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Hideaway – Verborgenes Verlangen (Devil’s Night 2) Hideaway – Verborgenes Verlangen (Devil’s Night 2) - eBook-Ausgabe

Penelope Douglas
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Roman

— Die sinnliche „Dark Romance“-Sensation von der TikTok-Lieblingsautorin des SPIEGEL-Bestsellers „Punk 57“ endlich auf Deutsch!

„Kai und Banks haben mich gefesselt und in einen Strudel gezogen.“ - lovelybooksandtravel

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Hideaway – Verborgenes Verlangen (Devil’s Night 2) — Inhalt

Das TikTok-Phänomen: Dark Romance mit Suchtfaktor

Kai Mori ist nach Thunderbay zurückgekehrt, um nach Damon Torrance zu suchen. Sein bester Freund ist zu seinem größten Feind geworden, und er soll sich in einem verlassenen Hotel in der Stadt verstecken. Nur die mysteriöse Nik Banks, eine Frau aus Kais Vergangenheit, weiß, wo Damon ist, und so bittet Kai sie um Hilfe. Doch Banks hat ihre eigenen Geheimnisse und Pläne. Auch wenn es ihr immer schwerer fällt, ihre Gefühle für Kai zu unterdrücken, weiß sie, auf wessen Seite sie steht – und dass in dieser Devil’s Night Kai der Gejagte sein wird.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 29.08.2024
Übersetzt von: Christina Kagerer
560 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06532-0
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 29.08.2024
Übersetzt von: Christina Kagerer
560 Seiten
EAN 978-3-492-66602-2
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Leseprobe zu „Hideaway – Verborgenes Verlangen (Devil’s Night 2)“

KAPITEL 1

Kai


Der Regen war wie die Nacht. Im Dunkeln und unter den Wolken konnte man anders sein.

Ich bin mir nicht sicher, was es war. Vielleicht der Mangel an Sonnenlicht und die Tatsache, dass unsere Sinne geschärft waren, oder der leichte Schleier, der die Dinge vor unserem Blick versteckte, aber manches konnte nur zu bestimmten Zeiten getan werden. Die Jacke ausziehen und die Ärmel hochkrempeln. Sich einen Drink eingießen und zurücklehnen. Mit seinen Freunden lachen und den Fernseher während eines Basketballspiels anschreien.

Einem Mädchen, das man [...]

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KAPITEL 1

Kai


Der Regen war wie die Nacht. Im Dunkeln und unter den Wolken konnte man anders sein.

Ich bin mir nicht sicher, was es war. Vielleicht der Mangel an Sonnenlicht und die Tatsache, dass unsere Sinne geschärft waren, oder der leichte Schleier, der die Dinge vor unserem Blick versteckte, aber manches konnte nur zu bestimmten Zeiten getan werden. Die Jacke ausziehen und die Ärmel hochkrempeln. Sich einen Drink eingießen und zurücklehnen. Mit seinen Freunden lachen und den Fernseher während eines Basketballspiels anschreien.

Einem Mädchen, das man schon seit einer Stunde mit Blicken ausgezogen hatte, auf die Toilette eines Pubs folgen, und seine Freunde anerkennend nicken sehen, wenn man wieder herauskam.

Das sollte man mal tagsüber mit der Praktikantin im Büro versuchen.

Nicht, dass ich gerne die Freiheit hätte, Dinge zu tun, wann immer mir der Sinn danach stand. Es war doch viel reizvoller, wenn sie rar gesät waren.

Aber jeden Morgen, wenn die Sonne aufging, wurden die Knoten in meinem Bauch enger vor Vorfreude.

Die Nacht würde wieder hereinbrechen.

Ich ließ meine Maske neben mir an meiner Hand baumeln, während ich auf dem Treppenabsatz im ersten Stock stand und Rika in ihrem Auto sitzen sah. Sie hielt ihren Kopf gesenkt, und ihr Gesicht wurde vom Schein ihres Handys beleuchtet, während Regen auf die Windschutzscheibe trommelte und sie etwas tippte.

Ich schüttelte den Kopf und spannte meinen Kiefer an. Sie hört nicht zu.

Ich beobachtete, wie die Verlobte meines besten Freundes fertig wurde, das Licht ihres Handys erlosch, sie die Tür öffnete, ausstieg und durch den strömenden Regen rannte. Ich kniff die Augen zusammen und betrachtete sie. Kopf und Augen nach unten gerichtet. Die Schlüssel in ihrer geschlossenen Faust. Die Arme über dem Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen, weshalb sie aber auch nichts sehen konnte.

