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Alchemistin wider Willen (Die unglaublichen Fälle der Zoe Faust 1)

Gigi Pandian
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Roman

„Dieses Buch ist äußerst unterhaltsam zu lesen und enthält köstliche vegane Rezepte. Es ist der ideale Einstieg in eine mehrteilige Buchserie, die verspricht, spannend und humorvoll zu bleiben.“ - Bibliotheksnachrichten

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Alchemistin wider Willen (Die unglaublichen Fälle der Zoe Faust 1) — Inhalt

Alchemistin Zoe Faust hat aus Versehen den Stein der Weisen entdeckt und lebt nun schon seit dem 18. Jahrhundert. Gerade hat sie sich in Portland ein altes Farmhaus gekauft, als sie von einem verzweifelten Gargoyle aufgesucht wird, der dringend ihre Hilfe braucht und droht, Zoes Leben auf den Kopf zu stellen. Als kurz darauf ein Schreiner, der Zoes Haus renovieren soll, unter mysteriösen Umständen tot auf ihrer Veranda gefunden wird, muss Zoe alles dafür tun, ihr übernatürliches Geheimnis vor der Polizei zu verbergen – und zudem mit dem sympathischen Detective Max eine alte Mordserie lösen.

*** Mit zauberhaften Rezeptideen in jedem Buch! ***

Die unglaublichen Fälle der Zoe Faust:
Band 1: Alchemistin wieder Willen
Band 2: Geister der Vergangenheit

€ 18,00 [D], € 18,50 [A]
Erschienen am 27.07.2023
Übersetzt von: Michaela Link
400 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-70771-8
Download Cover
€ 14,99 [D], € 14,99 [A]
Erschienen am 27.07.2023
Übersetzt von: Michaela Link
400 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-60491-8
Download Cover

Leseprobe zu „Alchemistin wider Willen (Die unglaublichen Fälle der Zoe Faust 1)“

1

Das einst schöne Haus im Craftsman-Stil glich einer Ruine. Mehrere Fenster waren schludrig mit Brettern vernagelt. Ein Teil des Dachs fehlte, und eine ersatzweise über die Lücke gespannte Plastikplane musste nun stattdessen den Regen fernhalten, der hier so häufig aus Nordwest vom nahen Pazifik kam. Die Fassaden zeigten mehr rohes Mauerwerk als lavendelfarben gestrichenen Putz, und wie es um den Zustand im Inneren des Hauses bestellt war … Um es schmeichelhaft auszudrücken, hatten die Installationen schon bessere Tage gesehen – und ich war mir ziemlich [...]

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1

Das einst schöne Haus im Craftsman-Stil glich einer Ruine. Mehrere Fenster waren schludrig mit Brettern vernagelt. Ein Teil des Dachs fehlte, und eine ersatzweise über die Lücke gespannte Plastikplane musste nun stattdessen den Regen fernhalten, der hier so häufig aus Nordwest vom nahen Pazifik kam. Die Fassaden zeigten mehr rohes Mauerwerk als lavendelfarben gestrichenen Putz, und wie es um den Zustand im Inneren des Hauses bestellt war … Um es schmeichelhaft auszudrücken, hatten die Installationen schon bessere Tage gesehen – und ich war mir ziemlich sicher, dass diese besseren Tage nicht zum letzten Jahrhundert gehörten.

Mit anderen Worten: Es war perfekt.

Zumindest perfekt für das, was ich im Sinn hatte. Lächelnd betrachtete ich durch das Fenster meines Trailers den abgewirtschafteten Bau. Es war nicht leicht gewesen, dieses Haus im Künstlerviertel Hawthorne in Portland, Oregon, zu finden. Immobilienmaklern fiel es schwer zu begreifen, dass ich tatsächlich ein vollkommen heruntergekommenes Haus wollte.

Wahrscheinlich hatte ich diese Schwierigkeiten selbst verschuldet, weil ich sie nicht angelogen hatte. Ich hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass ich weder ein Renovierungsprofi war noch eine Immobilienspekulantin. Nein, ich war auch keine Masochistin, aber dabei hatte ich es bewenden lassen und sie in dem Glauben bestärkt, ich sei schlicht und einfach eine ledige junge Frau mit trendig weiß gefärbtem Haar und begrenzten Mitteln. Eine Frau, die Herausforderungen liebte. Ich hatte ihnen nicht auf die Nase gebunden, dass ich eine Immobilie benötigte, an der substanzielle Umbaumaßnahmen keine Aufmerksamkeit erregten – dass ich jemand war, der sich vor aller Augen deutlich sichtbar verstecken wollte.

Schon beim ersten Blick auf das Angebot eines geschäftstüchtigen jungen Immobilienmaklers – er hatte es mir sehr skeptisch und mit mindestens einem Dutzend Ausrufezeichen versehen per Mail zugesandt – wusste ich, dass ich nicht nur das für mich perfekte Haus, sondern dazu sogar noch den perfekten Allround-Handwerker gefunden hatte, dessen Diskretion von besagtem Immobilienmakler in höchsten Tönen gelobt worden war.

Der Handwerker wollte mich vor Ort treffen, um sicherzustellen, dass er meine ausgefallenen Vorstellungen korrekt umsetzte, und so kam es, dass ich während eines grimmigen Wintersturms in mein neues Haus einzog, an dem Tag, bevor er versprochen hatte, mit der Arbeit zu beginnen. Ich liebte den Regen, aber am meisten liebte ich ihn, wenn ich in dem warmen, gemütlichen Trailer der Marke Airstream saß, in dem ich seit Jahren lebte, und auf das rhythmische Trommeln der Tropfen auf dessen Dach lauschte.

