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A Forest so Dark – Wo das Dunkel erwacht (Nocturne Tales 1) A Forest so Dark – Wo das Dunkel erwacht (Nocturne Tales 1) - eBook-Ausgabe

Lisa Jasmina
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Roman

— Düster-märchenhafte Enemies-to-Lovers-Romance mit Twist
Taschenbuch (19,00 €) E-Book (4,99 €)
€ 19,00 inkl. MwSt. Erscheint am: 29.08.2025 Bald verfügbar Das Buch kann 30 Tage vor dem Erscheinungstermin vorbestellt werden.
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A Forest so Dark – Wo das Dunkel erwacht (Nocturne Tales 1) — Inhalt

Ein tödlicher Fluch. Eine Hexe wider Willen. Ein Kopfgeldjäger. Düster-romantische Märchenfantasy für Fans von Rachel Gillig und Kerri Maniscalco 

Zwischen endlosen Wäldern, verfallenen Châteaus und den Schatten alter Götter lauert die Dunkelheit. Und sie flüstert ihren Namen. 

Die Tage der jungen Eleyne sind gezählt, als sie als Opfer ihres Dorfes in den Dunkelwald geführt wird. Denn dort wartet eine Hexe, die nach Blut verlangt. Eleyne gelingt es, die Hexe zu besiegen, aber dem dunklen Fluch entkommt sie nicht. Etwas in ihr erwacht, finsterer als die Schatten unter den Bäumen. Dann taucht eines Tages der ebenso unergründliche wie faszinierende Kopfgeldjäger Noé auf, der nur ein Ziel hat: den Fluch ein für alle Mal zu brechen. Egal, wer dafür bluten muss. Doch je näher sich die beiden kommen, desto mehr erkennen sie, dass der Fluch sie weit tiefer verbindet als gedacht. Nur wie besiegt man die Dunkelheit, wenn man längst Teil von ihr geworden ist? Und was, wenn die größte Gefahr in ihren Herzen selbst lauert? 

€ 19,00 [D], € 19,60 [A]
Erscheint am 29.08.2025
438 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-50850-6
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€ 4,99 [D], € 4,99 [A]
Erscheint am 29.08.2025
438 Seiten
EAN 978-3-377-90213-9
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Leseprobe zu „A Forest so Dark – Wo das Dunkel erwacht (Nocturne Tales 1)“

Kapitel 1

Eleyne

Die Männer stapelten die Hirschschädel aufeinander, bis ein Turm aus bleichen Knochen und leeren Augenhöhlen entstand. Der Anblick jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich presste die Lippen aufeinander. Tannennadeln knirschten unter mir, als ich die Knie enger an meinen Körper zog, während ich mit Drystan neben mir unter dem Baum kauerte. Der Schnee hatte es nicht bis hierher geschafft. Das dichte Nadeldach hielt die Feuchtigkeit von uns fern, während wir den Vorbereitungen für das Ritual zusahen.

„Hast du … Angst?“, brach ich die [...]

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Kapitel 1

Eleyne

Die Männer stapelten die Hirschschädel aufeinander, bis ein Turm aus bleichen Knochen und leeren Augenhöhlen entstand. Der Anblick jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich presste die Lippen aufeinander. Tannennadeln knirschten unter mir, als ich die Knie enger an meinen Körper zog, während ich mit Drystan neben mir unter dem Baum kauerte. Der Schnee hatte es nicht bis hierher geschafft. Das dichte Nadeldach hielt die Feuchtigkeit von uns fern, während wir den Vorbereitungen für das Ritual zusahen.

„Hast du … Angst?“, brach ich die Stille zwischen uns und sah meinen Freund an.

Mein Blick streifte seinen kantigen Kiefer, dann seine markanten Wangenknochen, die die Weichheit von früher verloren hatten. Ein Bartschatten zeichnete sich darauf ab, obwohl er sonst stets glatt rasiert war. Seine Augen lösten sich nicht von den Männern, die eine weitere Ladung Hirschschädel aus einem Schuppen holten.

Neunundzwanzig Stück für neunundzwanzig Kinder und Heranwachsende von unbeflecktem Blut.

Einmal im Jahr wurde ein Opfer in den Forêt Sombre, den Dunkelwald, geschickt, der an unser Dorf grenzte. Keines kehrte je zurück. Nur die Gebeine – ein Fingerknöchel hier, ein traurig dreinblickender Schädel dort – wurden manchmal im Frühling von den Holzhackern und Jägern entdeckt, wenn der Schnee zu tauen begann.

Drystan zögerte und zupfte an der abstehenden Haut seines Daumens, bevor er antwortete. „Es hat mich zwanzig Jahre nicht getroffen.“

Das war keine Antwort auf meine Frage. Doch bevor ich ihn darauf aufmerksam machen konnte, sprach er weiter: „Und selbst wenn – welchen Unterschied würde es machen?“

Keinen.

