From Friendzone with Love (Die besten deutschen Wattpad-Bücher) From Friendzone with Love (Die besten deutschen Wattpad-Bücher) - eBook-Ausgabe
Roman
— Süße, humorvolle Friends-to-Lovers-Story mit AzubisFrom Friendzone with Love (Die besten deutschen Wattpad-Bücher) — Inhalt
Sie hat ihm das Herz gebrochen – nun spielt er ihren festen Freund. Eine witzige und romantische Young Adult für Fans von Jenny Han und Beth Reekles
„Plötzlich merkte ich, wie ihre kleine zierliche Hand zu meiner wanderte und sich darin versteckte. Ich sah erst auf unsere verschränkten Finger, dann zu Blair. Ich wünschte mir so sehr, dass diese Geste ernst gemeint wäre.“
Verliebt in die Schwester des besten Kumpels? Keine gute Idee, das hat Damian am eigenen Leib erfahren. Dabei hat Blair ihm das Herz gebrochen, bevor ihr Bruder auch nur Wind davon bekommen konnte. Die Nur-Freunde-Masche ist für Damian nicht drin, umso schwieriger wird es, als Blair mit ihm in die gleiche Klasse auf der Berufsschule kommt und sie am selben Projekt arbeiten müssen. Als er dann auch noch im Affekt zustimmt, Blairs Freund zu spielen, um ihr einen Kerl vom Hals zu halten, ist das Chaos komplett. Die aufkeimende Nähe zwischen den beiden bringt dabei nicht nur Damians Gefühle wieder ziemlich durcheinander. Aber kann Damian Blairs Zurückweisung erneut riskieren? Und wird er seine Freundschaft zu ihrem Bruder aufs Spiel setzen?
Leseprobe zu „From Friendzone with Love (Die besten deutschen Wattpad-Bücher)“
Prolog
»Damian, du bist einfach mein bester Freund.«
Und da war sie. Die berühmt-berüchtigte Friendzone.
Obwohl sie mit Karacho auf mich zugerast kam, hatte ich sie nicht kommen sehen, und sie traf mich mit voller Breitseite.
Ich stand also hier, gerade eben noch mit wild pochendem Herzen und nun vollkommen am Boden zerstört. Zertrampelt. Zersplittert.
Unendlich lange starrte ich in Blairs wunderschönes Gesicht, ließ das helle Grün ihrer Augen auf mich wirken. Sah, wie sie von Sekunde zu Sekunde unsicherer wurde.
„Du verstehst das doch, oder?“, fragte sie [...]
Prolog
»Damian, du bist einfach mein bester Freund.«
Und da war sie. Die berühmt-berüchtigte Friendzone.
Obwohl sie mit Karacho auf mich zugerast kam, hatte ich sie nicht kommen sehen, und sie traf mich mit voller Breitseite.
Ich stand also hier, gerade eben noch mit wild pochendem Herzen und nun vollkommen am Boden zerstört. Zertrampelt. Zersplittert.
Unendlich lange starrte ich in Blairs wunderschönes Gesicht, ließ das helle Grün ihrer Augen auf mich wirken. Sah, wie sie von Sekunde zu Sekunde unsicherer wurde.
„Du verstehst das doch, oder?“, fragte sie jetzt zaghaft nach, nachdem ich bisher keinen Ton von mir gegeben hatte.
Verstand ich es? Nein.
„Ja, natürlich“, hörte ich mich stattdessen sagen.
Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Hoffnung. Ich wusste, es war Hoffnung. „Dann bleibt also alles wie bisher? Wir bleiben Freunde?“
Freunde? Wie konnte ich mit einem Mädchen, das mir die Welt bedeutete, nur befreundet sein?
„Ja.“ Nein.
Meine Antwort ließ sie breit lächeln.
»Danke, Damian!«
Ich wusste, ich würde zerbrechen.
1
Damian
Gut gelaunt und vor mich hin pfeifend verließ ich den Verlag Desmond und steckte die Hände in die Jackentaschen, um sie vor der winterlichen Kälte zu schützen.
„Thank God it’s Friday“, murmelte ich, während ich zur Bushaltestelle schlenderte.
Freitagabend war mein absoluter Lieblingszeitpunkt der Woche. Man hatte gerade fünf Tage geschuftet, sich hemmungslos als Auszubildender ausnutzen lassen und sich die Seele aus dem Leib geackert, dafür stand jetzt das Wochenende vor der Tür. Es war noch ganz frisch, voller Verheißungen, voller Vorfreude. Und man konnte es mit gutem Gewissen genießen.