Ich zog meinen Mantel enger um mich und schnappte mir eine Tasche mit einigen unverzichtbaren Dingen, bevor ich die wenigen Meter bis zum Haus hinüberrannte. Viel mehr, was ins Haus gebracht werden musste, hatte ich auch nicht dabei. Ich war in Massachusetts geboren und aufgewachsen, lebte aber schon seit langer Zeit in diesem alten, silberfarbigen Trailer. Die Hälfte des Platzes darin belegte der Trödel, den ich überall im Land auf Flohmärkten verkaufte. Die meisten Antiquitäten, die ich im Laufe der Jahre angesammelt hatte, befanden sich in einem Lager. An diesem Nachmittag sollte eine Spedition sie an meine neue Adresse liefern.

Nachdem ich meinen silbrigen Regenmantel auf einen rostigen Haken an der Haustür gehängt hatte, trug ich die Tasche in die Küche. Sie enthielt meinen Mixer, einen Kessel und einen Becher, einige Gläser mit getrockneten Kräutern, Bitterschokolade und eine Tüte mit Nüssen und anderen Lebensmitteln von einem zünftigen Landwirt, der auf dem Bauernmarkt dem Regen getrotzt hatte. Wie gesagt: das Unverzichtbare.

Das Wasser aus dem Hahn in der Küche, der aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammte, hatte eine gelbliche braune Farbe, aber ich ließ mich nicht beirren. Ein kleiner Schluck versicherte mir, dass es sich nur um Rost handelte. Etwas zusätzliches Eisen würde mir guttun. Trotzdem ließ ich das Wasser einige Minuten laufen, während ich in der Küche herumwerkelte. Diese bedurfte zwar dringend einiger kosmetischer Verbesserungen, war aber grundsätzlich solide ausgestattet. Der altehrwürdige Emailleherd war betriebsbereit und würde ein Schmuckstück sein, wenn ich ihn erst ein wenig sauber gemacht hatte. Der rosafarbene Kühlschrank war noch eins der Modelle, die sich in den 1950ern großer Beliebtheit erfreut hatten und die aussahen, als könnten sie auch einem Bombenangriff standhalten. Das Beste aber war das Fenster mit Blumenkasten über der Spüle – wie geschaffen für die Anzucht empfindlicher Kräuter. Mein Mixer explodierte auch nicht, als ich ihn an eine Steckdose anschloss, das war eindeutig ein gutes Zeichen. Ich bereitete mir einen grünen Smoothie aus frischem Blattgemüse, einem Apfel, einer Avocado, Pfefferminze, Bitterschokolade und Ingwer zu.

Mit meinem kräftigenden Getränk in der Hand, war ich bereit, mein neues Haus zu erkunden. Ich war bereits in allen Räumen gewesen, aber nun war es etwas anderes. Jetzt fühlte es sich real an. Ein Haus, das ich zu dem meinen machen, in dem ich mich einrichten konnte. Ich weiß nicht, wann ich mir das letzte Mal so viel Optimismus gestattet hatte. Ich war beinahe hoffnungsvoll. Beinahe.

Ich schüttelte die ausgeblichenen Vorhänge vor den hohen Wohnzimmerfenstern aus. Zweige von nicht gestutzten Kirschbäumen kratzten wie Krallen über die Fenster. Die Bäume mussten beschnitten werden, aber nicht zu stark – ich wusste die Privatsphäre zu schätzen, die sie mir verschafften.

Holzstufen knarrten unter meinen Schritten auf dem Weg die Treppe hinauf. Bevor ich die erste Etage erreichte, machte mich die Türklingel mit dem Eröffnungsmotiv von Beethovens Fünfter auf die Ankunft der Möbelpacker aufmerksam. Möbelpacker, die einen Sinn für die kleinen Freuden des Lebens haben – und keine Fragen zu den Dingen stellen, die sie einem ins Haus tragen –, sollte man zu schätzen wissen. Neben den Möbeln für das Haus und den Antiquitäten, die ich online verkaufte, handelte es sich auch um Kisten mit Glaskrügen, die niemand allzu genau untersuchen sollte.

Binnen einer Stunde hatte das effiziente Vater-Sohn-Gespann die schweren Möbel und Kisten hineingetragen, und ich hatte uns allen eine Kanne Pfefferminztee mit einer Prise Lakritz gemacht. Ich musste eigens zwei zusätzliche Tassen aus meinem Trailer beisteuern; ich war es nicht gewohnt, Gäste zu bewirten.

Nachdem die Möbelpacker sich verabschiedet hatten, ließ ich mich auf das mit grünem Samt bezogene Sofa fallen, das sich jahrelang in einem Lagerraum befunden hatte, und genoss das Plätschern des Regens. Die Atempause währte nicht lange. Sobald ich eine der Kisten aufgestemmt hatte, war mir klar, dass irgendetwas hier nicht stimmte. Jemand hatte sich an meinen großen Transportkisten zu schaffen gemacht.

Als Erstes fiel mir der Geruch auf. Ein metallischer Duft attackierte meine Sinne. Das Stemmeisen noch immer in der Hand, untersuchte ich das Chaos. Die Antiquitäten aus Glas und Kupfer, vormals sorgfältig in alte Zeitungen gewickelt, lagen jetzt unverpackt und ungeschützt in der Kiste. Dieser Zustand konnte nicht durch einen turbulenten Flug oder das immer mögliche Umkippen in der Kiste verursacht worden sein. Und eine genauere Inspektion ergab, dass nicht nur das schützende Zeitungspapier entfernt worden war, sondern auch mehrere Glasbehälter geöffnet worden sein mussten, denn die Deckel waren erkennbar schludrig neu versiegelt worden. Daher auch der metallische Geruch. Es bestand kein Zweifel, dass jemand die Kiste durchwühlt hatte.

Das Seltsame war, dass anscheinend nichts fehlte. Selbst das Glas, das eine kleine Menge Gold enthielt, war da. Als ich alle Gläser herausgeholt hatte, fand ich unter den zusammengeknüllten Zeitungen allerdings etwas, das jemand hinzugetan hatte.

Ein steinerner Gargoyle von knapp einem Meter Größe befand sich am Grund der Kiste, die bisher nichts als sorgfältig geordnete, antike alchemistische Artefakte enthalten hatte.

