Helge Timmerberg
„Timmerberg ist ein ewiger Hippie, aber ein guter, einer mit Humor.” Literatur Spiegel
Helge Timmerberg war nie ein Pauschaltourist: Schon früh bereiste er Länder, von denen andere nur träumen, traf Menschen, denen andere nie begegnen. Er hat Waffenschieber, Flamencotänzerinnen und Gurus getroffen, ist nach Indien, Japan, Marokko und Andalusien gereist, um in seinen Reisereportagen den Geist verschiedener Kulturen, Länder und Menschen einzufangen. In seinem neuen Buch beschreibt er nach dem SPIEGEL-Bestseller „Die rote Olivetti“ ein neues Kapitel seiner Autobiografie.
Das Mantra gegen die Angst
Das Mantra „Om Gam Ganapataye Namaha" vertont von Manfred Holub und Helge Timmerberg zu seinem Buch „Das Mantra gegen die Angst -Ready for everything".
Helge Timmerberg über die Arbeit zu seinem neuen Buch
In meinem Beruf gibt es kein Erst-mal-ankommen-und-dann-an-die-Arbeit. Es gibt auch keinen Feierabend, kein Päuschen zwischendurch, kein Wochenende, keinen Krankenstand, kein Blaumachen. Es gibt nicht mal den Dienst nach Vorschrift. Sobald ein Reiseschriftsteller den heiligen Boden seines Themas betritt, ist Schluss mit lustig. Durchgehend. Vom Start weg bis zur Rückreise ackert er sich durch sein Buch. Vielleicht geht er darin verloren, vielleicht kommt er wieder raus, vielleicht geht er den Weg der Helden. Ich erzähle der Runde gern davon.
„Seit Homer sind alle guten Bücher und seit › Rocky I ‹ alle guten Filme nach demselben archaischen Muster gestrickt. Man nennt es den Mythos des Helden. Erst gammelt er rum, dann kommt die Aufgabe, und er geht los. Als Nächstes hat er es mit Prüfungen zu tun, eine schwerer als die andere, und wenn er sie besteht, kriegt er das halbe Königreich und fickt die Prinzessin.”
„Es sei denn, er ist schwul“, sagt Scarlett. „Dann ist der Prinz fällig“.
Scarletts britischer Humor in Kombination mit einer eigenwilligen Fastenkur, die Essen verbietet, aber Alkohol nicht, ist eine Oase in der Wüste meiner Ernsthaftigkeit. Bin ich wirklich hier, um von Kashinath für ein Buch über sein Mantra gegen die Angst autorisiert zu werden? Oder bin ich hier, weil ich hier sein wollte? Oder, auch das könnte ich mich fragen, bin ich hier, weil ich hier bin. Endlich wieder im Himalaja. Endlich wieder in Götternähe. Endlich wieder zu Haus. In der alten Heimat. Ich war jahrzehntelang davon überzeugt, die Gegend aus einem meiner früheren Leben wie meine Westentasche zu kennen, mittlerweile glaube ich nicht mehr an Reinkarnation, aber sobald ich hier bin, geht es wieder los. Ich will das nicht. Aber ich genieße das Gefühl.
Auf dem Rückweg zum Gokarna Forest Resort verstärkt es sich. In Bodnath klappt man früh die Bürgersteige hoch, es ist noch längst nicht Mitternacht, aber auf der Straße sind nur noch Hunde zu sehen. Menschenleer, kein Verkehr, ein Taxi und ich hintendrin. Für meinen Rücken ist das möglicherweise weiter schlimm, aber ich merke es nicht mehr so sehr, weil ich beschwipst bin. Der Rotwein federt die Schlaglöcher ab, das Heimatgefühl breitet sich wie eine Fruchtblase im Wagen aus, der Fahrer schweigt. On the road again.
