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Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?)Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?)

Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?) Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?) - eBook-Ausgabe

Terry Pratchett
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Ein Roman von der bizarren Scheibenwelt

Die Scheibenwelt versprüht die Energie von ›Per Anhalter durch die Galaxis‹ und den Einfallsreichtum von ›Alice im Wunderland‹. - Sunday Times

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Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?) — Inhalt

Ein Fichtenstamm bewahrt den ungeschickten Rincewind vor dem Absturz vom Rand der Scheibenwelt. Der Zauberer findet sich in einem von intelligenten Bäumen bevölkerten Wald wieder und trifft erneut auf den Touristen Zweiblum. Währenddessen droht der Planet von einem roten Stern verschlungen zu werden. Nur ein Zauberspruch kann die Scheibenwelt noch retten, doch der befindet sich ausgerechnet in Rincewinds Kopf …

€ 12,00 [D], € 12,40 [A]
Erschienen am 11.05.2015
Übersetzt von: Andreas Brandhorst
288 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28048-8
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 08.06.2015
Übersetzt von: Andreas Brandhorst
288 Seiten
EAN 978-3-492-97224-6
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Leseprobe zu „Das Licht der Fantasie (Scheibenwelt ?)“

Die Sonne ging zögernd auf, als wüsste sie nicht so recht, ob es die Mühe lohnte.
Ein neuer Scheibenwelttag dämmerte, aber nur sehr langsam. Und zwar aus folgendem Grund :
Wenn Licht auf ein starkes magisches Feld trifft, vergisst es plötzlich, was Eile bedeutet. Es wird geradezu träge. Und auf der Scheibenwelt war die Magie besonders stark. Deshalb glitt das mattgelbe Glühen der Dämmerung wie eine sanfte, liebkosende Hand über die schlafende Landschaft – goldenem Sirup gleich, wie manche Leute meinen. Es hielt inne, um Täler zu füllen. Es kroch müde an [...]