Instinktiv trat ich zurück. Wie war diese Statue in meine versiegelte Kiste gelangt? Und warum um alles in der Welt sollte jemand sie dort hineingelegt haben?

Ich lief zur Haustür hinaus, aber die Spediteure waren bereits abgefahren. Die Veranda gab unter meinen Füßen nach, und die klapprige Vordertür knallte in dem starken Wind hinter mir zu. Als ich den Türknauf drehte, um wieder hineinzugehen, brach das Ding in meiner Hand ab. Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, Zoe Faust.

Glücklicherweise war ein kräftiger Stoß alles, was die Tür brauchte, um sich zu öffnen. Zurück in meinem neuen Heim, ging ich wieder zu der Kiste, um sie genauer zu untersuchen. Der Gargoyle erinnerte mich an die Steinschnitzereien von Notre Dame in Paris. Die graue Kreatur sah dem berühmten „Denker-Gargoyle“ ähnlich mit seinen kurzen Hörnern und angelegten Flügeln. Der Unterschied war, dass dieser Gargoyle ein altes, in Leder gebundenes Buch in den Armen hielt. Das war seltsam. Ich hätte erwartet, dass jedes zusätzliche Detail aus Stein gemacht sein würde. Mit diesem echten Buch mit dem Ledereinband hätte ich nicht gerechnet. Ich konnte die Art des Steins nicht einordnen, aus der der Gargoyle gehauen worden war. Granit? Sandstein? Oder vielleicht weicherer Speckstein? Die Substanz war anders als alle Steine, die ich je gesehen hatte. Ich beugte mich vor, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. Da war etwas …

Der Gargoyle blinzelte.

Ich schloss die Faust fester um das Stemmeisen, stolperte zurück und fiel auf das große Sofa.

Mit dem vertrauten Polster unter dem Hintern lachte ich erst einmal über mich selbst. Ich hatte im Laufe meines Lebens eine erkleckliche Anzahl von Zaubervorführungen gesehen. Ich wusste, was es mit diesem Gargoyle auf sich hatte. Dergleichen war vor über einem Jahrhundert eine populäre Attraktion gewesen: ein Automat.

„Du bist der am besten aussehende Roboter, der mir je untergekommen ist“, bemerkte ich.

Die Schultern des Gargoyles bewegten sich, als recke er sich. Es war ein wunderbar konstruiertes Stück. Er musste so entworfen worden sein aufzuwachen, wenn Licht auf ihn fiel. Ein guter Trick für die Bühne.

„Ich bin kein Automat“, erklang eine tiefe Stimme aus der Maschine. Er – denn seine Stimme übermittelte mir, dass er männlich war – kletterte aus der Kiste auf den Dielenboden.

Ich schnappte nach Luft und fiel von der Sofakante. Autsch.

Ich hatte kunstvolle Automaten gesehen, die Bühnenzauberer erschaffen hatten. Keiner war so weit fortgeschritten gewesen wie dieser. Wenn ich meinen Augen getraut hätte, hätte ich geschworen, dass er lebendig war. Aber andererseits hatte die Technologie Fortschritte gemacht, seit Automaten im neunzehnten Jahrhundert bei Bühnenshows so beliebt gewesen waren. Ein berühmtes Beispiel für einen frühen Automaten war Der Türke, eine schachspielende Maschine, die riesige Menschenmengen angelockt hatte, um ihr beim Schachspiel gegen berühmte Spieler zuzusehen. Automaten waren eine Kombination aus technischer Zauberei und Bühnenkunst, und die berühmtesten Automaten wurden von menschlichen Helfern unterstützt. Auf keinen Fall war eine Person mit dieser Kreatur in der Kiste, daher musste er komplett mechanisiert sein.

„Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?“, sagte die Kreatur und verneigte sich vor mir. „Ich wollte Sie nicht erschrecken. Gestatten Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin Dorian Robert-Houdin.“ Er sprach Englisch mit einem starken französischen Akzent.

Ich riss mich zusammen und stand auf. „Entweder ich werde verrückt oder dein Schöpfer hatte einen schelmischen Humor. Eine Aufnahme seiner Stimme einzubauen …“

Ich brach ab, als der Gargoyle, der sich Dorian Robert-Houdin nannte, mich abermals anblinzelte. Die Wirkung war ziemlich beunruhigend. Seine Lider sahen aus wie Granit, aber die Augen selbst waren wie eine gallertartige, schwarze Substanz.

„Ich versichere Ihnen“, sagte er, „dass ich kein Roboter oder Automat bin, und genauso wenig verlieren Sie den Verstand.“

Die meisten Leute wären schreiend aus dem Raum gerannt, wenn sie einen gehenden, redenden Gargoyle aus ihrer Lagerkiste hätten auftauchen sehen. Ich gestehe, ich war überrascht, aber ich hatte in meinem Leben vieles gesehen. Ich ließ mich nicht beirren und warf einen genaueren Blick auf die Kreatur, in dem Bemühen, einen Beweis dafür zu finden, dass es sich dabei um einen unglaublich fortschrittlichen Roboter handelte. Ich sah nichts dergleichen. Alles, was ich vor mir sah, war ein Geschöpf, das genauso lebendig zu sein schien wie ich. Es waren nicht nur die Runzeln in seiner grauen Haut und die Abwesenheit sichtbarer mechanischer Teile – es war der Geist, der sich in seinen Augen zeigte.

Und mein Erschrecken und meine Verwirrung wurde von einem weiteren Gefühl überlagert: Enttäuschung. Es war ein Gefühl, das ich gut kannte. Portland sollte meine Chance auf ein normales Leben werden. Ich war viel zu lange auf Reisen gewesen. War davongelaufen. Ich war müde. Bereit, sesshaft zu werden. Mein Trailer war jahrelang meine Zuflucht gewesen, während ich kreuz und quer durchs Land gezogen war, ohne jemals zu lange an einem Ort zu bleiben. Aber als ich im vergangenen Jahr durch Portland gefahren war, hatte die Stadt mich angesprochen. Sie wies all das auf, was mir wichtig war. Jede Menge Grün, einen uralten Fluss, klares Wetter und vor allem herzliche Menschen – von denen ich vermutete, dass viele verwandte Geister sein könnten. Dass ich mich in Portland sofort heimisch gefühlt hatte, war mir zu schön erschienen, um wahr zu sein. Und vielleicht stimmte das. Das hier war der letzte Ort auf Erden, an dem ich erwartet hätte, eine Kreatur zu finden, die eigentlich nicht existieren sollte.

