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Gebrauchsanweisung für das JenseitsGebrauchsanweisung für das Jenseits

Gebrauchsanweisung für das Jenseits

Bruno Jonas
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„Bruno Jonas hat eine abwechslungsreiche ›Gebrauchsanweisung für das Jenseits‹ geschrieben.“ - Allgemeine Laber-Zeitung

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Gebrauchsanweisung für das Jenseits — Inhalt

Für Horst Seehofer ist Bayern das Paradies, in Jena heißt der Bahnhof so, und für wieder andere ist es ein üppiger Park. Wo liegt der Garten Eden wirklich? Treffen wir uns drüben alle wieder? Und wie sieht es in der Unterwelt aus? Das Jenseits ist seit jeher Projektionsfläche für Fantasien. Weltreligionen hegen gewisse Vorstellungen, Philosophen versuchen sich an Auslegungen. Manche Menschen haben schon einmal hineingeblickt in jene Region, für die der Tod das Eintrittsticket ist. Pointenreich und fundiert deutet Bruno Jonas Glaubenssätze und Seelenlehren und gelangt dabei zu neuen, spektakulären Ergebnissen. Er empfiehlt Reiselektüre und andere Vorkehrungsmaßnahmen; erörtert, wie man die letzten Dinge regelt. Er geht der Frage nach dem richtigen Timing für den Aufbruch ins Jenseits nach. Und enttarnt den Wunsch nach Unsterblichkeit als Ausdruck maßloser Lebensgier.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 02.05.2018
224 Seiten, Flexcover mit Klappen
EAN 978-3-492-27711-2
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€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 02.05.2018
224 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99107-0
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„Verschmitzt und sarkastisch. Für Gläubige und Ungläubige.“
Falter (A)

Leseprobe zu „Gebrauchsanweisung für das Jenseits“

Am Anfang war das Wort

„Ist das dein Ernst?“, fragt mich mein Freund Johannes. „Du schreibst ein Buch über das Jenseits? Ausgerechnet du, du alter Zweifler! Wer soll denn das lesen?“

„Ja, du halt! Du glaubst ja dran, dass du eines schönen Tages dort drüben einreisen darfst.“

„Jaaa, genau! Das wirst du dann schon sehen. Ich brauch dieses Buch nicht. Aber ich lese es!“

„Schön. Einen Leser hab ich also schon. Und, Johannes, du bist nicht allein. Die Mehrheit der Weltbevölkerung glaubt an ein ewiges Leben im Jenseits.“

»Weißt du, was der heilige Paulus dazu [...]

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Am Anfang war das Wort

„Ist das dein Ernst?“, fragt mich mein Freund Johannes. „Du schreibst ein Buch über das Jenseits? Ausgerechnet du, du alter Zweifler! Wer soll denn das lesen?“

„Ja, du halt! Du glaubst ja dran, dass du eines schönen Tages dort drüben einreisen darfst.“

„Jaaa, genau! Das wirst du dann schon sehen. Ich brauch dieses Buch nicht. Aber ich lese es!“

„Schön. Einen Leser hab ich also schon. Und, Johannes, du bist nicht allein. Die Mehrheit der Weltbevölkerung glaubt an ein ewiges Leben im Jenseits.“

„Weißt du, was der heilige Paulus dazu sagt?“

„Äh – nicht genau … aber wie ich dich kenne, wirst du es mir gleich sagen.“

„Also, ich zitiere Paulus, erster Brief an die Korinther: Siehe, ein Geheimnis sage ich euch: Alle werden wir nicht entschlafen, aber alle werden wir verwandelt werden, im Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Trompete.“

„Ja, und ich zitiere Jonas, erster Brief an die Johanniter: Bei der ersten Trompete weißt du nicht, wie du hinkommst, wie es dort zugeht und wie es dort ausschaut. Und im Nu wirst du diese Gebrauchsanweisung zur Hand nehmen! Die Verantwortlichen im Jenseits sind nämlich ein bisschen altmodisch. Statt auf moderne Kommunikationstechniken setzen sie auf althergebrachte Kanäle. Sie kommunizieren über Offenbarungen, Träume, Weissagungen und Medien! Warum ist das Jenseits nicht längst digitalisiert? Wer blockiert denn hier den technischen Fortschritt? Man will doch wissen, wie es drüben weitergeht. Aber nie meldet sich einer. Wir sind hier im Diesseits auf Spekulationen angewiesen, und jeder fantasiert sich sein eigenes Jenseits zusammen. Deshalb ist eine Gebrauchsanweisung dringend nötig.“