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Die Sonne ging zögernd auf, als wüsste sie nicht so recht, ob es die Mühe lohnte.
Ein neuer Scheibenwelttag dämmerte, aber nur sehr langsam. Und zwar aus folgendem Grund :
Wenn Licht auf ein starkes magisches Feld trifft, vergisst es plötzlich, was Eile bedeutet. Es wird geradezu träge. Und auf der Scheibenwelt war die Magie besonders stark. Deshalb glitt das mattgelbe Glühen der Dämmerung wie eine sanfte, liebkosende Hand über die schlafende Landschaft – goldenem Sirup gleich, wie manche Leute meinen. Es hielt inne, um Täler zu füllen. Es kroch müde an Berghängen ­empor. Als es Cori Celesti erreichte, das zehn Meilen hohe Massiv aus grauem Fels und grünem Eis in der Scheibenmitte, türmte es sich zu großen Haufen auf, um jenseits des Gipfels mit der eher bescheidenen Wucht einer ins Alter gekommenen Lawine durch die dunkle Landschaft zu ­rollen.
Ein solcher Anblick bot sich auf keiner anderen Welt.
Natürlich gab es auch keine andere Welt, die auf den Rücken von vier Elefanten ruhte, die ihrerseits auf dem Panzer einer ­riesigen, durchs Universum spazierenden Schildkröte standen. Ihr Name – oder seiner, wie manche Philosophen behaupteten – lautete Groß-A’Tuin. Sie – oder er, wie auch ­immer – spielt keine große Rolle in der fol­genden Geschichte. Doch um die Scheibenwelt richtig zu verstehen, muss man wissen, dass es sie – oder ihn – gibt, unter den Bergwerken, Meeresquellen und angeblich fossilen Knochen, die der Schöpfer nur deshalb zurückgelassen hat, um Archäologen zu verwirren und ihnen Flausen in den Kopf zu setzen.
Groß-A’Tuin, die Sternenschildkröte : gefrorenes Methan auf dem Panzer, pockennarbig von Meteoritenkratern, bedeckt von einer Patina Asteroidenstaub. Groß-A’Tuin : Augen wie un­auslotbar tiefe Seen, das Gehirn so groß wie ein Kon­tinent, die Gedanken gemächlich vorrückende Gletscher. Groß-A’Tuin : Das Glimmen der Sonnen und Galaxien spiegelt sich auf ihrem gewaltigen Leib wider, während sie durch die galaktische Nacht wandert und die Schei­benwelt mit sich trägt. Größer als alles, was man sich vorstellen kann. So alt wie die Zeit selbst. So ­geduldig wie ein Fels.
Einige Gelehrte glauben, Groß-A’Tuin führe kein besonders beneidenswertes Leben. Sie irren sich, das Gegenteil trifft zu : Groß-A’Tuin vergnügt sich prächtig.
Sie – oder er – ist das einzige Geschöpf im ganzen Universum, das genau weiß, welches Ziel es anstrebt.
Natürlich haben die Philosophen viele Jahre lang darüber ­diskutiert, wohin Groß-A’Tuin unterwegs sei, und ihre größte Sorge besteht darin, es vielleicht nie zu erfahren.
In zwei Monaten werden sie eine Antwort auf ihre Frage ­bekommen. Und dann haben sie wirklich Grund, sich Sorgen zu machen …
Ein anderes Problem, das die Fantasievolleren Gelehrten der Scheibenwelt schon seit einer ganzen Weile beschäftigt, ist Groß-A’Tuins Geschlecht. Sie verwenden viel Zeit und Mühe ­darauf, diesen Punkt zu klären.
Der neueste in diesem Zusammenhang unternommene Versuch kommt gerade in Sicht, während Groß-A’Tuin wie eine riesige Haarbürste aus Schildpatt durch die Unendlichkeit marschiert.
Die bronzene Kapsel des Mächtigen Reisenden ist völlig ­außer Kontrolle geraten und fällt an der Schildkröte vorbei. Es handelt sich um eine Art steinzeitliches Raumschiff, von Krulls Priester­astronomen erbaut und über die Kante der Scheibenwelt gestoßen – was der landläufigen Meinung ­widerspricht, es gebe kein Reiseunternehmen, das gratis ­arbeitet.
Im Innern der Kapsel sitzt Zweiblum, der erste Tourist der Scheibenwelt. Er hat einige aufregende Monate damit verbracht, sie zu erforschen, und jetzt verlässt er sie recht überstürzt. Die Gründe dafür sind kompliziert, haben jedoch mit dem Versuch zu tun, aus Krull zu fliehen.
Ein Versuch, so sei hinzugefügt, der tausendprozentig ­erfolgreich war.
Obwohl alles darauf hindeutet, dass Zweiblum auch der letzte Tourist der Scheibenwelt sein wird, genießt er die Aussicht. Zwei Meilen über ihm stürzt der Zauberer Rincewind durchs Nichts, gekleidet in etwas, das auf der Scheibenwelt als Raumanzug gelten mag. Man stelle sich ihn als Taucher­anzug vor, von jemandem entwickelt, der nie das Meer ge­sehen hat. Vor sechs Monaten war Rincewind ein ganz normaler gescheiterter Magier. Dann begegnete er Zweiblum, der ihn mit einem enormen Gehalt in seinen Dienst lockte und zum Reiseführer ernannte. Seitdem hat Rincewind die meiste Zeit damit verbracht, entsetzt ­Pfeilen auszuweichen, gejagt zu werden und über bodenlosen Abgründen zu hängen, selbstverständlich mit wenig Aussicht auf Rettung. Oder in die Tiefe zu stürzen, so wie jetzt.
Er genießt die Aussicht keineswegs, denn sein ganzes bis­heriges Leben zieht an ihm vorbei, und die Erinnerungen versperren ihm den Blick auf die Umgebung. Er erfährt nun, wie wichtig es ist, nicht den Helm zu vergessen, wenn man einen Raumanzug benutzt.
An dieser Stelle könnte eine längere Schilderung folgen, die erklärt, weshalb die beiden Männer von der Scheibenwelt ­fallen und warum Zweiblums Truhe – die zuletzt verzweifelt versuchte, ihm auf Hunderten von kleinen Beinen zu folgen – alles andere als ein gewöhnliches Gepäckstück ist. Doch derartige Erläuterungen würden viel Zeit und Platz erfordern und könnten mehr Probleme schaffen als lösen. Man denke nur an den berühmten Philosophen Ly Tin Weedle, dem jemand während eines Festes die Frage stellte : „ Was machst du denn hier ? “ Die Antwort dauerte drei Jahre.
Weitaus wichtiger ist ein Ereignis weit oben, über A’Tuin, den Elefanten und Rincewind, der vergeblich nach Luft schnappt und langsam blau anläuft. Die Struktur von Raum und Zeit wird gleich durch die Mangel gedreht.