„Sicher wissen Sie, was ich bin“, fuhr der Gargoyle fort, „als Alchemistin.“

Das Wort traf mich mit mehr Wucht als ein Schlag.

Habe ich erwähnt, dass man bei meiner Geburt in Massachusetts das Jahr 1676 schrieb? Ich lebte schon seit einer ganzen Weile. Aber nicht einmal meine vielen Jahre hatten mich auf das vorbereitet, was ich in Portland finden sollte.


2

Alchemistin zu sein ist nicht so glamourös, wie es sich anhört. Blei in Gold verwandeln? Es ist eine mühsame, durch und durch erschöpfende Prozedur, die zu wiederholen unglaublich schwierig ist. Ein längeres Leben führen? Nicht ohne unangenehme Konsequenzen wie zum Beispiel die, dass man jeden geliebten Menschen überlebt und die Wirkung vieler Jahre ungesunder Lebensführung zu spüren bekommt.

Alchemie hat für verschiedene ihrer Jünger unterschiedliche Bedeutungen, aber in ihrem Kern geht es um Verwandlung, die nach Perfektion strebt. Es ist eine persönliche Reise, zu der es gehört, sich selbst zu verwandeln, während man Pflanzen oder Metalle verwandelt. Die Entdeckung des Steins der Weisen, um Gold zu erschaffen, und das Elixier des Lebens, um ewig zu leben, sind die berühmtesten Ziele von Alchemisten, aber das sind nur zwei Teile eines weitaus größeren Ganzen.

Es ist ein einsames Leben. Weil es so wenige von uns gibt, die Erfolg dabei hatten, das wahre Potenzial der Alchemie zu erkennen, und weil wir gesehen haben, was im Laufe der Jahrhunderte anderen Alchemisten widerfahren ist, sind wir gezwungen, das Ausmaß unserer alchemistischen Verwandlungen geheim zu halten.

Es ist nicht so schlimm wie während der Hexenprozesse von Salem, als Missverständnisse Konsequenzen nach sich zogen, die viel schlimmer waren als Hasskommentare auf Facebook. Die Gesellschaft hat seither einen weiten Weg hinter sich gebracht, aber noch immer haben Menschen Angst vor dem, was sie nicht verstehen. Die Menschen, die ich auf meinen Reisen kennengelernt habe, finden es wunderbar, dass ich Kräuter benutzen kann, um gesunde Elixiere herzustellen, die ihre Gebrechen heilen. Genauso wie sie es großartig finden, wenn ich ihnen dekorative alchemistische Reliquien verkaufe. Aber wenn ich ihnen von meiner tieferen Verbundenheit mit Pflanzen erzähle, von meiner Fähigkeit, Gifte aufzuspüren, und der Tatsache, dass ich all das vor über dreihundert Jahren zum ersten Mal getan habe? Dann ergreifen sie die Flucht und verständigen eventuell einen Psychiater. Ich habe gelernt, Menschen nicht die ganze Wahrheit zu sagen. Das ist besser für alle Beteiligten. Deshalb war ich nun doppelt beunruhigt – darüber, dass ein lebendiger Gargoyle in meinem neuen Zuhause stand und dass er kundtat, wer ich wirklich war.

Die Blicke der Kreatur folgten mir, als ich einige langsame Schritte zurücktrat und mich an die Wand lehnte, um meinen zitternden Beinen Halt zu geben.

„Woher weißt du von mir?“, fragte ich. „Warum sagst du, ich sei eine Alchemistin?“

Dorian verbeugte sich abermals. Diesmal breitete er dabei die Flügel aus. Auch sie wirkten optisch wie aus Stein, bewegten sich aber wie die Flügel eines Vogels oder einer Fledermaus.

Es hatte aufgehört zu regnen, zumindest für den Moment, aber draußen ließ ein frischer Wind die Äste der Bäume im Garten rascheln, und sie kratzten erneut über die Wohnzimmerfenster. Dorian, der im Schatten der Kiste stand, legte den Kopf schräg und betrachtete mit schmalen Augen die Fenster.

„Ziehen Sie die Vorhänge zu“, sagte er. „Dann können wir ungestörter reden.“

Ich behielt die Kreatur im Blick, als ich mich aufrichtete, um die fadenscheinigen Vorhänge zuzuziehen. Irgendwie dachte ich, dass er verschwinden würde, wenn ich ihn aus den Augen ließ.

„Sie brauchen sich mir gegenüber nicht zu verstellen“, sprach er weiter. „Außerdem verraten Sie sich ohnehin, Alchemistin. Es scheint Sie nicht weiter zu überraschen, einen lebendigen Gargoyle in Ihrem Gepäck vorzufinden.“

„Du findest, es sieht nicht nach Überraschung aus, wenn jemand vom Sofa fällt?“

„Sie sitzen hier und sprechen mit mir“, wandte er ein. „Das ist mehr, als die meisten Menschen bei meinem Anblick tun würden.“

„Du hattest das Glück, dich in der Kiste einer aufgeschlossenen Person zu verstecken.“

Der Gargoyle verdrehte die Augen. Anscheinend war das eine universelle Geste, um Genervtheit auszudrücken. Oder vielleicht wurde ich wirklich langsam verrückt.

