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Gebrauchsanweisung für Thailand Gebrauchsanweisung für Thailand Gebrauchsanweisung für Thailand - eBook-Ausgabe Gebrauchsanweisung für Thailand - eBook-Ausgabe

Martin Schacht
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— 4. aktualisierte Auflage 2019
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Gebrauchsanweisung für Thailand — Inhalt

Curry, Karma, Kokospalmen
Hätten Sie gewusst, wieso Thais niemals allein essen? Warum „mai pet“ („nicht so scharf“) zu den wenigen Vokabeln gehört, die Sie unbedingt beherrschen sollten? Weshalb auf den Märkten die hohe Kunst der Schauspielerei gefragt ist?

Thailand ist ein Fest der Sinne: golden schimmernde Tempel, nach grünem Curry duftende Garküchen, von Kokospalmen gesäumte, einsame Strände. Martin Schacht entdeckt mit uns die letzten Inselparadiese und schönsten Naturparks; entführt uns nach Bangkok, die „Stadt der Engel“, die modern und hektisch und zugleich romantisch und verwunschen sein kann.

Er verrät, von wo aus in Thailands Norden man am besten zum Trekkingabenteuer startet. Womit Sie etwas für Ihr Karma tun können und wo unbedeckte Knie oder Flip-Flops tabu sind. Wie Buddhismus und Aberglaube ideal zusammenspielen können. Was es mit den politischen Wirren der letzten Jahre auf sich hat. Weshalb Thailänder ausgerechnet eine Leidenschaft für Neonröhren hegen. Und weiß amüsant davon zu berichten, wie der stapelbare Plastikstuhl einen Siegeszug durch das ganze Königreich antrat.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 09.03.2015
240 Seiten, Flexocover mit Klappen
EAN 978-3-492-27653-5
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€ 16,00 [D], € 16,50 [A]
Erscheint am 24.10.2024
240 Seiten, Flexocover mit Klappen
EAN 978-3-492-27786-0
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€ 13,99 [D], € 13,99 [A]
Erscheint am 24.10.2024
240 Seiten
EAN 978-3-492-60818-3
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€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 09.03.2015
240 Seiten
EAN 978-3-492-96863-8
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Leseprobe zu „Gebrauchsanweisung für Thailand“

Warum ausgerechnet Thailand ?

Sie wollen nach Thailand. Und damit haben Sie recht. Welches andere Land hat schon so angenehme Temperaturen, hervorragendes Essen, kulturelle Highlights und freundliche Einheimische zu bieten ? Für Deutsche ist Thailand das exotische Traumziel schlechthin. Gut eine halbe Million von ihnen begibt sich alljährlich auf die Suche nach Traumstränden, spiritueller Erleuchtung oder auch käuflichem Sex. Aber wissen Sie wirklich, was da auf Sie zukommt ? Was erwarten Sie ? Was wollen Sie ? Thailand präsentiert sich gern als [...]

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Warum ausgerechnet Thailand ?

Sie wollen nach Thailand. Und damit haben Sie recht. Welches andere Land hat schon so angenehme Temperaturen, hervorragendes Essen, kulturelle Highlights und freundliche Einheimische zu bieten ? Für Deutsche ist Thailand das exotische Traumziel schlechthin. Gut eine halbe Million von ihnen begibt sich alljährlich auf die Suche nach Traumstränden, spiritueller Erleuchtung oder auch käuflichem Sex. Aber wissen Sie wirklich, was da auf Sie zukommt ? Was erwarten Sie ? Was wollen Sie ? Thailand präsentiert sich gern als exotisches Paradies mit ewig lächelnden Menschen. Aber ist tatsächlich alles so unkompliziert ?

Auf den ersten Blick ja. Und auch auf den zweiten. Dann wird es schwieriger. Natürlich kann man sich darauf beschränken, am Strand zu liegen und die Einheimischen nur als freundliches Personal wahrzunehmen, hinter der bunten Fassade jedoch ist Thailand ein Land mit unübersichtlichen politischen Verhältnissen und einer Bevölkerung, hin und her gerissen zwischen der traditionellen Dorfgemeinschaft und der Moderne einer Mega-City wie Bangkok. Was man den Touristen anbietet, ist nur die oberste Schicht einer Gesellschaft, die von Familie, Hierarchie, Religion und Nation geprägt ist. Selbst wenn man lange in Thailand lebt, stößt man immer wieder an Grenzen und hat das Gefühl, plötzlich nichts mehr zu verstehen.

