen. Ich wollte nichts mit meinem früheren Leben zu tun haben. Ich wollte die alte Seele aus mir herausreißen. Ich war unfähig, sie mit meinem jetzigen Leben zu vereinbaren. Das war nicht ich.

Was auch immer mein Vater getan hatte, um mich zu kreieren, ich verabscheute es.

Das allein wäre schon genug gewesen, damit ich mich für lange Zeit in meinem Bett vergrub, aber es gab noch mehr. So viel mehr.

Erschöpft blickte ich vom Sandsack zu den Oberlichtern der dämmrigen Sporthalle. Der Tag neigte sich dem Ende zu. Abgesehen von mir hielt sich niemand mehr in der Halle auf. Die meisten Studierenden würden sich zum Essen begeben oder für die Examen in ein paar Wochen büffeln. Magie durfte überall auf dem Campus von Bronwick Hall verwendet werden, weshalb sich meine Mitstudierenden nur selten in die Lehrräume zum Üben begaben. Meistens erprobten wir unsere Fähigkeiten im großen Speisesaal, wenn dieser leer geräumt war, oder in unseren eigenen Zimmern. Nur für Alchemie und Bannzauber brauchte man wichtige Utensilien, die sich in den einzelnen Hörsälen und Werkräumen befanden.

Somit hatte ich die Halle ganz allein für mich und meine Sorgen. Einsam und mit finsterer Stimmung konnte ich an meiner Muskelkraft arbeiten. Mir vorstellen, Saints’ Gesicht würde sich auf dem Boxsack abzeichnen.

Keuchend wandte ich mich ihm – dem Boxsack und nicht Saints – wieder zu und schlug ein paarmal darauf ein. Meine Muskeln protestierten. Schweiß perlte mir von Stirn und Nasenspitze. Mein nasser Zopf klatschte unangenehm an meine Wange.

Ich sollte vielmehr die Kontrolle üben, damit ich problemlos alle sechs Magiearten wirken konnte, aber seit Saints mir eine Abfuhr erteilt hatte, fiel es mir schwer, mich darauf zu konzentrieren. Er war derjenige gewesen, der von Anfang an an mich geglaubt hatte. Er hatte durch meine Fassade geblickt und mein Potenzial erkannt.

Nun wollte Professor Henry Saints einfach so einen Rückzieher machen? Was war in ihn gefahren?

„Dieser. Verdammte. Mistkerl“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich untermalte jedes Wort mit einem weiteren Schlag.

Mich hatten bereits so viele verlassen. Warum konnte Saints nicht seinen Stolz runterschlucken und an meiner Seite bleiben?

Schluchzend musste ich den wackelnden Boxsack umklammern. Mir fehlte die Kraft, weiter auf ihn einzudreschen, und ich konnte mich kaum noch aufrecht halten. Nicht nur Saints war gegangen. Rees, mein nervtötender Cousin, hatte sich den Rebellen angeschlossen und Bronwick Hall verlassen. Zusammen mit Oakly hatte er gegen die Kaizerin und für meinen Vater gearbeitet.

Warum?

„Warum?“, schrie ich.

Niemand antwortete.

Nichts ergab einen Sinn. Ganz gleich, wie oft ich die Tatsachen in meinem Kopf hin- und herwälzte. Wie lange. Rees hatte ein gutes Leben gehabt. Durch unsere Großmutter, die sich tadellos mit der Kaizerin verstand, war seine Stellung in der Gesellschaft angesehen gewesen. Es hatte ihm nie an etwas gemangelt. Er hatte nie radikale Äußerungen getätigt.

Warum hatte er sich meinem Vater angeschlossen? Warum hatte er zugelassen, dass Oakly Karan vergiftete?

Ich wollte ihm nicht die Schuld dafür geben, dass ich letztlich Oaklys Vater getötet hatte, doch was blieb mir sonst? Wenn ich mir auch dafür die Schuld auflud, fürchtete ich, nicht mehr atmen zu können. Ich musste einen Teil davon loswerden, um weiterzumachen. Alston brauchte mich.