„Ich brauche keine! Ich hab volles Vertrauen in Gott!“

So spricht mein Freund und Hobbymissionar Johannes. Er glaubt, dass er drüben Jimi Hendrix trifft. Gleich nach seiner Ankunft reicht ihm der Jimi eine Stratocaster, und dann spielen sie zusammen „Purple Haze“. Daran glaubt er. Er spielt die Gitarre im Jenseits genauso genial wie Hendrix selbst. Meinen Einwand, dass Hendrix möglicherweise gar nicht im Himmel ist, schiebt er beiseite, ebenso wie die Feststellung, dass sein Gitarrenspiel vielleicht nicht ganz mit Hendrix mithalten könne. Johannes glaubt felsenfest, dass er im Himmel „vollendet“ wird. Wir alle werden vollendet werden. Was allerdings die Vollendung von Johannes’ Gitarrenspiel angeht, glaube ich felsenfest, dass Gott an seine Grenzen stoßen wird.

 

Philosophen, Theologen, Päpste, sogar Naturwissenschaftler haben das Jenseits erforscht. Haben dicke Bücher dazu verfasst, um der Menschheit die Sphäre dieser Welten zu schildern.

Ein Kabarettist ist meines Wissens noch nicht mit einem Buch dazu hervorgetreten. Das ist nicht nur höchst verwunderlich, sondern auch bedauerlich, wo wir doch sonst zu allen möglichen Themen etwas zu sagen haben. Nichts ist vor unseren scharfen Zungen sicher, und ausgerechnet vor dem Jenseits schreckte die satirische Zunft bisher zurück. Warum? Eignet sich der Stoff nicht für die satirische Zuspitzung? Finden wir in dem Wissen, nichts darüber zu wissen, was uns im Jenseits erwartet, keinen satirischen Zugang? Diese Vermutung können wir mit Kierkegaard widerlegen, der sagt: „Die Ironie ist das unendlich leichte Spiel mit dem Nichts, ein Spiel, das sich durch das Nichts nicht erschrecken lässt, sondern noch einmal mehr den Kopf hochreckt.“

Demnach drängt sich ein wesentliches Element der satirischen Schreibweise, die Ironie, geradezu auf, um das Jenseits in seiner gesamten Ausdehnung genauer unter die Lupe zu nehmen. In religiöser Hinsicht füllt das Nichts zahlreiche dicke Bücher. Es gibt viel zu lesen. Religiöse Erzählungen bieten reichlich Angriffspunkte, an denen sich der Geist der Spötter entzünden könnte. Offenbarungen und Wunder gehören in allen Religionen zum festen Bestandteil des Glaubens. Alle Ereignisse, bei denen die Gesetze der Physik auf übernatürliche Weise außer Kraft gesetzt werden, finden vor dem Kadi der Vernunftmenschen keine Gnade. Hohn und Spott sind Tür und Tor geöffnet.

Die Nichtexistenz Gottes zu beweisen kann sehr unterhaltsam sein, genauso wie im umgekehrten Fall die Existenz Gottes. Allen Gottesbeweisen haftet per se etwas Komisches an. Der Theologe Hans Küng weiß das vermutlich, wenn er einräumt, dass sich Gott nicht beweisen, sehr wohl aber „bewahrheiten“ lässt. Die Bewahrheitung Gottes kann auch komische Formen annehmen, wenn zum Beispiel der Vaterschaftsnachweis des Heiligen Geistes samt jungfräulicher Empfängnis bewahrheitet wird. Atheisten haben naturgemäß einen Heidenspaß daran, Gläubige aller Konfessionen als Einfaltspinsel mit kindlichem Gemüt bloßzustellen.

„Das Liebeskonzil“, ein klerikal-kritisches Stück von Oskar Panizza, aufgeführt 1892, das im Himmel, der Hölle und am Hof des Borgiapapstes Alexander VI. spielt, brachte dem Autor ein Jahr Einzelhaft ein. Nicht ganz so schlimm erging es Ludwig Thoma mit seinem „Münchner im Himmel“. Die Szene, 1911 geschrieben, begeistert bis heute das Publikum.