Ich schwieg, während mein Blick über die Holzhütten wanderte, die wie verfaulte Zähne aus dem Boden ragten. Von unserem Platz am Waldrand war der Dorfplatz, auf dem das Ritual jedes Jahr stattfand, nicht zu erkennen. Aber auch dort waren die Vorbereitungen sicher schon in vollem Gange. Dunkler Rauch quoll aus den Schornsteinen und stieg in den wolkenverhangenen Himmel. Im Hintergrund erhoben sich die Baumwipfel des Waldes wie schwarze Riesen. Ein unbarmherziger Wind pfiff über das Tal und kroch mir unter die Haut.

Die Hexe ist hungrig.

Bei dem Gedanken wurde mir augenblicklich eiskalt. Ich zog die Ärmel über meine steifen Finger, doch es half kaum. Drystan griff nach meinen verkrampften Händen und rieb sie in seinen. Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen. Von ihm ging stets eine Wärme aus, in die ich mich am liebsten fallen lassen wollte. In seiner Nähe hatte ich das Gefühl, dass nicht alles schlecht, nicht alles verloren war.

„Ich wünschte, ein Leben könnte einen Unterschied machen“, murmelte ich.

Doch hier, tief verborgen zwischen den Hängen der Vogesen im Osten Frankreichs, zählte nicht das Schicksal des Einzelnen, sondern nur das der Gemeinschaft. Hier erzählte man sich die Geschichte einer Hexe, die im Dunkelwald ihr Unwesen trieb. Das Haar so schwarz wie die tote Erde zu ihren Füßen, die Nägel so scharf wie Rasierklingen, und die Haut so durchscheinend wie das Eis auf einem See an einem kalten Wintermorgen – dazu bereit, einen für immer zu verschlingen.

Man erzählte sich, dass ein einziger Fingerzeig ausreichte, damit das Korn die Köpfe hängen ließ. Ein leises Wispern, das über ihre Lippen drang, genügte, damit die Bäume ihre Früchte verloren. Felder versanken im Schlamm, Hütten brachen zusammen. Tiere wurden auf ihren Befehl hin krank und starben, und das Wasser im Brunnen war plötzlich ungenießbar.

Als herauskam, dass die Hexe hinter der Heimsuchung steckte, waren Männer in den Dunkelwald geschickt worden, um sie zu töten. Keiner von ihnen war zu seiner Familie zurückgekehrt. Erst als in tiefster Verzweiflung eines Winterabends das erste Kind in den Wald geschickt und nie mehr gesehen worden war, hörte die Hexe auf, ihr Unwesen zu treiben. Das war der Beginn der Rituale, die seitdem eine Vielzahl Unschuldige das Leben kosteten.

Ich kannte diese Geschichte, seit ich klein war. Eine Gute-Nacht-Erzählung, die man den Kindern, die am Tage nicht artig gewesen waren, ins Ohr flüsterte. Wenn du nicht schläfst, kommt dich die Hexe holen. Also mach schnell die Augen zu.

Seit über zwanzig Jahren forderte die Hexe zur Wintersonnenwende ein Opfer von reinem Blut. Manchmal wünschte ich mir nichts sehnlicher, als einfach wegzugehen. Weit, weit weg von hier.

„Es gibt Möglichkeiten“, flüsterte ich kaum hörbar. Jahr für Jahr führten wir dieses Gespräch und mit jedem Mal gewann es mehr an Bedeutung. „Wir könnten weglaufen. Alles hinter uns lassen.“

Zwischen seinen Augenbrauen, die etwas dunkler als sein hellbraunes Haar waren, bildete sich eine Falte. „Du weißt, dass ich das nicht kann.“

Meine Hoffnung erstickte augenblicklich im Keim. Drystan stammte aus einer angesehenen Familie und selbst er war nicht von dem Ritual befreit. Für viele galt es sogar als eine Ehre, der Hexe das eigene Kind zu schicken, als Opfer für das Wohl der Gemeinschaft.

„Wen würde es interessieren, wenn wir einfach verschwinden würden?“, fragte ich. Trotz schwang in meiner Stimme mit. „Niemand würde uns vermissen.“

„Dich würde niemand vermissen, Ley.“

Autsch.

Ein stechender Schmerz breitete sich in meiner Brust aus, meine Hand in seiner fühlte sich augenblicklich fehl am Platz an. Doch er hatte recht.