Mein Handy vibrierte, und ich holte es hervor, nur um zu sehen, dass mir mein bester Kumpel Sebastian für heute Abend zugesagt hatte. Zufrieden steckte ich mein Handy wieder weg und hielt Ausschau nach dem Bus. Ich wollte mir unbedingt bald ein Auto zulegen, doch dafür müsste ich erst einmal Geld scheißen. Als Auszubildender wurde man definitiv nicht reich.
Wenigstens war ich seit einigen Monaten in meinem zweiten Lehrjahr und verdiente ein wenig mehr. Und im Grunde machte es mir nicht so viel aus. Ich liebte meine Ausbildung, ich liebte die Marketingabteilung, in der ich arbeitete, ich liebte die Firma und ich liebte meine Kollegen.
Na ja, nicht alle, aber fast.
»Na, wartet der kleine Damian auf den Schulbus?«, rief mir eine wohlbekannte Stimme zu, und ich verdrehte genervt, doch schmunzelnd die Augen.
„Bin ich froh, dass ich deinen hässlichen Arsch die nächsten drei Wochen nicht sehen muss, Lucas!“, rief ich meinem Kollegen aus dem Lektorat und Kumpel über die Schulter zu.
Mit meinen neunzehn Jahren war ich der jüngste Angestellte in der Firma, und daran wurde ich nur zu oft erinnert. Besonders Lucas und Carl – aus der IT-Abteilung – ärgerten mich wegen meines Alters. Insgeheim liebten sie mich, davon war ich überzeugt. Alle liebten mich eigentlich.
„Stimmt, viel Spaß in der Berufsschule!“ Lucas winkte mir zu und ging mit hochgeklapptem Mantelkragen zum Firmenparkplatz. Ich sah ihm kopfschüttelnd hinterher.
Berufsschule.
Montag ging der Zirkus wieder los.
Man nehme dreißig unreife, dämliche und spätpubertäre Teenager, einen inkompetenten, unsicheren Lehrer und ein heruntergekommenes Gebäude – und das Chaos war perfekt.
Das einzig Gute: Ich war ein kluges Köpfchen. Und solang ich nicht mit irgendwelchen Idioten irgendwelche bescheuerten Gruppenarbeiten machen musste, würde ich die Wochen schon überleben.
Es war mittlerweile recht dunkel, der Bus hielt an, ich stieg ein und setzte mich im hinteren Bereich ans Fenster, beobachtete den Verkehr und die vorbeilaufenden Passanten. Plötzlich sah ich eine Spiegelung in der Scheibe, und mein Herzschlag setzte kurz aus. Ich drehte den Kopf in die Richtung des Mädchens, das weiter vorn im Bus stand und mich ansah. Erleichtert atmete ich durch.
Das war nicht Blair.
Das war einfach ein anderes blondes hübsches Mädchen, das mich jetzt schüchtern anlächelte.
Ich gab das Lächeln knapp zurück und wandte mich wieder ab.
Blair.
Ich hatte lange versucht, nicht mehr an sie zu denken. Nicht gerade einfach, da sie die Schwester meines besten Freundes war. Und nach wie vor den Großteil meines Herzens beanspruchte.
Ein halbes Jahr hatte ich sie schon nicht mehr gesehen, obwohl ich ihren Bruder andauernd sah. Und auch wenn es wehtat, hatte ich damals den Kontakt zu ihr abgebrochen.
Wieso? Nun ja, alle Kerle der Welt wussten, dass man aus der Friendzone nie heil rauskam. Dass ich überhaupt dort gelandet war, war mir bis dato immer noch ein ungelöstes Rätsel. Ich war kein nerdy Muttersöhnchen, ich war ein gut aussehender Charmeur. Zwei komplett verschiedene Dinge. Und gut aussehende Charmeure gehörten einfach nicht in die Friendzone.
Genervt schloss ich kurz die Augen.
Ich wollte gar nicht darüber nachdenken. Ich wollte es vergessen. Damit abschließen. Mein Ego wieder heilen. Mein Herz zusammenwachsen lassen. Es war an der Zeit, dass ich Blair vergaß und vielleicht einmal wieder anderen Mädchen mein Interesse zeigte. Sie waren mir gegenüber meist nicht abgeneigt, also würde sich bestimmt was ergeben.