Langsam löste ich mich von dem Boxsack. Wieder kehrten meine Gedanken zu Saints zurück.

Ich hatte mir damals in seinem Bett geschworen, ihn nie wieder allein zu lassen. Für ihn da zu sein, auch wenn er mich von sich stieß. Als hätte ich sein Handeln bereits vorausgeahnt. Das machte es jedoch nicht weniger schmerzhaft.

Er hatte Adalinds Lügen nicht geglaubt, trotzdem hatte er mich wie ein Kind behandelt. Mich belogen.

Ich war mir fast sicher, dass er gelogen hatte.

Es tat weh, dass er nicht für uns kämpfte. Trotzdem würde ich ihn nicht einfach loslassen.

Ich blickte auf meine bandagierten Hände hinab. Meinen goldenen Verlobungsring mit dem Smaragd hatte ich für die Dauer der Trainingseinheit abgenommen.

Karan hatte eigentlich mit mir trainieren wollen, doch er war spät dran.

Wir hatten uns darauf geeinigt, die Scharade unserer Verlobung weiterzuführen, damit sie mir als Alibi für meine geheimen Tätigkeiten diente. Es war seltsam, sie jetzt erst als Scharade zu bezeichnen. Obwohl sie dies bereits seit Beginn gewesen war.

Für Karan und mich hatte es nie auch nur die leiseste Chance einer ehrlichen Beziehung gegeben. Wie eine Ertrinkende hatte ich mich an ihn geklammert und gehofft, er würde mich retten. Wie falsch ich gelegen hatte. Wie erbärmlich ich gewesen war.

Selbst als mir bewusst geworden war, dass ich ihn und seine Familie ausnutzte, um mir eine Zukunft zu sichern, hatte ich mich unmöglich verhalten. Ich hätte viel früher lernen müssen, auf eigenen Beinen zu stehen. Für mich selbst zu kämpfen.

„Hey.“ Karan kam durch die offen stehende Tür aus der Männerumkleide. „Du bist ja schon dabei.“

Er trug wie ich eine lockere Sporthose und ein T-Shirt. Darüber hatte er sich noch die passende Sweatshirtjacke geworfen. Alles in den Akademiefarben Grün, Blau und Schwarz.

„Du bist zu spät“, kommentierte ich nüchtern. Ich kam ihm entgegen, um leiser sprechen zu können. „Was ist passiert?“

„Nichts Wichtiges“, wich er aus. Sein Gesichtsausdruck verriet mir nicht das Geringste, trotzdem versuchte er, abzulenken, indem er sich aufwärmte.

„Kannst du mir nicht ehrlich sagen, was los ist?“

„Ich will dich nicht aufregen.“ Er hielt dabei inne, seine Schultern mit kreisenden Bewegungen zu lockern.

„Ich bin keine Porzellanpuppe“, widersprach ich vehement.

„Daran muss ich mich erst gewöhnen“, nuschelte er.

Ich schnaubte verächtlich. „Als ob dich das vorher jemals aufgehalten hätte, mich nicht zu verletzen. Oder mir nicht die Wahrheit zu sagen.“

Er seufzte tief.

„Mimics wollten wissen, warum ich nicht in den Speisesaal gehe. Nichts weiter“, antwortete er prompt. Da wollte wohl jemand nicht über unsere Vergangenheit sprechen. „Schätze, Templett meint es ernst. Dass sich hier ein paar Dinge ändern werden und so.“

Ich ballte die Hände zu Fäusten. Mimics waren Unterweltlerinnen und Unterweltler, die in unserer Gesellschaft – ähnlich wie Polizisten – für Recht und Ordnung sorgten. Seit dem Angriff der Rebellen auf unsere Akademie und Alstons Entführung gingen sie hier ein und aus.