Die Hexe hatte mir meinen älteren Bruder Lino genommen, als ich sieben war, und kurz darauf meine Mutter, die den Verlust nicht verkraftet hatte. Nun, zwölf Jahre später, war ich auf mich allein gestellt. Nicht ganz allein vielleicht. Ich hatte noch immer Drystan und meinen Vater, auch wenn er mehr Zeit damit verbrachte, sich in seiner Kohlengrube zu betrinken, als zu Hause in unserer Hütte zu sein. Aber wenn der Herbst sich dem Ende zuneigte und die Dunkelheit den Tag vertrieb, fühlte ich mich manchmal wie die einzige Person in dieser Welt.

Er seufzte und strich sich mit der Hand durch sein Haar, was er immer tat, wenn er frustriert war. „Es tut mir leid … Ich wollte nicht –“

„Schon gut“, beruhigte ich ihn schnell. Wir alle waren angespannt.

„Du weißt, dass es noch einen anderen Ausweg gäbe“, raunte er, wandte sich mir zu und zog mich an unseren verschlungenen Händen näher. Meine Lippen öffneten sich leicht, während ich zu ihm aufblickte und seine raue Schönheit in mich aufnahm.

„Drystan …“

Ich wusste, was kommen würde, noch bevor er die Worte aussprach. Sein Blick sprang zwischen meinen Augen und meinem Mund hin und her, ehe ich seinen Atem auf meiner Haut spürte.

Seine nächsten Worte strichen hauchzart über meinen Mund. „Heirate mich“, sagte er. Schlaf mit mir, meinte er zwischen den Zeilen unseres Schicksals, und Götter, in diesem Moment brachte er meine Entscheidung erneut ins Wanken.

Ich schluckte, antwortete aber nicht, während die Momente verstrichen.

Drystan überspielte seine Verletztheit mit einem halben Lächeln. „Also doch das Ritual.“

„Ich will dich, Drystan“, versuchte ich mich zu erklären. „Nur nicht so. Unter diesen Bedingungen.“

Drystan war ohne Zweifel der attraktivste Mann im Dorf, aber es war sein Herz, das mich immer wieder in seinen Bann zog. Er war derjenige gewesen, der mich nach dem Tod meiner Mutter und meines Bruders getröstet hatte. Er war derjenige, der sein Essen mit mir geteilt hatte, als das Geld meines Vaters für Schnaps verschwunden war. Er war derjenige, der mich gegen die Unbarmherzigkeit der Erwachsenen und den Spott der anderen Kinder verteidigte. Derjenige, der immer für mich da war.

Wir waren miteinander groß geworden und aus dieser Freundschaft war im letzten Sommer mehr geworden. Manchmal fragte ich mich, ob die Küsse, die wir getauscht hatten, auch unter anderen Umständen geschehen wären. Denn je älter wir wurden, desto dringlicher wurde die Suche nach einem Ausweg. Für viele waren junge Ehen und frühe Bündnisse die einzige Möglichkeit, dem Ritual zu entkommen, da nur jene mit unbeflecktem Blut als Opfer infrage kamen.

Und das war mein wunder Punkt.

Ich wollte, dass es meine Entscheidung blieb. Nicht Drystans. Nicht die der Dorfgemeinschaft oder die des Rituals, das unaufhaltsam näher rückte.

Die Vorstellung jagte mir Angst ein. Eine Hochzeit bedeutete das endgültige Einmünden in der Ordnung, ein Abschied von meiner kümmerlichen Freiheit. Ich wusste nicht, ob ich bereit war, mich darauf einzulassen – ob ich es jemals sein würde. Miteinander zu schlafen hatte Konsequenzen und die schlimmste war ein Kind. Allein der Gedanke, Nachwuchs in diese Welt zu setzen, von dem ich wusste, dass dieser eines Tages in den Fängen unseres Ritus landen könnte, bereitete mir körperliche Schmerzen.

„Ich brauche noch Zeit“, wisperte ich und küsste ihn zaghaft. Sein Mund war warm und vertraut. Für eine kurze Ewigkeit verloren wir uns ineinander, dann löste er sich.

„Zeit haben wir nicht, Ley. Nicht an diesem Ort.“ Er biss sich auf die Unterlippe, zog sie zwischen die Zähne. Das letzte Jahr hatte ihn verändert, hatte aus einem Jungen einen Mann gemacht. Manchmal trauerte ich um die Unschuld, die sie uns hier viel zu schnell nahmen. Aber Unschuld und ein freier Wille waren etwas, das wir uns nicht leisten konnten. „Ich habe eine Pflicht, die auf mich wartet.“ Er sprach von seiner Großtante, der Dorfältesten. „Meine Tante hat keine Kinder und mein Vater ist zu krank, um ihre Nachfolge anzutreten. Vor ein paar Tagen kam sie erneut zu mir. Sie will, dass ich endlich eine Entscheidung treffe und ihr in den kommenden Jahren helfe.“

„Sie schickt Menschenopfer in den Wald.“

Zur Hexe.

Unsere Blicke rangen miteinander.