„Zoe“, begann er. „Ich habe Ihre Apotheke in Paris gekannt, das Elixier.“

„Du meinst den Laden meiner Großmutter?“ Vielleicht erklärte das die Situation. Nun, soweit es erklärlich war, einen redenden Gargoyle in seinem Wohnzimmer zu haben. „Ich habe eine großartige Sammlung historischer alchemistischer Instrumente, die sie mir hinterlassen hat, wie du gewiss gesehen hast, als du meine Transportkiste durchwühlt hast. Ich verkaufe Dinge wie diese Antiquitäten, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.“

„Mon Dieu“, sagte Dorian. „Ich weiß, dass Sie dieselbe Person sind wie die junge Frau von vor einem Jahrhundert, die angeblich Ihre Großmutter sein soll.“

„Das ist doch lächerlich“, entgegnete ich und hoffte, dass meine zitternde Stimme mich nicht verriet.

„Wenn Sie nicht darauf vertrauen wollen, dass Ihr Geheimnis bei mir sicher aufgehoben ist, können Sie mir zumindest etwas zu essen geben. Haben Sie etwas zu essen im Haus? J’ai faim. Diese Kiste war viel länger im Transit, als ich erwartet habe. Entschuldigen Sie, dass ich deshalb Ihre Sachen durchsucht habe. Ich hatte gehofft, etwas Essbares zu finden.“

„Du isst normales Essen?“

„Aber natürlich.“

Etwas an der Bemerkung des Gargoyle darüber, welchen Hunger er habe, machte mir die Absurdität der Situation erst richtig klar. Ich schaute mich in dem weitläufigen Wohn- und Esszimmer um, das leer war bis auf Transportkisten, ein grünes Samtsofa, einen Couchtisch aus Mangoholz und einem eichenen Esstisch mit dazugehörigen Stühlen. Ich erwartete halb, dass ein Franzose mit einer Fernbedienung hinter dem Sofa hervorsprang und mir sagte, das Ganze sei ein Streich für eine Reality-TV-Show.

„Was bist du?“, fragte ich. Der Gargoyle war noch größer, als ich ursprünglich gedacht hatte. Er maß einen guten Meter und war damit etwa sechzig Zentimeter kleiner als ich mit meinen eins fünfundsechzig, und er sah genauso real aus wie ich.

„Ich würde denken, dass das offensichtlich ist“, entgegnete er. „Je suis un gargouille – ein Gargoyle. Wie gesagt, mein Name ist Dorian. Ich bin nicht weniger lebendig als Sie.“

Die Erheiterung, die mich eben noch erfüllt hatte, verebbte, und an ihre Stelle trat Furcht.

„Du bist ein Homunkulus“, flüsterte ich. Es kümmerte mich nicht mehr, was ich vor der Kreatur sagte, auch wenn ich damit zugab, eine praktizierende Alchemistin zu sein. Die Wahrung meines Geheimnisses war jetzt das geringste meiner Probleme. Es war viel gefährlicher, ein solches Geschöpf in meinem Haus zu haben als einen noch so fortschrittlichen Roboter – denn er hatte einen Geist, der von ferne kontrolliert wurde. Niemand außer der Person, die einen Homunkulus erschaffen hatte, konnte ihn deaktivieren oder töten.

Es gab Gerüchte über Alchemisten, denen es gelungen war, einen Homunkulus zu erschaffen – ein lebendiges Wesen, das aus einem unbelebten Gegenstand heraufbeschworen worden war –, aber keins der Gerüchte hatte sich jemals als wahr erwiesen. Es waren entweder Geschichten von Männern, die mächtiger erscheinen wollten, als sie tatsächlich waren, oder es handelte sich um Legenden, dazu ersonnen, Menschen dazu zu bringen, Alchemisten zu fürchten. Es konnte einfach nicht sein …

„Mein Vater hat das anders gesehen“, antwortete er beiläufig, als sei dies ein ganz normales Gespräch.

„Dein Vater?“

„Der Mann, der mich großgezogen und mich versorgt hat. So jemanden bezeichnet man als Vater, oder?“

„Ja, aber wie …“

„Es gibt viel zu erzählen, doch ich habe Hunger“, jammerte er.

„Aber warum bist du überhaupt hier?“, fragte ich. „Was hast du in meiner Umzugskiste zu suchen gehabt?“

„Sie waren nur so kurze Zeit in Paris“, entgegnete Dorian Robert-Houdin und schaute zu mir auf. „Sie waren nur dort, um Ihre Lagereinheit auszuräumen. Dadurch ist mir keine Zeit geblieben, um mit Ihnen über mein Buch zu sprechen.“ Er hob das antike Buch, das er in seinen krallenbewehrten Händen hielt. „Ich versichere Ihnen, dass ich kein Homunkulus bin. Ich habe, wie Sie sehen, einen eigenen Verstand. Sie haben nichts zu befürchten.“

Obwohl ich nicht wusste, wieso mich das Wissen, dass er seinen eigenen Verstand hatte, trösten sollte, blieb mir keine Zeit, länger über die Angelegenheit nachzudenken. Aus der Richtung, in der die Küche lag, ertönte ein Krachen. Die Schwingtür wurde aufgestoßen, und ein magerer Junge stolperte ins Zimmer und fiel.

Dorians schwarze, glänzende Augen traten aus ihren Höhlen, und er huschte zurück in seine Kiste.

Lang ausgestreckt auf dem Dielenboden lag ein Junge, den ich auf etwa dreizehn oder vierzehn schätzte. Lockiges, schwarzes Haar klebte an den Seiten seines Gesichtes, angeklatscht vom Regen eben. Er suchte meinen Blick, als er sich hochstemmte. Seine haselnussbraunen Augen ähnelten denen eines in die Enge getriebenen Tieres – Trotz, der Furcht kaschieren sollte.

Statt des Ärgers über die Erkenntnis, dass er uns von seinem Platz hinter der Schwingtür zur Küche ausspioniert hatte, war mein erster Gedanke Sorge. Über den Unterarm des Jungen lief Blut.

„Du bist verletzt“, sagte ich.

„Es geht mir gut“, stammelte er mit brechender Stimme und umklammerte seinen blutenden Arm.