„Hm, wir müssen uns einfach unter dem Radar bewegen“, zwang ich mich zu sagen, anstatt mich aufzuregen. Ich hatte Karan zwar in meine Pläne eingeweiht, aber ich traute ihm nicht mehr mit meinen Gefühlen.

Er hakte nicht weiter nach.

Wenig später hielt ich den Boxsack fest, damit er auch ein paar Schläge austeilen konnte.

Mittlerweile hatte er seine Jacke ausgezogen, sodass ich die Muskelstränge unter seiner dunkelbraunen Haut erkennen konnte. Sie bewegten sich bei jeder Attacke und hätten mich noch vor einem Jahr um den Verstand gebracht. Heute spürte ich nichts außer milde Neugier darüber, wer von uns beiden wohl stärker war.

„Das ist so ungewohnt“, sagte er, als wir die Plätze tauschten. Meine Arme zitterten bereits.

„Was?“

„Dir dabei zuzugucken, wie du aus Spaß trainierst.“ Er grunzte, als ich dem Sack einen besonders harten Schlag verpasste und er dadurch nach hinten gedrückt wurde.

„Es ist nicht aus Spaß“, entgegnete ich angesäuert. „Ich mache es zum Überleben. Du solltest das wissen.“

„Das tue ich“, beeilte er sich zu sagen. „Glaub mir. Ehrlich.“ Ich gab ein unbestimmtes Geräusch von mir, bevor ich vom Boxsack abrückte. Mein Energielevel war unten angelangt. Im gleichen Moment trat jemand anderes in die Halle. Ich rief instinktiv meine Elementarmagie, um mich zu verteidigen, falls mein Onkel oder mein Vater aufgetaucht war, um mich mitzunehmen.

Doch es war nur Linden. Meine beste Freundin und Zimmergenossin.

Sofort entspannte ich mich.

„Hier seid ihr“, sagte sie mit einem unsicheren Lächeln.

Sofort überbrückte ich den Abstand zwischen uns und drückte ihren Unterarm.

„Wir wollten ein bisschen trainieren“, sagte ich.

Karan näherte sich uns und zog im Gehen die weißen Haftbandagen von seinen Händen.

Linden strich sich ihre geflochtenen Zöpfe über die linke Schulter. Ihr elfengleiches Gesicht und die riesigen braunen Augen waren mir so vertraut wie mein eigenes Äußeres. Lange Zeit hatte ich mich gegen unsere Freundschaft gewehrt. Mittlerweile gab es kaum etwas, wofür ich dankbarer war.

„Also habt ihr nicht weiter über deinen Plan geredet?“, fragte sie, nachdem ich sie losgelassen hatte.

„Nicht hier, Linden“, ermahnte ich sie sanft. Die Türen zu den Kabinen standen sperrangelweit offen. Jeder könnte sich in den Fluren versteckt halten, um uns zu belauschen.

„Sorry.“ Betreten rieb sie sich den Nacken.

„Ich habe mir Gedanken darüber gemacht“, sagte ich nach einem kurzen Moment, um sie versöhnlich zu stimmen. Leiser noch fügte ich hinzu: „Wir treffen uns heute Nacht. Bis dahin ist es besser, wenn wir uns so verhalten wie besprochen. Keine Freundschaft mehr in der Öffentlichkeit.“

Es tat schon weh, das zu sagen, noch mehr, es von ihr zu verlangen. Aber es war richtig so. Templett hatte es auf mich abgesehen, und ich konnte nicht riskieren, dass sie Linden gegen mich verwendete. Bei Karan sah die Sache anders aus. Für ihn würde ich nicht durchs Feuer gehen wie für meine beste Freundin.

„Es fällt mir schwer, Blaine“, gestand sie. „Besonders wenn ich wirklich den Plan durchziehen soll und wir unterschiedliche Zimmer bekommen …“

„Mir geht es auch so“, gestand ich. „Trotzdem gibt es keine andere Lösung, bis Templett die Akademie verlässt.“

„Und was ist mit Karan? Ihr nehmt keinen Abstand voneinander, oder?“

Karan kratzte sich am Unterarm. Ich konnte meine Gedanken wohl kaum aussprechen, ohne ihn zu verletzen.

