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Einen Tod musst du sterben (Hannover-Krimis 5) - eBook-Ausgabe Einen Tod musst du sterben (Hannover-Krimis 5)

Susanne Mischke
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Kriminalroman

„Diese Frau versteht sich auf Mord und Totschlag.“ - Hannoversche Allgemeine Zeitung

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Einen Tod musst du sterben (Hannover-Krimis 5) — Inhalt

Im Schwarzen Moor bei Hannover machen Jäger einen schrecklichen Fund: Inmitten der düsteren Landschaft liegt die grausam zugerichtete Leiche eines Mannes. Dem Toten wurde das Herz aus dem Leib gerissen. Kommissar Bodo Völxen stößt bei seinen Ermittlungen schon bald an seine Grenzen. Denn erste Spuren führen zu einer Gruppe von Tierschutzaktivisten, der auch seine Tochter Wanda angehört. Kann er gegen seine eigene Tochter ermitteln? Und weshalb hält sich die Witwe des Verstorbenen in ihren Aussagen so bedeckt?

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 15.09.2014
352 Seiten
EAN 978-3-492-96619-1
Download Cover
€ 13,00 [D], € 13,40 [A]
Erschienen am 01.08.2016
352 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-31014-7
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Leseprobe zu „Einen Tod musst du sterben (Hannover-Krimis 5)“


JETZT STEHT DER Kommissar wie angewurzelt neben seinem Nachbarn, der noch immer den Eimer mit dem Futter darin am Henkel festhält. Futter, das nun nicht mehr gebraucht wird. Flaumige Federn schwirren durch die staubige Luft, kleben blutig an den Wänden und auf dem Boden. Ein Huhn hängt kopflos von einem der Dachsparren.
„Marder“, erklärt Köpcke.
Völxen nickt. Ein Marder sei das Schlimmste, was einem Hühner-stall passieren kann, hat Köpcke ihm seinerzeit erklärt, als er den Drahtzaun um seine Ställe einen halben Meter tief im Boden vergra-ben hat. Ein [...]