Sie nahm ihre Umgebung überhaupt nicht wahr. Das perfekte Opfer.

Ich nahm den Riemen meiner Maske und zog mir den silbernen Totenkopf über den Kopf, wobei sich die Innenseite der Maske perfekt an mein Gesicht schmiegte. Die Welt um mich herum verengte sich zu einem Tunnel, und ich konnte nur noch sehen, was direkt vor mir lag.

Hitze schoss mir in den Nacken und drang tief in meine Brust ein. Ich nahm einen langen, kühlen Atemzug, spürte, wie mein Herz schneller schlug und ich hungrig wurde.

Plötzlich erfüllte der Klang des Regens, der wie ein Wasserfall in der Gasse draußen dröhnte, das Dojo, und die schwere Metalltür unten wurde zugeschlagen.

„Hallo?“, rief sie.

Das Herz rutschte mir in die Hose, ich schloss die Augen und genoss das Gefühl. Der Klang ihrer Stimme hallte durch das leere Gebäude, aber ich blieb still auf dem Treppenabsatz stehen und wartete darauf, dass sie mich fand.

„Kai?“, hörte ich sie durch das große Gebäude rufen.

Ich griff hinter mich, zog mir die Kapuze meines schwarzen Sweatshirts über den Kopf und drehte mich um, um sie über das Geländer hinweg anzuschauen.

„Hallo?“, fragte sie erneut, diesmal etwas ungeduldiger. „Kai, bist du hier?“

Zuerst sah ich ihr blondes Haar. Das fiel einem an Rika immer als Erstes auf. In ihrem schwarzen Penthouse, in diesem schwarzen Dojo, in der dunklen Gasse draußen, in dunklen Räumen und auf schwarzen Straßen … Sie stach immer heraus.

Ich legte meine Hände auf das verrostete Geländer, blieb auf dem Gitter stehen und sah, wie sie langsam in den Hauptraum unter mir ging und auf die Lichtschalter an den Wänden drückte. Aber nichts passierte. Das Licht ging nicht an.

Sie drehte ihren Kopf nach links und rechts und sah plötzlich alarmiert aus. Dann streckte sie ihre Hand aus und versuchte erneut, das Licht einzuschalten.

Nichts.

Ihre Brust hob und senkte sich jetzt schneller, und sie wurde wachsamer, als sie ihre Tasche enger um sich zog.

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, legte den Kopf schief und beobachtete sie. Ich sollte mich zeigen. Ich sollte fair spielen und sie wissen lassen, dass ich hier war und sie sicher.

Aber je länger ich wartete, je länger ich still und versteckt blieb, desto nervöser schien sie zu werden. Und als sie jetzt weiter in den Raum unter mir hineinging, konnte ich nicht anders, als diesen Moment genießen zu wollen. Sie war verwirrt. Verängstigt. Befangen. Sie wusste nicht, dass ich hier war. Direkt über ihr. Sie wusste nicht, dass mein Blick in diesem Moment auf ihr lag. Sie wusste nicht, dass ich mich auf sie stürzen und sie auf den Boden schmeißen könnte, ehe sie überhaupt verstand, was passierte.

Ich wollte ihr keine Angst einjagen, aber ich tat es trotzdem. Macht und Kontrolle machten süchtig. Und ich wollte nicht, dass mir das gefiel, weil es mich krank machte.

Es machte mich zu Damon.

Ich begann, schneller zu atmen, und meine Fäuste ballten sich um das Geländer, während ich es jetzt selbst mit der Angst zu tun bekam. Das war nicht normal.

„Ich weiß, dass du hier bist“, sagte sie und sah sich mit zusammengekniffenen Augen um.

Aber der sture Blick in ihrem Gesicht war erzwungen, und erneut musste ich hinter meiner Maske grinsen.

Ihr langes, graues T-Shirt fiel ihr über die Schulter, und Wassertropfen glitzerten auf ihrer Brust und ihrem Hals. Der Regen trommelte draußen auf Meridian City ein, und um diese Zeit – und in diesem Viertel – waren die Straßen leer. Niemand würde sie hören. Wahrscheinlich hatte keiner gesehen, wie sie das Gebäude betreten hatte.