Über das Wesen der Thais, wenn man das überhaupt verallgemeinern kann, gibt es unterschiedliche Meinungen. Thais sind freundlich und hilfsbereit – das ist der erste Eindruck. Manche Leute glauben aber auch, dass Thais hinter ihrem Lächeln eine gewisse Ausländerfeindlichkeit und Arroganz verbergen. Schließlich war Thailand im Gegensatz zu den anderen Ländern Südostasiens nie eine Kolonie des Westens und oszillierte politisch schon immer zwischen dem Wunsch nach Fortschritt und der Abschottung nach außen. Mit Distanz sind die Thais stets gut gefahren. Deshalb gilt : Auch wenn man Sie anlächelt, bleiben Sie ein Ausländer.

Im alltäglichen Umgang kann ein Lächeln alles Mögliche bedeuten : von „ Ich bin glücklich “ über „ Ich kann dich nicht ausstehen “ bis „ Ich finde das komisch “. Wenn man sich bedankt, lächelt man, wenn man um etwas bittet, ebenfalls, und auch in Situationen, die jemanden in Verlegenheit bringen könnten. Wenn man sich nicht festlegen will, lächelt man vorsichtshalber. Ausländer missverstehen das gern als Zustimmung, aber Lächeln ist eben die effektivste Art der Konfliktvermeidung.

Thais hassen Auseinandersetzungen. Laut zu werden widerspricht dem Gebot, ein „ kühles Herz “, das yai yen, zu bewahren. Gelassenheit an den Tag zu legen gilt in der thailändischen Gesellschaft in jeder Hinsicht als wünschenswert. Grundlage dieses Verhaltens ist das buddhistische Gebot : „ Nichts Böses denken. Nichts Böses sagen. Nichts Böses tun. “ Diese Vermeidungsstrategie haben Thais verinnerlicht, und wer nichts Böses denkt, sagt oder tut – der lächelt eben. Ein weiterer Grund, sich selbst und seine Gefühle zu kontrollieren, ist die Angst, womöglich in der Öffentlichkeit das Gesicht zu verlieren. Das „ Gesicht “ umfasst dabei alles, was mit dem Selbstbild einer Person zu tun hat und wie andere Menschen sie sehen könnten. Man könnte es mit dem Gefühl vergleichen, sich zu blamieren, nur dass ein Gesichtsverlust viel existenzieller ist. Deshalb sollte man auf gar keinen Fall herumschreien, wenn man ein Problem mit einem Thai hat. Wer wütend wird, verliert dabei sein Gesicht ebenso wie der Beschimpfte. Kritik sollte man eher unter vier Augen und vor allem höflich anbringen. Wann immer es geht, entschärfen Sie die Si­tuation mit einem Lächeln und einem Mai pen rai. „ Macht nichts. “ Für das, was wirklich hinter einem Lächeln steckt, bekommen Sie ganz schnell ein Gefühl.

Mai pen rai ist neben den Begriffen sabai, sanuk und suay der Schlüssel zum „ Thai Way of Life “. Der Begriff sabai steht für „ angenehm “ oder „ bequem “, und so sollte möglichst das ganze Leben sein. Sanuk bedeutet „ Spaß haben “. Jede mögliche Aktivität wird danach beurteilt, ob sie Spaß bringen könnte. Was nicht sanuk ist, unterlässt man wenn möglich. Suay bedeutet „ schön “ oder „ ansprechend “. Thais achten sehr auf Äußerlichkeiten. Beim Kauf eines Gegenstandes ist suay oft genauso wichtig wie der funktionale Nutzen, und auch die Erscheinung eines Menschen sollte möglichst ansprechend sein.

