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In der Hitze eines Sommers

In der Hitze eines Sommers - eBook-Ausgabe

Emma Flint
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In der Hitze eines Sommers — Inhalt

„Das subtile Porträt einer Frau in der Krise und der Männer, die sie verurteilen.“ The Times

Sommer 1965, die Straßen New Yorks flimmern in der Hitze. Eines Morgens findet die alleinerziehende Ruth Malone das Zimmer ihrer beiden kleinen Kinder leer vor, das Fenster steht offen. Schnell wird Ruths eigenwilliger Lebensstil – die provokante Kleidung, das perfekt geschminkte Gesicht, die Kontakte zu Männern – ihr zum Verhängnis. Angeheizt durch Spekulationen aus der Nachbarschaft, zieht die Polizei einfache Schlüsse.
Auch Boulevardreporter Pete Wonicke, für den der Fall die erste große Story ist, verurteilt Ruth zunächst. Doch je länger er recherchiert, desto klarer sieht er das falsche Spiel der Presse und die frauenverachtenden Machenschaften der Polizei. Bald schon beginnt Pete, an allem zu zweifeln, was er zu wissen glaubte.

Ein hochgelobter, aufwühlender Gesellschaftsroman nach einer wahren Begebenheit. 

„Ein beeindruckendes, schmerzhaft schönes Debüt! Dieser atemberaubende Roman handelt von tieferen sozialen Fragen nach Mutterschaft, Moral und nach vorschnellen Urteilen.“ Publishers Weekly

Emma Flint ist Absolventin des Schreibprogramms der Faber Academy in London. Schon seit ihrer Kindheit liest sie reale Verbrechensberichte und entwickelte über die Jahre ein enzyklopädisches Wissen über wahre Mordfälle und berüchtigte historische Persönlichkeiten sowie eine Faszination für unkonventionelle Frauen – vergangene, gegenwärtige und fiktive. Flint lebt und arbeitet in London.

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 31.08.2020
Übersetzt von: Susanne Keller
448 Seiten
EAN 978-3-492-99564-1
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Leseprobe zu „In der Hitze eines Sommers“

1
In den wenigen Nächten, in denen sie Schlaf findet, fühlt sie sich wieder als die Frau, die sie einmal gewesen ist.
Selten schlief sie mit Nachthemd, sie lag auf dicken, aufgeschüttelten Kissen, die Feuchtigkeitscreme ließ ihr Gesicht glänzen. Manchmal erwachte sie in zerwühlten Bettlaken mit irgendeinem schnarchenden Mann neben sich. Meist aber wachte sie auf dem Sofa auf, allein, neben fast leeren Flaschen und fast vollen Aschenbechern, die Haut von abgestandenem Zigarettenrauch und dem Make-up vom Vortag überzogen, mit schmerzenden Gliedern und [...]

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1
In den wenigen Nächten, in denen sie Schlaf findet, fühlt sie sich wieder als die Frau, die sie einmal gewesen ist.
Selten schlief sie mit Nachthemd, sie lag auf dicken, aufgeschüttelten Kissen, die Feuchtigkeitscreme ließ ihr Gesicht glänzen. Manchmal erwachte sie in zerwühlten Bettlaken mit irgendeinem schnarchenden Mann neben sich. Meist aber wachte sie auf dem Sofa auf, allein, neben fast leeren Flaschen und fast vollen Aschenbechern, die Haut von abgestandenem Zigarettenrauch und dem Make-up vom Vortag überzogen, mit schmerzenden Gliedern und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Dann setzte sie sich stöhnend auf, registrierte die Stiche in ihrem steifen Nacken und den schalen, säuerlichen Geschmack im Mund.
Wenn sie jetzt wach wird, spürt sie keinen dumpfen Kopfschmerz oder erinnert sich nur verschwommen an die zurückliegende Nacht. Ihr Kopf ist – gezwungenermaßen – völlig klar. Ihre Tage beginnen mit dem Gellen einer Klingel, mit schroffen Stimmen, klirrendem Metall und Geschrei. Mit dem Geruch von Scheuermittel und Urin, der die Kehle wund werden lässt. Die Morgen ihrer Gegenwart lassen keinen Raum für Erinnerungen.

Früher führte sie ihr erster Weg jeden Morgen über den Flur in die Küche, wo sie auf dem Herd Kaffee aufsetzte. Dann zündete sie sich die erste Zigarette des Tages an und hörte zu, wie alles um sie herum erwachte: Ginas Radio über ihr, Tony Bonellis schwere Schritte auf der Treppe. Türen wurden zugeknallt, Autos angelassen. Nina Lombardo, die nebenan mit ihren Kinder schimpfte.
Von da ging sie ins Badezimmer am anderen Ende des Flurs und schloss hinter sich ab. Es war über ein Jahr her, seit Frank ausgezogen war, und noch immer war Privatsphäre für sie nicht selbstverständlich. Sie zog die Sachen vom Vortag aus und wusch sich an dem winzigen Waschbecken: Hände, Gesicht, unter den Achseln, unter den Brüsten, zwischen den Beinen. Manchmal roch sie sich selbst – diese strenge, gelbe Ausdünstung, die sie bis heute für ihren ganz speziellen Geruch hielt und für die sie sich schämte, wenn sie morgens neben jemand anderem aufwachte.
Spitz wie eine läufige Hündin, man riecht’s, Baby.
Sie schrubbte sich mit dem kratzigen, blauen Waschlappen zwischen den Beinen, bis es wehtat, und dann noch ein wenig fester. Dann trocknete sie sich ab und drückte mit dem Handballen gegen die Innenseite ihres Schenkels, sodass er für einen Moment fest und straff wirkte, bis sie ihn losließ und er wieder schlaff herunterfiel. Handtuch aufhängen, Bademantel anziehen, den Flur entlang zurück in die Küche, wo sie Kaffee in eine Tasse goss und an den Zucker im Küchenschrank dachte, von dem sie jedoch nie auch nur einen Löffel nahm.
Dann zurück ins Schlafzimmer, wo sie Hose und Bluse anzog. An den Tagen, an denen sie später zur Arbeit ins Callaghan musste, nahm sie ihre Uniform heraus und hängte sie außen an den Schrank, um sie auf lose Fäden oder Flecken zu untersuchen. Eine frisch gewaschene Bluse, die sie immer sonntagabends bügelte. Ein Rock, der eine Spur zu eng war. Darunter das Paar Schuhe, ordentlich nebeneinandergestellt, dessen Absätze zu hoch waren für eine Kellnerin, die die ganze Nacht auf den Beinen war. Aber die Blicke, die sie auffing, verliehen ihr ein besonderes Strahlen, das die Trinkgelder großzügiger ausfallen und die Stunden schneller vergehen ließ.
Danach steckte sie sich die zweite Zigarette an, schlüpfte in ihre Hausschuhe und nahm den Kaffee mit ins Badezimmer. Erst dann, wenn sie richtig wach und ganz bei sich war, wagte sie im Schutz ihrer Kleidung den Blick in den Spiegel.
Zuerst die Haut – immer zuerst die Haut. An guten Tagen war sie hell und glatt wie auf einem Schwarz-Weiß-Foto. An schlechten Tagen traten Flecken und Unebenheiten an die Oberfläche, die es abzudecken galt. Sie stellte die Tasse auf den Waschbeckenrand, nahm einen weiteren Zug von der Zigarette und legte sie auf dem Aschenbecher im Regal ab.
Jeden Morgen trug sie zunächst die Grundierung auf. Ob ihre Hände dabei zitterten, hing ganz davon ab, wie sehr ihr Anblick im Spiegel sie aus der Fassung gebracht hatte und wie die vergangene Nacht verlaufen war. An manchen Tagen waren ihre Finger so zittrig und verschwitzt, dass ihr Make-up ganz ungleichmäßig ausfiel. Oder ihre Haut war so verunstaltet, dass auch zwei Schichten Grundierung nichts ausrichten konnten. An solchen Tagen klatschte sie es sich mit den Handflächen ins Gesicht. Zur Strafe. Sie behielt ihre Augen fest im Blick, während sie sich schlug. Fest genug, dass es wehtat, aber nicht so fest, dass es Spuren hinterließ.
Dann klopfte sie Puder auf die vertraute Maske. Sie schürzte die Lippen, zog die Wangen ein und verteilte Rouge auf die Vertiefungen, die sich dabei bildeten, kniff dann die Augen zu Schlitzen, bis ihr Gesicht im Spiegel nur noch ein verschwommenes Oval war und sie sich davon überzeugen konnte, dass die Farbstreifen gleichmäßig waren. In Ordnung. Sie blinzelte, griff zum Kajalstift und nahm die Augen in Angriff. Zuerst die Brauen: hoch aufragende, erstaunt blickende Bögen, die ihre lang gezogenen Augen einrahmten. Lidschatten, flüssiger Eyeliner, drei Schichten Mascara. Sie arbeitete wie eine Malerin – sie mischte, verstärkte und verwischte Farben. Zwischendurch ein Zug an der Zigarette, ein Schluck Kaffee. Ein letzter Strich mit der Puderquaste, eine Lage Lippenstift wurde aufgetupft, mit dem Kamm durchs Haar, um es aufzubauschen, eine silbrig glänzende Spirale Haarspray. Fertig. Zum ersten Mal an diesem Tag konnte sie ihr Gesicht im Ganzen betrachten.
Nun erst war sie Ruth.

