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Dreckiges Geld Dreckiges Geld - eBook-Ausgabe

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Wie Putins Oligarchen, die Mafia und Terroristen die westliche Demokratie angreifen

„Wer das Buch einmal begonnen hat zu lesen, bekommt den Mund nicht mehr zu - vor Staunen und vor Erschrecken.“ - Oberhessische Zeitung

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Dreckiges Geld — Inhalt

Die verkaufte Demokratie

Autokratische Herrschaftscliquen und Verbrechersyndikate unterwandern den Rechtsstaat und zerstören die Freiheit. Ihre Waffe ist das Geld. Sie bestechen Politiker und beeinflussen demokratische Wahlen durch die Finanzierung von Desinformationskampagnen. Die finsteren Geldgeschäfte dieser transnationalen Banden müssen aufhören: Nimmt man ihnen das Geld, nimmt man ihnen die Macht.

Doch die Kriminellen haben Unterstützer in unseren eigenen Reihen. Westliche Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer und Banken helfen Finanztransaktionen zu verschleiern. Die Herkunft und Besitzverhältnisse verdächtiger Vermögen bleiben hinter Briefkastenfirmen verborgen: Russische Oligarchen besitzen viele Immobilien – doch ihr Name steht nur selten an der Tür.

Deutschland ist ein wichtiges Zentrum der internationalen Geldwäsche. In den vergangenen 30 Jahren haben die Bundes- und Landesregierungen nichts Effektives getan, um diese Kriminalität zu bekämpfen.

Dieses Buch zeigt, was nun zu tun ist.


„Viele Jahre wurde man für den Hinweis, Deutschland werde von schmutzigem Geld unterwandert, müde belächelt. Jetzt rächt sich im Ukraine-Krieg bitter, dass Deutschland ein Shopping-Paradies für Oligarchen und Mafiosi wurde.“

Fabio De Masi,

früherer Bundestagsabgeordneter der Linkspartei und Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss

 

„Dieses Buch bietet eine hervorragende Einführung in die bislang unerzählte Geschichte Deutschlands als eines wichtigen ›Zielhafens‹ für schmutziges Geld.“

James S. Henry,

Tax Justice Network

 

„Korruption ist Gift für jede demokratische Gesellschaft. Dieses Buch zeigt auf, wie wir auf mafiöse Praktiken reagieren sollten.“

Wolfgang Ischinger,

früherer Diplomat und Chef der Münchner Sicherheitskonferenz

„Pflichtlektüre für jeden, dem die Stärkung der Demokratie am Herzen liegt.“

Thorsten Benner,

Direktor des Global Public Policy Institute, Berlin

€ 22,00 [D], € 22,70 [A]
Erschienen am 01.09.2022
256 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-492-07089-8
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€ 21,99 [D], € 21,99 [A]
Erschienen am 01.09.2022
256 Seiten
EAN 978-3-492-60226-6
Download Cover
„Ein aufrüttelndes und wichtiges Buch.“
SWR 2 "lesenswert"

Leseprobe zu „Dreckiges Geld“

Einleitung

Die westlichen Demokratien bestrafen den Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine im Februar 2022 mit nie da gewesenen Finanzsanktionen. Auch die ausländischen Vermögen von Russlands Präsident Wladimir Putin und russischen Oligarchen sollen eingefroren werden. Doch dafür müsste man sie erst einmal finden. Die Öffentlichkeit erfährt, dass die Vermögen gut versteckt sind, in verschachtelten Firmen, auf Konten mit Strohleuten als Inhaber, in Offshore-Gebieten, mitten unter uns: in der EU, in Großbritannien, in den USA und in der Schweiz. [...]

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Einleitung

Die westlichen Demokratien bestrafen den Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine im Februar 2022 mit nie da gewesenen Finanzsanktionen. Auch die ausländischen Vermögen von Russlands Präsident Wladimir Putin und russischen Oligarchen sollen eingefroren werden. Doch dafür müsste man sie erst einmal finden. Die Öffentlichkeit erfährt, dass die Vermögen gut versteckt sind, in verschachtelten Firmen, auf Konten mit Strohleuten als Inhaber, in Offshore-Gebieten, mitten unter uns: in der EU, in Großbritannien, in den USA und in der Schweiz. Warum haben Banken und Ermittlungsbehörden solche Schwierigkeiten, die Eigentümer von Immobilien und Firmen zu identifizieren? Die Bürger fragen sich zu Recht, wie das möglich sein kann. Auf der Suche nach einer ersten Erklärung erinnert man sich an eine wohlbekannte Redensart: Pecunia non olet. Geld stinkt nicht, so hieß es bereits im alten Rom, als Kaiser Vespasian eine Latrinensteuer einführte. Und wenn das Geld übel roch, na, dann hielt man sich einfach die Nase zu.