Der Münchner Dienstmann Alois Hingerl erledigt darin einen Auftrag mit solcher Hast, dass er, vom Schlag getroffen, zu Boden fällt und stirbt. Zwei Engel tragen ihn in den Himmel, wo er sich in einer für ihn wenig erfreulichen Szenerie wiederfindet. Den ganzen Tag lang soll er frohlocken und Hosianna singen, und als er sich nach einer Maß Bier erkundigt, teilt ihm der heilige Petrus mit, er möge sich gedulden, er werde sein Manna schon noch bekommen. „Ein Manna? Wos soll nacha des sei?“, fragt der Münchner im Himmel. „A Bier mag i! Manna! Da wenn du mir nicht gangst! Dei Manna kannst selber saufa“, schimpft der Engel Aloisius vor sich hin. Sein himmlischer Grant entlädt sich lautstark beim Frohlocken. „Halleluja, sag i. Zefix Halleluja!!“ Durch diese Flüche wird der liebe Gott in seinem Mittagschlaf gestört, und er erkundigt sich nach der Ursache für diese Unruhe. Als ihm Petrus vom Engel Aloisius berichtet, seufzt der liebe Gott: „Ein Münchner!“ Um den Seelenfrieden wiederherzustellen, wird Aloisius beauftragt, einmal im Monat auf die Erde hinabzufliegen, um der bayerischen Staatsregierung die göttlichen Ratschläge zukommen zu lassen, auf die sie, wie Thoma unterstellte, bis heute wartet, weil der Hingerl im Hofbräuhaus hockt und eine Maß nach der anderen trinkt.

Ludwig Thoma kam damals mit einer Geldstrafe davon, weil das Königlich Bayerische Amtsgericht zu dem Urteil kam, dass die bayerische Staatsregierung auf göttliche Eingebungen nicht angewiesen ist.

Satiren, die religiöse Inhalte thematisieren, können auch heutzutage noch große Aufregungen verursachen. Freilich sind es weniger christliche Religionen, die solche Skandale auslösen, sondern mehr radikale muslimische Glaubenszweige, die dem Spott nicht mit Humor begegnen können. Strenggläubige muslimische Rechtsgelehrte wissen sich dann oft nicht anders zu helfen, als eine Fatwa auszusprechen, die jeden „Rechtgläubigen“ dazu ermächtigt, den „Gotteslästerer“ zur Strecke zu bringen. Möglicherweise rührt daher die Zurückhaltung der Satiriker in Glaubensangelegenheiten?

Satirische Angriffe mit der Absicht, aufzuklären, sind in religiösen Kreisen meiner Erfahrung nach ohnehin zum Scheitern verurteilt, weil jede Religion für ihre Gläubigen das Höchste an Vernunft darstellt, was sie sich vorstellen können. Religiöse Vernunft ist außerdem immer mit religiösen Gefühlen abgesichert. Dagegen sticht kein Argument, schon gar nicht in satirischer Verpackung.

Freunde der Ironie lassen möglicherweise auch deshalb die Finger von einer satirischen Auseinandersetzung mit religiösen Inhalten, weil Glaubensreste aus der Kindheit ein Leben lang im Verborgenen aktiv sind und sie aufgrund dieser Signale befürchten, bei der möglichen Übersiedelung in die jenseitigen Gefilde Unannehmlichkeiten zu bekommen. Man weiß ja nie.

Dennoch dürfen die Vertreter der satirischen Schreibweise bei ihrem Publikum immer auch auf den aufgeklärten Humor hoffen, der nötig ist, um richtig verstanden zu werden.

Allerhöchste Zeit also, dass sich doch mal einer aus der satirischen Gemeinde des Themas annimmt.

Ich schreibe aus der Sicht eines einfachen Erdlings, der keine Ahnung hat. Damit befinde ich mich in der besten Gesellschaft derer, die über das Jenseits nachgedacht haben. Bei den vielen Büchern, die ich zum Thema gesichtet und zum Teil komplett durchgelesen habe, verstärkte sich bei mir der Eindruck, dass alle diese Experten vor allem Experten auf dem Gebiet der Spekulation sind. Was kein Wunder ist, denn sie waren alle noch nicht dort. Alle aber, wirklich alle, schilderten stilistisch einwandfrei, in mehr oder weniger gut lesbaren Sätzen, und auch inhaltlich sehr kompetent ihre Unwissenheit. Das machte mir Mut. Ich sagte mir, wenn selbst Päpste, Theologieprofessoren aller Konfessionen und Philosophen in dicken Büchern ihre durch nichts bewiesenen Spekulationen glaubhaft veröffentlichen dürfen, dann kann nichts Falsches daran sein, wenn ich diese Spur der Ahnungslosigkeit aufnehme.