„Ich hole etwas, um die Wunde zu verbinden. Dann kannst du mir erzählen, warum du in meinem Haus bist und gelauscht hast …“

„Es geht mir gut“, wiederholte er, „und ich habe nichts gesehen.“ Er stand noch einen Augenblick regungslos da, dann rannte er zurück zu der Schwingtür in die Küche.

Er war schnell, aber Dorian war noch schneller. Der Gargoyle sprang aus seiner Kiste und packte den Jungen am Bein.

„Tu mir nichts!“ Der Junge versuchte, Dorian abzuschütteln, aber die kleine Kreatur war stark.

„Mon Dieu“, sagte Dorian. „Wir werden dir nichts tun. Aber du musst uns dein Ehrenwort geben, dass du nicht von dem sprechen wirst, was du gesehen hast.“

„Ich schwöre, dass ich nichts sagen werde.“ Der Junge zappelte weiter, aber Dorians Griff war unbarmherzig.

„Wie heißt du?“, fragte ich.

Der Junge funkelte mich an.

„Was denkst du, das du gesehen hast?“, hakte ich nach. „Ich habe meinen Roboter ausgepackt …“

„Nichts“, unterbrach er mich schnell. „Ich habe überhaupt nichts gesehen.“

„Der Junge ist nicht dumm“, warf Dorian ein. „Es ist offensichtlich, dass ich kein Roboter bin.“

„Ich bin kein Junge“, protestierte er und entriss ihm den Arm. Diesmal ließ Dorian ihn los. „Ich bin vierzehn. Und ich werde einfach …“

„Lass mich deine Wunde reinigen“, bat ich.

„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es mir gut geht.“

„Nein, es geht dir nicht gut“, widersprach ich. „Außerdem bist du in mein Haus eingebrochen.“

Er erbleichte. „Sie dürfen nicht die Cops rufen. Dieses Haus steht leer. Ich tue nichts Unrechtes.“

„Wie du sehen kannst“, antwortete ich, breitete die Arme aus und schaute von dem Samtsofa im Raum zu den Kisten hinüber, „bin ich die neue Besitzerin. Wie bist du reingekommen?“

Er schaute zu Boden.

„Behalt ihn im Auge“, wies ich Dorian an.

Ich streckte den Kopf in die Küche. Eines der Fenster war mit Gewalt geöffnet worden. Ein Blutfleck bedeckte den verrosteten Riegel.

„Dieser Fensterriegel ist keinesfalls unbedenklich“, erklärte ich dem Jungen. „Ich will diese Schnittwunde säubern.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte mich an, versuchte aber nicht wegzulaufen.

„Ich bin gleich wieder da“, beteuerte ich.

Ich ging in meinen Trailer, um eine Salbe zum Desinfizieren und einen Verband zu holen. Es dauerte einige Minuten, und als ich zurückkam, saßen Dorian und der Junge im Schneidersitz vor dem gemauerten Kamin. Sie musterten einander skeptisch und waren offensichtlich zu einer friedlichen Koexistenz gelangt.

„Zeig mir deinen Arm.“ Ich nahm seine Hand in meine.

Er trug einen schwarzen Hoodie, den er sich bis zu den Ellbogen hochgeschoben hatte. Das Blut von seiner Schnittwunde hatte das Bündchen durchweicht. Er zuckte zusammen, als ich die Schnittwunde reinigte und eine Kräutersalbe aus Schafgarbe und Aloe auftrug. Obwohl der Junge mager war, waren seine Hände stark. Seine Fingerspitzen waren schwielig, als spielte er ein Saiteninstrument. Ich fragte mich, welches das wohl sein mochte. Ich konnte ihn mir nicht in einem Schulorchester vorstellen, aber wenn ich eins im Laufe der Jahre gelernt hatte, dann, dass Menschen einen immer wieder überraschten.

„Warum bist du eingebrochen?“, fragte ich.

„Das habe ich Ihnen doch gesagt“, antwortete er. „Dieses Haus hat bis jetzt leer gestanden. Wir haben den Trailer in der Einfahrt gesehen.“ Er zuckte die Achseln. „Wir wollten wissen, wer wohl in ein Spukhaus ziehen würde.“

Dorian verdrehte seine kleinen, schwarzen Augen.

„Deine Freunde sind bei dir?“, fragte ich. Diese Situation wurde immer schlimmer und schlimmer.

„Sie sind unten an der Straße geblieben. Keiner von ihnen war mutig genug …“

„Du bist wegen einer Mutprobe hier?“

Wieder funkelte er mich an. Darin schien der Junge eine Menge Übung zu haben.

„Weißt du, sie werden dir nicht glauben“, sagte ich.

Von der Tür erklang ein kräftiges Klopfen.

„Mon Dieu!“, rief Dorian. „Was ist das hier, une fête?“

„Vielleicht solltest du …“

„Oui“, unterbrach mich Dorian. Aber statt zurück in die Kiste zu klettern, trat er neben den Kamin. Nachdem er kurz die Schultern gereckt hatte, stand er so regungslos da, dass ich hätte schwören können, er sei ein steinerner Gargoyle, genauso solide und unbeweglich wie eins dieser Dekorationsstücke für den Garten.

„Könnten das deine Freunde sein?“, fragte ich den Jungen.

Er schüttelte mit sichtlicher Verwirrung den Kopf. „Sie würden nicht …“

„Polizei“, erklang eine tiefe Stimme von der anderen Seite der Tür. „Kann ich mit Ihnen sprechen?“

Was hatte die Polizei an meiner Tür zu suchen? Mein Puls beschleunigte sich, während Erinnerungen zurückfluteten. Ich war nicht allein in meiner Reaktion. Die Augen meines jungen Eindringlings weiteten sich.

Der Junge stand nervös hinter mir, als ich die Tür öffnete und einen attraktiven Mann mit dunkelbraunen Augen sah, der auf meiner klapprigen Veranda wartete. Statt einer Polizeiuniform trug er dunkelblaue Jeans, einen eng anliegenden schwarzen Pulli und eine Jacke. Neben ihm standen zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte ich in der Hoffnung, dass ich nicht so nervös klang, wie ich mich fühlte.

