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Klabautermord (Ostfriesland-Krimis 2)

Klabautermord (Ostfriesland-Krimis 2) - eBook-Ausgabe

Levke Winter
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Ein Ostfriesen-Krimi

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Klabautermord (Ostfriesland-Krimis 2) — Inhalt

Fünf Monate nach seiner Versetzung hat sich Hauptkommissar Elias Schröder an Ostfriesland gewöhnt. Zumindest ein bisschen. Ständiger Nieselregen und gestohlene Kühe bringen ihn nicht mehr aus der Ruhe. Doch als eine Jugendliche beobachtet haben will, wie ein Mann eine Frau mit Baby bei steigender Flut auf einer Sandbank zurückließ, horcht Elias auf. Allerdings findet sich keine Spur von einem vermeintlichen Opfer – steckt überhaupt etwas hinter den Behauptungen der flatterhaften Zeugin?

€ 8,99 [D], € 8,99 [A]
Erschienen am 13.07.2015
336 Seiten
EAN 978-3-492-97011-2
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Leseprobe zu „Klabautermord (Ostfriesland-Krimis 2)“

„Ich denke an Maiglöckchen“, sagte Olly. „Ein Regen aus Maiglöckchen. So ähnlich wie Schneeflocken, nur substanzieller.“

„Maiglöckchen?“, echote Elias.

„Irgendwie aus einer Kanone geschossen oder von einem Balkon geworfen.“

„Ehrlich?“

„Maiglöckchen gelten als Symbol für die Unschuld der Braut, Elias, deshalb. Es geht um die Symbolik.“

Als er schwieg, lachte Olly und boxte ihn scherzhaft zwischen die Rippen. Dann breitete sie die Arme aus. „Gott, ich liebe dieses Wetter! Ist das nicht kolossal?“

Elias blickte zum Himmel. Vor einer Stunde, als sie vom Parkplatz [...]

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„Ich denke an Maiglöckchen“, sagte Olly. „Ein Regen aus Maiglöckchen. So ähnlich wie Schneeflocken, nur substanzieller.“

„Maiglöckchen?“, echote Elias.

„Irgendwie aus einer Kanone geschossen oder von einem Balkon geworfen.“

„Ehrlich?“

„Maiglöckchen gelten als Symbol für die Unschuld der Braut, Elias, deshalb. Es geht um die Symbolik.“

Als er schwieg, lachte Olly und boxte ihn scherzhaft zwischen die Rippen. Dann breitete sie die Arme aus. „Gott, ich liebe dieses Wetter! Ist das nicht kolossal?“

Elias blickte zum Himmel. Vor einer Stunde, als sie vom Parkplatz in Campen losmarschiert waren, hatte die Septembersonne den Deich mit goldenem Flitter getupft. „Ist das nicht kolossal?“, hatte Olly gefragt, und er hatte zugestimmt, weil es ja wirklich nett aussah. Dann, als sie den Leuchtturm passierten, waren Regenwolken aufgezogen. Schwarze Wolken über dem Rot der Sonne, die ihrerseits über dem goldenen Deich unterging. Ein Traumhimmel für Patrioten. „Ist das nicht kolossal?“, hatte sie wieder gefragt. Konnte man so sehen, klar.

Aber inzwischen hatte es zu regnen begonnen. Nicht der typische ostfriesische Niesel, auf den er gar nicht mehr achtete, nein, es war, als hätte der Herrgott beschlossen, das irdische Geschmeiß mit einer zweiten Sintflut hinwegzufegen. Ihre Windjacken waren nass und blähten sich im Wind, Blitze jagten punktgenau in den asphaltierten Weg, der sich am Deich entlangzog. Sie liefen durch Pfützen, die allmählich zu Seen wurden, die ihrerseits in Bächen den Hang hinabflossen. Um das noch kolossal zu finden, brauchte man schon ein besonderes Temperament.

Das Olly aber offenbar besaß.

Sie lief ein paar Schritte voraus und drehte sich begeistert im Kreis. „Boah! Da fängt man an, sich lebendig zu fühlen, da merkt man, dass man lebt, was?“

Elias zog die Schultern ein und versuchte, nicht gar zu laut mit den Zähnen zu klappern.