 

Karl Valentin soll einmal gesagt haben: Alles ist schon mehrmals gesagt worden, nur noch nicht von allen. Das ist wahr. Diese Erkenntnis wirkt auf mich wie ein Befehl. Und mir ist es lieber, wenn ich noch einmal alles auf meine Weise wiederhole, bevor es ein anderer auf seine Weise tut. Ich kann allerdings nicht versprechen, dass mir nicht doch noch etwas Neues einfällt. Ich nehme das sogar an. Es geht nämlich nicht nur um die Verbreitung allgemein bekannter Tatsachen und Gedanken zum Jenseits, nein, es geht auch immer um die Frage, ob der Autor in der Lage ist, bereits Gedachtes so zu formulieren, dass der Leser das Gefühl nicht mehr los wird, er lese etwas völlig Neues. Ich bediene mich dabei einer bewährten Methode, die von den größten Geistern der Literatur bis zu den kleinsten Spitzbuben immer wieder mit großem Erfolg angewandt wurde, nur aus dem einen Grund, den eigenen Ruhm zu mehren. Ich klaue und plagiiere gnadenlos, was ich kriegen kann, und fühle mich dabei in bester Gesellschaft. Das Genie könne gar nicht anders als zu plagiieren, was andere bereits gedacht und geschrieben hätten, legt Egon Friedell, der auch schon lange tot ist, in seiner „Kulturgeschichte der Neuzeit“ überzeugend dar. Denn nur das Genie sei in der Lage, große Gedanken zu erkennen und sie auf seine Weise neu und aktuell zu denken. Mit diesem Gedanken freundete ich mich sofort an. Egon Friedell hat natürlich recht.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht mich meinte, als er seine Genietheorie entwickelte, schon eher Bert Brecht, der auf dem Feld des Abschreibens ein wahrer Meister war. Er wird es drüben nicht leicht haben, weil dort bestimmt schon François Villon auf ihn wartet, der ihm dann sagen wird, was er von ihm geklaut hat. Es sind ja schon so viele drüben. Der Thomas Mann, der Lion Feuchtwanger, der Stefan Zweig, der Oskar Maria Graf, der Thomas Bernhard; die Reihe der Dichter ist enorm lang. Im Jenseits werden sich viele von denen nicht aus dem Weg gehen können. Schriftsteller und Dichter untereinander, ein explosives Gemisch. Das geht nicht lange gut. Und wenn dann noch der Reich-Ranicki dazustößt, nicht auszudenken. Ich weiß, ich bewege mich im Reich der Spekulation.

Dass ich dazu fähig bin, habe ich schon öfter hinlänglich bewiesen. Ich bin bekannt dafür, Selbstverständliches so unverständlich zu formulieren, dass der Leser ein Aha-Erlebnis hat und spontan ausruft: So hab ich das noch gar nicht gesehen!



Totgelacht


Denn hinderlich, wie überall/Ist hier der eigne Todesfall.
Vielleicht hat Wilhelm Busch mit diesem Vers – dem letzten aus dem „Maulwurf“ – darauf spekuliert, den Tod umzustimmen? Ein letzter Humorversuch, um ihn zum Lachen zu bringen? Wahrscheinlich ist es ihm sogar gelungen! Wissen können wir es nicht. Der Tod ist auch nur ein Mensch. Von daher ist anzunehmen, dass auch er öfter lachen muss, weil er nicht mehr anders kann. Beispielsweise, wenn einer partout meint, er könnte ihn überlisten, dann entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Der „Brandner Kaspar“ hat es probiert. Er hat ihn auf gut bayerische Art mit Kirschgeist abgefüllt, bis er total besoffen war, und ihm auf diese hinterlistige Weise beim Kartenspielen einige Jahre zusätzlich abgeluchst. Aber es endet wie immer, wenn einer versucht, das Unvermeidliche zu vermeiden.

Wer zuletzt lacht, lacht am besten, heißt es, und das kann am Schluss halt doch wieder nur der Tod sein. Im Grunde genommen wundert sich eh niemand darüber, weil wir sowieso alle wissen: Das Leben ist eine große Komödie, die mit dem Tod endet. Voltaire hat schon recht, wenn er sagt: Gott ist ein Komödiant, der vor einem Publikum spielt, das zu ängstlich zum Lachen ist. Das liegt natürlich am Tod, der im göttlichen Auftrag handelt. Doch sehen wir den „Gevatter Tod“, wie wir ihn scherzhaft nennen, selten als Stand-up-Comedian, sondern meistens als Horrorgestalt, bei deren Anblick uns das Lachen vergeht.