„Sie wird sich nicht trauen, ihm zu schaden. Nicht, nachdem er wie die Tochter der Kaizerin durch unser Wunder geheilt worden ist. Aller Augen sind auf ihn und Felicitas gerichtet.“ Linden sah nicht gänzlich überzeugt aus. „Außerdem bedeutet er mir nicht das Gleiche wie du“, fügte ich dann doch hinzu.

Das schien sie aufzumuntern.

„Wow, danke“, bemerkte Karan trocken.

Ich verdrehte die Augen in seine Richtung. „Bist du wirklich darüber verärgert?“

„Als ob.“

Ich glaubte ihm. Ein neuartiges Gefühl. Normalerweise log er mich an, wie ihm der Sinn danach stand. Es schien sich tatsächlich etwas zwischen uns geändert zu haben.

„Ich geh dann mal, bevor mich jemand hier sieht.“ Lindens Lächeln war etwas fröhlicher, obwohl ich sie mit meiner Bitte um Abstand mehr oder weniger rauswarf. Ich hoffte jedoch, dass sie es mir nicht übel nahm. Vielleicht könnten wir heute Nacht noch einmal ausführlich darüber sprechen.

Und über alles andere, was ich vor Karan nicht erwähnen wollte. Meinen Herzschmerz zum Beispiel.

„Es scheint alles zu eskalieren, oder?“, sagte Karan, nachdem Linden gegangen war.

Ich hatte mich auf eine der Holzbänke gesetzt und wischte mir mit einem Handtuch den Schweiß von der Stirn.

„Was meinst du?“

„Ich habe noch am Anfang des Semesters gedacht, dass das Schwierigste werden würde, dich dazu zu bringen, die Verlobung aufzulösen. Jetzt scheint alles den Bach runterzugehen. Und Oakly …“ Er seufzte, bevor er meinen Blick erwiderte. „Es tut mir leid, dass ich so blind gewesen bin.“

„Wir haben es beide nicht sehen wollen. Sowohl was Oakly betrifft als auch Rees.“ Ich erhob mich und warf mir das Handtuch über die Schulter. „Es bringt jedoch wenig, sich Vorwürfe zu machen.“ Leichter gesagt als getan. „Wir müssen nach vorne blicken und Alston retten. Bevor mein Vater ihm etwas antun kann.“

Alston. Er war mein jüngerer Bruder, doch er war auch eine fremde Person, mit der ich nie auch nur ein Wort gewechselt hatte.

Trotzdem würde ich mein eigenes Leben für ihn aufs Spiel setzen. War dies Segen und Fluch von Blutsbanden?

Karan nickte entschlossen. „Sehen wir uns nachher?“

„Spätestens in der Nacht“, wisperte ich. „Ich weiß nicht, ob ich mir die schockierten Blicke der anderen antun kann.“

Mein Magen knurrte lautstark.

Karan zwinkerte mir zu. „Ich bleib an deiner Seite, wenn du willst. Du kannst nicht nur trainieren, du musst deinen Körper auch mit Nahrung stärken.“

„Du klingst wie Heilerin Preston.“ Ich ließ das Handtuch spielerisch in seine Richtung klatschen.

Ausweichend lachte er, bevor er seine Jacke vom Boden klaubte und sich dann in die Umkleide verabschiedete. Ich harrte einen Moment länger im Halbdunkel aus und starrte ins Nichts, bevor ich mir einen Ruck gab. Mit Nichtstun würde ich meine Ziele auch nicht erreichen.