Mein verletzter Eindringling stöhnte und schob sich noch weiter hinter mich.

„Ich bin Detective Liu“, stellte der Mann sich vor. „Max Liu. Diese beiden haben sich Sorgen um ihren Freund gemacht, Brixton. Sie haben gesagt, sie hätten gesehen, wie er …“ Er brach ab und räusperte sich.

„Lassen Sie mich raten“, erwiderte ich. „Sie wollten sagen, die beiden hätten ihn in das Spukhaus des Viertels verschwinden sehen.“ Das Haus war jahrelang unbewohnt gewesen, aufgrund einer juristischen Schlacht zwischen der Familie und der älteren Frau, die hier gelebt hatte. Auf diese Weise war es in seinen gegenwärtigen heruntergekommenen Zustand geraten. Ich kannte die Geschichte von dem Immobilienmakler, aber für alle anderen im Viertel, die das größte Haus des Blocks aus unbekannten Gründen hatten leer stehen sehen, ergaben Gerüchte über Geister absolut einen Sinn.

„Bingo.“ Der Detective zog eine Braue hoch und sah Brixtons Freunde an.

Das Mädchen zuckte verlegen die Achseln. „Brixton hat gesagt, er würde sofort zurückkommen. Er ist nicht aufgetaucht, also habe ich ihm eine Nachricht geschickt, und ich habe immer noch keine Antwort …“

„Er ist hingefallen und hat sich den Arm verletzt“, meldete ich mich zu Wort. „Er hat eine böse Schnittwunde, und ich habe ihm geholfen, sie zu säubern.“

„Hat er Sie belästigt?“, fragte Detective Liu, und ein kalter Windstoß drückte den Kragen seiner Jacke hoch. „Ist er unbefugt bei Ihnen eingedrungen?“

„Er hat lediglich seiner neuen Nachbarin Hallo gesagt. Ich bin Zoe.“ Ich hielt inne, um dem Detective die Hand zu schütteln. Trotz der kühlen Luft war seine Hand warm. Und da war noch etwas … ein schwacher Lavendelduft wehte mir von seiner Hand entgegen, zusammen mit einer anderen Pflanzenessenz, die ich nicht einordnen konnte. Die Wirkung war vertraut und tröstend. „Wollen Sie hereinkommen? Es wird langsam kalt draußen.“

„Das ist noch gar nichts“, sagte er und trat ein. „Ich nehme an, Sie stammen nicht aus Portland.“

„Ich habe schon an viel kälteren Orten gewohnt, aber ich weiß Wärme immer zu schätzen.“ Ich hielt inne, als mir bewusst wurde, dass ich keinerlei Ausweispapiere von Detective Liu gesehen hatte. Er machte nicht den Eindruck eines typischen Polizeibeamten. Was nicht nur an der Tatsache lag, dass er nicht wie ein solcher gekleidet war. Ich habe Detectives in vielen Gegenden und Ländern kennengelernt. Max Liu war anders als diese Polizisten. Er war gleichzeitig zugeknöpft und offen. Als ich ihm bei unserem Händedruck in die Augen gesehen hatte, hatte ich ein ganz starkes Gefühl, dass er gleichzeitig freundlich war und ein belastendes Geheimnis verbarg.

„Sie haben sich als ›Detective‹ vorgestellt“, fügte ich hinzu. „Ist es nicht ein wenig übertrieben, einen Detective zu schicken, weil ein Vierzehnjähriger beschlossen hat, für ein paar Minuten sein Handy auszuschalten?“

„Ich wohne hier in der Gegend“, antwortete er, griff in seine Tasche und holte seine Marke hervor. „Die Kinder haben mich in dem Teeladen unten an der Straße gefunden.“

„Ich habe das Haus hier im vergangenen Monat gekauft“, berichtete ich, „und bin heute eingezogen.“

„Warum?“, fragte das Mädchen neben Detective Liu. Sie starrte mich an und ignorierte ihren Freund, der ihr einen Ellbogen in die Seite stieß. Selbst mit flachen Ballerinas war sie etliche Zentimeter größer als beide Jungen. Sie war wunderschön, aber ihre Haltung verriet mir, dass sie es selbst nicht so sah. Sie war noch nicht dahintergekommen, wie sie ihre langen Gliedmaßen anmutig bewegen konnte.

Ihr Freund machte den Mund nicht auf. Mit einem weißen T-Shirt, einer Lederjacke und einem Ausdruck auf seinem Gesicht, der sagte, ich bin der coole und schweigsame Typ, sah er aus, als sei er direkt einem Film aus den 1950er-Jahren entsprungen. Aber mir machte er nichts vor. Seine forschenden Blicke verrieten eine Neugier, die noch größer war als die des Mädchens.

„Ich liebe Herausforderungen“, sagte ich – aber die Worte wurden von einem Krachen über uns übertönt. Ich verspannte mich und warf einen verstohlenen Blick auf Dorian, der stocksteif als sein steinernes Ich neben dem Kamin stand. Es war nicht Dorian, der oben war.

Das Mädchen schrie. Brixton zuckte zusammen. Der andere Junge tat vor Überraschung das Gleiche, dann wand er sich bei der Erkenntnis, dass das gar nicht cool von ihm gewesen war.

„Sollten Sie nicht nachsehen, wer da oben ist?“, fragte Max Liu.

„Außer mir ist hier niemand“, versicherte ich ihm.

Bevor ich das letzte Wort ausgesprochen hatte, lief der Detective bereits die Treppe hinauf.

„Bleiben Sie unten“, rief er zu uns herunter.

„Noch ein Freund?“, fragte ich die Kinder.

Sie schüttelten einmütig den Kopf.

Ich folgte dem Detective die Treppe hinauf. Was war da los? Hatte ich in meinen Kisten einen weiteren blinden Passagier?