Letztes Jahr hatte ich eine Monica in der Klasse gehabt, wir hatten uns ganz gut verstanden, und ich hatte auch das Gefühl gehabt, dass sie gern Zeit mit mir verbrachte. Vielleicht konnte man daraus ja etwas machen?
Jetzt musste ich mir am Montag erst einmal die neue Klassenzusammensetzung ansehen. Unsere Schule war nicht die einzige, die einen Umbau dringend nötig hatte. Die Nachbarschule wurde gerade komplett renoviert, und deswegen hatte man kurzerhand beschlossen, beide Schulen zusammenzulegen. Das hieß: neue Leute, neues Glück.
Vielleicht war ja in meiner neuen Klassenzusammensetzung ein nettes Mädel dabei.
Als ich auf den Stopp-Knopf im Bus drückte, schüttelte ich innerlich abermals den Kopf über mich selbst. Das klang fast so, als würde ich krampfhaft nach einer Freundin suchen. Das war eigentlich nicht der Fall, ich wollte einfach nur Blair vergessen.
Und schon wieder dachte ich an sie.
Der Bus hielt an, ich stieg aus und zog die Schultern hoch. Es war saukalt. Meine Füße trugen mich wie von allein zu unserem Zuhause; einem kleinen weißen Häuschen mit gepflegtem Vorgarten. Ich machte das niedrige Gartentor hinter mir wieder zu und ging auf den angelegten Steinen zur Haustür. Durch das Küchenfenster sah ich schon meine Mum am Herd rumwerkeln. Lächelnd beobachtete ich sie kurz, bevor ich in die Wärme ging.
Ich liebte meine Mum über alles. Das war kein Geheimnis, jeder, der mich kannte, wusste das. Und ich stand auch dazu. Nachdem sich mein Vater einfach aus dem Staub gemacht hatte, als ich zwei Jahre alt war, hatte sie mich allein großgezogen. Sie war mit neunzehn schon Mutter geworden, aktuell war sie somit gerade mal doppelt so alt wie ich.
Sie hatte gute Arbeit geleistet, ihr Sohn war schließlich zu einem Prachtexemplar auf zwei Beinen geworden, dachte ich grinsend.
Ich hängte meine Jacke auf und stellte meine Schuhe ordentlich hin. Ich war meiner Mum so dankbar, dass mir nie etwas gefehlt hatte. Immer stellte sie sich selbst an die zweite Stelle, immer hatte sie mich beschützt und behütet. Die letzten Jahre hatte ich jedoch mehr und mehr das Gefühl, dass ich sie beschützen sollte. Ich war mittlerweile alt genug, um allein auf mich aufzupassen. Jetzt war es an der Zeit, dass sie einen Gang runterschaltete und auch mal an sich dachte.
„Hey, Mum“, begrüßte ich sie, als ich in die Küche trat, und umarmte sie kurz.
„Hallo, Schatz.“ Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange. Nur sie durfte das. Ich tat zwar immer einen auf cool, doch bei meiner Mutter konnte ich einfach völlig entspannt ich sein. Sie hatte mir die Windeln gewechselt, sie kannte mich besser als ich mich selbst – wieso sollte ich ihr irgendetwas vormachen?
„Na, wie war dein Tag?“, fragte ich sie, nahm einen Apfel aus der Obstschale und biss hinein. Ich hatte einen Mordshunger, und es dauerte wahrscheinlich noch ein wenig, bis es Essen gab. Bis dahin mussten einfach sämtliche Äpfel, diverse Chipstüten und vielleicht sogar der Schokoladenvorrat herhalten. Eigentlich war es egal, was ich mir in den Mund tat, Hauptsache essbar.
„Wie üblich“, beantwortete sie meine Frage. „Und deiner? Warst du heute fleißig?“
„Ja klar, bin ich immer.“ Ich zuckte lächelnd mit den Schultern. „Bastian kommt heute“, erzählte ich ihr, und sie nickte zur Bestätigung.
„Hast du dein Zimmer aufgeräumt?“, fragte sie, und ich sah verblüfft zu ihr.
„Dein Ernst?“ Sie hatte mich seit Jahren nicht mehr danach gefragt, ob ich mein Zimmer aufgeräumt hatte. Ich war schließlich keine zwölf mehr.
