Belarus: Wie lebt es sich in Europas letzter Diktatur?
Weißrussland: Von Datschas und Despoten, Sowjetismus und Moderne.
Nadine Lashuk nimmt uns mit in ein facettenreiches wie auch exotisches Land, das als letzte Diktatur Europas gilt und gibt ungeahnte Einblicke in eine Lebenswelt, in der Borschtsch, Datschas und Militärparaden zum Alltag gehören.
Wo erreichen wir dich gerade?
In meiner Küche, wo ich für meine Familie die sommerliche Variante der Rote-Bete-Suppe Borschtsch vorbereite. Kalte pinkfarbene Suppe mit Buttermilch.
Stell dich bitte kurz vor. Was sollte man über dich wissen?
Ich komme aus dem Ruhrgebiet, wo meine Wurzeln sind. Meine Seele ist aber slawisch – das habe ich spätestens beim ersten Aufenthalt in Minsk gemerkt. Als Autorin und Projektmanagerin pendele ich zwischen Deutschland und Belarus und blogge über die Eigenartigkeiten beider Welten.
Dein Lieblingsort:
Das Dorf am Ende der Welt, in dem meine Schwiegereltern übersommern und Erdbeeren und Himbeeren in Hülle und Fülle wachsen. Es gibt nichts Schöneres, als dort im Schaukelstuhl zu sitzen, sich von der Schwiegermutter umsorgen zu lassen und Ideen für den nächsten Blogeintrag zu sammeln. Dort ist es herrlich still, es gibt keinen Handyempfang und kein fließendes Wasser, man ist ganz bei der Natur und bei sich.
Was hast du bei deinen Reisen immer dabei?
Ein Notizbuch, das ich von einer Freundin geschenkt bekommen habe. Darauf steht in knalligem Orange: „write books not blogs“. Ich setze mich darüber hinweg und mache mir dort Notizen sowohl für den Blog als auch für das Buch.
Dein liebstes Buch für unterwegs:
Sollte immer zur Region passen, in die ich gerade reise. Für den Kroatienurlaub hatte ich den „Balkanizer“ dabei, nach Belarus begleitet mich natürlich Swetlana Alexijewitsch. In Italien ist es meist Andrea Camilleri.

Dein Soundtrack für unterwegs:
Wenn ich durch Belarus reise, liebe ich es, Johann Strauss zu hören. Zu einem Walzer kann man wunderbar seine Gedanken schweifen lassen, während man die Weite der Landschaft genießt, und Weite gibt es dort genug – Felder und Wälder, soweit das Auge reicht.
Was ist Heimat für dich?
Heimat ist für mich das Gefühl, angekommen zu sein und nicht mehr weg zu müssen. Das muss nicht unbedingt in Essen sein, Minsk ist genauso meine Heimat wie Essen. Heimat ist für mich die Abwesenheit von Heimweh.
Dein wichtigster Reisetipp:
Getreu dem belarussischen Motto: Egal wohin du fährst, Hauptsache, du hast immer genug Proviant dabei! Für eine Fahrt in die nächste Kreisstadt mit der S-Bahn sollten das mindestens ein halbes gebratenes Huhn, hart gekochte Eier und ein paar Pfannkuchen sein. Wie sagt meine Schwiegermutter gern: „Besser zu viel, als zu wenig.“
Worum geht es in deinem Buch?
Um mein Leben als Deutsche in der letzten Diktatur Europas. Um die Liebe zu einem Mann, den ich lange für einen KGB-Agenten gehalten habe. Um meine Schwiegermutter, die immer ein Huhn im Kühlschrank hat.
Reisetipps für Weißrussland
Für alle, die noch nicht wissen, wohin sie dieses Jahr verreisen wollen – wie wär’s mal mit einem ganz ausgefallenen Ziel? Belarus!