Für Ausländer ist die thailändische Gesellschaft wie eine große Familie, in die aufgenommen zu werden beinahe unmöglich ist. Zum Thai-Sein muss man geboren werden. Was sich genau dahinter verbirgt, kann keiner so genau erklären – und als Ausländer begreift man es erst recht nicht. Ich selbst verbringe seit über zwanzig Jahren den Winter in Thailand und werde für die Einheimischen wohl nie mehr sein als ein netter Nachbar. Als ich das erste Mal nach Thailand kam, gab es noch nicht an jeder Ecke ein Thai-Restaurant, und ich hatte keine Idee, worauf ich mich einließ. Eigentlich wollte ich es nur sonnig und günstig haben und war überwältigt von dem, was ich fand. Inzwischen habe ich in Thailand eine tolle Zeit gehabt, SARS, die Vogelgrippe, den Tsunami und drei Militärputsche erlebt, und immer, wenn es in Deutschland ungemütlich wird, packt mich der unbezähmbare Wunsch, in den Flieger nach Bangkok zu steigen. Thailand gibt mir etwas, das ich in Europa nicht finde, ein Versprechen auf etwas Spannendes, Neues, anderes.

Deshalb : Was immer Sie von Thailand erwarten – es wird anders sein als in Ihrer Vorstellung. Thailand wird Sie überraschen.


Unterwegs

Generell ist das Reisen in Thailand kinderleicht und bestens organisiert. Es gibt Flüge, Busse, Sammeltaxis, Taxis und Mopeds, Boote, Flöße, Kutschen und sogar Sänften, die einen in die entlegensten Winkel des Landes transportieren. Selbst wenn man von einem Pick-up mitten auf einer Dschungellichtung abgesetzt wird, kann man sicher sein, dass man zur vereinbarten Zeit von irgendeinem Gefährt abgeholt wird – und sei es ein Ochsenkarren. Und nichts bringt einem so viele Bekanntschaften ein wie ein Zugticket zweiter Klasse ohne Aircondition. Nur die Tuktuks in Bangkok sollte man tunlichst meiden.

Übrigens ist das Reisen auch für allein reisende Frauen angenehm unkompliziert. Ein Ehering oder eine Ehering-Attrappe macht eine Frau für einen thailändischen Mann unantastbar. Da Europäerinnen und Amerikanerinnen gern mit der Idee von freiem Sex verbunden werden, kann ein sittsames Auftreten dennoch nicht schaden, obwohl viele thailändische Männer gegenüber Europäerinnen ohnehin eher schüchtern agieren. In der thailändischen Gesellschaft wird die Rolle, welche die Frau zu spielen hat, durch ein Sprichwort verdeutlicht : „ Stehe vorher auf, gehe später zu Bett. “

Mit anderen Worten : Frauen erledigen einen Großteil der Arbeit, was ihnen ein gesundes Selbstbewusstsein verleiht. Auch wenn Frauen in den Großstädten und vor dem Gesetz heute gleichberechtigt agieren, ist die Gesellschaft patriarchalisch geprägt. Die Faulheit der Männer, auf die sie einen natürlichen Anspruch zu haben glauben, geht manchmal bis zur Unsichtbarkeit, dafür haben die Frauen häufig zu Hause die Hosen an. Im Umgang mit Fremden sind sie oft flexibler als Männer. Wenn ich mir aussuchen darf, ob ich etwas von einem Mann oder einer Frau erledigen lasse, ziehe ich die Frau vor. Thailändische Frauen sind meist sorgfältiger und motivierter, da sie sich nicht einfach auf ihre Stellung als Mann verlassen.

Wer das erste Mal nach Thailand kommt, hat meist einen zehn- bis zwölfstündigen Flug in unbequemer Haltung hinter sich, leidet unter der Zeitverschiebung und sehnt sich nach einer Dusche. Ein Schwall feuchtwarmer Luft trifft ihn bei Verlassen des Flugzeugs, ein kurzer Vorgeschmack auf einen Urlaub in den Tropen, dann ist es wieder kalt, sehr kalt sogar. Wie alle öffentlichen Gebäude ist auch der Flughafen auf Pullitemperatur heruntergekühlt. Leicht benommen möchte man sich fallen lassen in eine Welt aus Traumstränden, Spas und goldenen Buddhas, doch zwischen dem Abstempeln der Einreisekarte und dem Hotelzimmer liegt eine weitere, mehr oder weniger beschwerliche Reise ins Zentrum von Bangkok. Bereits bei den ersten Schritten ins Land kann man jede Menge falsch machen – dabei ist doch eigentlich alles ganz einfach.