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JETZT STEHT DER Kommissar wie angewurzelt neben seinem Nachbarn, der noch immer den Eimer mit dem Futter darin am Henkel festhält. Futter, das nun nicht mehr gebraucht wird. Flaumige Federn schwirren durch die staubige Luft, kleben blutig an den Wänden und auf dem Boden. Ein Huhn hängt kopflos von einem der Dachsparren.
„Marder“, erklärt Köpcke.
Völxen nickt. Ein Marder sei das Schlimmste, was einem Hühner-stall passieren kann, hat Köpcke ihm seinerzeit erklärt, als er den Drahtzaun um seine Ställe einen halben Meter tief im Boden vergra-ben hat. Ein Fuchs sei dagegen harmlos, der hole sich nur ein Huhn, um es zu essen. Ein Marder aber gerate in einen regelrechten Blut-rausch.
„Der killt alles, was sich bewegt, und zwar so lange, bis sich nichts mehr bewegt. Und dann saugt er seinen Opfern das Blut aus, wie ein Vampir, und lässt die Kadaver liegen.“
Völxen war dieses Szenario damals allzu drastisch erschienen, weiß er doch um Köpckes dramaturgisches Talent, das sich besonders unter dem Einfluss von ein, zwei Flaschen Herrenhäuser entfaltet. Aber jetzt sieht der Kommissar mit eigenen Augen, dass der Nachbar seinerzeit nicht übertrieben hat. Offenbar hat der Marder ein Schlupfloch im Zaun gefunden oder sich durchgegraben, um dann dieses Blutbad anzurichten.
Köpckes breiter Kopf, der ohne Andeutung eines Halses auf seinem gedrungenen Körper sitzt, nickt bekümmert.
„Ausgerechnet die Orpington!“, sagt er und spricht dabei jede Silbe buchstabengetreu aus.
Orpington. Sieben Hennen und einen Hahn dieser englischen Rasse hat er sich – zusätzlich zu seinen anderen fünf Dutzend Hühnern – angeschafft, um zu testen, ob die Tiere wirklich so legefreudig sind, wie behauptet wird.
„Wenn ich dieses Drecksvieh erwische!“
„Soll ich eine Fahndung rausgeben?“ Der, zugegeben, etwas plum-pe Versuch, seinen Nachbarn ein wenig aufzumuntern, geht voll da-neben.
„Das ist nicht witzig“, faucht Köpcke, normalerweise ein Ausbund an Gelassenheit. „Was würdest du sagen, wenn einer deine Schafe so zurichten würde?“
„Tut mir leid“, murmelt Völxen verlegen. Täuscht er sich, oder hat sein Nachbar sich tatsächlich gerade eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt? Die Sache scheint ihm wirklich nahezugehen. Erstaunlich, wo er doch sonst seinen Hühnern eigenhändig und ohne mit der Wimper zu zucken den Kopf abschlägt, wenn ihm nach einem Sup-penhuhn ist. Das kapier einer. So etwas würde Völxen seinen Schafen niemals antun.
Als könnte Köpcke Gedanken lesen, brummt der: „Schon gut, Kommissar. Das versteht ihr Städter eben nicht.“
Völxen macht erst gar keinen Versuch, sich gegen den Begriff „Städter“ zu verwahren. Vor gut einem Vierteljahrhundert hat er den alten Bauernhof gekauft, dessen Renovierung noch immer nicht ganz abgeschlossen ist. Seine Tochter Wanda ist hier groß geworden, und seine Frau Sabine, von Beruf Klarinettistin, begleitet regelmäßig den Kirchenchor. Sie kennen hier fast jeden im Dorf, und jeder kennt sie, und doch gelten sie immer noch als Städter. Sollte Wanda eines hof-fentlich noch fernen Tages Kinder haben und auf den Hof ziehen, wäre wahrscheinlich auch sie immer noch keine Einheimische, und ihre Kinder ebenfalls nicht. Und wenn Völxen ganz tief in sich geht, dann muss er zugeben, dass Köpcke irgendwie recht hat. Die Zugehö-rigkeit zum einen oder anderen Lager ist vermutlich eine Frage der Gene.