Unsere Autorin Nadine Lashuk hat viele Jahre in dem Land der Babuschkas gelebt und ist mit einem Belarussen verheiratet. Hier ihre wichtigsten Reisetipps:
1) Ein Visa für Weißrussland: Den Visumantrag kann man ganz bequem per Post erledigen, wenn man etwa einen Monat vorher damit beginnt. Für Aufenthalte bis 30 Tage braucht man als Tourist keine Einladung. Die belarussische Botschaft in Berlin arbeitet sehr zuverlässig und schickt den Pass mit dem Visum per Einschreiben zurück (germany.mfa.gov.by/de/konsularwesen/visaerteilung/).
2) Die Anreise empfiehlt sich mit dem Flugzeug. Von Frankfurt kommt man mit Lufthansa oder Belavia direkt nach Minsk. Etwas günstiger geht’s mit Wizz Air oder Ryanair über Vilnius. Dort fährt man mit dem Bus Nr. 1, dem Expresszug oder einem Linientaxi vom Flughafen zum Hauptbahnhof. Die Passkontrolle wird gleich vor Ort erledigt, sodass die Weiterfahrt mit dem Zug nach Minsk nur zweieinhalb Stunden dauert.
3) Internationale Touristen müssen im Zug oder Flugzeug eine sogenannte Migrationskarte ausfüllen. Sie verbleibt im Pass und wird bei der Registrierung vor Ort benötigt. Möchte man nämlich länger als fünf Tage bleiben, muss man sich (nachdem man bei der Miliz ein Formular ausgefüllt und bei der Bank eine Gebühr bezahlt hat) bei der zuständigen Ausländerbehörde registrieren. Die dort gestempelte Migrationskarte sollte man auf keinen Fall verlieren, weil es bei der Ausreise sonst viele Fragen und eine Geldstrafe gibt.
4) Auf www.airbnb.de findet man herrliche Altbauwohnungen im Zentrum von Minsk. Am besten mietet man sich eine Unterkunft direkt am Gorkipark oder Siegesplatz, denn die Vororte sind reine Schlafstädte mit entsetzlichen Hochhäusern. Und auch die Hotels sind nicht empfehlenswert, da sie meist recht teuer sind.
5) Neben einem Aufenthalt in Minsk sollte man auch eine Tour ins weite Land einplanen. Die belarussischen Landschaften sind wunderschön, und nur wer das Landleben kennt, kann Belarus verstehen. Hier gibt es übrigens ein hervorragend entwickeltes Ökotourismusnetzwerk. Am besten sucht man sich auf der Seite www.greenbelarus.by eine passende Hütte aus.
6) Folgende Leckereien sind ein Muss: Draniki, die belarussischen Reibekuchen, sowie die warme und kalte Rote-Bete-Suppe (Borschtsch und Halodnik). Wer nicht nur Wodka zu sich nehmen möchte, sollte Kwas testen, ein alkoholfreies Getränk auf der Basis von Brot, ähnlich unserem Malzbier.
7) Wunderschöne Mitbringsel aus Belarus sind vor allem die kunstvollen Produkte aus Leinen. Egal ob Meterware, Tischdecken, Kissenhüllen oder Kleidungsstücke – all diese Dinge sind sehr günstig und von hoher Qualität. Auch eine Flasche Wodka kann so manchen Daheimgebliebenen erfreuen. Aber Achtung: Mehr als zwei Flaschen darf man in die EU nicht einführen. Die bunten Schokoladenbonbons (Zukerki oder Konfety) sind da unverfänglicher …
8) Es gibt einen tollen Reiseführer von Maryna Rakhlei, einer belarussischen Journalistin, die in Berlin lebt, und André Böhm, einem Deutschen, der lange in Belarus gelebt hat: „Weißrussland“. Er enthält wichtige Sätze auf Russisch und Weißrussisch. Für weiterführende Hilfestellungen zur Verständigung gibt es den Band „Kauderwelsch Weißrussisch“. Aber die Hauptstadt ist seit der Eishockey-WM 2014 auf Touristen eingestellt. Man muss nicht einmal kyrillische Schrift lesen können, um sich zurechtzufinden: Die Straßen und Haltestellen sind in lateinischer Schrift ausgewiesen, und fast alle Belarussen sprechen Englisch. Ebenso ertönen die Durchsagen in den öffentlichen Verkehrsmitteln auf Englisch und Weißrussisch.

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