Und die Art und Weise, wie sie sich in dem dunklen Raum jetzt langsam rückwärtsbewegte, zeigte mir, dass ihr genau das jetzt auch bewusst wurde.

Ich trat einen Schritt vor.

Das Gitter unter meinen Füßen knarzte, und sie riss ihren Kopf nach links, als sie das Geräusch hörte.

Ihr Blick fiel auf mich. Ich sah sie an und ging zur Treppe.

„Kai?“, fragte sie.

Warum antwortet er mir nicht?, fragte sie sich wahrscheinlich. Warum trägt er seine Maske? Warum ist das Licht aus? Wegen dem Unwetter? Was ist hier los?

Aber ich sagte kein Wort, als ich langsam auf sie zuging. Ihre hübsche, kleine Gestalt wurde immer klarer, je näher ich kam. Nasse Haarsträhnen, die mir vorher nicht aufgefallen waren, klebten an ihrer Brust, und die Diamantohrringe, die Michael ihr letztes Weihnachten geschenkt hatte, funkelten an ihren Ohren. Die Umrisse ihrer Brüste drückten sich durch ihr T-Shirt.

Ihre blauen Augen blickten mich unsicher an. „Ich weiß, dass du es bist.“

Ich grinste hinter der Maske, weil ihr angespannter Körper ihre Worte Lügen strafte.

Bist du dir da sicher, Rika?

Langsam umrundete ich sie, während sie stur stehen blieb.

Bist du dir sicher, dass ich es bin? Es könnte auch nicht Kai sein, oder? Ich könnte nur seine Maske genommen haben. Oder mir die gleiche gekauft haben.

Ich trat hinter sie und versuchte, ruhig zu atmen, obwohl mein Herz raste. Ich konnte sie spüren. Die Energie zwischen meiner Brust und ihrem Rücken.

Sie hätte sich umdrehen müssen. Sie hätte sich selbst auf so eine Gefahr vorbereiten müssen, wie ich es ihr beigebracht hatte. Dachte sie, das Ganze war ein Spiel?

„Hör auf“, zischte sie mich an und drehte ihren Kopf gerade so weit, dass ich sehen konnte, wie sich ihre Lippen bewegten. „Das ist nicht lustig.“

Nein, es war nicht lustig. Michael war über Nacht nicht in der Stadt, und Will lag wahrscheinlich irgendwo betrunken herum. Nur wir zwei waren hier.

Und so, wie mein verdammter Bauch gerade kribbelte, war es weder lustig noch gut, noch richtig, wie sehr ich mich ständig über die Grenzen schieben musste, um wieder Kontrolle zu erlangen. Es war nicht gut, dass ich nicht aufhören wollte.

Ich packte sie, legte meine Arme um sie und vergrub meine Nase unter ihr Ohr. Ihr Parfüm ließ meine Augenlider schwer werden, und sie schnappte nach Luft, als ich ihren Körper an meinen zog. „Es gibt nur uns, kleines Monster“, knurrte ich. „Genau so, wie ich es will, und wir haben die ganze Nacht.“

„Kai!“, schrie sie und zog an meinen Armen.

„Wer ist Kai?“

Sie drehte sich in meinem Griff um und wand sich. „Ich kenne dich mittlerweile. Deine Größe, deine Form, deinen Geruch …“

„Ach, wirklich?“, fragte ich. „Du weiß, wie ich mich anfühle?“

Ich vergrub mein maskiertes Gesicht an ihrem Hals und legte meine Arme noch fester um sie. Besitzergreifend. Bedrohlich. Dann flüsterte ich: „Ich vermisse die kleine Rika von der Highschool.“ Ich stöhnte und tat so, als würde es mich antörnen, wie sie sich in meinem Griff wand. „Da hast du nie so frech geantwortet.“

Sie hielt inne, und ihr ganzer Körper erstarrte, bis auf ihre Atmung. Sie sog scharf die Luft ein, dann begann sie in meinen Armen zu zittern.

Jetzt hatte ich sie.

Jemand, den wir gut kannten, hatte diese Worte einmal gesagt. Jemand, vor dem sie Angst hatte. Und jetzt zweifelte sie, ob ich nicht doch er sein könnte.

Damon ist letztes Jahr verschwunden, und er könnte überall sein, richtig, Rika?