Wer nicht zu den privilegierten Gästen jener Luxushotels gehört, die ihre Gäste mit hauseigenen Limousinen und livrierten Fahrern abholen lassen, die sich um das Gepäck kümmern und den Check-in bereits auf der Fahrt in die Stadt abwickeln, sieht sich nach dem Zoll von einem Heer privater Taxifahrer und Limousinenvermieter umringt. Der erste Impuls des gestressten Reisenden ist, einem von ihnen die Taschen in die Hand zu drücken und sich zu entspannen, doch dieser Impuls ist falsch und kann teuer werden.

Vor meinem ersten Besuch in Thailand hatten mich landeskundige Freunde mit ihren Warnungen vor überteuerten Limousinen und kriminellen Taxifahrern so weit verunsichert, dass ich mich stattdessen für die billigste aller Varianten entschied, den öffentlichen Bus ohne Aircondition. Zweifellos ist auch das eine Möglichkeit, nach Bangkok zu kommen, aber vermutlich die nervenaufreibendste. Deshalb wird sie fast ausschließlich von Locals genutzt oder von Touristen, die entweder krankhaft geizig sind oder es mit dem Wunsch, es der heimischen Bevölkerung gleichzutun, etwas zu genau nehmen. Dieser Wunsch nach vermeintlicher Authentizität, dieses „ Wenn die Einheimischen das machen, ist es auch gut für mich “, ist ohnehin eine Sackgasse, die das Reisen nicht nur beschwerlich machen kann, sondern einen auch in den Augen dieser Einheimischen etwas verrückt wirken lässt. Schließlich haben die Touristen ja sonst für alles Geld. Warum nehmen sie dann freiwillig etwas in Kauf, worauf die Einheimischen gern verzichten würden ? Aber zurück zu den Bussen : Diese hochrädrigen Ungetüme, die ohne jede Stoßdämpfer auszukommen scheinen und pechschwarze Rußwolken ausstoßen, brettern durch die Straßen, als gelte es, eine Rallye zu gewinnen, wenn sie nicht gerade im Stau feststecken. Gewiss haben sie einen altmodischen Charme, und es kann Spaß machen, damit durch die Stadt zu fahren, diesen Reiz zu entdecken empfehle ich jedoch nur fortgeschrittenen Thailand-Reisenden.

Ich hievte also meine Tasche in einen solchen Bus und ergatterte einen Stehplatz zwischen palavernden Hausfrauen, die scheinbar einen kompletten Umzug mithilfe jener karierten Gewebeplastiktüten organisierten, ohne die in Asien gar nichts geht, und einem Mann, der mehrere Putzeimer in Neonfarben nebst Schrubbern mit sich führte. Der Bus war voll, und in jeder Kurve fürchtete ich, einen Schrubberstiel ins Auge zu bekommen. Alle Fahrgäste starrten mich an, da ich der einzige Ausländer war, und ich starrte hilflos in das Gesicht der Schaffnerin, die auf mich einredete und hektisch mit einer Blechdose klapperte, in der sie die Rolle mit den Fahrscheinen aufbewahrte. Ich vermutete, dass sie mein Fahrtziel wissen wollte, und murmelte irgendwas von Bangkok City Center, was sie offenbar nicht verstand. Ich beendete die für uns beide peinliche Situation damit, dass ich ihr einen 100-Baht-Schein in die Hand drückte und dafür ein Ticket erhielt. Akribisch zählte ich das Wechselgeld nach und rechnete. Mit zwölf Baht, umgerechnet also 25 Cent, konnte ich, zumindest finanziell gesehen, nicht viel falsch machen.

Sonst dafür umso mehr. Die anschließende Odyssee führte mich durch gesichtslose und hässliche Vororte Bangkoks, vorbei an riesigen Baustellen, Wellblechhütten und Straßenzügen mit maroder Bausubstanz, bis der Fahrer mir schließlich bedeutete, wir seien an der Endstation angekommen. Die Straße war vielspurig; am Straßenrand standen ein paar Garküchen. Darüber spannte sich ein Highway, es war unerträglich heiß und stickig. Am liebsten wäre ich im Bus sitzen geblieben. Schließlich hatte ich keinen Schimmer, wo ich mich befand. Ich vermute mal, es war irgendwo am oberen Ende der Sukhumvit Road, wo sich der Busbahnhof für den Osten befindet. Heute ist dieser Busbahnhof in unmittelbarer Nähe der Skytrain-Station Ekkamai und ausgesprochen gut organisiert. Hier wie auch am nördlichen Busbahnhof Mo Chit und am südlichen Sai Tai Mai verkehren die Busse oft sogar im Stundentakt. Das wusste ich damals jedoch noch nicht, und der Tuktuk-Fahrer, der plötzlich auftauchte, erschien mir wie ein rettender Engel.