„Du musst dir für die Hochzeit einen Anzug kaufen. Meinetwegen in Pink, aber auf dem Anzug bestehe ich.“Olly ging jetzt rückwärts. Der Sturm fegte ihr die Haare aus dem Gesicht. Eine wilde Mähne, orangerot. Eigentlich kastanienrot, aber beim Färben fehlte ihr das Geschick. Ihre Beine steckten in engen schwarzen Stiefeln und appetitlichen Jeans, die rote Windjacke wirkte wie ein Fanal, wie ein Hinweis darauf, dass sich jemand auf keinerlei Kompromisse einließ. Und so war sie ja auch. Olthild Kellermann, knallharte Leeraner Staatsanwältin, die das Gesindel das Fürchten lehrte. Ihr Gesicht hob sich gegen den dunklen Himmel ab, sie sprudelte vor Energie, und überraschenderweise sprudelte es plötzlich auch in Elias, bei ihm allerdings vor Zärtlichkeit.

Er war vor fünf Monaten nach Leer gekommen. Strafversetzt sozusagen, aber voller Hoffnung, dass Brotmeier, sein Chef in Hannover, noch einmal ein Einsehen haben könnte. Man schob doch niemanden wegen ein paar Luftballons und eines verpatzten SEK-Einsatzes in die Einöde ab. Aber das mit dem Einsehen blieb aus, und so hatte Elias am Abend seines ersten Arbeitstages ohne Wohnung dagestanden. Ostern war Touristenzeit in Ostfriesland, kein Hotelzimmer frei, die Nacht im Twingo hatte ihm einen steifen Hals beschert. Da hatte Olly, unter deren rauer Schale ein butterweicher Kern steckte, ihn kurzerhand bei sich einquartiert. Seitdem lebte er bei ihr, und sie bildeten eine perfekte Wohngemeinschaft. Olly wusste, wo man die beste Schnittlauchleberwurst kaufte, Elias konnte einen passablen Linseneintopf kochen. Olly renovierte gern, Elias besaß ein Händchen beim Füllen und Glätten überzähliger Bohrlöcher. Von Gartenarbeit verstanden sie beide nichts.

Und jetzt? Wieso Anzug? Wieso Hochzeit?

„Für mich selbst muss ich noch gucken“, schrie Olly. „Kein Flitterflatter – ich steh auf schlicht.“

„Was?“

„Das Kleid!“

Ach so.

Ein Donnerschlag ließ den Deich erbeben. Der Blitz, der ihm seltsamerweise folgte, statt voranzugehen, beleuchtete die Wiesen. Ein Schaf stand auf dem Hang. Ein Einzelgänger oder ein zerstreutes Tier mit der Neigung, sich zu verlaufen. Es blökte. Noch ein Donnerschlag. Noch ein Blitz.

„Olly, wir sollten nach Hause gehen.“

Der Wind wehte seine Worte in Richtung Upleward. Olly legte die Hände hinter die Ohrmuscheln und brüllte: „Was denkst du über eine Kutsche?“

„Olly …"

„Oder ein Oldtimer – da bin ich nicht festgelegt.“

„Olly …"

„Hast du schon mal einen Zylinder getragen?“

Nein. „Olly, hör mal …“

Genau in diesem Moment fegte etwas den Hang herab. Es war ein menschliches Bündel mit Armen und Beinen, die ineinander verknäult waren. Elias sprang erschrocken zur Seite. Das Bündel rollte an ihm vorbei, direkt in Olly hinein. Rums – da lagen sie schon alle beide auf dem Betonpfad. Das Schaf blökte erschrocken, Paulus schickte einen weiteren Blitz vom Himmel.

Das Bündel entpuppte sich als Mädchen. Elias half ihm und dann Olly auf die Füße. Die Kleine war niedlich, vielleicht siebzehn Jahre alt, mit einem Pferdeschwanz, der am Rücken des durchsichtigen T-Shirts klebte, Schafdreck an den Schuhen, einem reizenden Grübchen auf der rechten Wange – und blankem Entsetzen in den Augen.

„Alles in Ordnung, es ist alles gut“, beschwichtigte Elias sie reflexartig. Aber das Mädchen hörte ihm gar nicht zu. Es wandte sich an Olly, und was sich in den Augen schon angedeutet hatte, brach sich nun in einem Wortschwall Bahn: Die Frau, das Kind, die Flut, der Mann, das Kind, die Flut, die Flut, das Kind …

„Scheiße“, sagte Olly nervös. „Ist draußen auf dem Meer irgendwas passiert?“

Ein erneuter Tränenausbruch.