Auch die heutigen Verfechter des Wirtschaftsliberalismus halten sich gerne die Nase zu. Sie sind überzeugt: Geld kann nicht schmutzig sein, es ist neutral. Es mag durch verbrecherische Taten erwirtschaftet worden sein – aber was solls? Sobald die dreckigen Rubel, Dollar oder Euro in unseren Wirtschaftskreislauf fließen, sind sie sauber. Punkt. Denn sie nutzen schließlich der Wirtschaft. Und was für die Wirtschaft gut ist, nutzt jedem Einzelnen und der Gesellschaft. Denn es schafft Arbeitsplätze und damit Wohlstand.

Ist es so einfach? Ist Geld neutral, und darf man ihm die kriminelle Herkunft verzeihen? Drogengelder, Gewinne aus Menschenhandel, Waffenschiebereien und Umweltverbrechen sowie aus Deals mit Despoten, die ihre Bevölkerung knechten und ausbeuten – wer Geschäfte mit Schurken, mit kriminellen Banden tätigt und deren dreckiges Geld entgegennimmt, macht der sich nicht mitschuldig am Verbrechen des „Geschäftspartners“? Auf jeden Fall sorgt er dafür, dass diese geschäftstüchtigen Verbrecher weiterhin Verbrechen begehen, dass Despoten sich weiterhin an ihren Völkern bereichern.

Wie aber passt dieser Umstand zum Anspruch unserer westlichen Demokratien, eine Wertegemeinschaft zu sein, sowie zu dem gebetsmühlenartig nach außen getragenen Anspruch, Menschenrechte zu achten und diese zu schützen?

Dieses Buch zeigt, in welchem Ausmaß dreckiges Geld bereits zum Alltag in unserer Bundesrepublik Deutschland, aber auch in den anderen Staaten der freien Welt gehört. Doch das ist noch nicht alles. Wer viel Geld und düstere Absichten hat, kann Entscheidungsträger und Politiker bestechen sowie politische Entscheidungen zu seinen Gunsten beeinflussen, kann Fake News verbreiten, die den Ausgang von Wahlen mitentscheiden, kann Verunsicherung durch Cyber- und Terrorattacken schaffen und Staaten wie unsere westlichen Demokratien destabilisieren. Geld ist auch eine Angriffswaffe, wenn seine Herkunft verschleiert werden kann. Russlands Präsident Wladimir Putin beherrscht diese Disziplin. Er nutzt sie zur Unterwanderung von demokratischen Gesellschaften – und schreckt, wie der Einmarsch in die Ukraine zeigt, in der Konsequenz nicht vor militärischer Gewalt zurück.

Hier geht es längst nicht mehr nur um die Verletzung moralischer Ansprüche, hier geht es um die Bedrohung von Freiheit und Rechten der Bürgerinnen und Bürger, sprich: um die Aushöhlung demokratischer Systeme. In einer Demokratie sind der Bürger und die Bürgerin der Souverän des Landes. Dennoch gilt: Das „Geld regiert die Welt“. Der Spruch klingt abgedroschen. Aber die Aussage bleibt wahr. Und ebenso wahr ist: Dreckiges Geld regiert mit. Auch bei uns.

Manchmal wird die Gefahr der kriminellen Unterwanderung unserer Demokratien sichtbar: Wenn mitten in Europa Journalisten ihre Recherchearbeit zu korrupten Politikern, Geldwäsche und zu Organisierter Kriminalität mit dem Leben bezahlen. Der Zeitungsleser und Nachrichtenschauer schreckt kurz auf – und geht dann zum nächsten Thema über. Kaum einer ahnt, wie groß die Macht der unsichtbaren Parallelwelt in der EU schon heute ist.

In der Bundesregierung und in der EU-Kommission ist die Gefahr bekannt. Man weiß, dass Terroristen, Organisierte Kriminalität und Geheimdienste von Autokratien sogar untereinander kooperieren. Eine Dreifaltigkeit des Schreckens. Und unsere politisch Verantwortlichen wissen auch: Diese Verbrechen und Attacken auf unsere Staaten sind nur möglich, wenn Geld fließt. Nahezu allen kriminellen Taten ist eines gemeinsam: Sie funktionieren nur mithilfe verschleierter Finanztransaktionen. Aber wem läuft schon ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er den Begriff „Geldwäsche“ hört? Der Begriff klingt harmlos. Schließlich verbinden die meisten Menschen mit „Geld“ und „Wäsche“ etwas Positives.