Jetzt war sie eine von zwanzig fröstelnden Frauen in einem gekachelten Raum, die sich unter spärlich tröpfelndem, lauwarmem Wasser drängten. Zwanzig Stück billige grüne Seife. Zwanzig dünne Handtücher an zwanzig rostigen Haken.
Im Waschraum schließt sie immer die Augen und blendet die Rufe aus, die von den gekachelten Wänden widerhallen, das Singen, das Fluchen. Sie versucht sich vorzustellen, sie wäre allein, und konzentriert sich auf das Waschen. Richtig sauber fühlt sie sich nie. In ihrer ersten Woche hat sie um eine Nagelbürste gebeten, und deren Borsten drückt sie nun in die Seife, spießt sorgfältig die Splitter des schleimigen grünen Klumpens auf und bringt tatsächlich einen kraftlosen Schaum zwischen ihrer Handfläche und der Bürste zustande. Und dann schrubbt sie, wie sie ihr damals in der Klosterschule das Gesicht gescheuert haben – bis die Haut brannte. Sie schließt die Augen und sieht sich, wie sie früher war: dreizehn, klein und zierlich. Flache Brust, strähniges Haar, ölig glänzendes Gesicht voller roter und weißer Pickel. Das Wasser beißt ihre Haut wie damals, tief atmet sie den Geruch von Scheuermittel und Dampf ein, der sie an früher erinnert. Sie weiß nicht mehr, wo sie gerade ist, und sie weiß, es spielt kaum eine Rolle.
Erst wenn die Wachen sie anschreien, dass sie sich gefälligst beeilen soll, öffnet sie die Augen und nimmt ihr kratziges Handtuch und bearbeitet damit ihre Haut, bis sie wehtut.
Später wird sie den kleinen Spiegel zur Hand nehmen, den sie ihr gestattet haben, und das Fragment ihres Gesichts betrachten, die ölig glänzende Haut und die Pickel, und wissen, dass sie immer noch bestraft wird.
Nur in seltenen Momenten dreht sie den Spiegel so, dass sie ihre Augen sehen kann – nur ganz kurz, damit es nicht ganz so schlimm wird –, dann streicht sie die Brauen glatt, leckt am Finger, biegt die Wimpern nach oben, wischt das Glänzen etwas weg und versucht sich in ihrem Spiegelbild wiederzufinden. Kleine Augenblicke der Eitelkeit sind alles, was noch von ihr übrig ist.
Rasch schlüpft sie in die vergilbte Unterwäsche und das Baumwollkleid, die sie ihr gegeben haben, und zieht noch einen Pullover darüber, weil ihr immer kalt ist. Sie wartet auf die Inspektion – ihres Betts, ihrer Zelle, ihrer selbst –, und dann gibt es Frühstück.
Früher einmal war Frühstück mit der Vorstellung von Kaffeekannen und frisch geröstetem Toastbrot und glänzenden weichen Butterstückchen verbunden. Von Mommy und Daddy und Kindern mit zerzaustem Haar und Milchschnuten. Von Menschen, die lächeln und sich einen Kuss geben und in einen ganz gewöhnlichen Tag starten – wie einer Frauenzeitschrift entsprungen. Anfangs dachte sie noch, solche Fantasien würden ihr helfen, von hier zu flüchten, doch dann musste sie feststellen, dass die sonnigen Bilder sie nachts heimsuchten und die strahlenden Gesichter der Frühstücksfamilie sie in der Dunkelheit zum Weinen brachten. Jetzt konzentrierte sie sich nur noch auf den Augenblick. Auf das Echo der Schritte auf den Treppen. Das kalte Metallgeländer. Das Gefühl des Tabletts in ihren Händen und das Plastikbesteck. Den Geruch von Eiern und Haferbrei und Fett. Den bitteren Geschmack des Kaffees und das Geräusch von dreihundertvierundzwanzig kauenden Frauen.
Es gibt eine lange Abfolge solcher Momente, wie Perlen an einem Rosenkranz. Sie muss nur einen nach dem anderen aushalten, und dann ist es vorbei. Danach kann sie in die Bücherei gehen und Christine Guten Morgen sagen. Christine ist die Bibliothekarin und eine Lebenslängliche, weshalb ihr bestimmte Privilegien zustehen. Sie war Lehrerin in Port Washington, bis sie ihren Mann mit Eispickel und Küchenmesser getötet hat.
Christine ist fast sechzig: schlank, dunkle Haare, stets höflich, heiter und gelassen. Ihr Mann hatte sie für seine zweiundzwanzig Jahre alte Sekretärin verlassen wollen, und sie musste das Küchenmesser zu Hilfe nehmen, um es zu Ende zu bringen, nachdem der Eispickel in seiner Schulter hängen geblieben war. Das Frühstück lässt sie immer aus, weil sie auf ihre Linie achtet, sodass die Bücher meistens schon fertig aufgestapelt auf Ruth warten, wenn sie in die Bücherei kommt.
Ruths Aufgabe besteht darin, die Bücher auf den Wagen mit dem Buchrücken nach außen zu laden und sich ein wenig Gedanken zu machen, welche Route sie am besten nimmt und wer wohl was lesen will. Dann macht sie ihre Runde, sammelt die Bücher wieder ein, die sie einige Tage zuvor ausgegeben hat, und gibt neue heraus, wobei sie sich notiert, wer was gelesen hat, welche Bücher zurückgegeben werden und welche so voller Eselsohren und zerlesen sind, dass sie entweder repariert oder eingestampft werden müssen.
Und jeden Tag, wenn sie den Bücherwagen von Treppenabsatz zu Treppenabsatz schiebt und in die Zellen schaut und den Frauen Hallo sagt, von denen sie weiß, dass sie antworten, denkt sie an jenen letzten Morgen. Sie hat sich abgewöhnt, an Frühstück zu denken, aber sie kann nicht anders, als immer wieder an jenen Morgen zu denken. Die Gestalten, die auf ihren Betten liegen und schlafen oder lesen und dabei dem Wortfluss mit dem Finger folgen, erinnern sie unweigerlich daran.