„Ich dachte nur, da du ab Montag wieder die Schulbank drückst …“ Sie konnte ihr neckendes Grinsen nicht verbergen, und ich wusste nicht ganz, ob ich lachen oder nur spöttisch die Augenbraue heben sollte. Nicht mal zu Hause wurde ich mit meinem Azubi-Dasein in Ruhe gelassen.
„Ich bin dann mal weg“, murmelte ich nur, schnappte mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank und schlurfte langsam davon. Jetzt konnte das Wochenende beginnen.
Blair
Ich hatte alle laufenden Projekte an meine Mitarbeiterin übergeben und packte jetzt meinen Krempel zusammen. Wenn ich nach drei Wochen aus der Berufsschule zurückkam, wollte ich, dass mein Arbeitsplatz ordentlich aussah.
Schon über ein Jahr war ich jetzt als Auszubildende bei Top!c, einer namhaften Werbeagentur, und durfte inzwischen schon eigene kleine Projekte betreuen. Natürlich hatte ich immer noch meine Ausbilderin, die einen letzten Blick darauf warf, aber es war ein tolles Gefühl, zu wissen, dass einem vertraut und der Einsatz, den man zeigte, geschätzt wurde. Und einen allzu schlechten Job schien ich auch nicht zu machen.
Dass ich jetzt drei Wochen in die Berufsschule musste, ging mir gewaltig gegen den Strich. Das war einfach immer absolute Zeitverschwendung. Der Stoff, den man auch in einer halben Stunde besprechen konnte, wurde von den Lehrern gern auf drei Stunden aufgeteilt, und in der Zwischenzeit musste man aufpassen, dass man sich nicht zu Tode langweilte.
Immerhin ließen mich die Lehrer meistens in Ruhe, und ich konnte, wenn ich mit den Aufgaben fertig war, mehr oder weniger machen, was ich wollte, ohne dass ich Ärger bekam. Ich hoffte, dass meine Lehrer blieben, wenn die Klassen neu zusammengesetzt wurden.
Da unsere Berufsschule wegen Umbauarbeiten geschlossen war, hatte man unsere Jahrgänge mit der anderen zusammengelegt. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete.
Jetzt wollte ich erst einmal mein wohlverdientes Wochenende genießen, bevor am Montag die Hölle losging.
„Ciao!“, rief ich in die Runde, und meine Kollegen hoben verabschiedend die Hände. Vor mich hin summend begab ich mich nach draußen in die Kälte. Brrr, es war bitterkalt. Ich sehnte mich so sehr nach Wärme, Sonnenschein und am besten nach leckeren Drinks. Da wir jedoch gerade mal November hatten, würde das noch dauern …
Gut, die Drinks müssten nicht bis zum Frühling warten. Grinsend tippte ich eine Nachricht in den Gruppenchat meiner Freundinnen. Den Freitagabend musste man ja nicht zwingend zu Hause verbringen.
Etwa zwei Stunden später betrat ich die Bar, in der wir uns treffen wollten. Ich war ein bisschen zu früh dran, doch so konnte ich wenigstens für uns vier schon mal einen Platz ergattern.
Kaum hatte ich den Gedanken gedacht, ging hinter mir die Tür auf und Beatrice kam hereinstolziert. Ihre langen Beine sahen in ihrer schwarzen Röhrenjeans übertrieben dünn und lang aus, die blonden Haare hatte sie geglättet. Suchend blickte sie sich um.
„Hey, du bist ja schon da!“, rief sie, als sie mich sah.
„Gerade gekommen“, erwiderte ich, und wir umarmten uns. Sie war ein gutes Stück größer als ich, vor allem, wenn sie wie heute High Heels trug. Als ob sie nicht eh schon groß genug war.
Ich war so ziemlich die Kleinste in meiner Freundesgruppe, doch als sie sich neben mich setzte, während wir auf die anderen warteten, war der Unterschied nicht mehr ganz so groß. Wir steckten unsere Köpfe gerade zu zweit in eine Getränkekarte, als uns beiden von hinten die Augen zugehalten wurden.
„Ihr erratet nie, wer wir sind“, versuchte sich Cassandra an einer verstellten tiefen Stimme, die ihr fürchterlich misslang. Mary verriet sich sowieso gleich durch ihr Kichern. Das waren unsere Freundinnen, keine Frage.
„Stimmt, niemals“, kommentierte Bea auch schon trocken, während sich die anderen beiden zu uns setzten.