Die Finanzkriminellen können sich freuen. Anders als der normale Bürger, der, sagen wir, wegen Falschparkens gnadenlos verfolgt wird, haben die Schleuser des dreckigen Geldes wenig zu befürchten. In Deutschland werden jährlich mindestens 100 Milliarden Euro an schmutzigem Geld gewaschen.[i] Über die Zeit gerechnet kommt man da schnell auf einen Billionenbetrag. Und was unternehmen unsere Staatenlenker dagegen?

Im Bundestagswahlkampf 2021 zumindest wirbt nicht eine einzige Partei mit dem Slogan „Kampf gegen Geldwäsche“ oder „Wir holen die Billionen von den Kriminellen“. Darüber muss man sich wundern, denn vielen Bürgern hätte dieser Slogan sicher gefallen. Sie fragen sich schon lange: Warum sollen nur die Ehrlichen mit ihren Steuern den Staat finanzieren?


1 Wer hat die Geldwäsche erfunden?

Wenn Geld nur sprechen könnte, der Zwanziger, der Fünfziger, der Hunderter im Portemonnaie, er würde uns möglicherweise erzählen, dass er einst einem Verbrecher gehörte, der ihn sich durch Drogen- oder Menschenhandel „verdient“ hat. Er könnte berichten von seiner langen, verzweigten Reise durch das internationale Finanzsystem, die so lange dauerte, bis das menschliche Leid, das Blut, das an diesem Geldschein klebt, abgewaschen wurde mithilfe von Überweisungsträgern, Bankkonten, Firmennamen und Strohleuten.

Geld kann bekanntlich nicht sprechen. Dafür hinterlässt es lesbare Spuren im globalen Finanzsystem. Gut geschulte Finanzermittler wären in der Lage, den Weg verdächtiger Überweisungen nachzuzeichnen. Wenn man sie ließe.

Wir leben in einer Welt, in der die demokratische Öffentlichkeit weder weiß, wem bestimmte Firmen und Immobilien gehören, noch, wie die anonymen Besitzer das Geld für ihren Kauf erwirtschaftet haben. Wenn eine Regierung öffentliche Aufträge vergibt, könnte das ausführende Unternehmen im Besitz einer ehrlichen Person sein. Die Firma könnte aber auch dem Minister gehören, der den Auftrag aus Eigennutz vergeben hat. Wir wissen es nicht. Es gibt zwar Register, in denen die Eigentümer der Firmen notiert sind, doch oft stehen dort keine Einzelpersonen, sondern andere Firmen. Und diese Firmen gehören wiederum Briefkastenfirmen. Der wahre Besitzer und Profiteur bleibt im Verborgenen. Selbst nach der Aufdeckung des Geldwäscheskandals bei der Danske Bank 2018 sind die von osteuropäischen Verbrechersyndikaten in das Finanzsystem geschleusten 200 Milliarden Euro verschwunden geblieben. Niemand weiß, wo die Beträge gelandet sind.[ii]

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass jährlich zwischen 2 bis 5 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts und damit bis zu 4 Billionen Dollar gewaschen werden.[iii] Das ist eine Zahl mit zwölf Nullen. Die internationale Geldwäsche entspräche damit der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt, noch vor Deutschland mit 3,8 Billionen Dollar. Aber nur 1 Prozent dieser Gelder können die Ermittler weltweit sicherstellen, so Schätzungen. Und der Schaden für die Gesellschaft ist natürlich noch größer, als es die nackten Zahlen ausdrücken.