An jenem letzten Tag schminkte sie sich fertig und zog die Badezimmertür hinter sich zu. Minnie lief auf dem Flur hin und her und winselte leise. Ruth schnalzte mit der Zunge, sprach beruhigend auf sie ein und suchte nach Schuhen und Schlüssel. Dann ging sie hinaus in den sonnigen Morgen. Es versprach ein weiterer heißer Tag in Queens zu werden. Sie gingen fünfzehn Minuten spazieren, vorbei an akkuraten, sonnengebleichten Rasenflächen und Reihen um Reihen identischer Mietshäuser, während Minnie an der Leine zog und Ruth den Männern zulächelte, die ihnen entgegenkamen, und einer oder zwei Frauen aus dem Schutz ihrer Sonnenbrille heraus zunickte.
Zurück in der Wohnung, trank Ruth ein großes Glas kaltes Wasser, wärmte den Kaffee noch einmal auf und goss sich noch eine Tasse ein. Eine Weile sah sie Minnie beim Fressen zu. Dann fand sie, war es an der Zeit, die Kinder zu wecken.
Aber die Kinder waren immer schon wach. Noch bevor sie jeden Morgen den Haken aus der Verriegelung zog und die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, wusste sie, welches Bild sie erwartete. Im Winter würden sie aneinandergekuschelt in einem Bett unter der blauen Decke liegen, Frank hätte seinen Arm um Cindy gelegt, und er würde ihr vorlesen. Seine Augen wären auf die Buchstaben geheftet, er würde das Buch auf den Knien balancieren und mit der freien Hand den Zeilen folgen. Wenn er zu einem Wort kam, das er nicht aussprechen konnte, würde er es auslassen oder sich die Bilder ansehen und ein anderes dafür erfinden. Cindy hätte ihre Puppe im Arm, den Daumen im Mund, ihre Augen würden gebannt zwischen dem Buch und dem ernsten Gesicht ihres Bruders hin und her wandern. Wenn er an eine lustige Stelle kam oder mit verstellter Stimme las, würde sie vergnügt in die Hände klatschen und lachen.
An so heißen Tagen wie diesem Julimorgen waren sie aber schon auf und standen auf Cindys Bett, von wo aus sie aus ihrem Erdgeschossfenster auf die Straße guckten und jedem zuwinkten, der vorbeikam. Sogar unbekannte Gesichter konnten ihrem Zahnlückengrinsen und den pummeligen Kinderbäckchen nicht widerstehen und lächelten zurück. Ruth wusste, dass sie stolz sein sollte auf diese Kinder. Sie sollte stolz auf sich sein, weil sie sie quasi alleine großzog. Sie hatten Spielzeug und Bücher, waren sauber und adrett gekleidet und aßen jeden Abend Gemüse. Sie hatten ein sicheres Zuhause. Die Nachbarn waren nett. Als sie letzten Frühling aus ihrem Fenster geklettert waren, hatte eine alte Dame sie schon zurückgebracht, bevor Ruth sie überhaupt vermisst hatte. Sie hatte ihre Überraschung verbergen müssen. Die Frau hatte ein wenig verrückt ausgesehen – sie hatte knallrotes Haar und trug ein unförmiges Blümchenkleid –, aber sie hatte die Kinder umarmt und ihnen einen Abschiedskuss gegeben, dann waren sie hineingerannt. Sie hatte Anstalten gemacht, ihnen in die Wohnung zu folgen, aber Ruth hatte die Tür festgehalten und ihr den Weg verstellt.
„Sie haben es schwer, Mrs Malone. Ich kenne das. Ich bin auch viel allein. Es ist nicht leicht.“
Ihre Stimme war ein wenig schrill gewesen, und sie hatte mit starkem Akzent gesprochen. Deutsch vielleicht, oder Polnisch. Sie hatte Ruth angeschaut, die in ihren Augen sehen konnte, was sie dachte.
Ruth hatte sich ein Lächeln abgerungen und gerade den Mund öffnen wollen, um Auf Wiedersehen zu sagen.
„Ich wollte Ihnen nur sagen, Mrs Malone, wenn Sie einmal Hilfe brauchen, müssen Sie es nur sagen. Wir wohnen gleich dort drüben“ – sie hatte auf das Haus gezeigt – „Nummer vierundvierzig. Sie können jederzeit vorbeikommen.“
Ruth hatte aufgehört zu lächeln und ihr ins Gesicht gesehen.
„Wir brauchen keine Hilfe. Wir kommen sehr gut zurecht.“
Sie hatte die Tür zugeschlagen und war in die Küche gegangen, wo sie die Flasche aus dem Küchenschrank geholt hatte, die sonst nie vor sechs Uhr abends geöffnet wurde, und hatte einen tiefen Schluck genommen. Dann war sie ins Kinderzimmer gegangen, wo sie schon auf sie warteten, und hatte mit ihren zierlichen Händen beiden eine Abreibung verpasst. Weil sie wegen ihnen getrunken hatte. Weil die alte Frau sie wegen ihnen so angesehen hatte. Weil sie das alles so satt hatte.
Als sie an jenem letzten Tag zum Kinderzimmer ging, war leises Kichern zu hören. Sie öffnete den Riegel, und es gab ein dumpfes Geräusch, als sie von Cindys Bett sprangen und zur Tür tappten. Kaum machte sie die Tür auf, flitzte Frankie an ihr vorbei, rechts den Flur entlang in Richtung Badezimmer. Er wollte Cindys Töpfchen nicht mehr benutzen. Er war schon ein großer Junge, sagte er, fast sechs. Cindy war erst vier – noch ihr Baby. Ruth bückte sich und nahm sie auf den Arm, vergrub das Gesicht in ihrem weichen, goldenen Haar und ging mit ihr nach links den Flur hinunter. Cindys Beine waren um ihre Taille geschlungen, ein rundlicher Arm schmiegte sich um ihren Hals. Sie spürte, wie ihre Tochter sie betrachtete, sie strich über ihre gepuderten Wangen, ihre tuschegetränkten Wimpern, den klebrigen Amorbogen ihrer Lippen. Die zarten Berührungen der kleinen Finger fühlten sich an wie Küsse, wenn sie gegen ihre Haut patschten und an ihrem Haar zogen und es um ihr Händchen wickelten. Manchmal sagte Cindy zu ihr: „Du siehst aus wie eine Lady-Prinzessin“, und malte ihren Puppen rosa Münder und rosa runde Flecken auf die Backen, färbte ihnen das Haar mit ihren Fingerfarben rot.
Prinzessin Mommy.
In der Küche ließ Ruth Cindy herunter. Frankie kam mit nassen Händen herein, setzte sich auf seinen Platz und starrte unwillig auf seine Frühstücksflocken.
„Können wir nicht Eier haben?“
Sie seufzte innerlich. Neun Uhr morgens, und sie war bereits erschöpft.
„Nein. Iss deine Flocken.“
Er zog einen Schmollmund. „Ich will aber Eier.“
„Verflucht, Frankie, wir haben aber verdammt noch mal keine Eier. Iss deine Flocken!“
Im Hinausgehen sah sie, wie Cindys Gesicht sich zum Weinen verzog, und hörte schon den ersten schrillen Ton. Sie öffnete die Fliegentür, ließ sie hinter sich zuknallen und atmete tief durch.
Hinter ihr heulte Cindy, Minnie bellte, und ihr war nur zu bewusst, dass sie sie von den umliegenden Fenstern aus beobachteten. Carla Bonelli oben im zweiten Stock. Sally Burkes neugierige Mutter, diese blöde Kuh, im Nachbargebäude. Nina Lombardo aus der Wohnung von nebenan. Sollten sie doch. Die zogen ihre Kinder ja nicht allein auf, die mussten nicht arbeiten gehen, zusehen, dass Geld ins Haus kam, die hatten keinen durchgeknallten Ex-Mann. Keine von ihnen hatte auch nur eine Ahnung davon, wie es in ihrem Leben aussah.
Es war nicht immer so gewesen. Doch alles, was ihr Herz früher schneller schlagen ließ – die Art, wie Frank ihren Namen sagte, wie er sie ansah –, war neun Jahre und zwei Kinder später nichts anderes als das vertraute Pochen immer wiederkehrender Kopfschmerzen.
Tränen schossen ihr in die Augen. Blinzelnd machte sie ein paar Schritte, ließ sich auf die Stufen fallen und angelte Zigaretten und Feuerzeug aus der Tasche.
Für einen Augenblick fühlte sie sich in ein anderes Haus und in einen anderen Sommer versetzt. Sie saß auf der Treppe vor dem Haus, die Hände schützend um die Wölbung ihres Bauchs gelegt. Die Tür öffnete sich, und ihr Mann trat heraus. Er hockte sich neben sie. Sie drehte sich zu ihm um, und er küsste sie auf die Wange, legte seine Hände auf ihre und konnte spüren, wie das Baby strampelte.
„Wie geht es dir, Schatz?“
„Gut. Nur müde.“ Gähnend streckte sie sich. Sie war ständig müde. Es war dasselbe gewesen, als sie mit Frankie schwanger war. In den letzten zwei Monaten hätte sie am liebsten nur geschlafen.
Er griff in seine Jackentasche. „Ich habe ein Geschenk für dich.“
Sie nahm das kleine Päckchen entgegen und zerrte das Geschenkpapier herunter. Es war etwas Weiches, also kein Schmuck. Strümpfe vielleicht? Ein Nachthemd?
Es war ein Stoffhase. Glasige Augen starrten sie aus weichem Plüschfell an.
„Für das Baby.“
Sie nickte, kämpfte sich mühsam hoch und murmelte etwas von Abendessen. Sie ließ den Hasen auf den Stufen liegen. Erst später fiel ihr auf, dass er ihn mit hineingenommen und ins Kinderzimmer getan hatte, ganz oben ins Regal, wo Frankie ihn nicht erreichen konnte.
Manchmal überlegt sie, ob das der Moment gewesen war, in dem ihre Abneigung gegen ihn ihren Anfang genommen hatte.
An jenem letzten Morgen brauchte sie eine Weile, um wieder zu sich zu kommen. Sie blinzelte erneut und stellte fest, dass ihre Zigarette bis auf den Filter heruntergebrannt war. Als sie wieder stand und zur Tür ging, nickte sie in Richtung Maria Burkes Fenster. Der Vorhang bewegte sich kurz, und Ruth musste lächeln.