Aus „Das Mantra gegen die Angst oder Ready for everything”
„Die Geschichte hätte auch meine Oma hingekriegt, weil so viel schiefgelaufen ist. Nur wenn alles glattläuft, wird es nachher schwer. Wenn ein Zuckerguss jede Erinnerung an die Reise versüßt, kriegt kein Schwein die Geschichte hin, ohne langweilig zu werden und ohne dass die Brillantine aus den Zeilen quillt. Wenn es hingegen vom Start weg Scheiße regnet und durchgehend bei diesen Wetterverhältnissen bleibt, erwarte ich für die Schreibtischarbeit normalerweise keine Probleme.“ Helge Timmerberg über seine Reportage „Straße nach Indien“ für Tempo
„Es gibt nur drei große Themen des Lebens. Sie heißen Liebe, Geld und Tod.“
„Einen Tag Arbeit, sechs Tage frei. Ich machte es umgekehrt wie Gott, was nicht heißt, dass ich in meiner freien Zeit untätig war.“ Helge Timmerberg über seine Zeit in Kuba
„Männer verlieren Frauen hin und wieder, so what. Und Männer verlieren auch Frauen, die sie verlieren wollten, weil ihnen ihre Freiheit wichtiger ist. Außerdem verlieren Männer Frauen, weil sie der Teufel ritt. Unterm Strich geht ihnen der Arsch auf Grundeis.“ Aus „Die Märchentante, der Sultan, mein Harem und ich.“
„Ich entwickelte eine faschistische Verachtung für Amateure. Ich hob in Richtung Hochmut ab. Das konnte nicht gut gehen.“ Helge Timmerberg über Kokain
Augenblicklich ist es so, dass ich lieber heute losfahren würde als morgen. Und lieber morgen als übermorgen. Das Reisefieber kommt wie ein Malariaschub daher. Eigentlich dachte ich, es sei überstanden, aber der Mensch denkt und Gott lenkt, über die endlose Straße.
Ist Reisen eine Religion?
Die Bewusstseinserweiterung durch Kulturschocks spricht für diese These. Das Comeback des Augenblicks auch. Der Abschied von der Routine. Witzigerweise beginnt die Reise erst, wenn sie nicht mehr mit unseren Plänen synchron verläuft. Wenn Busse nicht fahren, Aufenthaltsgenehmigungen nicht erteilt werden, Geld geklaut wird. Ohne die Unberechenbarkeit wäre eine Reise so fad wie das Alltagsleben. Abenteuer! Das magische Wort. Noch stärker als die Liebe.
Was wäre die Liebe ohne das Abenteuer? Aber Abenteuer ohne Liebe geht durchaus. Auch ohne Geld. Ohne Drogen. Ohne Smartphone. Ohne Diäten.
Ist Reisen das wahre Leben?
Es sieht so aus. Und ich will wieder raus. Ich schau aus dem Fenster und meine Seele fliegt schon mal vor. Morgen werde ich den Wagen in die Werkstatt bringen. Zum Checken, zum Ölwechseln, zum Einstimmen. Und zum Zahnarzt muss ich auch.
Außerdem brauche ich einen neuen Pass. Der alte läuft in einem halben Jahr ab. Tolle Vision! Ein neuer Pass, frei für die Stempel der nächsten Dekade.
Ist Reisen eine Droge?
Das Opium fürs fahrende Volk? Der Suchtfaktor ist gegeben. Der ständige Wechsel von Ankunft und Abschied, das routinierte Balancieren am Abgrund, der Adrenalinregen, der Reiz der halb koscheren Gegenden, all das sind Stimmungsaufheller, die schmerzhaft fehlen, wenn man wieder zu Hause ist.
Wie bei jeder Art von Drogensucht will man hin und wieder mal clean werden. Ich habe es eine Zeit lang versucht. Und dabei Folgendes festgestellt: Sesshaftigkeit hat mit Erwachsenwerden nichts zu tun, wenn man ein Nomade ist.
Und was ist mit der Mission? Jede Reise braucht eine. Die Aufgabe, die Suche, der heilige Gral. Was will ich finden? Das Leben oder den Tod? Wissen oder Wahn? Die Gebenden oder die Nehmenden? Oder will ich einfach nur los? Zurück auf die staubige Straße, um an staubigen Tankstellen ein staubiges Bier zu trinken. Mit dem Rock ’n’ Roll der Reise. Like a Rolling Stone.
Aus dem Vorwort zum Buch „The Travel Episodes“.
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Das ist jetzt aber ganz großes Kino, ich lese dich jetzt schon so lange und bisher war das alles gehobene Unterhaltung aber jetzt hast du meinem Leben einen shift gegeben, das liegt an deiner Erzählkunst, deiner Offenheit, und deiner weit entwickelten Seele, Ich verneige mich in Dankbarkeit und hau dir auf die Schulter, du humorvoller, sensibler als Reiseschriftsteller getarnter Guru!
LG
Anno