Geldwäsche wird oft verniedlicht, weil dreckiges Geld auf den ersten Blick das Wirtschaftswachstum in einem Land stärkt. Doch in der gebotenen holistischen Betrachtung ist dieses vermeintliche Wachstum ein Minusgeschäft. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch die kriminellen Vortaten entstehen, sind viel höher. Man denke an die sozialen Folgen von Drogensucht, Prostitution und Waffenhandel. „Schädlich ist tatsächlich weniger die Geldwäsche als einzelne Handlung, sondern ihre Funktion für die Organisierte Kriminalität“, schreibt Thomas Achim Werner in PROKLA – Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft. Geldwäsche, so meint er, sei gleichzeitig Folge und Voraussetzung Organisierter Kriminalität. „Vergleicht man Geld und Gewinne mit dem Lebensblut der Organisierten Kriminalität, dann sind die Kanäle der Geldwäsche die Blutgefäße, welche einen Blutkreislauf erst ermöglichen.“[iv] Der Aufsatz ist die Zusammenfassung seiner Diplomarbeit zum Thema, Werner war einer der ersten Wissenschaftler in Deutschland, die sich des Themas Geldwäsche angenommen haben. Er arbeitet inzwischen als Unternehmensberater.

Die Geldwäsche wird als Mutter des Verbrechens und gemeinsamer Nenner vieler Straftaten bezeichnet. Denn erst wenn es einem Drogenboss oder einem – korrupten – Politiker gelingt, das ergaunerte Geld in den Äther des Finanzsystems zu schleusen, kann er die Beute „legal“ nutzen. Die Konsequenzen sind dramatisch, denn die Grundregeln der Marktwirtschaft werden unterhöhlt: Kriminelle Unternehmen waschen Geld und können dabei Verluste in Kauf nehmen. Sie müssen keinen Profit abwerfen – rechtschaffene Unternehmen hingegen schon. Die durch Geldwäsche finanzierten Firmen können die Marktpreise daher unterbieten – und sich so einen unschlagbaren Wettbewerbsvorteil verschaffen. Leistung lohnt sich nicht mehr.

Die Methoden der Geldwäsche sind raffiniert. Es braucht clevere und juristisch-ökonomisch gebildete Menschen, um die Herkunft und die Reise von illegal erwirtschafteten Vermögen im internationalen Finanzsystem zu verschleiern. Diese besonderen Anforderungen an den Geldwäscher sind nichts Neues, es gibt sie schon lange.

Die Ursprünge der modernen Geldwäsche liegen in den USA der 1930er-Jahre. Zu Zeiten der Prohibition werden die illegalen Einnahmen aus dem Alkoholschmuggel in den legalen Wirtschaftskreislauf kanalisiert. Der legendäre Al Capone investierte diese Gelder tatsächlich in Waschsalons. Der Begriff „Geldwäsche“ soll auch aus jener Zeit herrühren. Der berühmte Gangster Meyer Lansky, 1902 in Russland geboren und 1983 in Miami gestorben, gilt in diesen Jahren als der Vertrauensbanker für das organisierte Verbrechen. Das FBI beißt sich an Meyer Lansky zeitlebens die Zähne aus. Trotz vieler Razzien finden die Ermittler nie belastende Materialien oder Beweise seines illegalen Handelns. Er besitzt ein ausgezeichnetes Gedächtnis, weshalb er so gut wie keine schriftlichen Unterlagen seiner Kunden vorhält. Meyer Lansky trainiert wie besessen Kopfrechnen und engagiert sogar einen Mathematiklehrer, der seine Fähigkeiten schärft. Er entdeckt als einer der Ersten die Vorzüge des anonymen Nummernkontos in der Schweiz. Er verspricht, dass seine Kundschaft keine Steuern bezahlen muss und die illegal erwirtschafteten Gelder sicher gebunkert sind. Man darf ihn als den Vordenker der modernen Geldwäsche bezeichnen. Sein Leben ist mehrfach verfilmt worden. „Meyer Lansky war für die Entwicklung der Geldwäsche das, was die Gebrüder Wright für die Entwicklung der Concorde bedeuteten“, sagt der investigative Buchautor mit dem Fachgebiet internationale Finanzkriminalität, Jeffrey Robinson.[v] Um Geldwäsche zu verstehen, so Robinson, müsse man sich vorstellen, dass jemand einen Stein ins Wasser wirft. Anfangs bilden sich an der Einschlagstelle Wellen, die sich konzentrisch ausbreiten. Doch je tiefer der Stein sinkt, desto schwächer werden diese Wellen, bis der Beobachter am Schluss nicht mehr weiß, wo der Stein liegt. „Das ist exakt das, was mit gewaschenem Geld passiert“, erklärt Robinson.