„Habt ihr schon bestellt?“ Wenn einer viele Cocktails trinken konnte, dann Mary. Im Ernst, keiner trank so viele Cocktails wie sie und war danach noch ansprechbar. Sie war nur etwas größer als meine eineinhalb Meter, ich hatte also keine Ahnung, wo sie den Alkohol hinsteckte.
„Nein, wir sind gerade am Suchen“, antwortete ich und reichte den beiden die zweite Karte über den Tisch hinweg, die sie sofort aufschlugen und wie Bea und ich ihre Köpfe hineinsteckten.
Ich beschloss, heute wagemutig zu sein: Der Barkeeper sollte mir mixen, was immer er wollte.
Ich beobachtete meine Freundinnen, während sie total vertieft in die Karten starrten, und musste schmunzeln. In manchen Dingen waren wir so verschieden und in anderen wieder so ähnlich. Mich selbst würde ich eher als zurückhaltender und ruhiger einschätzen, auch wenn ich lustig sein konnte. Gerade Cassy und Bea waren wirklich extrovertiert. Sie fühlten sich in jeder neuen Gruppe sofort wohl, knüpften schnell neue Kontakte und waren nie fehl am Platz. Und trotzdem kehrten sie immer wieder zu ihrem engsten Freundeskreis zurück, nämlich zu uns vieren.
Wir kannten uns schon recht lange, Bea und Mary waren mit mir im Kindergarten gewesen, Cassy war kurz vor dem Abschluss zu unserer Gruppe dazugestoßen, und die drei waren für mich wie die Schwestern, die ich nie hatte.
Stattdessen hatte ich einen überfürsorglichen Zwillingsbruder an der Backe, den ich zwar liebte und zu dem ich auch eine besondere Bindung hatte, trotzdem konnte er manchmal ziemlich nerven. Reif wie er war, hielt er mir ständig unter die Nase, dass er der ältere von uns beiden war – mit immerhin etwa eineinhalb Minuten, da wir per Kaiserschnitt auf diese Welt geholt worden waren.
Und jetzt dachte er, dass er das Recht hatte, über mich zu bestimmen, dass er mir sagen konnte, was ich durfte und was nicht, dass er immer alles besser wusste und dass ich nie im Leben auf mich selbst aufpassen könnte.
Tz.
Heute war er zum Glück nicht zu Hause gewesen, als ich losgezogen war. Sonst hätte ich mir wieder einen ellenlangen Vortrag darüber anhören dürfen, wie groß das Risiko sei, dass ich überfallen, ausgeraubt oder von Aliens entführt wurde. Es freute mich natürlich, dass wir ein gutes Verhältnis zueinander hatten und dass er sich um mich sorgte, aber manchmal war es einfach zu viel des Guten. Vor allem, da wir beide jetzt neunzehn waren – erwachsen also.
Und welchen Gefahren man als Frau ausgesetzt war, brauchte er mir sowieso nicht zu erzählen.
„Ich spüre es, heute Abend wird genial!“ Mary wedelte begeistert mit den Händen, während sie sich ihren Cocktail aussuchte. Mit ihr wurde es nie langweilig, sie hatte eine unbändige Energie und eine Lebensfreude, die unübertrefflich war. Sie studierte Skandinavistik, weil sie irgendwann einmal nach Island ziehen wollte. Dass sie nur dafür fünf Jahre lang gleich alle skandinavischen Sprachen lernen wollte, verstand ich nicht wirklich. Doch das Uni-Leben, das Lernen, das Lesen war einfach genau das Richtige für sie.
„Ich brauche definitiv was Starkes“, seufzte Cassy. „Ich hatte heute im Laden nur unfreundliche Kunden. Alle haben mich angeschnauzt, sich beschwert oder am Ende doch nichts gekauft. Und mein Rücken tut vom Stehen weh!“, klagte sie. Keiner von uns beneidete Cassys Arbeit im Schuhgeschäft. Na ja, abgesehen davon, dass sie ungelogen hundertdrei Paar Schuhe hatte, weil sie ja einen Mitarbeiterrabatt bekam. Und natürlich hatte sie viel größere Füße als ich, weshalb ich mir nie welche von ihr ausleihen konnte.
„Okay, haben wir’s? Dann gehe ich bestellen“, riss mich Bea aus meinen Gedanken und stand auf.
„Der Barkeeper soll mich überraschen“, meinte ich, was die anderen aufjaulen ließ.