Inzwischen hat der Terrier sein Scharmützel mit dem Schafbock beendet, schlüpft durch den offenen Spalt der Stalltür, schnüffelt aufgeregt herum und verbellt die toten Hühner. Der Geruch nach Blut scheint den Hund ganz kirre zu machen. Plötzlich flattert etwas über ihren Köpfen. Ein Huhn sitzt oben, auf einer der Stangen, reichlich zerrupft und bestimmt schwer traumatisiert. Aber immerhin lebendig.
Völxen deutet mit einem kleinen Lächeln nach oben: „Wir haben eine überlebende Zeugin!“
Köpcke runzelt die Stirn. „Das nützt jetzt auch nicht mehr viel.“
„Wie wär’s mit ’nem Klaren?“, fragt Völxen, denn dies ist ein Notfall, so viel steht fest. Außerdem ist Samstag, er muss nicht zum Dienst. Er kann sich einen Kurzen erlauben, seinem gebeutelten Nachbarn zuliebe.
Die beiden verlassen den Ort des Grauens und gehen ins Haus. Die Küche sieht unaufgeräumt aus, Hanne Köpcke ist zur Kur. Völxen holt den Schnaps aus dem Kühlschrank und gießt zwei Gläser großzü-gig ein. Sie setzen sich an den Küchentisch, und der Korn fließt mit tröstlicher Wärme die Kehlen hinab. Der Alkohol und vielleicht auch Völxens stumme Anteilnahme scheinen Köpcke gutzutun, seine Miene hellt sich zusehends auf.
„Schade, Sabine mochte die englischen Eier besonders gern“, bricht Völxen das Schweigen.
Da kann Köpcke schon wieder grinsen. „Ja, bei mir gibt’s wirklich ›Bio‹, auch wenn’s nicht draufsteht.“
Seit im Frühjahr der Skandal mit den fälschlich als Bio deklarierten Eiern ans Licht kam, blüht Jens Köpckes Geschäft. Nun kommen auch Leute zu ihm, die ihre Eier bisher im Bioladen gekauft haben und denen Köpcke eiskalt fünfzig Cent pro Ei abknöpft. „Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist“, lautet sein Motto. Neulich hielt einer dieser Typen mit seinem Volvo auch vor Völxens Anwesen und fragte, ob er bei ihm Schafskäse oder Lammfleisch kaufen könne. Lammfleisch! Völxen hat ihn zum Teufel gejagt.
Die beiden Nachbarn geraten ins Plaudern. Köpcke behauptet, er habe einen Schock, und außerdem könne man auf einem Bein schlecht stehen. Also füllt Völxen ein weiteres Mal die Gläser.
Auf dem Rückweg lässt er sich mehr Zeit als vorhin und geht um die Weide herum. Sogar Oscar läuft ungewöhnlich brav bei Fuß. Die Schafe stehen jetzt geduldig wartend an der gewohnten Stelle vor dem Zaun. Völxen holt den Zwieback heraus, der durch die Kletteraktion über den Zaun ziemlich gelitten hat. Er verfüttert die Brösel an die Tiere, und ihre rauen, warmen Zungen kitzeln seine Handfläche. Als er gerade weitergehen will, sieht er Köpcke aus dem Hühnerstall kommen, in der linken Hand die Beine der überlebenden Orpington-Henne. Er legt das Tier, das nur noch matt mit den Flügeln schlägt, auf den Hackstock. Als das Beil niedersaust, hat Völxen sich schon umgedreht, doch das Geräusch des Axthiebs hallt über die Weide und fährt ihm durch Mark und Bein.