„Und du glaubst, woanders ist es besser? Wo willst du hin? In eines der anderen Dörfer, die die gleichen Riten praktizieren oder über den Schwarzpfad, der dich direkt in den Dunkelwald zur Hexe führt?“

Ich blieb stumm. Er hatte recht. Ich zögerte nur das Unvermeidliche hinaus. Aber warum fühlte es sich an, als würde ich mich selbst verraten?

Unser Dorf lag abgelegen in einer Senke zwischen den zerklüfteten und dicht bewachsenen Hängen der Vogesen, fernab der Städte im Osten. Fernab jeder Hilfe. Wir waren nicht die Einzigen, die von der Hexe heimgesucht wurden. Von der Handvoll Händler und Reisender wusste ich von weiteren Dörfern entlang der Schneise, die ähnlich wie wir litten. Die ähnliche Rituale praktizierten. Wir lagen zu abgelegen. Weder die Kirche noch der Adel, der uns überstellt war, kümmerte sich um das Schicksal von ein paar abgeschiedenen Bauern.

Ich holte tief Luft. „Ich bin noch nicht bereit, mich für immer zu binden.“

Erneut fuhr er sich durchs Haar. „Also tun wir das tatsächlich? Ein weiteres Mal auf unser Glück beim Ritual setzen?“

„Hasst du mich dafür?“

Drystan hielt kaum wahrnehmbar inne, ehe er den Kopf schüttelte. Er griff nach meiner Hand, führte sie an seine Lippen und hauchte zarte Küsse auf die Knöchel. „Ich könnte dich niemals hassen, Ley.“


Drystans Worte hallten in mir nach, als ich mich einige Zeit später durch den Schnee auf den Heimweg machte. Zu Hause angekommen, lag neben unserer Tür bereits der Schädel wie eine stumme Mahnung auf der sauber gefalteten Kutte.

Unsere Hütte war bescheiden – zwei Zimmer mit je zwei schmalen Strohbetten, eine große Kommode, ein Waschzuber und ein Tisch mit vier Hockern. Der Geruch von Selbstgebranntem hing in der Luft und auf dem Esstisch stand eine halb leere Flasche.

Ich wandte mich dem Zimmer meines Vaters zu. Er saß auf seinem Bett, den Kopf in eine Hand gestützt, als trüge er die Last der Welt. Bei meinem Anblick blinzelte er mich unter schweren Lidern an. Dunkle Schatten zeichneten sich unter seinen Augen ab.

„Eleyne.“

„Du bist hier.“ Meine Stimme hörte sich dünn an.

Seine nächsten Worte klangen wie ein Versuch, eine Schuld zu begleichen. „Ich habe Vorräte mitgebracht.“

Und Schnaps.

„Wie lange bleibst du?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte.

„Nur heute.“

Ich nickte, wenig überrascht. Ein weiteres Ritual, das ich ohne ihn durchstehen würde – nur mit Drystan an meiner Seite.

Er seufzte und schwankte ein wenig.

„Ich –“ Er brach ab, leckte sich über die spröden Lippen. „Ich kann es nicht ertragen, dich beim Ritual zu sehen. Nicht nach dem, was mit deinem Bruder und deiner Mutter geschehen ist.“

Ich wollte ihn hassen.

Ich wollte ihn so sehr für seine Feigheit hassen. Aber ich schaffte es einfach nicht, daher lächelte ich nur falsch. „Leg dich hin. Ich mache dir einen Tee.“

Als ich mit dem dampfenden Becher zurückkam, war er bereits eingeschlafen. Vorsichtig zog ich die Decke über ihn. Manchmal fragte ich mich, wie unser Leben verlaufen wäre, wäre mein Bruder nicht dem Ritual zum Opfer gefallen. Wären wir heute glücklich? Weniger zerbrochen? Hätte ich Drystans Antrag heute angenommen, wenn ich mehr zu verlieren hätte?

Ich wusste es nicht. Doch in diesem Moment fühlte ich mich so einsam wie schon lange nicht mehr.


Kapitel 2

„Die Wälder gieren, die Felder flehen,
doch reines Blut lässt Hoffnung sehen,
o Kind, erlöse uns vom finsteren Bann,
bevor die Nacht sich an uns laben kann.“
Lied über das Ritual

Eleyne

Den ganzen Tag war es nicht richtig hell geworden. Als wüsste die Sonne, was sie in den Abendstunden erwartete. Die Baumwipfel wiegten sich im Wind und gaben ein beunruhigendes Rauschen von sich. Ein Knacken und Schaben von kahlen Ästen, die sich wie abgenagte Finger dem Himmel entgegenstreckten. Klagend und Unheil verkündend.