Ebenso wenig ahnte ich, dass ich die kommenden Stunden in den Shops irgendwelcher Cousins und Schwäger des freundlichen Tuktuk-Fahrers verbringen würde, die rein zufällig und gerade heute wahnsinnig günstige Edelsteine und Seidenstoffe anzubieten hatten. Tuktuks, diese dreirädrigen Gefährte, die man aus allen Bangkok-Reportagen kennt, sind ein Thema für sich. Sie sehen zwar lustig aus, sind es aber nicht. Schon die Sitzhöhe und das Dach sind so ungünstig, dass man als normal großer Europäer eigentlich nur den Straßenbelag sieht. Natürlich muss man einmal damit fahren, so wie man sich, wenn man in St. Petersburg ist, das Bernsteinzimmer oder in Berlin die Mauerreste ansehen muss. Tuktuks sind laut, sie stinken, und man ist den Abgasen ungeschützt ausgesetzt. Eine Viertelstunde im Tuktuk bringt einen an den Rand der Kohlenmonoxyd-Vergiftung, da sie im Stau ( und Stau ist eigentlich immer ) meist genau ein paar Zentimeter hinter dem Auspuff eines Lkw zum Stehen kommen. Zudem verhandelt man so lange um den Fahrpreis, bis man entnervt aufgibt und meist genauso viel bezahlt wie für das klimatisierte Taxi.

Aber es geht auch anders ! Gehen wir zurück auf Anfang, zurück in die Halle des zumindest unter designerischem Aspekt ( Einheimische verfluchen die endlosen Wege ) sehr gelungenen neuen Flughafens Suvarnabhumi, zurück zur Situation direkt nach dem Zoll : Folgen Sie hier, ohne sich von Limousinen-Services und privaten Taxifahrern ablenken zu lassen, einfach dem Wegweiser „ Public Taxi “. Ich weiß, das fällt schwer nach dem langen Flug und bei all den ungewollten Helfern, aber schon nach wenigen Minuten steht man vor einem Schalter, an dem des Englischen kundige Mitarbeiter das Fahrtziel auf Thai notieren und einen in die Obhut eines zuverlässigen Taxifahrers übergeben, der einen genau dahin bringt, wo man auch hinwill. Dieser Service kostet umgerechnet etwa einen Euro. Den sogenannten Insider-Tipp, dass man die Taxis lieber auf der Abflugsebene nehmen solle, weil sie da viel billiger seien, kann man getrost vergessen. Meistens bringt das nichts als Ärger und unnötige Diskussionen über den Fahrpreis.

Das Einzige, worauf man jetzt noch achten muss, ist, dass der Fahrer tatsächlich das Taxameter einschaltet und den Highway in die Stadt nimmt. Der kostet zwar ein paar Baht extra, und der Fahrer wird es automatisch vorschlagen, aber zumindest theoretisch gibt es auch die Möglichkeit, eine gebührenfreie Straße zu nehmen. Wären wir beim Monopoly, entspräche das der Ereigniskarte „ Gehe nicht über Los. Ziehe keine 4000 Baht ein “, sprich, man quält sich unberechenbar und stundenlang durch den Verkehr. Mit dem Highway hingegen kann man die Fahrtzeit vom Flughafen in die Innenstadt ziemlich genau auf eine halbe Stunde kalkulieren – und das für umgerechnet acht Euro. Jetzt kann man sich in die Polster sinken lassen und die Fahrt in die Stadt genießen.