„Uuuh, endlich kommst du mal aus dir raus!“, rief Mary neckend und sagte Bea, dass sie eine Piña colada wollte.
„Ich will einfach mal was Neues probieren.“ Ich hob ganz unschuldig die Schultern.
„Einen Whiskey Sour für mich“, sagte Cassy zu Bea, die daraufhin verschwand, und grinste mich vergnügt an.
„Magst du nicht deinem Bruder schreiben und fragen, ob er auch kommt?“
Ich verdrehte genervt die Augen. „Definitiv nicht, endlich habe ich mal meine Ruhe von ihm!“
„Ach komm, bitte …“ Cassy zog eine Schnute, und ich konnte ihrem bettelnden Blick fast nicht widerstehen. Sie hatte einen kleinen Crush auf meinen Bruder, und der Gedanke ekelte mich irgendwie an. Bastian stand mir einfach viel zu nahe, und die Vorstellung von ihm mit … mit irgendwem, war nicht auszuhalten.
Gut kannte Cassy ihn auch nicht wirklich, Bastian und ich waren in der Schule immer in den Parallelklassen gewesen. Sowohl der Direktor als auch unsere Eltern waren der Meinung gewesen, dass es meinem Bruder und mir schaden würde, in die gleiche Klasse zu gehen. Cassy hatte ein paarmal mit ihm gesprochen und ihn natürlich gesehen, wenn sie mich besucht hatte. Das war’s auch schon.
»Vergiss es. Er hat eh keine Zeit, er ist bei Damian«, erklärte ich und senkte den Blick auf die Tischplatte.
„Er kann doch einfach mitkommen?“, schlug Mary vor, doch da wiegelte ich bereits ab.
„Er will mich nicht sehen, schon vergessen?“
„Bei euch herrscht immer noch Funkstille?“ Mary sah mich ungläubig an. „Wie lange habt ihr denn nicht mehr miteinander gesprochen, ein halbes Jahr?“
„Kommt hin.“ Und ich vermisste Damian. Es war immer so locker und unbeschwert mit ihm gewesen. Ich war gern mit ihm zusammen. Aber mehr?
Abgesehen davon hätte Bastian das nie zugelassen.
Ich hatte Damian offen gesagt, woran er bei mir war. Und ich dachte, das sei okay für ihn. Er hatte doch gesagt, dass es okay für ihn sei.
Und dann sahen wir uns plötzlich kaum noch, schrieben nicht mehr, und wenn, dann nur kurz, liefen uns nicht mehr zufällig über den Weg, bis er plötzlich wie aus heiterem Himmel zu mir kam und mir eröffnete, dass er das nicht mehr konnte.
„Das wird schon wieder, er wird sich beruhigen“, riss mich Marys aufmunternde Stimme aus meinen Gedanken, die gerade drauf und dran waren, in düstere Gefilde abzudriften. Und da hatten sie heute Abend nichts verloren.
Ich versuchte, das schlechte Gewissen, das sich immer bei mir meldete, wenn ich an Damian dachte, abzustellen. Es war nicht fair von mir gewesen, noch mit ihm befreundet sein zu wollen, obwohl er Gefühle für mich hatte. Ich hätte mehr Rücksicht auf ihn nehmen sollen, hatte dabei nur an mich selbst gedacht. Das hatte ich mittlerweile eingesehen.
„Hier sind die Cocktaaaails“, rief Bea munter, als sie mit den ersten beiden Gläsern in der Hand ankam und danach noch mal schnell die anderen beiden von der Theke holte. „Und das hier ist dein Spezial-Cocktail, mit besten Grüßen von dem süßen Barkeeper.“ Gut gelaunt stellte sie ein orangefarbenes Getränk vor mich.
Ich nahm einen Schluck davon und ließ den Geschmack auf der Zunge zergehen. Überwiegend sauer, mit einer leicht süßlichen Note. Alkohol, dezent, nicht zu aufdringlich. Perfekt.
Lächelnd hob ich mein Glas in Richtung Barkeeper und nickte anerkennend, was er mit einer angedeuteten salutierenden Bewegung quittierte.
„Blair, Blair, Blair, was ist denn heute Abend in dich gefahren?“ Cassy sah mich mit einem überraschten Lächeln an.
„Gewöhnt euch besser nicht dran“, erwiderte ich zwinkernd. Heute fühlte ich mich danach – morgen würde ich schon wieder die ruhige, zurückhaltende Blair sein, die ich nun mal war. Und das war gut so.
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