Fühlbare Magie lag wie Staub in der Luft, und ätzender Rauch wallte. Er stammte von Kerzen aus schwarzem Wachs, nach dessen Ursprung ein kluger Mann besser nicht fragen sollte.
Der Raum befand sich im Kellergewölbe der Unsichtbaren Universität, des wichtigsten magischen Lehrinstitutes auf der Scheibenwelt, und wirkte außerordentlich seltsam. Zum Beispiel schien er zu viele Dimensionen aufzuweisen, die sich den Blicken des Beobachters entzogen und gerade ­außerhalb seines Wahrnehmungsbereichs lauerten. Okkulte Symbole bedeckten die Wände, und das Achtgefaltete Siegel Der Stasis beanspruchte den größten Teil des Bodens. An­geblich, so hieß es in magischen Kreisen, hatte es die gleiche Mannstoppwirkung wie ein kräftiger Schlag mit einem dicken Knüppel.
Die Einrichtung des Zimmers beschränkte sich auf ein Pult aus dunklem Holz, dem man die Form eines Vogels gegeben hatte. Besser gesagt : die eines geflügelten Wesens, das man sich nicht zu genau ansehen sollte. Auf dem Pult lag ein Buch, mit einer schweren Kette und mehreren Vorhängeschlössern ge­sichert.
Ein großes, aber nicht besonders eindrucksvolles Buch. Andere Bücher in der Universität wiesen mit kostbaren Edelsteinen und erlesenem Holz geschmückte Deckel auf oder waren in ­Drachenhaut gebunden. Die Hülle dieses Exemplars hingegen bestand aus schäbigem Leder. Es sah ganz nach der Art von ­Büchern aus, die in den Bibliothekskatalogen als › ein wenig mitgenommen ‹ beschrieben wurden – obwohl natürlich keine Seite fehlte und niemand auf den Ge­danken kam, irgendein Kapitel mitzunehmen. Ebenso gut hätte man ver­suchen können, sich ein Stück glühendes Eisen in die Tasche zu stecken – man verbrennt sich nicht nur die ­Finger daran.
Metallspangen hielten es geschlossen. Sie waren nicht verziert, einfach nur dick und schwer. Wie die Kette, die nicht nur dazu diente, das Buch am Pult zu sichern, sondern verhindern sollte, dass es sich öffnete.
All diese Dinge deuteten auf jemanden hin, der eine ganz ­bestimmte Absicht verfolgte. Auf jemanden, der einen Teil seines Lebens damit verbracht hatte, wilde Elefanten zu zähmen und widerspenstige Kobolde zu überreden, ihm den Flur zu schrubben.
Die magische Aura verdichtete sich und wogte. Die Seiten des Buches knisterten auf eine unheimliche, aufsässige Weise, und blaues Licht quoll zwischen ihnen hervor. Die Stille in dem Raum war wie eine Hand, die sich langsam zur Faust ballte.
Mehrere Zauberer in langen Nachthemden wechselten sich darin ab, durch das kleine Gitter in der Tür zu starren. Kein ­Magier konnte schlafen, während sich derart seltsame Dinge zutrugen : Pure thaumaturgische Energie verdichtete sich und zog wie eine Flutwelle durch die gesamte Universität.
„ Also gut “, erklang eine Stimme. „ Was geht hier vor ? Und warum hat man mir nicht Bescheid gegeben ? “
Galder Wetterwachs, Oberster Meisterbeschwörer des Ordens vom Silbernen Stern, Imperialer Lord des Sakralen ­Stabes, Ipsissimus der Achten Stufe und dreihundertvierter ­Kanzler der Unsichtbaren Universität, bot einen imposanten Anblick, selbst in seinem roten Nachthemd mit den Stickmustern mystischer Runen und mit der großen Bommelmütze, die ihm in die Stirn rutschte. Nicht einmal der wurstartige Kerzenhalter in der einen Hand beeinträchtigte seine Auto­rität, ganz zu schweigen von den flauschigen Pompom-Pan­toffeln.