Mich erfüllt diese Fahrt jedes Mal aufs Neue mit Vorfreude. Langsam verdichtet sich das ländliche Gebiet, bis dann am Horizont die ersten Hochhäuser auftauchen. Dazwischen springen einem goldene Spitzgiebel ins Auge und riesige LED-Werbetafeln, auf denen hippe und extrem weißhäutige junge Thais coole, fremdartige Produkte anpreisen. Außer einem Häusermeer erkennt man erst einmal gar nichts, und auf den ersten Blick sieht alles gleich aus. Später lernt man dann, Landmarks wie den Bayoke-Tower, die Hochhäuser am All Seasons Place, den Siam Square oder den State Tower auf dem Stadtplan zu verorten. Wenn man einmal so weit ist, kennt man sich beinahe schon aus in Bangkok, aber die Stadt erfüllte mich schon beim ersten Besuch mit Respekt : So gigantisch und überwältigend hatte ich mir das alles nicht ausgemalt, und meine Vorstellung, was nun Erste, Zweite oder Dritte Welt sei, war ins Wanken gekommen. Baustellen, wie sie beispielsweise in Berlin beim Stadtschloss oder am Potsdamer Platz über Jahre als touristische Attraktion herhalten müssen, sieht man hier an jeder Ecke. Nur wie ich mich in dieser Stadt zurechtfinden sollte, wusste ich nicht.

Viele Touristen nehmen diese Herausforderung nicht an und reisen möglichst schnell in ein Resort weiter, wo sie sich nur zwischen Strand und Restaurant orientieren müssen. Für mich jedoch war klar : Wenn ich es hier bis ins Hotel geschafft hatte, würde ich mich auch im Gewirr der Straßen und Sois zurechtfinden. Heute kann ich jedem nur raten : Lassen Sie sich auf diese Zwölf-Millionen-Metropole ein. Es lohnt sich, auch wenn sie einem die ersten Tage vielleicht anstrengend und laut und unübersichtlich vorkommt. Das ist sie auch, aber im Hotel bleiben gilt nicht !

Was viele Besucher missverstehen, ist die Art, wie Bangkok funktioniert. Bangkok ist laut, dreckig, stinkend und heiß, aber auch exotisch, überraschend, wunderschön und romantisch. Um Bangkok zu mögen, muss man begreifen, dass es all das gleichzeitig ist. Und vor allem ist Bangkok keine Stadt zum Flanieren. Es gibt hier keine Boulevards, an denen man gemütlich im Café sitzt und die Leute beobachtet, sondern man sieht zu, wie man von A nach B kommt. An Ort A ist es toll und an Ort B auch, dazwischen ist es hässlich und laut, und was auf dem Stadtplan nach ein paar Querstraßen aussieht, entpuppt sich rasch als schweißtreibender Gewaltmarsch. Am besten fährt man direkt von A nach B und freut sich, dass man nicht durch die Hitze laufen muss. Umso größer ist dann die Entdeckerfreude, wenn man das neue, schicke Restaurant, von dem noch nicht mal der Taxifahrer gehört hat, im 35. Stock eines ansonsten unauffälligen Büroturms tatsächlich findet. Die einzigen Orte in Bangkok, an denen man spazieren gehen und einen Caffè Latte trinken kann, sind die teuren Shopping-Malls, in denen sich eine alternative Indoor-Kaffeehauskultur entwickelt hat. In oder zwischen zwei Shopping-Malls ist die einzige Gelegenheit, zu der man in Bangkok zu Fuß geht, möglichst überdacht. Wenn man sich bewegen will, fährt man ins Gym.

Manchmal und speziell zur Rushhour empfehlen sich auch andere Verkehrsmittel. Alles, was sich in Flussnähe befindet, erkundet man am besten mit dem Boot. Die Boote verkehren von morgens früh bis Sonnenuntergang und verbinden nicht nur die meisten Sehenswürdigkeiten, sondern sind zudem schnell und praktisch. Nirgends sonst hat man einen so unverstellten Blick auf Bangkok wie vom Wasser, und es gibt kaum etwas Schöneres, als kurz vor Sonnenuntergang den Chao-Praya-Fluss hinunterzufahren, vorbei an den großen Hotels, den Chedis des Wat Arun, am Palast, dessen goldene Dächer in der Abendsonne glänzen, und irgendwo, wo es einem gefällt, von Bord zu springen und mit Blick auf den Fluss in einem Restaurant zu dinieren.