Ich straffte die Kutte, in die ich mich gewickelt hatte. In die ich mich hatte wickeln müssen. Meine Augen brannten vor Müdigkeit. Die letzte Nacht war unruhig und viel zu kurz gewesen, weil meine Sorgen endlos umeinander gekreist waren. Ich wollte Lino nicht folgen, wollte nicht der Hexe ausgeliefert werden. Und doch saß ich nun hier. Zitternd vor Kälte und Angst. Mit zwölf weiteren Mädchen und siebzehn Burschen – der jüngste keine sieben Jahre alt. Die Dorfälteste hatte vor einigen Jahren auf Bitten der Gemeinschaft entschieden, dass das Opfer zumindest dem Kleinkindalter entwachsen sein musste. Doch egal welchen Alters, heute saß jeder von uns auf einem Schemel in der Hoffnung, die heutige Nacht zu überstehen.

Das Feuer, das man inmitten des schlammigen Dorfplatzes entzündet hatte, spuckte seine orange glühenden Funken in die Luft. Ich sah nur einen Teil davon. Die Augenhöhlen des Rothirschschädels auf meinem Kopf lagen zu weit außen, und die Kapuze tat ihr Übriges. Das Gewicht der Maske drückte auf meinen Nacken und ich widerstand dem Drang, den Kopf kreisen zu lassen. Je weniger Aufmerksamkeit mir zuteilwurde, desto besser.

Die Kutten und Masken sollten die vor Furcht blassen Gesichter verbergen, um die Unabhängigkeit zu sichern. Doch ich wusste, dass es die Erwachsenen davor bewahrte, sich vorab ihren Taten zu stellen.

Eine Glocke ertönte.

Ich versteifte mich. Mein Atem kam schneller. Gepresster. Warum tat ich mir das an? Warum saß ich hier wie ein Huhn kurz vor dem Schlachten? Keiner der Dorfbewohner hatte mir je etwas Gutes getan. Meine Beine begannen zu zittern, als wollten sie, dass ich aufsprang und losrannte. Bevor ich dem Drang nachgeben konnte, tastete ich nach links. Drystans Hand drückte meine Finger kurz, aber fest.

Seit unserem ersten Ritual saßen Drystan und ich auf denselben Plätzen. Es war unser stilles Versprechen aneinander. Unser Weg, uns in dem Durcheinander wiederzufinden. So viele Jahre hatten wir überstanden. Dieses Ritual schaffen wir ebenso. Das wiederholte ich in meinem Kopf wie eine Beschwörung.

Knack. Ein Geräusch unterbrach meinen Gedankenfluss. Ich spitzte die Ohren. Die Dorfälteste betrat mit schleppendem Gang die Mitte des Platzes. Ihr Gehstock bohrte sich in den gefrorenen Matsch und gab dabei ein unverkennbares Geräusch von sich. Schlurf, knack. Schlurf, knack. Schlurf, knack. Das war alles, was ich vernahm, während ich den Blick auf den Boden richtete, wo die Karren Spurrillen hinterlassen hatten.

Es war, als hätten nicht nur die Dorfbewohner ringsum den Atem angehalten, sondern auch die Bäume. Das Unheil verkündende Rauschen erschien nun viel gedämpfter. Schlurf, knack. Schlurf, knack – dann trat Stille ein. So ohrenbetäubend laut, dass ich am liebsten den Schädel von meinem Kopf gerissen hätte und fortgelaufen wäre. Doch bevor ich meinen Gedanken Taten folgen lassen konnte, erhob die Dorfälteste ihre kratzige Stimme.

„Wir haben uns heute versammelt, um den Mittwinter zu feiern“, begann sie in einem Ton, so trocken wie Laub. Jedes Jahr war es dieselbe Rede, dieselben grausamen Worte. „Mit den Prüfungen, die uns der Dunkelwald vor mehr als zwanzig Jahren auferlegt hat, kamen Sommer voller vertrockneten Korns. Es kamen Herbste, in denen so viel Regen fiel, dass die kümmerlichen Reste unserer Ernte weggespült wurden. Bitterkalte Winter folgten, die bis weit in den Frühling währten. Wir litten Hunger, Krankheit und sahen den Tod in unseren Hütten ein- und ausgehen. Nun aber, da wir unsere Ehrerbietung erweisen, nährt uns die Erde wieder und die Wälder bieten uns Schutz. Die Natur ist uns wieder wohlgesinnt. Daher wollen wir die alten Götter ehren, die uns durch diese Zeiten geleitet haben, und ihren Willen erfüllen, indem wir jene besänftigen, die nach Blut verlangen. Unsere Gottheiten haben uns gelehrt, die Dunkelheit nicht zu fürchten, sondern sie als Teil des ewigen Kreislaufs anzunehmen.“

Eine Träne verweilte in meinem Augenwinkel. Jeder Muskel in mir war angespannt und ich ballte die Fäuste, um dem Drang zu widerstehen, erneut nach Drystan zu greifen oder sogar wegzulaufen. Weg, weit weg von hier, bevor ich ausgewählt werden konnte und meinem Schicksal ins Auge blicken musste.