An die Frauenumkleide schloss sich ein kalter Raum mit Waschbecken und Duschkabinen an. Ich hängte ein großes Handtuch an den Haken neben der hintersten Kabine, die weiß gekachelt war, und zog mich dann aus. Der Hahn quietschte, als ich das Wasser aufdrehte. Erst war es zu heiß, dann zu kalt, ehe ich eine angenehme Temperatur eingestellt hatte. Sobald ich das prasselnde Wasser auf meiner Kopfhaut spürte, seufzte ich wohlig.

Ganz gleich, was meine Gedanken umherwirbeln ließ, es gab kaum etwas, das beruhigender war, als unter einem heißen Wasserstrahl zu stehen.

Ich strich mir übers Gesicht und durch die Haare, die ich endlich aus dem festen Pferdeschwanz lösen konnte. Mit den Fingern zerpflügte ich die einzelnen Strähnen und schäumte sie anschließend ein. Das Shampoo hatte mir Linden zu meinem letzten Geburtstag geschenkt. Es roch nach süßen Rosen.

Als mich der Duft einhüllte, fühlte ich eine Schwerelosigkeit in mir aufsteigen. Ich blinzelte. Schon jetzt erkannte ich die Anzeichen einer herannahenden Vision.

Ängstlich kämpfte ich dagegen an, von den Erinnerungen meines alten Lebens überwältigt zu werden. Vergebens.

Ich öffnete meine Lider und befand mich nicht länger in der Dusche in Bronwick Hall, sondern auf einer förmlichen Dinnerparty. Leises Klaviergeklimper mischte sich zu dem brummenden Stimmengewirr. Ich stand abseits an einer Wand. Die Arme vor meinem Körper verschränkt. Obwohl ich an mir herabgucken wollte, um zu sehen, was ich trug, konnte ich nichts tun. Es war nicht mein Körper. Nur eine Erinnerung. Ein anderes Leben. Ein anderes Ich.

Und trotzdem wurde ich zu ihr, und sie war ich. Wir waren eins.

 

Ohne es zu wollen, sah ich zur Seite. In das Gesicht meines Partners, der mir hoffentlich schon bald einen Antrag machen würde. Bastien. Seine sanften grauen Augen bewegten sich kaum jemals von mir weg, wenn wir uns in einem Raum befanden. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, als sich unsere Blicke trafen.

Mein Herz machte einen Satz. Ich löste meine Arme und zog ihn mit einer Hand am Ärmel, damit er sich zu mir runterbeugte. Er glaubte, ich würde ihm etwas ins Ohr flüstern wollen, dabei presste ich stattdessen meine Lippen auf die empfindliche Stelle direkt darunter.

„Benimm dich“, maßregelte er mich scherzhaft und lachte auf. Ein warmer Laut, der mich erschauern ließ. Er legte einen Arm um meine Mitte. „Deine Eltern sind hier.“

Ich winkte ab. „Meine Schwestern nehmen sie völlig ein. Sieh nur. Jede von ihnen will ihre Aufmerksamkeit, ihr Lob haben. Bäh.“ Ich streckte die Zunge raus. „Viel zu anstrengend.“

„Sie alle können stolz auf ihre jeweiligen Errungenschaften sein.“

„Was für Errungenschaften? Wir sind alle bloß auf eine Magieart spezialisiert. So außergewöhnlich ist das nicht.“ Ich unterdrückte ein Seufzen. „Eher erbärmlich.“

„Wäre es, wenn ihr durchschnittlich talentiert wäret. Ihr seid aber mehr als das. Was du mit Elementarmagie anstellen kannst …“ Er ließ den Satz offen. Wir wussten beide, dass ich begabt war. Und auch, wenn ich dies früher liebend gern von anderen bestätigt bekommen hatte, bedeutete es mir nur noch wenig, seit ich Bastien kennengelernt hatte.

Er war zu meinem Mittelpunkt geworden.

„Außerdem könnt ihr allesamt auch die anderen Magiearten wirken und manchmal sogar besser noch als der Durchschnitt. Rede das nicht klein.“

Er hatte recht. Trotzdem wollte ich mir darauf nichts einbilden.