„Miss“, sagte Detective Liu, der aus dem Hauptschlafzimmer geeilt kam und mir fast einen Herzinfarkt bescherte. „Sie sollten nicht hier oben sein, während ich …“

„Ich weiß, was los ist“, unterbrach ich ihn und schob mich an ihm vorbei.

Er folgte mir, als ich mich hinhockte und ein Sperrholzbrett hochhob.

„Das hier“, erklärte ich, „war früher am Rahmen dieses zerbrochenen Fensters angebracht. Der Wind muss es gelockert haben.“

Der Detective stöhnte.

„Tut mir leid, dass ich Ihnen Sorgen bereitet habe, Detective“, entschuldigte ich mich.

„Max“, korrigierte er mich. „Da wir gemeinsam ein unberechenbares Stück Sperrholz geschnappt haben, finde ich, Sie können mich Max nennen.“

„Tut mir leid, Max.“ Ich versuchte, die Wirkung zu ignorieren, die seine Stimme auf mich hatte, während ich das Stück Holz wieder in den Fensterrahmen zwängte. Das dünne Holz hatte sich verzogen und weigerte sich, zu bleiben, wo es hingehörte.

„Sie wohnen bereits hier?“

„Morgen kommt in aller Frühe ein Handwerker, um diese Dinge in Ordnung zu bringen.“

Brixton und seine Freunde erschienen in der Tür.

„Falscher Alarm“, sagte ich.

„Das Haus hat sich von allein bewegt?“, fragte das Mädchen. „Gruselig.“

„Eigentlich nicht.“ Ich hielt das verzogene Stück Holz hoch.

„Komm, Veronica“, schaltete Max sich ein. „Wir sollten unsere neue Nachbarin in Frieden lassen, damit sie ihr Haus in Ordnung bringen kann.“

„Viel Glück dabei“, sagte Veronica mit einem schüchternen Lächeln.

Ich erwiderte ihr Lächeln. Mein Lächeln war aufrichtig, aber ich fragte mich gleichzeitig auch, was ich mit Brixton machen sollte. Ich konnte nicht zulassen, dass er Max Liu von Dorian erzählte, sobald sie gegangen waren. Brixton wusste, dass er Ärger bekommen konnte, wenn ich dem Detective verriet, dass er eingebrochen war. Zum Beweis dafür hatte ich schließlich den verdammten Riegel. War das genug? Ich würde kein Risiko eingehen.

„Ich weiß, dass im Haus noch viel zu tun ist“, begann ich. „Deshalb war ich auch so dankbar, dass Brixton mir angeboten hat, mir bei dem Unkraut im Garten zu helfen. Hab ich nicht recht, Brixton?“

Brixton bekam einen plötzlichen Hustenanfall.

„Morgen nach der Schule?“, schlug ich vor und klopfte ihm auf den Rücken.

Brixton schaute zwischen mir und dem Detective hin und her und nickte. Wie war es möglich, dass der Blick eines Vierzehnjährigen derart argwöhnisch sein konnte?

Ein Gargoyle, ein Strolch und ein Detective. Und ich hatte noch nicht einmal einen ganzen Tag in meinem neuen Haus verbracht.

Über Gigi Pandian

Biografie

Gigi Pandian ist USA Today-Bestsellerautorin und Mitbegründerin der Crime Writers of Color. Als Tochter zweier Kulturanthropologen aus New Mexico und der Südspitze Indiens hat sie ihre Kindheit auf Recherchereisen durch die ganze Welt verbracht. Heute lebt sie in Kalifornien. Ihre Mysteryromane...

Kirsch-Walnuss-Haferkekse (vegan)

Zubereitungszeit: Weniger als 30 Minuten | Ergibt 12 Kekse

Zutaten
Trockene Zutaten: 1 Tasse zarte Haferflocken • ¾ Tasse Vollkornmehl • ¼ Tasse Kokoszucker oder brauner Zucker • 2 TL Backpulver • 1 TL Natron • ¼ TL Meersalz
Flüssige Zutaten: ¼ Tasse Ahornsirup • ⅓ Tasse Olivenöl Restliche Zutaten • 1½ TL Instant-Vanille • ⅓ Tasse gehackte Walnüsse • ⅓ Tasse ungesüßte getrocknete Sauerkirschen
(oder Schokoladenflocken oder irgendein anderes Trockenobst, zum Beispiel Cranberrys)
Tipp: Wer keine getrockneten Sauerkirschen mag, sollte sie hier dennoch einmal probieren, denn die Kombination mit ihrem Aroma ergibt die besten Kekse.

Zubereitung
Ofen auf 175 Grad vorheizen. Trockene Zutaten in großer Schüssel mischen, die anderen in einer kleineren. Die flüssige Mischung in die trockene einrühren, die restlichen Zutaten unterheben.
Teig zu 12 Kugeln formen und in etwa 5 cm Abstand voneinander auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech verteilen. Backzeit ungefähr 12 Minuten.

Pressestimmen
Bibliotheksnachrichten

„Dieses Buch ist äußerst unterhaltsam zu lesen und enthält köstliche vegane Rezepte. Es ist der ideale Einstieg in eine mehrteilige Buchserie, die verspricht, spannend und humorvoll zu bleiben.“

schreiblust-leselust.de

Die Dialoge sind humorvoll geschrieben, der ganze Schreibstil sticht durch seinen Witz hervor und wer hätte gedacht, dass magische Sidekicks nochmal ganz neu erfunden werden könnten, ohne langweilig zu werden?«

StadtRadio Göttingen „Book's n' Rock's“

„Mit ihrer lockeren Schreibweise, den lustigen Dialogen und der spannenden Story ist ihr Roman eine zauberhafte Mischung aus Cosy Fantasy und Murder Mystery.“

Börsenblatt

„Ein packender Mix aus Phantastik und Krimi.“

phantastiknews.de

„›Alchemistin wider Willen‹ ist eine wunderbar versponnene, witzige und abenteuerliche Geschichte mit fabelhaft schrägen Charakteren!“

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