Auch der Skytrain und die U-Bahn sind eine gute Alternative, viele Bangkoker haben ihretwegen den Privatwagen abgeschafft. Sie sind sauber und kühl und von allen Verkehrsmitteln die schnellsten. Außerdem sind sie nur zur Rushhour voll und bringen einen meist in die Nähe des Ziels. Für die Kurzstrecken zum Skytrain bieten sich Moped­taxis an, die in der Regel am Eingang längerer Sois – Querstraßen – warten. Zwar herrscht in Thailand offiziell Helm­pflicht, doch die wird meist so ausgelegt, dass es reicht, wenn nur der Fahrer einen Helm trägt. Besonders vorsichtige Fahrgäste haben einen eigenen Helm dabei, aber wer will den schon mit sich herumschleppen ? Solange die Fahrer nur Seitenstraßen benutzen, ist das Risiko ohnehin überschaubar.

Man erkennt sie übrigens an ihren roten und grünen Westen. Meistens stehen sie an belebten Ecken, und häufig bieten sie ihre Dienste selbst an. Das geraunte » Want Moto­biiike ? «, das man nicht unbedingt versteht, wenn man nicht weiß, worum es geht, ist also nichts Ungesetzliches oder Unanständiges, wie man angesichts des verschwörerischen Tonfalls ( es ist der gleiche wie bei „ Want DVD-Sex ? “ oder „ Have Dior-Copy-Bag ! “ ) denken könnte. Hat man es wirklich eilig, gibt es kaum eine Alternative. Dann heißt es : Reisetasche vorn zwischen die Beine des Fahrers stellen, Helm aufsetzen und ab auf den Rücksitz. Die Mopeds schlängeln sich so schnell durch den Verkehr, dass ich noch manchen schon verloren geglaubten Zug erreicht habe.

Ohnehin ist die Bahn in einer Zeit, wo günstige Airlines wie Air Asia oder Nok Air alle größeren Städte anfliegen, nicht die schnellste Verbindung, aber eine, die man ausprobieren sollte. Im Zug bekommt man ein Gefühl für die Distanzen und die Menschen. Wer Thailand wirklich kennenlernen will, sollte zumindest einmal mit dem Zug fahren. Genau hier lernt man einen Querschnitt der thailändischen Gesellschaft kennen, wie man ihm als Tourist sonst nirgends begegnet. Denn ob man will oder nicht : Die meisten Leute, die man trifft, sind auf die eine oder andere Art als Kunde an einem interessiert. Sei es, weil man ihnen Tickets oder Souvenirs abkauft oder in ihrem Restaurant zu Mittag isst. Im Zug ist man Gleicher unter Gleichen. Auch die anderen Fahrgäste wollen erst mal von A nach B.

Ich war lange nicht mehr mit dem Zug gefahren und hatte mich für den Schlafwagen nach Hat Yai nahe der malaysischen Grenze deshalb entschieden, weil über Weihnachten und Silvester alle Flüge ausgebucht waren und ich mich mit Freunden verabredet hatte. Hat Yai mit seinem großen Busbahnhof ist neben Trang der beste Ausgangspunkt für die Inseln im Süden, aber manchmal ist es gar nicht so einfach, dort hinzukommen. Tatsächlich ist um die Weihnachtsfeiertage, den Jahreswechsel, das chinesische Neujahrfest und das Sonkran-Fest im April oft tagelang alles ausgebucht. Vom Flugzeug bis zum Bus – nichts geht mehr, wenn man nicht rechtzeitig ein Ticket bucht. Manchmal hilft dann wirklich nur noch das Taxi, das bei vorher ausgehandeltem Preis auch über Langstrecken erstaunlich günstig ist. Will man zum Beispiel vom Flughafen ­Suvarnabhumi in Bangkok direkt in Richtung Koh Chang weiterreisen, ist das Taxi schon zu zweit günstiger und genauso schnell, als wenn man in einen anderen Flieger umsteigt.