„Sieh nur, Louise ist da!“, rief ich, als meine Schwester den weitläufigen Salon betrat. Sie trug ein eisblaues Kleid, das ihre Figur wie ein Wasserfall umgab. Anders als erwartet, war sie nicht allein.

Die Stimmen wurden lauter, dringlicher. Köpfe wurden gereckt. Der Pianist verspielte sich, und eine Reihe an Misstönen durchbrach den Schock über Louises Begleiter. Bei ihm handelte es sich um niemand anderes als um den …

„… Sohn der Kaizerin“, wisperte eine Hexe unmittelbar neben mir. Sie hob erschrocken eine behandschuhte Hand an ihre dunkel geschminkten Lippen.

„Ist das ein Verlobungsring?“, fragte ihre Begleiterin. Gleichzeitig versuchte sie, einen besseren Blick auf das Paar zu erhaschen, das sich nun einen Weg zu meinen Eltern bahnte.

„Willst du zu ihnen?“, fragte Bastien.

Ich blickte in sein Gesicht und stellte mir die gleiche Frage. Das Auftauchen von Anthony überraschte mich am allermeisten. Eigentlich hatten Louise und ich ein gutes Verhältnis zueinander. Warum hatte sie mir nichts von ihm erzählt?

Ich schüttelte den Kopf, während ich die unschönen Kommentare der Anwesenden über meine Schwester mitanhören musste. Sie nannten sie Betrügerin, magielos, gerissen … Alles bloß, weil sie sich in den Augen aller den begehrtesten Bachelor im gesamten Reich geschnappt hatte.

Mir wurde schwindelig, und ich sackte herab. Bastien fing mich nicht auf. Ich raste weiter nach unten. Blitze zuckten vor meinem Gesicht und erhellten tiefste Schwärze. Ich hörte meine Stimme. Oder war es die einer anderen Person? Wer war ich? Hannah oder …

Brauche ich einen Grund?

Einen Grund, um das zu tun? Um böse zu sein? Um mich lebendig zu fühlen?

Muss ich …

Darf ich …

Darfst du …?

 

Mit einem brutalen Schlag fand ich mich in der Dusche wieder. Gerade so konnte ich mich an dem metallenen Hahn festkrallen, bevor ich zu Boden sackte. Das Wasser war mittlerweile eiskalt. Ich zitterte, und meine Zähne klapperten aufeinander. Meine Magie floss in Strömen aus mir heraus. Wie ein blasser Regenbogen, der aus mir hervorquoll, ehe ich sie zurückhalten konnte.

Ich brauchte einige Anläufe, bevor es mir gelang, den Wasserhahn zuzudrehen und mich in das raue Handtuch zu wickeln. Mühsam kämpfte ich mich zu den Waschbecken. Meine Lippen waren blau vor Kälte, erkannte ich, als ich einen Blick in den Spiegel warf.

Lautes Knirschen erschreckte mich. Unbewusst hatte ich wieder den Griff um meine Magie verloren. Das Waschbecken, um das ich meine Hände gekrallt hatte, zerbrach und krachte lautstark auf den Boden. Fliesen knackten protestierend. Splitter stoben in die Luft und zogen Risse in meine nackten Beine. Blutige Kratzer blieben zurück.

Überwältigt stolperte ich zurück. Weitere Splitter bohrten sich in meine Sohlen, ehe ich genügend Abstand zum zerstörten Becken bringen konnte.

„Beherrsche dich“, presste ich hervor. „Lass dich nicht beherrschen.“

Mit den Händen in den Haaren hielt ich inne und versuchte, zu Atem zu kommen.

Früher oder später musste ich lernen, den Ansturm der Visionen zurückzuhalten. Ihn zu kontrollieren.

Aber wer konnte mir helfen?

Langsam richtete ich mich auf. Saints würde mich hochkant aus seinem Arbeitszimmer werfen, bevor ich ihn um Hilfe bitten könnte. Ich biss die Zähne zusammen. Mir wurde übel bei dem Gedanken, jemand anderes in meine Geheimnisse einzuweihen. Dann musste ich mich eben mehr anstrengen und es allein schaffen. Irgendwie würde das schon gehen.