Sechs besorgte Gesichter sahen ihn an.
„ Äh, man hat dich unterrichtet “, sagte einer der Unter­magier.
„ Deshalb bist du hier “, fügte ein anderer hinzu.
„ Ich meine, warum wurde ich nicht vorher verständigt ? “, er­widerte Galder scharf und trat mit entschlossenen Schritten auf die Tür zu.
„ Äh, vorher gab es keinen Grund, deine Ruhe zu stören “, lautete die durchaus vernünftige Antwort.
Galder brummte, kniff die Augen zusammen und wagte ­einen kurzen Blick durchs Gitter.
Die Luft in der Kammer glitzerte, und winzige Funken ­stoben, als Staubkörner in dahinströmender purer Magie verbrannten. Das Siegel Der Stasis warf Blasen und kräuselte sich an den Kanten.
Das Buch auf dem Pult hieß › Oktav ‹ und war natürlich kein gewöhnliches Buch.
Es gibt viele berühmte Bücher über Magie. Man nehme nur das Nekrotelicomnicon mit den Seiten aus uralter Ei­dechsen­haut. Oder das Buch über Ausflüge Kurz Vor Mit­ternacht, ­geschrieben von einer geheimnisvollen und nicht sehr flei­ßigen Lama-Sekte. Manche erinnern sich vielleicht auch an den Lachsalven-Grimoire, der angeblich den einzigen echten Witz des ganzen Universums enthält. Aber alles sind nur wertlose Pamphlete im Vergleich mit dem Oktav, das der Schöpfer kurz nach der Vollendung Seines Haupt­werkes zurückließ, in für ihn ty­pischer Gedankenlosigkeit.
Die acht in den Seiten gefangenen Zauberformeln führten ein geheimes, komplexes Eigenleben, und man vertrat all­gemein die Ansicht, dass …
Galder runzelte die Stirn, als er das Zimmer beobachtete, in dem sich die pure Magie entfaltete. Natürlich gab es jetzt nur noch sieben Formeln. Irgendein junger und völlig unbe­gabter Zauberlehrling hatte einen verstohlenen Blick ins Buch geworfen ; dabei war einer der magischen Sprüche entkommen und hatte sich im Bewusstsein des Betreffenden nie­der­ge­lassen. Bisher war es niemandem gelungen, die Gründe für den unlieb­samen Zwischenfall herauszufinden. Galder versuchte sich an den Namen des Idioten zu erinnern. Heinz­wind ? Geißkind ?
Oktarines und violettes Feuer züngelte über den Buchrücken. Ein dünner Rauchfaden kräuselte vom Pult empor, und die ­dicken Metallspangen, die das Oktav geschlossen hielten, bogen sich langsam.
» Warum sind die Zauberformeln in solche Aufregung ge­raten ? «, fragte einer der jüngeren Magier.
Galder zuckte mit den Schultern. Er durfte sich zwar nichts anmerken lassen, aber seine Besorgnis nahm immer mehr zu. Als erfahrener Zauberer der achten Stufe konnte er die un­deut­lichen Schemen erkennen, die hier und dort in der vibrierenden Luft Gestalt annahmen, ihm zuwinkten und erwartungsvoll grinsten. So wie ganze Schwärme von Stechmücken aufsteigen, wenn ein Gewitter naht, lockten wirklich dichte Ansammlungen magischer Kraft Wesen­heiten aus den chaotischen Kerkerdimensionen an – abscheuliche Dinge aus wirr angeordneten Organen und Spucke, die ständig nach einer Lücke suchten, durch die sie in die Welt der Menschen ge­langen konnten.