Bei meinen Umfragen bin ich auf Menschen gestoßen, die behaupteten, der Tod hätte keinen Humor. Ich gestehe, auch ich habe mich vom Ernst des Todes zu dieser Annahme verleiten lassen. Der Tod ist zweifellos eine bitterernste Angelegenheit, aber gerade deshalb bietet er die ideale Plattform für ein schallendes Gelächter. Wir schöpfen das komische Potential nur nicht immer voll aus. Die meisten von uns nehmen allein das Trauerangebot an und lassen die Chance zum Humor außen vor. Je ernster eine Situation ist, desto mehr Komik enthält sie. Der Ernst stellt die Bananenschale bereit, die ihren Ausrutscher findet. Im Pathos der Trauerrede lauern die Lacher.

Jeder hat solche Momente schon erlebt, die sich spontan in einem Lachen auflösen. Ich durfte einmal am offenen Grab einem schwer alkoholisierten Pfarrer lauschen, der lallend die feierliche Einsegnung vornahm. Das Trauerritual verlangt eine pathetische Würdigung, die diese schwere Zunge ums Verrecken nicht gewährleisten konnte. Die Komik wurde zusätzlich durch die Tatsache befeuert, dass „der Hingegangene“ an einer durch übermäßigen Alkoholgenuss hervorgerufenen Leberzirrhose verstorben war. Als der Pfarrer den Verstorbenen als lebenslustigen Menschen schilderte, „der einem guten Tropfen nie abgeneigt gewesen ist, äh, war,“ und dort, wo er jetzt sei, sicherlich auf viele Gleichgesinnte treffen werde, die mit ihm auf die Ewigkeit anstoßen würden, konnte ich beim besten Willen nicht mehr ernst bleiben. Ich musste lachen.

Im Theater ist es gang und gäbe, dass der Tod die Komik für seine Arbeit nutzt. Wir sagen im Deutschen (wo sonst!), wenn wir etwas sehr komisch finden und aus dem Lachen nicht mehr rauskommen, dass wir uns totgelacht haben.

In der Münchner Lach- und Schießgesellschaft ist das während einer Vorstellung wirklich passiert. Dieter Hildebrandt erzählte, dass ein Zuschauer während der Vorstellung lachend vom Barhocker fiel und sofort tot war. „Er hatte sich totgelacht.“ Der Verstorbene wurde im Büro der Lach-und Schießgesellschaft im Künstlerzimmer aufgebahrt, ein Arzt wurde gerufen, der den Tod feststellte. Man wartete auf den Abtransport durch das Bestattungsinstitut. „Wir wollten die Vorstellung abbrechen, aber der Bruder des Verstorbenen bestand darauf, sie zu Ende zu spielen, er meinte, seinem Bruder hätte das gefallen. Wir kamen dem Wunsch nach.“ Wenn Sich-totlachen eine Möglichkeit des Selbstmordes wäre, könnte ich mich damit anfreunden.

Ich glaube, dass der Tod jede Gelegenheit zum Lachen wahrnimmt. Das befreiende Lachen allerdings würde man ihm übel nehmen, also muss er sich zurückhalten. Das Äußerste an humorvoller Reaktion, das er sich leisten kann, ist daher ein Schmunzler. Es ist ein versöhnliches Schmunzeln, das die Grundbedingung des Seins mit Humor signalisiert. Humor ist ja angeblich, wenn man trotzdem lacht. Lachen im Angesicht des Todes, im sicheren Wissen, dass dieser Lacher nichts verhindert. Trotziger geht’s wirklich nicht mehr.

Der Tod triumphiert nicht! Dafür ist er zu mächtig. Triumphe feiern nur die Ohnmächtigen, wenn sie einen Sieg über die Mächtigen erringen. Der Triumph ist unter seiner Würde. Er kann ja nur immer wieder Leben beenden. Die unendliche Reihe der Generationen von Lebenden, die schon vor der Geburt sterblich sind, lassen einen Triumph über das Leben kläglich erscheinen. Solange Samen- und Eizellen verschmelzen, hat der Tod zu tun. Seine Arbeit ist nie endgültig, solange Leben gezeugt wird. Deshalb wirkt der Tod auf dem Feld der Vergeblichkeit.