Das ist es, woran sie denkt, wenn sie den Bücherwagen von Zelle zu Zelle schiebt. Sie erinnert sich, wie sie wieder hineinging, zurück in die Küche, sich noch einen Kaffee einschenkte, die Kinder über den Rand der Tasse hinweg beobachtete.
Cindy kaute ihre Cornflakes, die blauen Augen auf ihren Bruder geheftet. Frankie starrte mürrisch in seine halb leere Schüssel, die Unterlippe vorgeschoben. Genau wie sein Vater.
Sie trank einen Schluck und fragte: „War es mit Daddy gestern schön?“
Die beiden sahen zu ihr hoch. Sie sah ihnen an, dass sie nicht wussten, was sie antworten sollten.
„Was habt ihr gemacht?“
Cindy ließ ihren Löffel los, der scheppernd herunterfiel. „Er hat uns mit in sein neues Haus genommen. Da ist es schön.“
„Ach ja? Ich wusste gar nicht, dass Daddy bei Grandma ausgezogen ist.“
Sie war überrascht, dass seine Mutter ihn hatte gehen lassen. Überrascht, dass er den Mumm aufgebracht hatte.
„Lebt Daddy jetzt ganz allein?“, fragte sie.
Cindy schüttelte den Kopf, den Mund voll mit Cornflakes. Ruth wartete, und schließlich antwortete Frankie.
„Er hat ein Zimmer in einem großen alten Haus. Das Bad gehört ihm und drei anderen Männern. Die Küche auch. Jeder hat einen eigenen Schrank für seine Sachen. Die Schränke haben Vorhängeschlösser.“
Sie nickte und nippte noch einmal am Kaffee, um ihr breites Grinsen zu verbergen. Wie zum Teufel wollte Frank an das Sorgerecht kommen, wenn er nicht einmal eine eigene Wohnung hatte? Sie stellte die Tasse ab.
„Okay. Mummy muss heute nicht arbeiten gehen. Worauf habt ihr Lust?“
Cindy hörte auf zu kauen, der Löffel baumelte von ihrer Hand. Frankie sah auf, das Schmollen war vergessen.
„Wirklich wahr?“
„Wirklich wahr. Wollt ihr in den Park?“
Cindy quietschte begeistert auf, ließ den Löffel erneut fallen und vollführte einen kleinen Freudentanz auf ihrem Stuhl.
„In den Park! In den Park!“
Frankie schaute Ruth unter seinen langen Wimpern an. „Kann Daddy auch mitkommen?“
Es wurde still, als hielten sie den Atem an. Sie machte noch einen letzten Zug an ihrer Zigarette, drehte sich um und drückte sie auf einem Unterteller aus. Immer noch mit dem Rücken zu ihnen sagte sie: „Ihr habt Daddy doch erst gestern gesehen, Frankie.“
Sie wandte sich wieder zu ihnen. „Wollt ihr nun in den Park oder nicht?“
Frankie nickte, und Cindy strahlte wieder. „Kann ich das Gänseblümchen-Kleid anziehen, Mommy?“
Sie lächelte ihre Tochter an. Ihr unbeschwertes Engelchen. „Aber sicher. Iss jetzt dein Frühstück, dann gehen wir dich waschen und anziehen. Frankie, willst du vielleicht dein Giants-Shirt tragen?“
Er zuckte die Achseln und starrte wieder in seine Schüssel.
„Frankie, ich habe dich etwas gefragt.“
„Ja, Mommy.“ Doch er sah nicht auf.
„Okay. Mommy macht sich dann fertig. Stell das Geschirr in die Spüle, wenn ihr fertig seid, Frankie, und dann darfst du so lange mit deiner Schwester Cartoons ansehen.“
Er nickte. Sie entschied, die Sache für dieses Mal auf sich beruhen zu lassen, und nahm ihre Kaffeetasse mit ins Bad. Sie überprüfte ihr Make-up. Zog die Lippen nach.
Sie ahnte nicht, dass dies der letzte Morgen war, an dem sie das einfach so tun konnte. Dass es der letzte Morgen war, an dem ihr Gesicht ihr gehörte.