„Heute Nacht begrüßen wir die Dunkelheit. Wir wollen sie in unsere Reihen aufnehmen und dann wieder verabschieden. Bis zum nächsten Opferfest. Also, lasst uns füreinander einstehen“, beendete sie ihren Monolog und ich hätte am liebsten gelacht. Gelacht und noch mehr geweint.

Wann war jemand für meine Familie eingestanden, als man Lino schreiend aus der Hütte gezerrt hatte? Oder als Mutter die Umstehenden angefleht hatte, ihr ihren Sohn zu lassen? Die Erinnerungen erschienen in meinem Kopf wie tanzende dunkle Schatten. All das fühlte sich an, als wäre es erst gestern geschehen.

Irgendwo wimmerte jemand. Derweil setzte die Dorfälteste erneut an: „Dieses Brot ist die Gabe der Natur, ein Geschenk, das die Hexe uns durch ihre Gunst gewährt hat. Nur durch ihr Wohlwollen konnten wir die Ernte einholen, und nur, wenn wir ihr unseren Dank erweisen, wird sie uns weiterhin gnädig sein. Heute wird sich zeigen, wer diesen Dank in unserem Namen überbringen darf.“

Ein leises Luftholen war von allen Seiten zu hören, als die Dorfälteste den Laib wahllos in unsere Runde reichte. Das Brot hatte die Größe eines Säuglings. Eigentlich dafür gemacht, eine Familie über Tage zu versorgen. Doch heute war es ausschließlich gebacken worden, um das Opfer festzustellen. Wir mussten es immer wieder in der Mitte teilen. So lange, bis es nicht mehr möglich war. Derjenige, dem es nicht mehr gelang, das letzte Stück zu entzweien, dem wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, der Hexe entgegenzutreten.

Eine unterschwellige Spannung füllte den Kreis und ich spitzte die Ohren. Rechts neben mir hörte ich jemanden schwer atmen. Das Krachen des Brotes rückte näher und ich zählte mit.

Zweimal, dreimal, viermal …

Mein Herz schlug schneller, so schnell, dass ich befürchtete, gleich ohnmächtig zu werden. Das Brot konnte nicht bis zur Unendlichkeit zerteilt werden und ich fürchtete, dass ich einen ganz furchtbaren Platz gewählt hatte. Diejenigen, die begannen, waren fein raus. Die Letzten des Kreises kamen in der Regel nicht einmal dran. Doch ich saß genau in der Mitte. Und das war alles andere als gut.

Dann wurde von rechts nach meiner Hand gegriffen und mir das Stück Brot gereicht.

Mir wurde schlecht.

Schwärze tanzte am Rande meines Sichtfeldes und ich fühlte mich, als würde jemand meine Brust aushöhlen. Reiß dich zusammen, konzentrier dich … Meine Finger betasteten das Brot und fuhren über den Rand. Dabei hatte ich längst traurige Gewissheit: Ich konnte die Rinde in zwei Teile brechen. Ein einziges Mal hätte es noch funktioniert, aber kein weiteres Mal. Das war sicher.

Ich schluckte das Wimmern, das sich meine Kehle emporkämpfte, herunter, während die Momente verrannen. Drystan zu meiner Linken versteifte sich, während ihm vermutlich bewusst wurde, warum ich zögerte. Es stand sein Leben gegen meines.

Er sagte etwas, doch seine Worte kamen so gepresst, dass ich sie nicht verstand. Das Blut in meinen Ohren rauschte zu laut, verschlang jedes andere Geräusch.

Wir waren meinetwegen hier. Er hatte mir einen Ausweg angeboten, und ich hatte ihn abgelehnt – in der törichten Hoffnung, das Schicksal würde uns noch einmal verschonen. Dass ich, dass wir noch ein wenig Zeit in dieser Welt hätten. Aber ich hatte mich geirrt, o Götter, wie sehr ich mich geirrt hatte. Das hier war meine Schuld, und ich konnte Drystan nicht für meinen Fehler geradestehen lassen.

Ich konnte es einfach nicht.

Denn das hätte bedeutet, ihn seinem sicheren Tod zu überlassen. Und noch schlimmer, als der Hexe selbst zu begegnen, war der Gedanke, jemand anderen in den Wald zu schicken.

Tränen brannten in meinen Augen, bahnten sich den Weg über meine Wangen, auch wenn sie dank des Schädels niemand sehen konnte. Doch ich zwang meine Sinne beisammen, erhob mich mit ungelenken Bewegungen und warf das Rindenstück ins Feuer. Oder zumindest in die Richtung, in der ich es vermutete.