Hinderlich, wie überall/Ist hier der eigene Todesfall! Für den Tod muss sich dieser Spruch absurd anhören, denn er ist der Einzige, auf den er nicht zutrifft. Er wird nie erfahren, wie es sich anfühlt, wenn er bei ihm selbst eintritt. Nie wird er sich selbst das Licht ausblasen können. Sogar der Selbstmord bleibt ihm versagt. Totlachen geht auch nicht. Angesichts dieser finalen Unzulänglichkeit bleibt ihm nur das ewige Lachen!

Uns Sterblichen hingegen vergeht am Ende unseres weltlichen Daseins meist das Lachen. Im Angesicht des Todes mit Humor zu reagieren, ist nicht jedermanns Sache. Umso mehr bewundern wir Menschen, denen das gelingt.

Als der Vater eines Freundes merkte, dass seine Tage gezählt waren, sagte er in tiefstem niederbayerischen Dialekt zu seinen nächsten Angehörigen: „Steckts ma a gelbe Ruam in Arsch, dann vaziagn mi eh de Antn.“ (Steckt mir eine Mohrrübe in den Hintern, dann entsorgen mich sowieso die Enten.) Wenn der Tod ums Haus schleicht, kann es zu einer letzten, alle überraschenden Äußerung kommen.

Manche bleiben ausgesprochen souverän, wie der von König Heinrich VIII. zum Tode verurteilte Thomas Morus, der den Henker bat, seinen Bart zu verschonen, da dieser keinen Hochverrat begangen habe. Oder Oscar Wilde, der, völlig verarmt, in einem erbärmlich heruntergekommenen Hotelzimmer auf Pump Champagner bestellte und nach dem Genuss seines letzten Glases gesagt haben soll: „Ich sterbe, wie ich gelebt habe – über meine Verhältnisse.“

Es gibt starke Naturen, die den Tod verdrängen können, die ein Leben lang ohne ihn auskommen. Sterben Freunde und Bekannte, ignorieren sie das Ereignis. Sie stehen auf dem Standpunkt: Solange ich lebe, ist der Tod eine Angelegenheit der anderen. Wenn er zu mir kommt, werden wir sehen, wie ich auf ihn reagiere. Warum soll ich mir schon vorher das Leben mit Gedanken an mein Ende versauen?

Meine Erfahrung ist eine andere. Ab einem gewissen Alter lebt man mit dem Tod. Bei mir ging es definitiv damit los, als mein sechzigster Geburtstag unaufhaltsam näher rückte. Ich fing eines Tages damit an, die Seiten mit den Todesanzeigen zu studieren. Mein besonderes Interesse richtete sich dabei immer mehr auf das Geburtsdatum der Verstorbenen. Ich rechnete nach. Fragte nach der durchschnittlichen Lebenserwartung von Männern. Ich war froh, lesen zu können, dass sie bei Männern meiner Generation steigt. Frauen werden trotzdem älter als Männer. Sicher gibt es eine Vielzahl von Gründen dafür. Einer davon ist, dass wir Männer so gut auf unsere Frauen aufpassen. Na ja, die Frauen passen selbstverständlich auch auf uns Männer auf. Statistisch haben verheiratete Männer eine um neun Jahre höhere Lebenserwartung als unverheiratete. Möglicherweise trifft aber hier die Feststellung meines Freundes Johannes zu: Verheiratete Männer leben nicht länger, es kommt ihnen nur so vor!

Dazu passt der Witz, in dem Jopi Heesters, der mit der fast fünfzig Jahre jüngeren Simone Rethel verheiratet war, die zentrale Rolle spielt: Es klingelt beim Ehepaar Heesters an der Tür. Der über hundertjährige Jopi öffnet, draußen steht der Tod. Heesters ruft nach hinten: „Simone, für dich!“ Wie der Tod reagiert hat, ist bekannt. Er nahm’s mit Humor und blieb im Haus, bis Heesters sich nicht mehr gegen sein Ableben wehrte.

Bruno Jonas

Über Bruno Jonas

Biografie

Bruno Jonas, geboren 1952 in Passau, ist Kabarettist, Schauspieler und Autor. 1979 entstand sein erstes Soloprogramm; von 1981 bis 1984 gehörte er als Autor und Akteur dem Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft an. Im Fernsehen war er u.a. mit den Programmen „Extratour“, „Jonas“,...

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„Verschmitzt und sarkastisch. Für Gläubige und Ungläubige.“

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