2
Es ist einfacher, sich den Rest des Tages durch den Filter ihrer Aussage ins Gedächtnis zu rufen.
Sie erinnert sich an einen fensterlosen Raum. Holzstühle.
Dann ein Klicken. Ein zischendes Rauschen. Ein Mann räuspert sich, nennt Uhrzeit und Datum.
Und dann die Fragen. Ihre stockenden, zögerlichen Antworten.
„Wir sind zum Picknick in den Kissena-Park.“
„So gegen … halb drei, glaube ich.“
„Hm … Sandwiches mit Fleischklößchen und Pepsi.“
„Wir sind mit dem Auto hin. Die Kinder saßen vorn neben mir.“

Hoch aufgerichtet, die Beine weit von sich gestreckt, das Kinn nach oben gereckt, sauste Frankie die Rutsche herab auf sie zu. Auf einer der Babyschaukeln mit Schutzbügel saß Cindy – trotz ihres Protests, weil sie immer vergaß, sich festzuhalten.
„Höher, Mommy, höher!“
Sie gab der Schaukel noch mehr Schwung. „Noch höher, Mommy!“
Sprudelndes Lachen. Pummelige Händchen klatschen. Blondes Haar wehte in der Luft.
„Noch mal! Noch mal!“
Sie schubste sie an, bis sie müde wurde. Dann setzten sie sich in den Schatten, etwas weiter weg von den anderen Müttern. Ruth breitete die blaue Decke aus, die sie von Frankies Bett genommen hatte, und sie sahen Frankie beim Rutschen zu. Eines von Normas Kindern verschoss einen Ball, der um Haaresbreite an Cindys Gesicht vorbeiflog, sodass sie kurz aufschrie. Frankie rannte hinüber und baute sich vor ihm auf: Der Junge war zwei Jahre älter und zehn Zentimeter größer.
„He! Pass bloß auf mit meiner Schwester! Wehe, du tust ihr was!“
Der Junge sah aus, als würde er gleich loslachen, also rief Ruth Frankie lieber zurück und überzeugte ihn davon, dass mit Cindy alles in Ordnung war. Sie teilten sich die restliche Limonade.
Fünf Minuten später war alles wieder vergessen, und Frankie trottete zur Affenschaukel. Ruth lehnte sich an die raue Rinde eines Baums und drückte Cindy an sich, um sie zu beruhigen, während sie mit halbem Ohr den Gesprächen um sie herum folgte.
„Phil, habe ich zu ihm gesagt, Phil, sie ist schließlich deine Mutter, du musst es ihr sagen, und er darauf, jaja, aber ich weiß genau, er wird es ihr nicht sagen, er ist so ein …“
„… also ist sein Chef am Samstag zum Abendessen gekommen. Ich habe extra diesen Putenrollbraten gemacht, nach Joanies Rezept. Du weißt schon. Und meinen Zitronenkuchen natürlich. Er hat sich dreimal nachgenommen. Dreimal! Ich habe noch nie erlebt, dass …“
Sie spürte, wie Cindy den Kopf an sie lehnte. Ihre Beine wurden schwer. Langsam fielen ihr die Augen zu.
„Er hat gesagt, er muss Überstunden machen, aber ich weiß schon, wo der Hase läuft. Ich rufe im Büro an, und keiner geht ran. Und wie er nach Hause kommt, sag ich ihm gleich, ich weiß, was da läuft, Bob, aber er sagt nur …“
Ruckartig wachte Ruth auf. Sie war allein. Mit wild klopfendem Herzen setzte sie sich auf. Angela bemerkte ihren Gesichtsausdruck und lachte. „Da drüben sind sie, bei Norma. Alles in Ordnung!“ Ruth atmete aus und bedankte sich mit einem Nicken. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und rappelte sich auf.
„Gehst du schon?“
Sie klopfte ihre Hose hinten ab und faltete die Decke zusammen. „Ich muss los. Da ist noch ein Anruf, den ich erledigen muss, und dann den Kindern Abendessen machen. Mach’s gut, Angie. Mach’s gut, Norma.“
Sie ging zum Spielplatz hinüber und rief Cindy und Frankie zu sich, legte ihnen die Arme um die Schulter. Zusammen verließen sie den Park. Zum letzten Mal.