Dann wurde mir bereits der Schädel vom Kopf gehoben. Ich blinzelte gegen die plötzliche Helligkeit der Flammen.

„Der Mittwinter hat sein Opfer erkoren. Danke, liebe Eleyne, dass du Licht und Dunkelheit vereinst“, hörte ich die Stimme der Dorfältesten wie aus weiter Ferne.

Neben mir riss sich Drystan den Schädel vom Kopf. Ich stand nur da und starrte, während die Erkenntnis langsam wie schaler Wein in mein Bewusstsein sickerte.

Es war nicht Drystan. Es war ein anderer junger Mann, der mich bekümmert musterte und seine Hand nochmals in stillem Trost ausstreckte.

Nein.

Nein, nein.

Ich spürte, dass jemand meine Schultern packte und mich in Richtung Dorfmitte drängte. Meine Haare fielen mir in die Augen. Ich riss den Kopf herum, um noch mal nach dem Jungen zu sehen. Um zu begreifen, was nicht zu begreifen war. Neben den Dorfbewohnern blickten mir drei Dutzend junge Menschen entgegen. Ihnen allen war der gleiche Gedanke ins Gesicht geschrieben. Zum Glück stehe ich nicht dort vorne.

Mein Blick hetzte über die Umstehenden, fieberhaft auf der Suche. Da! Unsere Blicke trafen sich über das Feuer hinweg. Drystan trug keine Kutte, hielt keinen Schädel in der Hand. Er sah aus wie immer, nur sein Gesichtsausdruck war anders.

Schockiert. Schuldig.

Ein Arm schlang sich von hinten um seinen Bauch. Für einen Moment sah ich die junge Frau, die dazugehörte: Lucille. Langes, dunkles Haar. Wangen, die von der Kälte rosig leuchteten. Sie war schön, fast unwirklich schön. Und sie war nicht ich.

Die Dorfälteste stimmte mit ihrer kratzigen Stimme erneut das Lied an. „Die Wälder gieren, die Felder flehen, doch reines Blut lässt Hoffnung sehen …“ Ihre Worte gingen in ein Summen über und nach und nach stimmten auch alle anderen Bewohner mit ein.

Die Melodie würde von nun an immer mit dem Moment verbunden sein, in dem ich den letzten Menschen verloren hatte, der mir wichtig war.

„Auf ein weiteres gutes Jahr!“, rief jemand in der Menge und schwenkte einen Becher. Essen und Getränke wurden herbeigekarrt. Die Nacht hatte für viele erst begonnen. Ich hatte nie verstanden, wie sie nach dem Ritual so sorglos feiern konnten und in diesem Moment saß obendrein die Spitze des Verrates zu tief.

Ich konnte nicht schreien. Nicht weinen. Nur ein ungläubiger Laut kam aus meiner Kehle, als ich die Kutte von meinen Schultern streifte und den Weg zu unserer Hütte einschlug. Ich musste hier weg. Sofort.

Ich hatte mich geopfert – für Drystan! War davon ausgegangen, dass er wie die Jahre zuvor gemeinsam mit mir das Ritual durchstehen würde. Ich hatte geglaubt, dass er mir die Zeit geben würde, um die ich gebeten hatte. Stattdessen hatte er sich jemand anderen gesucht.

Ein gepresster Schrei entkam meiner Brust. Ich schlug eine Hand über meinen Mund, um ihn zu ersticken, während ich immer weiter und weiter lief. Plötzlich spürte ich seine Präsenz hinter mir wie einen dunklen Schatten.

„Eleyne.“

Wag es nicht.

Drystan kam näher und näher, holte mich mit seinen langen Beinen mühelos ein. „Warte …“

Niemals mehr.

Seine Hand umschlang meinen Oberarm. „Ley!“

Ich wirbelte herum und riss mich los. Die Kälte stahl sich zwischen meine Röcke. Doch die Wut, die in mir brannte, war heißer. „Wag es nicht, meinen Namen noch einmal in deinen Mund zu nehmen.“

Er erstarrte, sein Gesicht halb im Schatten der beiden Hütten, zwischen denen wir standen. Hin und wieder huschte das flackernde Licht des entfernten Feuers über seine Züge.

„Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte.“

„Du meinst, dass du gestern noch mir einen Antrag gemacht hast und, nachdem ich nicht darauf eingegangen bin, mit Lucille ins Bett gekrochen bist?“, fragte ich fassungslos. „Hattest du wenigstens den Anstand, ihr danach auch einen Antrag zu machen?“

Er sah zu Boden, nickte.

Was für eine Närrin ich doch war.

„Warum?“ Meine Stimme war von all den Gefühlen belegt, die in meinem Inneren tobten. Ich wollte nur noch hier weg, ertrug seine Nähe nicht länger.