Sie erklommen den glitschigen Deich. Das Schaf folgte ihnen. Zu viert schauten sie auf die See hinaus. Es war ein unheimlicher Anblick. Die Nordsee bestand aus einer schwarzen, brodelnden Fläche, die in einen ebenso schwarzen Himmel überging. In der Mitte des Horizonts prangte eine goldene Sonne, die von einem glutroten Querbalken gekreuzt wurde, sodass sie wie ein Durchfahrt-verboten-Schild aussah. Neben der Sonne konnte man die Silhouette der Eemshavener Industrieanlagen erahnen.

„Da, auf der Sandbank!“, brüllte das Mädchen gegen das Unwetter an.

Elias starrte zu den knöchelhohen Wellenbrechern aus Beton, die in drei Reihen den Strand säumten, und folgte ihnen mit dem Blick. Das Land machte weiter hinten eine Krümmung, aber er konnte in der weitläufigen Bucht nirgendwo eine Sandbank entdecken.

„Sie stand drauf! Ich hab sie genau gesehen, um sie herum war nichts als Wasser!“In der Richtung, in die das Mädchen wies, befand sich ein Campingplatz mit einem Kiosk, einem Parkplatz, einem Spielplatz und einem Trockenstrand. Aber dort war bei diesem Sauwetter natürlich nichts los. Wahrscheinlich hatte der Kiosk längst geschlossen.

Elias zückte sein Handy.


Ostfriesland ist nicht Hannover. Auch in einem Notfall dauert es, bis Hilfe eintrifft. Der Hubschrauber kam zuerst. Sie standen auf dem Deich und winkten, um dem Piloten eine Orientierung zu geben. Er leuchtete mit einem Riesenscheinwerfer die Meeresoberfläche ab. Ein paar schwarze Holzstämme ragten aus der Flut, ansonsten war nichts zu sehen, nur die schäumende See, die gegen das Ufer brandete und gierig die letzten Reste des muschelbedeckten Strandes fraß. Wenn es tatsächlich irgendwo eine Sandbank gegeben hatte, musste das Meer sie verschluckt haben.

Elias machte sich mit Olly und seiner Zeugin auf den Weg zum Kiosk, einem Klinkerbau mit blauen Fenstern und Türen und einer windgeschützten Terrasse. Er suchte den Parkplatz ab, was rasch erledigt war, weil sich keine Menschenseele dort befand. Auch kein Auto.

Auf der Rückseite des Kiosks ging es zum Trockenstrand, einer ovalen Sandfläche mit einigen Körben zum Sitzen. Die findigen Uplewarder hatten ihren Strand hinter den Deich verlegt, damit das Meer ihnen nicht ewig den Sand wegtrug. Aber auch hier war niemand zu entdecken, ebenso wenig auf dem Spielplatz. Der Campingplatz war geschlossen, und Elias' Nervosität begann sich zu legen. So wie es aussah, hatte das Mädel ihnen was vorgesponnen. Welche Frau würde sich auch bei diesem Wetter mit ihrem Kind im Watt herumtreiben?

Er kehrte zum Spielplatz zurück. Olly und ihr Schützling waren in einem Spielzeugboot aus Holz untergeschlüpft. Ein gesunkenes Schiff. Links befand sich das Heck, rechts der Bug, dazwischen Sand, in dem die Kinder buddeln konnten. Eine Uplewarder Titanic sozusagen. Vielleicht ein Hinweis an die Kinder, wie man sich das Leben vorzustellen hatte. Die Ostfriesen galten ja als nüchternes Volk.

Olly und das Mädchen hatten sich ins Innere des Bugs verzogen, das Schaf stand tropfnass neben ihnen. Da im Boot kein Platz mehr war, hockte Elias sich vor das Einstiegsloch und begann seine Zeugin auszufragen. Sie hieß Imke Lüdemann, kam aus Rysum und war fünfzehn, nicht siebzehn Jahre alt.

„Was hast du hier draußen gemacht?“

„Bin spazieren gegangen. Sieht man doch.“Die größte Aufregung hatte sich gelegt. Das Mädchen begann herumzumotzen, weil es sich unbehaglich fühlte.

„Bei so einem Dreckswetter?“, fragte Olly streng.