„Wir sind um vier gegangen.“
„Weil ich darauf geachtet habe, dass wir um die Zeit wieder gingen. Ich musste noch vor fünf jemanden anrufen.“
„Arnold Green. Meinen Anwalt.“
„Er sagte, ich solle später noch mal anrufen. Normalerweise macht er um fünf Schluss, aber er sagte, dass er länger arbeiten würde.“
„Nun ja, wir sind nach Hause gegangen. Das heißt, ich habe vorher noch etwas eingekauft. Bei Walsh’s Deli. Auf der Main Street. Wir hatten nichts mehr für das Abendessen zu Hause.“
„Tja … Fleisch. Kalbfleisch. Außerdem eine Dose grüne Bohnen. Und Milch.“
„Nein, dann sind wir auf direktem Weg nach Hause. Die Kinder sind nach draußen zum Spielen, und ich habe noch mal Mr Green angerufen. Wir haben dann etwa … fünfzehn, zwanzig Minuten geredet, glaube ich.“
„Na ja, über die Sache mit dem Sorgerecht. Hören Sie, warum wollen Sie das alles wissen? Was hat das denn mit all dem zu tun?“
„Okay, okay, tut mir leid. Ich bin wohl ein bisschen durcheinander. Ich verstehe das. Verzeihen Sie.“
„Hätten Sie noch eine Zigarette für mich?“
„Er hat mir gesagt, dass meine frühere Babysitterin gegen mich aussagen will.“
„Nein – das hat nichts mit den Kindern zu tun! Sie behauptet, dass ich ihr noch Geld schulde. Sechshundert Dollar. Aber das ist Blödsinn. Sie sagt, wenn sie das Geld bekommt, wird sie nicht zu Franks Gunsten aussagen. Er will, dass die Kinder bei ihm leben, und sie droht mir, damit er das Sorgerecht bekommt.“
„Ich sagte doch, das stimmt alles nicht. Sie will mich nur erpressen, um an Geld zu kommen. Ich schulde ihr nichts.“
Eine Pause. Ein Feuerzeug klickt.
„Und das ist nur eines der vielen Probleme, die ich habe. Die ich Frank zu verdanken habe.“

„Oh, um Himmels willen, Arnold, sie lügt! … Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie ein hinterhältiges Miststück und nur sauer ist, weil ich sie rausgeschmissen habe.“
„Okay, Ruth, okay. Beruhigen Sie sich.“
„Ich bin ruhig! Herrgott noch mal. Was bedeutet das? Was bedeutet das für das Sorgerechtsverfahren?“
„Kommt ganz darauf an. Ich muss mir erst einmal anhören, was sie zu sagen hat. Vor der Anhörung werde ich noch einmal mit ihr sprechen.“
„Er darf nicht gewinnen, Arnold. Auf keinen Fall.“
„Machen Sie sich keine Sorgen, okay? Sie wird keinen guten Eindruck machen. Sie wird dem Richter nicht gefallen. Lassen Sie uns morgen weiterreden.“
„Er darf die Kinder nicht bekommen. Ich werde nicht zulassen, dass er sie bekommt. Ich lasse das nicht zu.“
„Er wird schon nicht gewinnen, Ruth. Kein Richter der Welt würde einer Mutter ihre Kinder wegnehmen. Es sei denn … wie auch immer, er wird das Sorgerecht schon nicht bekommen. Es wird schon gut gehen.“
„Sind Sie sich sicher? Sie klingen nicht mehr so überzeugt wie letzte Woche.“
„Ruth, machen Sie sich keine Sorgen. Alles wird gut, Sie werden sehen.“
„Ich kann nur hoffen, dass Sie recht behalten. Er darf die Kinder einfach nicht bekommen. Das kommt überhaupt nicht infrage. Sie sollen lieber tot sein als bei Frank.“

„Ja, und dann habe ich mit dem Abendessen angefangen. Nein, warten Sie – vorher habe ich noch einen anderen Anruf erledigt.“
„Einen Freund. Er sagte, er würde mich zurückrufen.“
„Ein Freund eben.“
„Ist ja schon gut, Himmelherrgott – okay! Sein Name ist Lou Gallagher.“
„Ja. DER Lou Gallagher. Der mit der Baufirma.“
Erneute Pause. Stimmengemurmel, gerade leise genug, dass es auf dem Band nicht zu verstehen war.
„Lou sagte, er würde mich später zurückrufen. Also habe ich angefangen, Essen zu machen. Die Kinder waren draußen bei Sally. Sally Burke.“
„Ich hatte jedem eine halbe Orange gegeben, und sie hat ihnen beim Schälen geholfen. Ich konnte hören, wie sie mit ihnen gesprochen hat und wie sie gekichert haben. Sie waren … oh, verdammt, ich habe …“
Wasser wird eingeschenkt, ein Glas auf den Tisch gestellt.
„Danke … Ich … dann habe ich sie ins Haus gerufen.“

Die ganze Zeit, während sie den Tisch deckte und am Herd stand, musste sie über das Gespräch mit Arnold Green nachdenken. Über Frank, wie er sich letzten Monat an ihr vorbeigedrängt hatte, in die Wohnung gestürmt war und ihr gesagt hatte, er würde das Sorgerecht für die Kinder beantragen. Und warum. Sein verächtlicher Gesichtsausdruck, als er ihr aufzählte, wie oft sie erst spät in der Nacht nach Hause gekommen war und mit wie vielen Männern sie gesprochen hatte. Und getanzt. Und geflirtet.
„Du bist keine richtige Mutter.“
„Sie brauchen jemanden, der sich ordentlich um sie kümmert.“
„Sogar deine Mutter sagt, dass ich recht habe.“
Sie sah den Kindern beim Essen zu und konnte nicht aufhören, darüber nachzugrübeln, was er gesagt hatte. Seine Worte hatten sie getroffen. Auf einmal sagte sie: „Sollen wir noch einen Ausflug machen?“
Frankie und Cindy hielten beide inne, die Plastikbecher mit ihrer Milch, aus denen sie gerade getrunken hatten, noch in den Händen.
„Dann kommt, schnell, bevor es dunkel wird.“
Die Kinder auf dem Rücksitz, in die blaue Decke gekuschelt, kichernd vor Aufregung. Ruth vorn allein. Mit zusammengebissenen Zähnen, die Hände um das Lenkrad geklammert. Dieser elende Mistkerl denkt also, er kann mir die Kinder wegnehmen? Da hat er sich gründlich verrechnet. Ich kenne Frank. Ich weiß, er kommt nicht alleine klar. Er hat garantiert eine Frau. Und ich werde sie finden.
„Wir spielen was, okay? Wer zuerst Daddys Auto sieht!“
Wenn ich dein Auto finde, weiß ich, wo du wohnst, und was werde ich da wohl finden, Frank? Dann weiß ich Bescheid über dein neues Leben und deine neue Freundin. Und du wagst es, mir die Männer in meinem Leben vorzuhalten! Nie im Leben glaube ich, dass du lebst wie ein Mönch, du gottverdammter Heuchler.
Du nennst mich eine schlechte Mutter? Dann mach dich mal auf einiges gefasst – aber du bist zu dämlich, um es kommen zu sehen.
Eine Stunde fuhr sie herum, während auf dem Rücksitz die Kinder immer stiller wurden und sie irgendwann hörte, wie Cindy leise schnarchte und Frank im Schlaf vor sich hin murmelte. Von Franks Auto keine Spur.
Sie gähnte. Sie schüttelte sich. Ihr wurde klar, dass sie zu müde war, um weiter durch die Gegend zu fahren. Sie wendete und fuhr wieder zurück. Unterwegs hielt sie an, um zu tanken.