FABIAN GÄHNT. Die Waldluft strotzt vor Sauerstoff und ist noch angenehm kühl, aber dennoch macht sie ihn nicht wach. Er hat wenig geschlafen, und jetzt langweilt er sich. Eine Treibjagd hat er sich wirklich aufregender vorgestellt. Bloß zum Herumstehen ist er nicht in aller Herrgottsfrühe aufgestanden. Erst hat es ewig gedauert, bis sich die Jagdgesellschaft versammelt hatte, denn natürlich kamen etliche von diesen alten Säcken zu spät. Dann, als endlich alle da waren, hat der Jagdleiter haarklein erklärt, welches Wild geschossen werden darf – Hasen, Füchse, Fasane und natürlich ganz besonders Wildschweine – und wie das Ganze abzulaufen hat. Dabei kapiert das doch der dümmste Idiot! Die Treiber stellen sich im Abstand von zehn, zwanzig Metern an diesem Waldweg auf, der durch das Resser Moor führt, und gehen dann langsam, möglichst in einer Linie, durch das Waldstück, um das Wild aufzuscheuchen. Am Waldrand und an den bekannten Wildwechseln postieren sich die Jäger, und wenn ein Wildschwein rausläuft – bumm!
Fabian Zimmer bereitet sich gerade auf die Jägerprüfung vor, daher ist es für ihn Pflicht, sich als Treiber zur Verfügung zu stellen. Nur hatte dummerweise sein bester Kumpel gestern Geburtstag. Fabian ist um drei Uhr in der Früh nach Hause gekommen und alles andere als nüchtern. Vielleicht wäre es besser gewesen, erst gar nicht ins Bett zu gehen, die zwei Stunden Schlaf haben es auch nicht rausgerissen. Er schaut zu seinem Freund Timo hinüber. Wann kommt endlich das Signal zum Losgehen? Wie lange brauchen die Jäger denn noch, bis sie sich richtig postiert haben? Es wurmt Fabian, dass er nur Treiber sein darf. Aber in wenigen Monaten ist es so weit, dann hat auch er endlich seinen Jagdschein, dann steht auch er mit seiner Flinte auf der anderen Seite und muss sich nicht mehr mit einer orangefarbenen Warnweste durch die Büsche schlagen. Es ist eine recht große Jagd, viele der anderen Treiber kennt er gar nicht. Leute aus der Stadt, Bekannte des Revierpächters, die hier ein bisschen Landluft schnuppern wollen und etwas Nervenkitzel suchen.
„Das dauert noch!“, meint Timo. Er war schon öfter auf Treibjag-den dabei. „Ich geh solange in die Pilze.“
Gute Idee! Seine Mutter würde sich über ein paar Steinpilze oder Maronen sicherlich freuen. Fabian beschließt, es auf der anderen Seite des Weges zu versuchen. Nicht, dass er Timo noch ins Gehege kommt, denn wenn es um Pilze geht, versteht der keinen Spaß. Fabian schlüpft durch das Gesträuch, das den Wegrand säumt, und geht ein paar Schritte in den Wald hinein. Das grünliche Dämmerlicht ist eine Wohltat für seine vor Müdigkeit brennenden Augen. Weich federt der Boden unter seinen Schritten, die ersten Buchenblätter segeln herab. Ein Eichelhäher stößt einen heiseren Warnruf aus. Fabian zuckt erschrocken zusammen. Den Blick auf den Boden geheftet, geht er weiter. Keine Pilze. Nur Moos und ein paar Blaubeeren. Doch da drüben, hinter den hohen Farnen, liegt etwas. Etwas Kompaktes, Dunkles. Fabian wird plötzlich von einer seltsamen Unruhe ergriffen, aber er ignoriert das Gefühl und geht auf den unförmigen Schatten zu.
Im Jagdkurs haben sie ihm beigebracht, wie man ein Stück Wild nach dem Schuss aufbricht. Angefangen vom Drosselschnitt bis zum Öffnen der Brandadern kann Fabian jeden einzelnen Handgriff genau schildern. Mit seinem Onkel zusammen hat er schon einmal einen Hirsch aufgebrochen, und neulich durfte er es bei einem Rehbock selbst versuchen. Es war ein ziemliches Gemetzel gewesen. Nicht umsonst nennt man die Tätigkeiten nach dem Schuss „die rote Ar-beit“.
Als Fabian an das Ding am Boden herangetreten ist, dauert es ein paar Augenblicke, ehe sein Verstand begreift, was seine Augen sehen. Aufgebrochen, denkt Fabian unwillkürlich. Allerdings ist das, was vor ihm liegt, kein Tier.