In jenem Jahr kam hinzu, dass die Besetzung des Flughafens durch Demonstranten gerade mal ein paar Wochen her war und niemand so recht wusste, wie die politische Situation sich weiterentwickeln würde. Die Lage war angespannt, und die Urlauber waren verunsichert. Zum ersten Mal hatten die schwelenden politischen Unruhen direkt in ihre Belange eingegriffen, was alle beteiligten Parteien sonst tunlichst vermeiden. Selbst von einem Militärputsch bekommt man in Thailand als Tourist normalerweise kaum etwas mit. Jetzt wurden Flüge abgesagt, saßen Gäste in ihren Resorts fest und stellten sich plötzlich Fragen : Würde der Flughafen geöffnet bleiben ? Sollte man schnell abreisen ? Würde das Militär eingreifen ? Gar der König sich äußern ? Und war Thailand überhaupt das paradiesische, sichere Urlaubsland, als das es die Reisever­anstalter gern darstellten ?

In dieser Situation war ich froh, dass ich überhaupt ein Ticket bekam. Zugfahren in Thailand schlägt im Vergleich die allgegenwärtigen Minibusse um Längen. Busse sind vielleicht pünktlicher als die Bahn, aber auch um vieles langweiliger. Schon wenn die weiße Kuppel des Bahnhofs Hua Lamphong aus den engen Straßen von Chinatown auftaucht, bekommt man eine Idee, wie das Reisen früher einmal gewesen sein mag : ein Abenteuer auf Schienen.

Nach sechs Jahren Bauarbeiten wurde der Bahnhof im Juni 1916 eröffnet, eine Konstruktion mit Stahlskelett im Stil der italienischen Neorenaissance, verziert mit hölzernen Dächern und Bleiglasfenstern, entworfen von dem Turiner Architekten Mario Tamago, der mit seinem Landsmann Annibale Rigotti Bangkoks öffentliche Gebäude mit seinem italienischen Stil geprägt hat. Auch wenn die historisierende Pracht inzwischen etwas gelitten hat : Der Wirkung dieser riesigen Halle kann man sich nicht entziehen. Nicht umsonst ist Hua Lamphong heute Ausgangspunkt des Eastern Oriental Express, jenes Luxuszuges, der zwischen Bangkok und Singapur und auf einer zweiten Strecke in den Norden zwischen Bangkok und Laos verkehrt. Leider ist diese exklusive Reise im Privatabteil etwas, das sich nur die „ nearly dead and newly wed “ leisten, reiche Pensionäre und Flitterwöchner.

Die Holzklasse hat einen anderen Reiz. Kaum stand ich vor der Leuchttafel, welche die Abfahrten anzeigt, wurde ich von einer jungen Frau freundlich an den Ausländerschalter verwiesen, wo man mir alles erklären und buchen würde. Auf diese Service-Idee sollte die Deutsche Bahn auch mal kommen, ausländische Freunde sind an dem mürrischen deutschen Personal schon verzweifelt. Dagegen ist das etwas unbeholfene „ Where you go ? “ der lächelnden Thailänderin schon eine Offenbarung. Wenigstens empfindet sie fremdsprachige Kunden nicht als Zumutung.

Jetzt allerdings muss man sich entscheiden : Bett „ upper “ oder Bett „ lower “, Aircondition oder nicht. Ich persönlich rate von Aircondition ab. Entweder kommt man am Reiseziel mit einer Erkältung an oder mit einem steifen Nacken. Außerdem ist es in den teureren Aircon-Abteilen einfach langweilig. Man trifft dort fast nur Touristen und Leute, die sich für etwas Besseres halten. Nachts werden die Waggons abgeschlossen, nur Security patrouilliert dann durch die eisigen Gänge. Zweite Klasse hingegen ist ein Erlebnis. Ob man oben schläft oder unten, ist Geschmackssache und eine Größenfrage. Unten hat man mehr Platz und die Fenster, allerdings besteht das Bett aus zwei zusammengeschobenen Sitzen, die in der Mitte durch einen metallenen Rahmen geteilt werden, der sich ( bei mir ) auf Höhe des Hüftknochens befindet. Das kann schmerzhaft werden. Ich bevorzuge daher upper

Martin Schacht

Über Martin Schacht

Biografie

1965 in Rendsburg geboren, arbeitet als Autor von Büchern und Fernsehreportagen für „ARTE“ und andere Sender sowie als Drehbuchautor und Reisejournalist. Seine Romane erschienen bei Rowohlt („Mittendrin“, „Straßen der Sehnsucht“, zuletzt „Mandalay Moon“), bei Argon sein Sachbuch »Die ewige...

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