„Ich habe die Kinder ausgezogen, sie gebadet – vom Spielen im Park hatten sie noch Grasflecken an den Knien, und vom Abendessen waren sie noch ganz bekleckert. Dann habe ich ihnen frische T-Shirts und Unterwäsche angezogen und sie ins Bett gebracht.“
„Halb zehn.“
„Ja, da bin ich mir ganz sicher. Glauben Sie etwa, ich lasse meine Kinder die halbe Nacht aufbleiben? Es war halb zehn.“
„Dann habe ich angefangen sauber zu machen. Mr Green hatte mir gesagt, dass das Gericht sich meine Wohnung ansehen würde und dass sie einen guten Eindruck machen müsste, wegen der Kinder. Deshalb hatte ich mit einer Putzaktion im großen Stil angefangen – was eben so zu machen war, Flur neu streichen, Schränke ausmisten, das kaputte Fliegengitter am Fenster im Kinderzimmer austauschen.“
„Was? Nein, ich hatte noch ein Ersatzgitter – ich habe eine Klimaanlage in meinem Schlafzimmer, deshalb hatte ich eines übrig – meines brauchte ich ja nicht mehr.“
„Jedenfalls hatte ich das Gitter schon vor einigen Tagen ins Kinderzimmer gebracht, aber dann sah ich, dass … na ja, dass da noch Hundedreck dran war. Wir hatten es als Gitter für Minnies Welpen benutzt, als sie noch ganz klein waren, und wahrscheinlich haben wir es nie richtig sauber gemacht. Also wollte ich das alte Gitter – das kaputte, meine ich – wieder einsetzen, aber es rastete einfach nicht ein. Ich werde … Ich wollte dann eben meines sauber machen und so bald wie möglich ersetzen.“
„Nein, das Fenster habe ich zugemacht. Wegen der Insekten.“
„Dann habe ich alle leeren Flaschen in der Wohnung eingesammelt und sie für die Müllabfuhr rausgestellt. Ich habe alte Kleidung zusammengesucht. Hauptsächlich Sachen von Frank, die er dagelassen hat, als er ausgezogen ist. Danach habe ich abgewaschen. Dann war ich müde, also habe ich mich auf die Couch gesetzt und ein wenig ferngesehen.“
„Moment … Dr Kimble auf der Flucht. Auf CBS.“
„Bis halb zwölf vielleicht. Dann habe ich Lou noch mal angerufen.“
„Nein, nicht bei ihm zu Hause. Er war im Santini. Williamsbridge Road.“

Das Telefon klingelte zehn-, zwölfmal, ehe eine der Bardamen abnahm. Ruth sagte, sie wolle Mr Gallagher sprechen, und das Mädchen wollte wissen, wer denn am Apparat sei. Als sie erkannte, dass es nicht Mrs Gallagher war, hörte sie prompt auf, so gestelzt zu sprechen.
„Sekunde mal. Ich schau mal, ob er hier irgendwo ist.“
Sie legte den Hörer hin, und Ruth konnte hören, wie sich ihre Absätze klappernd entfernten. Musik, Lachen, Gläsergeklirr. Sie fragte sich, was Lou wohl gerade machte. Mit wem er dort war. Warum es so lange dauerte.
Irgendwann hörte sie Schritte, einen Lufthauch in der Hörmuschel, als er den Hörer aufnahm.
„Hallo?“
„Lou, ich bin’s. Du wolltest mich zurückrufen.“
„Ich hatte zu tun, Schätzchen.“
Mit angezogenen Beinen saß sie auf der Couch. Sie tippte die Asche ihrer Zigarette auf eine überquellende Untertasse.
„Vielleicht hast du ja Lust, vorbeizukommen.“ Sie hasste den bettelnden Tonfall in ihrer Stimme.
„Wo bist du?“
„Zu Hause.“
„Ich bin müde, Ruth. Ich trinke noch was, und dann gehe ich nach Hause.“
Er war nicht allein. Sie wusste es, und sie wusste auch, dass er nicht nach Hause gehen würde. Er war wieder mit den Bowling-Mädchen zusammen. Frauen, die vorgaben, zum Bowlen zu gehen, um von ihren Männern wegzukommen. Als sie noch einen Ehemann hatte, war sie eine von ihnen gewesen.
Als sie aufgelegt hatte, hatte sie ein Gefühl, als ob es irgendwo juckte, wo sie nicht hinkam. Sie ließ sich auf die Couch zurückfallen, zog an der Zigarette und dachte nach.
Das Telefon klingelte. Schnell griff sie nach dem Hörer, ihre Stimme klang ein wenig atemlos, aber es war nur Johnny.
„Hey, Baby, rate, wer da ist?“
Er hatte getrunken. Wahrscheinlich hatte er den ganzen Tag nichts anderes getan.
„Meyer ist da, und Dick. Erinnerst du dich an Dick, Baby? Dick Patmore. Er will dich sehen. Verdammt, Baby, ich will dich auch sehen. Du fehlst mir. Ich hab dich seit Wochen nicht mehr gesehen. Warum kommst du nicht vorbei?“
„Ich habe keinen Babysitter, Johnny.“
„Kannst du dir keinen besorgen? Ich geb dir auch das Geld. Du weißt, dass ich immer flüssig bin, Baby.“
„Es ist schon spät, und ich habe gerade die Sache mit dem Sorgerecht am Hals – morgen muss ich zu meinem Anwalt.“
Sie hörte, wie er schwer und stoßweise atmete.
„Johnny? Ich lege jetzt auf …“
„Es gab Zeiten, da hättest du dir jetzt einen Babysitter geholt. Früher wärst du in Nullkommanix hier gewesen.“
„Im Augenblick passt es einfach nicht.“
„Was ist denn nur los, Baby? Bei mir ist alles beim Alten. Ich liebe dich immer noch, Baby. Ruthie. Ich liebe dich, Ruthie.“
Dann änderte er plötzlich den Tonfall.
„Hat es mit diesem Kerl zu tun? Diesem Gallagher? Ist er bei dir?“
„Nein, natürlich nicht. Das ist …“
„Bist du gerade mit ihm zusammen? In letzter Zeit hängst du dauernd mit dem herum.“
„Johnny, niemand ist hier. Es ist spät, und ich muss jetzt auflegen. Ruf mich morgen wieder an.“
Sie legte den Hörer auf, stellte den Fernseher wieder an und goss sich noch ein Glas ein.