„Ich habe schon lange darauf gewartet“, sagte ich und hörte, wie es draußen donnerte. „Zieh das aus.“ Ich riss ihr Shirt herunter und entblößte ihr Tanktop. Sie schrie auf. „Ich will dich sehen, verdammt.“

Sie schnappte nach Luft, entzog sich meinem Griff und schlug nach mir. Dann trat sie sofort einen Schritt zurück – der erste Gegenzug, den ich ihr beigebracht hatte, wenn einen jemand von hinten packt –, aber ich setzte meinen Fuß zurück und wusste, was sie vorhatte.

Komm schon, Rika!

Dann ließ sie sich plötzlich fallen, und ihr ganzes Körpergewicht glitt mir durch die Arme und direkt auf den Boden.

Ich hätte fast gelacht. Sie dachte schnell. Gut.

Aber ich gab nicht nach. Sie stützte sich auf ihre Hände und Knie und bereitete sich auf die Flucht vor. Doch ich packte sie am Knöchel.

„Was denkst du, wo du hingehst?“, fragte ich gedehnt.

Sie drehte sich um und trat nach meiner Maske. Ich wich lachend zurück. „O Gott, das wird Spaß machen. Ich kann es kaum erwarten.“

Sie wimmerte leise auf, als sie rückwärts krabbelte und sich auf die Füße drückte. Sie drehte sich um und rannte mit angsterfülltem Gesicht in Richtung Umkleide. Wahrscheinlich wollte sie zum Hinterausgang des Gebäudes.

Ich rannte ihr nach, bekam ihr Oberteil zu fassen, und mein ganzer Körper stand in Flammen.

Verdammt. Ich spürte, wie mir der Schweiß den Nacken runterlief. Es ist nur ein Spiel. Ich werde ihr nicht wehtun. Es war wie ein Versteckspiel unter Kindern. Wir wussten, dass nichts Schlimmes passieren würde, wenn wir erwischt wurden, und wir verletzten niemanden, wenn wir jemanden erwischten. Aber die irrationale Angst erregte uns trotzdem.

So gefiel es mir. Das war alles. Es war nicht real.

Ich drehte sie herum, legte eine Arm um sie und hob mit der anderen Hand ihr Knie an, um sie vom Boden zu heben. Sie zog das andere Knie nach oben, aber ich drehte meine Hüfte zur Seite, bevor sie mich zwischen den Beinen treffen konnte. Ich riss sie zurück, und wir landeten beide auf dem Boden – ich auf ihr.

„Nein!“, schrie sie. Ihr Körper wand sich unter mir, und ich drängte mich zwischen ihre Beine, legte ihre Arme über ihren Kopf und hielt sie dort fest.

Sie kämpfte gegen meinen Griff an, aber ihre Arme begannen zu zittern und sie wurde schwächer.

Ich hielt inne und blickte auf sie hinab. Damon und ich hatten beide dunkle Haare und Augen, auch, wenn seine fast schwarz waren. Sie könnte uns in der Dunkelheit nicht unterscheiden. Aber sie konnte mich spüren. Sie konnte spüren, wie ich sie bedrohte, zwang, anfasste … genau wie er.

Langsam ließ ich meinen Kopf auf ihre Brust sinken, blieb nur einen Zentimeter über ihrer Haut stehen, und sie hörte auf, sich zu wehren. Ihre Brust bebte so heftig, als hätte sie einen Asthmaanfall.

Ihr Körper gab unter meinem nach, ihre Hände waren hilflos über ihrem Kopf fixiert. Ich wusste, dass sie aufgegeben hatte. Sie wusste, dass es vorbei war. Niemand würde mich aufhalten, niemand würde sie schreien hören, ein Verrückter mit einer Maske könnte sie verletzen oder umbringen und hätte die ganze Nacht dafür Zeit.

Plötzlich entglitten ihr die Gesichtszüge, und sie weinte, als ihr Kampf vorüber war und sie den Horror dessen, was mit ihr geschah, erkannte.

Verdammt noch mal. Ich riss meine Kapuze zurück und warf wütend die Maske hinter mich. „Du bist ein verdammtes Baby!“, schrie ich und schlug mit der Hand neben ihrem Kopf auf den Boden. „Schmeiß mich von dir runter!“, schrie ich ihr ins Gesicht. „Jetzt! Komm schon!“

Sie knurrte, ihr Gesicht wurde rot, und sie drückte sich nach oben, um ihren Arm um meinen Nacken zu legen. Sie nahm mich in den Schwitzkasten, legte ihre andere Hand unter ihren Arm und stach mir mit einem Finger und dem Daumen in die Augen.