Watergate, Thatcher und Reagan

Der Staat reagiert damals nicht. Es folgen der Zweite Weltkrieg und die Neugestaltung der Weltordnung. Im Kalten Krieg sind den westlichen Politikern Aufbau und Wachstum wichtiger, als die Jagd nach schmutzigem Geld zu forcieren. Erst nachdem deutlich geworden ist, dass in den USA Drogenkartelle besonders aktiv sind, verabschiedet der US-Kongress 1970 den Bank Secrecy Act. Die Finanzinstitute sind fortan verpflichtet, die US-Regierungsbehörden bei der Aufdeckung und Verhinderung von Geldwäsche zu unterstützen. Sie müssen verdächtige Geschäfte ihrer Kunden melden – Geldwäsche stand in den USA erstmals unter Strafe. Doch nicht (allein) wegen der Gesetzesänderung erlangt der Begriff der Geldwäsche erstmalig weltweit größere Aufmerksamkeit – dies geschieht Anfang der Siebzigerjahre im Zusammenhang mit einer Affäre, die 1974 schließlich zum Rücktritt von Richard Nixon führt.

Beim „Watergate-Skandal“ geht es um weit mehr als um die Steuerhinterziehung der Meyer-Lansky-Ära. Der republikanische US-Präsident Richard Nixon möchte in den 1970er-Jahren seine Wiederwahl sichern – auch mithilfe verbrecherischer Methoden. Seine Helfer brechen nachts ins Watergate-Hotel – das Hauptquartier der oppositionellen Demokraten – ein, um dort Wanzen zu installieren. Der politische Gegner wird abgehört. Die Republikaner finanzieren diese Aktion mit illegalen Wahlkampfspenden. Die Herkunft der Gelder wird durch Transaktionen über Banken in Mexiko verschleiert. Doch mit dem Auffliegen der Watergate-Affäre gelangt erstmals ein Fall verbrecherischer Geldwäsche aus der Politik an die Weltöffentlichkeit.

Allen Gesetzesverschärfungen und öffentlichen Skandalen zum Trotz macht in den Siebziger- und Achtzigerjahren die Mafia in New York mit der „Pizza-Connection“ Schlagzeilen: Die Bande wäscht Heroingelder im Wert von 2 Milliarden Dollar über ihre Pizzerien. Die Methode: schwere Koffer mit Bargeld ins Lokal reintragen, die Scheine in die Kasse legen und als Umsatz bei der Steuer deklarieren. So funktioniert das auch heute noch. Versierte Steuerprüfer könnten den mit Schwarzgeld aufgeblasenen Umsatz durch einen Abgleich mit den (womöglich auch frisierten) Einkaufskosten von Teigwaren vielleicht abgleichen. Doch diese Steuerprüfungen werden aufgrund des Personalmangels selten durchgeführt.

Die Pizza-Connection und der erfolglose Kampf gegen Drogen rütteln die internationale Staatengemeinschaft auf. Man plant die Einführung von strengen Geldwäschegesetzen, um die Kriminellen in die Schranken zu weisen. Eine internationale Organisation, die Financial Action Task Force (FATF), wird die Umsetzung dieser Empfehlungen und Regeln ab 1989 regelmäßig prüfen. Der Aufruf zum Kampf gegen Geldwäsche kommt allerdings zu einer Zeit, da der Finanzkapitalismus mit aller Freiheit erst so richtig ins Rollen kommt. US-Präsident Ronald Reagan und Premierministerin Margaret Thatcher in Großbritannien treiben in den Achtzigerjahren die Entfesselung der globalen Finanzmärkte voran (in Großbritannien bekannt geworden als „Big Bang“). Die Geldwäschebekämpfung genießt in diesem politischen Umfeld keine Priorität.

Wie wenig Thatcher vom Aufspüren illegaler Finanztransaktionen hielt, finden britische Forscher im Jahr 2017 heraus. Sie dürfen eine bis dahin als geheim eingestufte Akte aus dem britischen Finanzministerium einsehen. Sie besteht aus persönlichen Korrespondenzen der damals verantwortlichen Politiker und anderen Dokumenten. Es geht um die Verabschiedung des Geldwäschegesetzes und den Kampf gegen Finanzkriminalität.[vi] Die Unterlagen zeigen, dass die Gesetze zur Verbrechensbekämpfung in den Achtzigerjahren so geschnürt wurden, dass sie den Interessen der Finanzindustrie nicht im Wege standen – freie Fahrt also für die Wäsche dreckigen Geldes, insbesondere Geld aus Drogenhandel.