Dem musste Einhalt geboten werden.
„ Ich brauche einen Freiwilligen “, sagte Galder fest.
Niemand gab einen Mucks von sich. Die einzigen Geräusche stammten aus dem Raum : ein leises, dumpfes Knacken von Metall, das einer zu großen Belastung ausgesetzt war.
„ Na schön “, brummte Galder Wetterwachs. „ Wenn das so ist, benötige ich einige silberne Pinzetten, zwei Becher Katzenblut, eine kleine Peitsche und einen Stuhl … “
Es heißt, Stille sei das Gegenteil von Lärm. Aber das stimmt nicht. Stille ist nur die Abwesenheit von Geräuschen. Im Vergleich zu der samtenen Implosion von Geräuschlosigkeit, welche die Zauberer mit der Wucht einer auseinanderplat­zenden Kuckucksuhr traf, wäre Stille ein geradezu ohren­betäubender Radau gewesen.
Eine dicke Säule aus flackerndem Licht wuchs aus dem Buch, fraß sich funkenstiebend durch die Decke und verschwand.
Galder starrte zum Loch hoch und ignorierte die schwelenden Stellen in seinem Bart. Mit einer dramatischen Geste hob er den rechten Arm.
„ Zum oberen Keller ! “, rief er und eilte die Treppe hoch. Die Troddeln seiner Pantoffeln schwangen wie Schlegel hin und her, und das Nachthemd wehte wie eine Fahne. Die anderen Zauberer folgten ihm und stolperten übereinander, als jeder versuchte, der Letzte zu sein.
Trotzdem trafen sie alle rechtzeitig ein, um zu sehen, wie sich der Feuerball aus okkulter Potenzialität durch die Decke des nächsten Zimmers brannte.
„ Argh ! “, stieß der jüngste Zauberer hervor und deutete auf den Boden.
Der Raum hatte zur Bibliothek gehört – bis die Magie hindurchgerast war und alle Möglichkeitspartikel durcheinandergebracht hatte. Daher gab es guten Grund anzunehmen, dass sowohl die kleinen violetten Wassermolche als auch die Ana­nassoße zuvor Bücher gewesen waren. Und einige Zau­berer schworen später, in dem Orang-Utan, der traurig und kum­mer­voll inmitten des Chaos hockte, den Obersten Bibliothekar erkannt zu haben.
Galder blickte nach oben. „ Zur Küche ! “, donnerte er, ­watete durch die Ananassoße und erreichte kurz darauf die nächste Treppe.
Niemand fand heraus, in was sich der große gusseiserne Herd verwandelt hatte, denn er war durch die Wand gebrochen und verschwunden, bevor die atemlosen Zauberer ins Zimmer stürmten und sich mit weit aufgerissenen Augen umsahen. Den fürs Gemüse zuständigen Koch entdeckte man nach einer Weile im Suppentopf. Er brabbelte unverständ­liche Dinge, wie zum Beispiel : „ Die Haxen ! Die grässlichen Haxen ! “
Die letzten magischen Schwaden trieben weitaus träger als vorher durch die Decke.
„ Zum Großen Saal ! “
In diesem Bereich war die Treppe wesentlich breiter und besser beleuchtet. Die in aromatischen Ananasduft gehüllten Zauberer keuchten, und die sportlicheren unter ihnen brachten die letzten Stufen hinter sich, als der Feuerball die Mitte des zu­gigen Raums erreichte, der das Zentrum der Universität darstellte. Dort verharrte er reglos. Die einzigen Bewegungen stammten von kleinen Auswüchsen, die sich an der Ober­fläche bildeten und leise zischten.