Es war nicht fest, aber es genügte, dass ich meinen Griff lockerte und sie Zeit hatte, mir ins Gesicht zu schlagen. Als ich zurückwich, richtete sie sich auf, packte ihre Tasche und schlug sie mir gegen den Kopf.

„Au!“, zischte ich und riss ihr die Tasche aus der Hand.

Aber sie stand schnell auf und rannte zur Wand, wo sie sich eins der Kendo-Schwerter schnappte und sich mit dem Bambus-Shinai in der Hand auf meinen Angriff vorbereitete.

Ich setzte mich auf meine Fersen zurück und legte eine Hand an mein Gesicht, um zu sehen, ob ich blutete. Nichts. Ich seufzte auf und sah sie an. Mein ganzer Körper wurde kalt, als die Angst aus ihrem Blick wich und durch Wut ersetzt wurde.

Das Adrenalin schoss mir immer noch durch die Adern, und ich holte tief Luft. Plötzlich fühlte sich mein Körper zehnmal schwerer an, als ich aufstand.

„Es gefällt mir nicht, so aus dem Hinterhalt angegriffen zu werden!“, zischte sie. „Das hier sollte ein sicherer Ort sein.“

Ich blinzelte und sah sie vorwurfsvoll an. „Es ist nirgendwo sicher.“

Dann ging ich zur Treppe, und zog mir das Sweatshirt aus, während ich nach oben stieg. „Du bist nicht auf der Hut.“ Ich nahm die Wasserflasche, die ich vorhin am Fenster liegen gelassen hatte. „Ich habe dich beobachtet. Da draußen auf der Straße hast du die ganze Zeit auf dein Handy gestarrt. Und du konntest kaum gegen mich ankommen. Du hast zu viel Zeit damit verschwendet, in Panik zu verfallen.“

Ich trank, durstig von der Anstrengung, dem Nachdenken, dem Sichsorgen und dem Pläneschmieden. Das hatte ich gebraucht.

Ich vermisste all die Nächte vor vielen Jahren, als ich noch ein Ventil hatte. Als ich Freunde hatte, mit denen ich hatte ausflippen können.

Ihre Schritte hallten auf den Stufen, und ich schaute durch das Fenster auf die hellen Lichter von Meridian City, die auf der anderen Seite des Flusses leuchteten und einen scharfen Kontrast zu der Dunkelheit auf dieser Seite bildeten.

„Ich habe alles aufgesogen, was du mir beigebracht hast“, sagte sie. „Ich habe dir vertraut, und ich habe die Situation gerade nicht ernst genommen. In dem Moment, in dem es wirklich passiert, komme ich damit zurecht.“

„Du hättest dieses Mal damit zurechtkommen sollen. Was, wenn es nicht ich gewesen wäre? Was wäre dann mit dir passiert?“

Ich blickte auf sie hinab und sah, wie ihr gepeinigter Blick aus dem Fenster ging. Sofort bekam ich Schuldgefühle. Ich hasste diesen Blick. Rika hatte schon genug durchgemacht, und ich hatte sie gerade wieder erschüttert.

„Ich glaube, es hat dir gefallen“, antwortete sie leise und starrte immer noch aus dem Fenster. „Ich glaube, du hast es genossen.“

Mein Herz machte einen Sprung, und ich drehte mich von ihr weg, um ihrem Blick durch das Fenster nach draußen zu folgen.

„Wenn es mir gefallen hätte, dann hätte ich nicht aufgehört.“

Sie sah mich an, und ich hörte, wie draußen ein Auto vorbeifuhr. Die Reifen quietschten im Regen.

„Weißt du, ich beobachte dich auch“, sagte sie zu mir. „Du bist still, und niemand weiß, wo du isst oder schläfst …“

Ich drehte die Wasserflasche zu, und das Plastik knisterte in meiner Faust. Ich wusste, wovon sie sprach. Ich wusste, dass ich abweisend war. Aber ich musste alles in mir verschlossen halten, wenn ich nicht riskieren wollte, dass die falschen Dinge rauskamen. Es war besser so.

Und es war schlimmer geworden. Alles war so im Arsch. Sie und Michael waren miteinander beschäftigt. Will war nur noch ein paar Stunden am Tag nüchtern. Ich war noch nie so alleine gewesen wie in letzter Zeit.