PFITSCH! SCHON WIEDER klatscht ein Insekt gegen das Visier sei-nes Helms und verwandelt sich in einen schmierigen Klecks. Bald kann man die Straße kaum noch erkennen. Und das schon in aller Herrgottsfrühe! Vom Anruf der Leitstelle aus dem Bett geworfen, blieb Fernando Rodriguez nichts anderes übrig, als seine samstägliche Motorradtour in die Wedemark zu verlegen. Plattes Land. Äcker, Wälder, Moore. Außerdem ein Biotop für Luxusgeländewagen und Pferde. Bisweilen stört der Lärm vom Flughafen Langenhagen das Idyll.
Ein Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht steht an einer Kreuzung, irgendwo im Nichts des Waldes. Fernando hält an und reißt sich den verdreckten Helm vom Kopf. Eine junge blonde Kollegin in Uniform kommt auf ihn zu.
„Moin. Hier ist gesperrt.“
„Für mich nicht.“ Er zückt seinen Dienstausweis, den die Beamtin etwas länger als notwendig betrachtet. Zumindest kommt es Fernando so vor.
„Hat sich das frühe Aufstehen ja doch noch gelohnt.“ Er setzt sein gewinnendstes Lächeln auf. Unter ihm bebt und spotzt seine Guzzi Bellagio.
„Da geht’s lang“. Sie zeigt mit dem Daumen über ihre Schulter auf ein asphaltiertes Sträßchen.
„Und was genau ist da los?“, erkundigt er sich.
„Leichenfund“, kommt es knapp und ohne ein Lächeln.
Langsam beginnt Fernando, sich unwohl zu fühlen. Was ist los mit ihm, mit seiner Wirkung auf Frauen? Seit er fünfunddreißig geworden ist, scheint es damit rasant bergab zu gehen. „Man sieht sich!“, sagt er und stülpt sich rasch den Helm über sein unrasiertes Gesicht.
Die junge Polizistin dreht sich wortlos um, setzt sich wieder in den Streifenwagen und sagt zu ihrem Kollegen: „Du hattest recht: Es fahren nur noch alte Säcke Motorrad.“
Währenddessen gibt Fernando schon wieder Gas. Die Fahrbahn wird schmaler, Unkraut wuchert in die Straße hinein. Auf dem Land, stellt er fest, gibt es einfach viel zu viel Vegetation. Obwohl er gerne mit dem Motorrad eine Spritztour ins Grüne macht, ist Fernando doch ein echtes Lindener Stadtkind. Nein, aufs Land zu ziehen käme für ihn niemals infrage. Er mag Bürgersteige, Straßenbeleuchtung, Geschäfte, die lange offen haben, und die Stadtbahn vor der Tür. Er schätzt es, eine gewisse Auswahl an Kneipen und Restaurants vorzufinden, für den Fall, dass seine Mutter einmal nicht für ihn kocht.
Jetzt geht die asphaltierte Straße über in einen Feldweg. Das musste ja so kommen! Gras, Sand, Pfützen und Schlaglöcher, groß wie Ba-dewannen, erschweren die Weiterfahrt. Immer wieder schießt Matsch unter den malmenden Rädern der Guzzi in die Höhe wie die Wasser-fontäne in den Herrenhäuser Gärten.
„Verdammte Scheiße“, flucht Fernando ein ums andere Mal. „Und dafür hab ich nun mein Mopped geputzt!“
Die Fahrt endet auf einer Wiese, die zum Parkplatz umfunktioniert wurde. Die Mehrzahl der Autos sind Kombis und Geländewagen. Die Heckklappen sind geöffnet, Hunde sitzen hechelnd auf den Ladeflä-chen, an den Fahrzeugen lehnen Waffen. Menschen in grüner Klei-dung stehen grüppchenweise und mit ernsten Gesichtern herum. Ein paar wenige Frauen sind auch dabei. Was ist passiert, haben sich die edlen Waidmänner gegenseitig umgenietet? Nein, vermutlich nicht. „Leichenfund im Schwarzen Moor bei Resse“, hieß es bei der Leit-stelle. Mehr war nicht zu erfahren. Drei Streifenwagen sind bereits vor Ort. Ein älterer Polizist mit Bullenbeißermiene nähert sich Fernando. „Bist du der vom 1.1.K?“
„Bin ich.“
„Na, dann mach dich mal auf was gefasst.“