Zauberer rauchen, wie jedermann weiß. Das erklärte vermutlich den Chor aus asthmatischem Husten und Blase­balgschnaufen, der hinter Galder ertönte, als er versuchte, die Lage ein­zuschätzen. Und überlegte, ob er beginnen sollte, sich nach einem Versteck umzusehen. Er schnappte sich einen ängst­lichen Novizen.
„ Hol die Seher, Kristallschauer, Weitblicker, Rätseldeuter, Omenbefrager und Kaffeesatzleser aus den Betten ! “, wies er den Lehrling an. „ Dieses Phänomen muss untersucht werden ! “
Etwas formte sich im Innern des Feuerballs. Galder schirmte die Augen ab und beobachtete, wie der Schatten Konturen gewann. Ja, kein Zweifel : das Universum.
Er war deshalb völlig sicher, weil er in seinem Arbeits­zimmer ein Modell des Universums aufbewahrte, von dem alle meinten, es sei viel beeindruckender als das Original. ­Angesichts der Möglichkeiten, die Saatperlen und silbernes Filigran boten, schien der Schöpfer ratlos mit dem Kopf geschüttelt zu haben.
Doch das winzige Universum im Innern des Feuerballs wirkte unheimlich und … na ja, echt. Es mangelte ihm nur an Farbe, denn alles beschränkte sich auf milchiges Weiß.
Galder sah Groß-A’Tuin, die vier Elefanten auf ihrem – oder seinem – Rücken und auch die Scheibenwelt. Aus seinem Blickwinkel ließ sich auf ihrer Oberfläche kaum etwas er­kennen, aber mit kalter Gewissheit wusste er, dass alle Ein­zelheiten genau nachgebildet waren. Er bemerkte eine winzige Reproduktion des Massivs Cori Celesti und erinnerte sich an die zänkischen, ein wenig kleinbürgerlichen Götter, die auf dem Gipfel des riesigen Gebirges wohnten, in einem ­Palast aus Marmor und Alabaster, gekleidet in völlig unmo­dische, dreiteilige Gewänder aus kitschigem Mokett, die sie in heiliger Geschmacksverirrung › Würdentracht ‹ nannten. Alle Bewohner der Scheibenwelt, die Wert auf Kultur legten, empfanden es als Ärgernis, dass das Kunstverständnis ihrer Götter nicht über singende Türklingeln hinausging.
Das kleine Embryonenuniversum bewegte sich langsam, kippte ein wenig …
Galder versuchte zu schreien, brachte aber keinen Ton hervor.
Das Gebilde dehnte sich aus, langsam, aber mit der un­aufhaltsamen Schicksalhaftigkeit einer Explosion.
Zuerst entsetzt und dann erstaunt beobachtete Galder, wie ihn der Rand des kleinen Universums durchdrang, so mühelos wie ein Gedanke. Er streckte die Hand aus, und die geis­terhaft blassen Schemen von Hügeln und Bergen glitten in geschäftiger Stille an seinen Fingern vorbei.
Groß-A’Tuin, größer als ein Haus, war bereits im Boden versunken.
Die Zauberer hinter Galder standen bis zu den Hüften in Seen. Ein Boot, kleiner als ein Fingerhut, weckte kurz Galders Aufmerksamkeit, bevor die Strömung es durch die Wand trug.
„ Zum Dach ! “, brachte er hervor und deutete mit dem zitternden Zeigefinger nach oben.
Einige Magier, die ihre Hustenanfälle überwunden hatten und noch nicht in Panik geraten waren, folgten ihm durch Kontinente, die durch festen Stein schwebten.

Terry Pratchett

Über Terry Pratchett

Biografie

Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind...

Pressestimmen
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Oxford Times

Terry Pratchett ist schlicht und einfach der beste komische Schriftsteller unserer Zeit!

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