„Du bist wie eine Maschine.“ Sie holte tief Luft. „Nicht wie Damon. Du bist nicht zu durchschauen.“ Sie hielt inne. „Außer jetzt. Außer, wenn du deine Maske trägst. Es hat dir gefallen, richtig? Es ist das einzige Mal, dass ich sehe, dass du etwas fühlst.“

Ich sah sie mit sanftem Blick an. „Du bist nicht immer bei mir“, scherzte ich.

Ich hielt ihrem Blick einen Moment lang stand, und wir wussten beide genau, wovon ich sprach. Sie hatte mich noch nicht mit Frauen gesehen, und sie wurde rot. Dann lächelte sie mich vage an und ließ die Fragerei sein.

Ich räusperte mich und fuhr fort. „Du musst an deinen Gegenzügen arbeiten“, sagte ich zu ihr. „Und an deiner Schnelligkeit. Wenn du innehältst, gibst du dem Angreifer die Chance, dich zu packen.“

„Ich wusste, dass ich bei dir in Sicherheit bin.“

„Das bist du nicht“, antwortete ich streng. „Du musst immer davon ausgehen, in Gefahr zu sein. Wenn dich jemand anders als Michael in die Finger bekommt, dann kriegt er sowieso, was er verdient.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, und ich konnte ihren Trotz spüren. Ich verstand sie. Sie wollte ihr Leben nicht in ständiger Angst leben. Aber sie hielt sich ja nicht mal an die einfachsten Vorsichtsmaßnahmen. Und es würde ihr leidtun, wenn sie die falschen Entscheidungen traf. Michael war nicht immer bei ihr.

Aber wenn er es war, dann war er voll und ganz bei ihr. Ich hatte schon seit Wochen nicht mehr wirklich mit ihm geredet.

„Wie geht’s ihm?“, fragte ich sie.

Sie verdrehte die Augen, und ich spürte, dass die Stimmung etwas heiterer wurde. „Er will nach Rio oder sonst wohin fliegen, um zu heiraten.“

„Ich dachte, ihr wolltet beide warten, bis du mit dem College fertig bist.“

Sie nickte und seufzte. „Ja, das dachte ich auch.“

Ich sah sie fragend an. Was war dann los?

Michaels und Rikas Eltern erwarteten eine Hochzeit in Thunder Bay, und soweit ich wusste, war das in Ordnung für die beiden. Michael wollte sogar eine richtig große Sache draus machen. Er wollte sie in einem Kleid sehen, wie sie den Gang entlang auf ihn zuschritt. Schließlich hatte er seine ganze Kindheit und Jugend lang gedacht, sie würde seinen Bruder heiraten. Er wollte jedem zeigen, dass sie ihm gehörte.

Und dann kam es mir.

Damon.

„Er hat Angst, dass eine große Hochzeit Damon zur Rückkehr bewegen wird“, riet ich.

Rika nickte langsam und starrte immer noch aus dem Fenster. „Er denkt, wenn wir verheiratet sind, wird mir nichts Schlimmes mehr passieren. Je eher, desto besser.“

„Er hat recht“, sagte ich zu ihr. „Eine Hochzeit – Hunderte von Menschen und Will und ich an seiner Seite – das würde sein Ego nicht verkraften. Er würde sich nicht fernhalten können.“

„Niemand hat seit einem Jahr von ihm gehört oder ihn gesehen.“

Ich spürte, wie sich mein Kiefer anspannte, und bekam ein ungutes Gefühl im Bauch. „Ja, das ist es, was mich beunruhigt.“

Vor einem Jahr hatte Damon gewollt, dass Rika unendlich litt. Eigentlich hatten wir das alle gewollt, aber Damon war noch etwas weiter gegangen. Und als wir nicht an seiner Seite geblieben waren, waren wir alle zu seinen Feinden geworden. Er hatte uns angegriffen, sie verletzt und Michaels Bruder Trevor dabei geholfen, zu versuchen, sie umzubringen. Michael hatte recht, wenn er annahm, dass Damons Wut wahrscheinlich noch nicht verraucht war. Wenn wir zumindest wüssten, wo er war, dann wäre das eine ganze andere Sache. Aber die Detektive, die wir angeheuert hatten, um ihn aufzuspüren, hatten ihn bisher noch nicht gefunden.