Ähnlich die Entwicklung in Deutschland: Experten weisen damals darauf hin, dass der Kampf gegen Finanzkriminalität verschärft werden muss – doch die Politik reagiert unzureichend. Das Bundeskriminalamt (BKA) warnte bereits 1986, dass die bei der Organisierten Kriminalität in Rede stehenden Summen einen gewichtigen Wirtschafts- und damit Machtfaktor bildeten. Es entstünde ein „gigantisches illegales und internationales Finanznetz“. Man müsste daher den Kriminellen „die ökonomische Machtbasis entziehen“, notwendig wäre die Einführung einer Beweislastumkehr. Die Justiz sollte, so die Empfehlung, verdächtige Sach- oder Geldvermögen einfrieren und am Ende konfiszieren dürfen, es sei denn, der wahre Eigentümer trete vor, belege die legale Herkunft des Geldes und dessen Versteuerung.[vii]

Ein guter Ratschlag – der leider fast vier Jahrzehnte lang überhaupt nicht befolgt wurde.

Auch die Warnung des damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckart Werthebach, verpufft bei den zuständigen Bundesregierungen. Werthebach schreibt 1994, die Gefahr für den Rechtsstaat liege nicht in der kriminellen Handlung als solcher, sondern in der Möglichkeit, durch Kapital Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse zu nehmen, die sich einer demokratischen Kontrolle weitestgehend entziehen. Es gehe, so Werthebach, um die Korrumpierung von Politikern oder anderer einflussreicher Entscheidungsträger in gesellschaftlich relevanten Positionen. „Durch ihre gigantische Finanzmacht gewinnt die Organisierte Kriminalität heimlich zunehmend Einfluss auf unser Wirtschaftsleben, die öffentliche Verwaltung, die Justiz wie auf die Politik und kann schließlich deren Normen und Werte bestimmen.“[viii]

Und so kam es, wie es wohl kommen musste: Nicht nur im fernen Amerika, sondern auch bei uns in Deutschland lernen Politiker die „Vorzüge“ geheimer Konten schätzen.

Andreas Frank

Über Andreas Frank

Biografie

Andreas Frank, Diplom-Kaufmann.Studium der Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Mannheim und Ludwig-Maximilians-Universität München. Mitarbeiter von Bache Halsey Stuart Shields, Goldman Sachs & Co. und HSBC Trinkaus & Burkhardt. Über 30 Jahre Erfahrung im Investment Banking, M&A und den...

Markus Zydra

Über Markus Zydra

Biografie

Markus Zydra arbeitet seit 2008 als Finanzkorrespondent für die Süddeutsche Zeitung in Frankfurt.  Er kümmert sich um die Themen Notenbankpolitik, Bankenaufsicht, Finanzmarktregulierung und Geldwäsche. Vorherige Arbeitgeber: Financial Times Deutschland und FAZ, dort als Wirtschaftsredakteur. In den...

Pressestimmen
SWR 2 "lesenswert"

„Ein aufrüttelndes und wichtiges Buch.“

WDR 3 „Gutenbergs Welt“

„Eine unglaublich erhellende Lektüre.“

Deutschlandfunk „Andruck“

„Der Report ›Dreckiges Geld‹ ist flüssig geschrieben und bringt anschauliche Geldwäsche-Beispiele.“

Oberhessische Zeitung

„Wer das Buch einmal begonnen hat zu lesen, bekommt den Mund nicht mehr zu - vor Staunen und vor Erschrecken.“

Euro

„Ein Buch, das aufrüttelt — und das man dringend jedem Finanzpolitiker in die Hand drücken möchte, um endlich aufzuwachen.“

Kommentare zum Buch
Dreckiges Geld
W-T-W Women and Finance am 01.09.2022

"Must Read" für jede Frau!   Ein spannendes Buch, es erklärt was Organisierte Kriminalität und Geldwäsche in unserem Land anrichten und was es bedeutet für das Klima und die Demokratien weltweit.   Umweltkriminalität wie der illegale Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen und der illegale Holzeinschlag gehören heute zu den profitabelsten kriminellen Unternehmungen weltweit, die jedes Jahr hohe Gewinne einbringen und noch größere Schäden und Kosten für die Umwelt und die Gesellschaft verursachen. Viele völlig legale Unternehmen profitieren von solchen Umweltverbrechen, ebenso wie diejenigen, die sie finanzieren. Environmental-Crimes   Nur mal als Beispiel: illegale Müllentsorgung scheint billiger, verursacht aber hohe Folgekosten, schadet der Umwelt und fördert Korruption. Dieses Buch zu lesen ist ein „Muss“ für den Klimaschutz!   Women and Finance

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