Laura Labas

Über Laura Labas

Biografie

Laura Labas wurde 1991 in der Kaiserstadt Aachen geboren. Schon früh verlor sie sich im geschriebenen Wort und entwickelte eigene fantastische Geschichten, die sie mit ihren Freunden teilte. Mit vierzehn Jahren beendete sie ihren ersten Roman. Spätestens da wusste sie genau, was sie für den Rest...

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Kommentare zum Buch
Spannend, überraschend und düster
Selection Books am 02.01.2024

„Dornenkrone“ ist der Finalband der Dilogie "Bronwick Hall" und stammt aus der Feder von Laura Labas. Nach dem vielversprechenden Reihenauftakt war ich wahnsinnig gespannt auf das Finale. Die Autorin punktet mit einem spannenden Abschluss, der einige Überraschungen für den Leser parat hält. Es wird wieder düster und spannend. Während die Rebellen im Hintergrund ein Netz aus Intrigen spinnen, geben Blains Visionen immer mehr Details preis. Alles ist miteinander verwoben. Blaine, die Rebellen und all die schrecklichen Ereignisse der letzten Zeit. Als sich die Lage zuspitzt, sieht Blaine nur eine Möglichkeit, alles zu beenden. Sie muss sich den Rebellen anschließen und diese gefährliche Organisation infiltrieren. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und nichts ist so, wie es zu sein scheint. Der Finalband schließt nahtlos an den ersten Band an und verschärft die Gefahr rund um Blaine und ihre Freunde. Laura Labas erzählt actionreich im lockeren Ton und kann auch in diesem Band mit ihrem einnehmenden Schreibstil begeistern. Im ersten Band hatten mir der Weltenaufbau und die Ideen der Autorin sehr gut gefallen. In diesem Finalband liegt der Fokus mehr auf dem Vorantreiben der Handlung. Laura Labas setzt auf Tempo, überraschende Wendungen und viele Gefahren, die Blaine und ihre Freunde bestehen müssen. „Ich klaubte das Messer vom Boden. Seine Hand zitterte, als er sie um die Lederhalterung legte. Unsere Blicke trafen ein letztes Mal aufeinander. Für ein paar wenige Minuten befand ich mich wieder im Garten vor so langer Zeit und lauerte ihm auf. Er war ein Fremder, der bald schon mein ganzes Sein erfüllen würde.“ Zitat aus Bronwick Hall 2 - Dornenkrone von Laura Labas, eBook bei 37%. Dunkle Geheimnisse, Intrigen, Verrat und unerwartete Verluste sorgen für dramatische Wendungen und lassen den Leser ordentlich leiden. Die düstere Atmosphäre voller unterschwelliger Gefahr zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch. Mit einer Wendung hatte ich überhaupt nicht gerechnet und es hat mir das Herz gebrochen. Die Liebesgeschichte spielt in diesem Band eine eher untergeordnete Reihe, was mir gut gefallen hat. Natürlich gibt es trotzdem ein wenig für das Herz, doch die spannende Handlung voller Überraschungen steht im Vordergrund. Dunkle Geheimnisse werden enthüllt und die Autorin sorgt für die eine oder andere Überraschung. Dadurch bleibt der Spannungsbogen straff gespannt. Die Geschichte der sieben Schwestern hat mir richtig gut gefallen. Die Reihe wird rund abgeschlossen, das Ende bietet jedoch Raum für unterschiedliche Interpretationen sowie eine Fortsetzung. Fazit: Düster und mitreißend: Mit ihrem Finalband „Dornenkrone“ entführt Laura Labas den Leser tiefer in eine Welt voller Intrigen und Verrat. Die Autorin überzeugt mit starken Protagonisten, düsteren Enthüllungen und überraschenden Wendungen.

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