Was erklärte, warum Michael Schritte in die Wege leiten wollte, Rika aus dem Rampenlicht zu holen, in das so eine große Hochzeit in unserem wohlhabenden Küstenort sie stellen würde.

„Du machst dir doch gar nichts aus einer großen Hochzeit“, erinnerte ich sie. „Du willst nur Michael. Warum macht ihr es dann nicht so, wie er es vorschlägt?“

Sie blieb einige Augenblicke still und redete dann mit in die Ferne gerichtetem Blick weiter. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Direkt hinter St Killians, wo der Wald endet und die Klippen den Blick auf das Meer freigeben. Unter dem Mitternachtshimmel …“ Sie nickte, und ein wunderschönes, sehnsüchtiges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Dort werde ich Michael heiraten.“

Ich betrachtete sie und fragte mich, was dieser verträumte Blick in ihren Augen bedeutete. Als hätte sie schon immer gewusst, dass sie Michael Crist eines Tages heiraten würde, und als hätte sie es schon ihr ganzes Leben in ihrem Kopf vor sich gesehen.

„Was ist das für ein Gebäude?“, fragte Rika und deutete mit ihrem Kinn aus dem Fenster.

Ich folgte ihrem Blick, aber ich musste gar nicht hinschauen, um zu wissen, welches Gebäude sie meinte. Ich hatte die Lage unseres Dojos schließlich aus einem bestimmten Grund gewählt.

Ich schaute durch die Scheibe auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite, das ungefähr dreißig Stockwerke höher war als unseres. Die grauen Steinwände wurden vom Regen und dem gebrochenen Licht von der Straße verdunkelt.

„Das Pope“, antwortete ich. „Das war mal ein Hotel. Ist es eigentlich immer noch.“

Das Pope stand jetzt schon seit einigen Jahren leer und war ursprünglich errichtet worden, als man darüber geredet hatte, ein Footballstadion zu bauen, um mehr Touristen nach Meridian City zu locken. Und um Whitehall, das heruntergekommene Viertel, in dem wir uns jetzt befanden, zu neuem Leben zu erwecken.

Leider war aus dem Stadion nie etwas geworden, und das Pope war nach ein paar Jahren, in denen es versucht hatte, im Geschäft zu bleiben, bankrott gewesen.

Ich betrachtete die dunklen Fenster und die Schatten der Vorhänge in den mehreren Hundert Räumen, die jetzt leise und verlassen dalagen. Es war schwer vorstellbar, dass es in einem so großen Gebäude keinen Funken Leben mehr gab. Eigentlich unmöglich. Mein argwöhnischer Blick schweifte in jedes dunkle Loch, aber ich konnte immer nur ein paar Zentimeter in die Räume hineinschauen, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurden.

„Ich habe ein Gefühl, als ob uns jemand beobachtet.“

„Ich weiß“, stimmte ich ihr zu und schaute wieder in jedes einzelne Fenster – eins nach dem anderen.

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie zitterte, also nahm ich mein Sweatshirt und reichte es ihr.

Sie nahm es, lächelte mich an und ging zur Treppe zurück. „Es wird kalt. Ich kann nicht glauben, dass wir schon fast Oktober haben. Bald ist wieder Devil’s Night“, sang sie vor sich hin und klang aufgeregt.

Ich nickte und folgte ihr.

Aber als ich noch einen letzten Blick hinter mich warf, bekam ich eine Gänsehaut, als ich an die vielen leeren Zimmer in dem verlassenen Gebäude auf der anderen Straßenseite dachte.

Und an eine Devil’s Night vor so langer Zeit, als ein Junge, der einmal ich gewesen war, ein Mädchen, das Rika hätte sein können, in demselben dunklen Hotel vor unserem Fenster gejagt hatte.

Aber damals hatte er nicht wie heute Nacht damit aufgehört.

Er hatte etwas getan, was er nicht hätte tun dürfen.

Dicht hinter Rika ging ich die Treppe hinunter und betrachtete ihren Hinterkopf.

Sie wusste gar nicht, wie nahe ihr die Gefahr wirklich war.

Penelope  Douglas

Über Penelope Douglas

Biografie

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Penelope Douglas hat einen Master in Pädagogik und acht Jahre lang als Lehrerin gearbeitet, bevor sie sich ganz auf das Schreiben fokussierte. Ihre Bücher sind auf TikTok äußerst beliebt und wurden bereits in zahlreiche Sprachen übersetzt. Penelope Douglas liebt den...

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