„Um Mitternacht habe ich noch mal nach den Kindern gesehen. Frankie war im Halbschlaf, aber er musste mal. Ich habe versucht, Cindy zu wecken, aber sie hat sich nur auf die andere Seite gedreht, also habe ich sie schlafen lassen.“
„Ja, danach habe ich den Türhaken vom Kinderzimmer wieder eingehängt. Das mache ich immer.“
„Nein, ich kann mich nicht genau daran erinnern, aber ich hänge ihn immer ein.“
„Den haben wir vor einem Jahr an die Tür gemacht. Frankie ist eines Morgens aufgestanden und hat den ganzen Kühlschrank leer gegessen. Danach war ihm den halben Tag lang schlecht. Daraufhin habe ich Frank gesagt, er soll ein Schloss an der Tür anbringen.“
„Danach bin ich noch einmal mit Minnie raus. Ich habe Tony Bonelli gesehen – und ihm zugewunken. Er hat auch seinen Hund ausgeführt. Wir waren zwanzig Minuten unterwegs, und dann habe ich noch eine Weile auf den Stufen vorm Haus gesessen. Es war schön, draußen zu sein. Da war es kühler. Weiter weg konnte ich Leute hören. Und Musik. Vielleicht von der Weltausstellung, dachte ich.“
„Als ich wieder reinging, habe ich die Tür hinter mir, glaube ich, verriegelt.“
„Ich glaube schon.“
„Ich weiß es nicht mehr genau.“
„Hören Sie, ich weiß es nicht mehr, okay? Ich weiß es einfach nicht mehr! Wenn ich gewusst hätte, dass ich mich später noch daran erinnern muss … Haben Sie bei sich zu Hause gestern die Tür abgeschlossen, ja? Wissen Sie noch, ob Sie das gemacht haben?“
„Tut mir leid, entschuldigen Sie, ich bin völlig durcheinander.“
„Nein, schon gut, alles in Ordnung. Ich kann weitermachen.“
„Ich habe Minnie frisches Wasser gegeben, dann bin ich ins Schlafzimmer und habe mich hingelegt. Nur für einen Augenblick, aber ich muss sofort eingeschlafen sein. Irgendetwas hat mich dann geweckt. Ich glaube nicht, dass ich lange weg war.“
„Hm … halb drei … Viertel vor drei.“
„Nein, ich weiß nicht, was es war. Ein Albtraum vielleicht. Ich dachte, ich hätte eines der Kinder weinen gehört, aber als ich dann genau hingehört habe – war alles still.“
„Ich bin ins Bad gegangen. Oh, und dann hat das Telefon noch einmal geklingelt. Es war Frank.“
„Er wollte über Linda reden, meine Babysitterin. Die behauptet, dass ich ihr Geld schulde.“
„Ich wollte nicht mit ihm telefonieren. Ich habe ihm gesagt, er kann mir mal den Buckel runterrutschen. Ich hab einfach aufgehängt.“
„Ja, natürlich war ich auf hundertachtzig. Er hat mich immer wieder mitten in der Nacht angerufen und gehofft, dass er mich weckt. Er wollte mich in Rage bringen, und das ist ihm auch gelungen.“
„Ich bin dann noch mal mit dem Hund raus. Einmal um den Block. Danach habe ich mich noch mal für zehn Minuten oder so nach draußen gesetzt.“
„Nein, ich habe nicht noch mal nach den Kindern gesehen. Ich hatte ja um Mitternacht nachgesehen, und da war alles in Ordnung. Sie waren … O Gott.“
„Nein, alles okay.“
„Ich habe doch gesagt, dass ich okay bin.“
„Ich habe gebadet. Mir war immer noch warm, und ich habe ein kühles Bad genommen. Danach bin ich wieder ins Bett.“
„Viertel vor vier vielleicht. Kann auch vier gewesen sein.“

Als der Wecker um acht ging, wachte sie klebrig und verschwitzt auf. Erinnerte sich vage an einen Traum: ein weinendes Kind, dunkler Himmel, ein weißes Gesicht.
Mühsam richtete sie sich auf, fuhr sich mit den Händen durchs Haar, gähnte. Es würde mal wieder ein heißer Tag werden. Sie hörte Gina oben husten und durch die Wand, wie Bill Lombardo seine Frau anschrie. Eine Tür knallte zu.
Sie setzte den Kaffee auf dem Herd auf und ging ins Bad, wo sie sich auszog und wusch. Warf den Bademantel über und ging wieder in die Küche, wo sie sich eine Tasse Kaffee einschenkte und die erste Zigarette rauchte. Sie hatte später den Termin bei ihrem Anwalt, aber fürs Erste zog sie eine helle Caprihose und eine rosafarbene Bluse an. Sie nahm ihre Tasse und ging barfuß ins Bad zurück. Dann nahm die Routine ihren Lauf, um die Ruth im Spiegel wieder zum Leben zu erwecken.

„Als ich im Bad fertig war, bin ich mit dem Hund raus.“
„Viertel vor neun. Vielleicht auch etwas später – ich konnte meine Schuhe nicht gleich finden.“
„Fünfzehn Minuten. Wahrscheinlich eher weniger.“
„Hm … ja, den einen oder anderen. Niemanden, den ich kannte.“
„Dann sind wir zurück, und ich habe Minnie gefüttert. Und ihre Wasserschüssel aufgefüllt. Ich habe noch eine Tasse Kaffee getrunken.“
„Ja, ungefähr zehn nach neun. Auf keinen Fall später.“
„Nichts Ungewöhnliches. Es roch irgendwie verbrannt. Nach Toast, glaube ich. Und ich konnte Ginas Radio laufen hören. Oh, und irgendwo, weit weg, hat ein Telefon geklingelt.“
„Nein, sonst nichts … Außer … na ja, die Stille. In der Wohnung war es ganz still.“
„Ja, ich weiß noch, dass mir die Stille aufgefallen ist. Ich habe mich gefragt, ob sie wohl noch schlafen. Und dann … dann bin ich ins Kinderzimmer.“

Aber keine Worte können schildern, wie es wirklich war.
Minnies Unruhe, ihr dauerndes Winseln. Ruths hastige, befangene Schritte, das ständige Gezerre an ihrem Rocksaum, wie sie die Hitze durch die Make-up-Schichten sickern fühlte. Wie ihre Gedanken sich ständig um den Termin mit Arnold Green am Nachmittag drehten, um Frank, um die Miete, die Ende der Woche fällig wurde.
Zurück in der Wohnung: der abgestandene Geschmack von lauwarmem Kaffee. Der Riss in der Decke, den sie in der vergangenen Woche bemerkt und bereits wieder vergessen hatte. Der Haarspray-Geruch aus der halb angelehnten Badezimmertür. Ihre Kopfschmerzen und ihre umständliche Suche nach Aspirin.
Und dann die Stille. Nicht nur die Tatsache als solche, sondern wie laut sie war. Wie der Raum, der normalerweise mit Stimmen und Kichern und dem Geräusch ihrer kleinen Füße erfüllt war, nichts anderes war als – Raum.
Und wie sie dann ihrer Hand dabei zusah, wie sie den Haken aus dem Metallring löste, die Tür aufdrückte. Und seither immer wieder und wieder und wieder: wie das weiß gestrichene Holz langsam zurückwich und der Lichteinfall breiter wurde, wie ihre Hand durch die schwere, stille Luft an ihrer Seite herabfiel und ihr die Stimme in der trockenen Kehle stecken blieb. Und das Zimmer jenseits der Tür. Leer.

Emma Flint

Über Emma Flint

Biografie

Emma Flint wurde in Newcastle upon Tyne im Nordosten Englands geboren. Sie studierte Englisch und Geschichte an der University of St Andrews und ist Absolventin des Schreibprogramms der Faber Academy in London. Seit ihrer Kindheit liest Flint Berichte über reale Verbrechen und entwickelte über die...

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