„Ich find's toll.“

Olly brummte etwas Unverständliches.

„Und was war nun mit diesem Mann?“, hakte Elias nach.

„Ey, hab ich doch gesagt. Da war einer. Ich bin unten auf dem Weg langgegangen, und der kam vom Deich runter und ist rüber zum Parkplatz. An mir vorbei. Ich hätte ihn anfassen können!“

„Und die Sandbank? Die konntest du vom Weg aus doch gar nicht sehen.“

„Denken Sie, ich lüge, oder was?“

Elias seufzte.

„Also, der Mann ist an mir vorbeigerannt, mit einem ganz komischen Gesicht, und dann ich bin selbst hoch zum Deich. Und da hab ich sie stehen sehen.“

„Die Frau mit dem Baby.“

Imke schnüffelte.

„Gut, dann bräuchte ich jetzt eine Beschreibung.“Der frische Eindruck war ja immer der Beste. Elias zog einen nassen Einkaufszettel aus der Tasche, Olly steuerte einen alten Bleistift bei. „Wie sah er aus?“

„Wer?“

„Der Mann. Haare, Gesicht, Alter …"

„Figur, Kleidung …« , versuchte Olly die Erinnerung ihrer Zeugin auf Trab zu bringen.

Imke starrte Elias durch die Öffnung des Schiffes an. „Scheiße“, sagte sie hilflos.

Imke Lüdemann und die Frau mit dem Baby gingen die Leeraner Kripo eigentlich nichts an, denn der Strand bei Upleward gehörte zum Revier der Auricher Kollegen. Eine mollige und eine sehr mollige Frau, die so aussahen, als arbeiteten sie schon seit Jahrzehnten zusammen, waren mit dem Streifenwagen vorbeigekommen und hatten Imke mitgenommen. Vernehmung auf dem Revier in Aurich. Ein Protokoll. Punkt, Schluss. Für das K1 der Leeraner Polizeiinspektion war die Sache damit erledigt.

„Freut mich, dass du es so siehst, weil es nämlich genau so ist“, meinte Elias' Chef, der in seinem schmucklosen Büro über einem Abschlussbericht brütete. Es war Montagmorgen. Sie hatten in der vergangenen Woche eine Serie von Brandstiftungen aufgeklärt. Der Übeltäter war acht Jahre alt gewesen, und man stritt auf dem Revier noch, ob man die Eltern, das Kind oder die künftigen Kollegen bedauern sollte, die den Jungen einmal an der Backe haben würden, wenn er erwachsen war. Eigentlich schrieb Harm Oltmanns solche Abschlussberichte gern. Da konnte er endlich einmal sich und sein Team loben, ohne dass ihm jemand ins Gesicht gähnte.

„Weißt du, was mich so kribbelig …?“

„Wie schreibt man Delinquent?“Die Rechtschreibung war das Körnchen Sand im Getriebe, wenn Harm Berichte verfasste. Die neue Rechtschreibung war ein echter Aufreger für ihn. Mit der alten hatte er allerdings auch schon gehadert.

Elias buchstabierte.

„Mit n? Echt?“

„Ja. Also, was mich kribbelig macht …"

„Und Redochsredaktion?“

Da musste auch Elias passen. Sie schauten bei Wikipedia nach. Die Redochsredaktion hieß Redoxreaktion, hatte etwas mit Oxidation zu tun und die wiederum mit der Entstehung von Bränden. Interessant. Harm haute das Wort in den Bericht.

„Also, was mich umtreibt, ist die Tatsache, dass das Mädel dem Mann ins Gesicht geschaut hat, als er vom Deich runterkam. Sie standen einander direkt gegenüber. Auge in Auge sozusagen.“

„Na, dann haben die Auricher ja eine exzellente Personenbeschreibung.“

„Leider nicht“, sagte Elias. Denn darin bestand das Problem: Imke Lüdemann war gesichtsblind.

Levke Winter

Über Levke Winter

Biografie

Levke Winter lebte viele Jahre in Ostfriesland, wo sie nicht nur den Snirtjebraten, den bissigen Wind und den Blick bis zum Horizont zu schätzen lernte, sondern auch den knochentrockenen Humor der Ostfriesen. Ihre beiden Krimis „Butter bei die Fische“ und „Klabautermord“ sind gleichzeitig eine...

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