Er seufzte. „Du weißt, warum. Ich musste an mich denken. Einmal musste ich an mich denken. Wer soll die Nachfolge sonst antreten?“

Ich antwortete nicht. Der Kloß in meinem Hals wurde immer dicker. Ich konnte nicht atmen. Nicht denken.

„Meine Tante ist alt und eingefahren in ihrem Denken“, sprach er weiter, in dem verzweifelten Versuch, sich zu rechtfertigen. „Wir brauchen eine Veränderung.“

„Und die sollst du sein?“ Einen Moment lang war er sprachlos und ich hob die Augenbrauen. „Wie auch immer, ich werde nicht mehr hier sein, um sie zu erleben.“

Schmerz zuckte über seine schönen, vertrauten Züge. Er trat einen Schritt vor, seine Hand halb erhoben. „Ich wollte das nicht.“

„Nun, ich offensichtlich schon. Schließlich hätte ich das Brot noch einmal brechen können. Töricht von mir, wo du doch gar nicht neben mir gesessen hast.“

„Du hättest was?“, fragte er mit dunkler Stimme. Keine Frage und doch eine. Er starrte mich an. Für ganze zwei, drei, vier Sekunden. Dann fuhr er sich ruckartig durch die Haare und fluchte. „Merde, bist du von allen guten Göttern verlassen, Ley?“

„Offenbar bin ich das.“

Seine Stimme brach. „Woher hätte ich wissen sollen, dass du dich für mich opferst? Du hast meinen Antrag abgelehnt.“

„Ich habe dir gesagt, dass es nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun hat.“

Im Gegenteil. Ich wollte dir beweisen, dass meine Liebe echt ist.

Er sah so verzweifelt aus und für den Bruchteil eines Moments durchströmte mich ein Anflug von Mitleid. Doch dann kam die Erkenntnis wie eine Welle zurück – ich hatte mich selbst zum Tode verurteilt. Für ihn. Doch während ich mein Leben für die Hexe lassen musste, würde er in das Bett seiner Verlobten kriechen und irgendwann den Platz seiner Großtante, der Dorfältesten, einnehmen. Es würde sich nichts ändern.

Nicht mit ihm.

Hinter Drystan kamen zwei Männer in Sicht. „Meine Aufpasser sind da“, stellte ich resigniert fest und deutete mit dem Kopf in die Richtung.

Er starrte mir hinterher, während ich mich unter der Aufsicht der Männer in meine Hütte zurückzog. Die Tür stand offen. Jemand war in der Zwischenzeit hier gewesen. Als ich den Innenraum betrat, lag er dunkel und verlassen da. Vater hielt sich draußen im Wald auf. Dort, wo die Welt noch in Ordnung war. Dafür hatte jemand unsere Schubladen durchwühlt und alle Messer entfernt.

Ich ließ mich vor dem Ofen nieder und spürte die Kälte des Bodens durch meine Kleider dringen. In diesem Moment wollte ich nichts mehr, als mich an die Brust meines Vaters zu schmiegen und die Tränen laufen zu lassen, bis sie versiegten. Ich wollte schreien, mit Dingen werfen, auch wenn es nichts an meinem Schicksal ändern würde. Mein Todesurteil stand fest, und draußen feierte die tobende Menge das, anstatt zu trauern. Sie tranken, lachten und begrüßten die Wintersonnenwende. Ein weiteres Jahr trügerischen Wohlstandes, erkauft durch mein Leben.

Drystans Schatten war von unserem Fenster aus zu erkennen, als er sich zu den Wachen gesellte. Diese hatten sich in einiger Entfernung positioniert, nah genug, um jeden Fluchtversuch zu verhindern. In den vergangenen Jahren hatten es einige versucht – einer hatte sogar Erfolg gehabt. Doch dann hatten sie seinen Bruder geholt, und dieses Ersatzopfer hatte einen Schrei der Empörung in der Dorfgemeinschaft verursacht. Seitdem wurde jede auserwählte Person gründlich überwacht.

Es gab keinen Ausweg.

Nicht mehr.

Nachdem ich mir mit pochenden Schläfen die Stiefel von den Füßen gezerrt hatte, krabbelte ich, so wie ich war, in das Strohbett. Mein Kiefer zuckte. Ich versuchte, den Kloß in meiner Kehle herunterzuschlucken, und presste die Augen zusammen.

Ich werde sterben. Mit nicht einmal zwanzig Jahren und ohne jemals etwas von der Welt gesehen zu haben, werde ich sterben.

Foto von Lisa Jasmina

Über Lisa Jasmina

Biografie

Lisa Jasmina hat eine Schwäche für unerwartete Wendungen, fesselnde Geschichten und Kaffee in rauen Mengen. Sie lebt mit ihrer Familie nahe der französischen Grenze, wo sie den Ideen in ihrem Kopf Leben einhaucht.

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