IN DER KÜCHE duftet es nach Kaffee, dabei wollte Völxen doch das Frühstück für Sabine machen.
„Hab ich dich geweckt?“, fragt er.
„Nein, dein Handy. Es lärmt in einer Tour.“
„Warum bist du nicht rangegangen?“
„Es ist dein Telefon. Am Ende ist noch eine andere Frau dran.“
„Ja, die rufen immer um diese Zeit an.“ Sabine lächelt, dann schnuppert sie in seine Richtung. „Sag mal, kann es sein, dass du nach Schnaps riechst?“
Frauen und ihre feinen Nasen! Die von Sabine ist nicht nur fein, sondern auch hübsch. Völxen berichtet in dürren Sätzen vom Hüh-nermassaker, während er versucht herauszubekommen, wer angerufen hat. Vor Kurzem hat Sabine ihm dieses Smartphone geschenkt, aber er beherrscht den Apparat noch immer nicht so ganz. Endlich findet er die Anruferliste. Wenn man dem teuflischen Gerät trauen kann, war es Fernando Rodriguez, der ihn mehrmals zu erreichen versucht hat, das erste Mal vor einer halben Stunde. War er so lang bei Köpcke? Der letzte Anruf ist fünf Minuten her, und es gibt auch noch eine SMS. LF im Resser Moor. Krass. Besser, du kommst.
Krass. Völxen schüttelt den Kopf.
„Was ist los?“, will Sabine wissen.
Er lässt sie den Text lesen.
„LF?“ Sie zieht die Augenbrauen hoch.
„Leichenfund“, erklärt Völxen.
„Voll krass“, meint Sabine. „Trink deinen Kaffee und putz dir gründlich die Zähne, ehe du verschwindest.“ Sie stellt den gefüllten Becher vor ihn auf den Tisch und lächelt verständnisvoll, aber auch ein wenig resigniert.
„Wer sagt denn, dass ich verschwinde?“, widerspricht Völxen. Er nimmt einen Schluck Kaffee und ruft dann Fernando an. „Worum geht’s?“
„Ein ... Jagd ... Leiche ... Moor gefunden“, dringt Fernandos Stimme abgehackt zu ihm durch.
„Großartig. Eine stinkende Moorleiche hat mir heute Morgen noch gefehlt.“ Der Kommissar verdreht die Augen.
„Es ist keine ... nach Mord aus.“
„Herrgott, ich kann dich kaum verstehen“, schimpft Völxen. Im-merhin kann er herausfiltern, dass Fernando bereits seine Kollegin Oda Kristensen benachrichtigt hat.
„Na, wenn Oda schon unterwegs ist ...“, versucht Völxen seinen freien Samstag zu retten. Aber was heißt schon frei? Das Dach des Schafstalls ist undicht, und neben dem Schuppen wartet ein Riesen-haufen Holz darauf, gehackt und aufgestapelt zu werden.
„Komm trotzdem“, meint Fernando. „Es ist ...“ Der Rest ist nicht zu verstehen. Wahrscheinlich wieder „krass“.
„Wo genau im Resser Moor seid ihr gerade?“ Er schickt einen reumütigen Hundeblick und ein entschuldigendes Lächeln in Sabines Richtung, während er versucht, den Sprachfetzen eine Wegbeschrei-bung zu entnehmen. Die Leiche wurde in der Nähe von Brelingen gefunden, so viel bekommt er immerhin heraus. Inzwischen sind bestimmt schon ein paar Streifen vor Ort und werden ihm weiterhelfen. Hastig verschlingt er ein Marmeladenbrot und leert den Kaffee. Nicht noch eine Leiche auf nüchternen Magen. Er eilt die Treppe hinauf, zieht sich an und gurgelt mit Mundspülwasser. Für die gewohnte Rasierprozedur ist keine Zeit, er muss den normalen Nassrasierer verwenden. Völxen würde niemals zugeben, dass moderne Klingen seine Stoppeln nicht nur schneller, sondern auch gründlicher entfernen als das Rasiermesser seines Großvaters, aber gefahrloser sind sie auf jeden Fall. Allzu oft ist er schon morgens auf der Dienststelle erschienen, und Frau Cebulla musste ihm noch den letzten Fetzen blutigen Klopapiers vom Hals pflücken.
Ein Gutes hat die Sache wenigstens, denkt Völxen, während er das Tor des Schuppens öffnet, ich kann meine geliebte DS wieder einmal bewegen. Und als er gleich darauf in seiner französischen Staatska-rosse über die noch leeren Landstraßen schwebt, stellt sich eine unan-gemessen gute Laune bei ihm ein.

Susanne Mischke

Über Susanne Mischke

Biografie

Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Wertach. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der „Sisters in Crime“ und erschrieb sich mit ihren fesselnden Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch „Wer nicht hören will, muß fühlen“ erhielt sie die „Agathe“, den...

Pressestimmen
Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Diese Frau versteht sich auf Mord und Totschlag.“

Westfälische Nachrichten

„Ein spannender fünfter Fall rund um den Kommissar Völxen und sein Team, angereichert mit einer ordentlichen Portion Hannoveraner Lokalkolorit.“

krimis.com

„Brisantes Thema geschickt in einen spannenden lesenswerten Krimi eingewoben!“

Neue Presse

„Unterhaltsame Kost für Freunde der Völxen-Serie. Auch Neulinge finden schnell Zugang – und können sich von Hannover 96 über MHH bis Schwarzer Bär über Lokalkolorit freuen.“

Neue Presse

„Endlich neuer Stoff von Hannovers Krimikönigin Susanne Mischke – spannend!“

Gießener Anzeiger

„Susanne Mischke zählt zu den profiliertesten Krimiautorinnen im deutschsprachigen Raum.“

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