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Battlemage (Tage des Krieges 1)

Battlemage (Tage des Krieges 1) - eBook-Ausgabe

Stephen Aryan
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Tage des Krieges

— Roman

Roman

„Es lohnt, sich auf diesen harten, erbarmungslosen Fantasy-Roman einzulassen.“ - Nautilus - Abenteuer & Phantastik

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Battlemage (Tage des Krieges 1) — Inhalt

Die Welt, die Stephen Aryan kreiert, ist hart und erbarmungslos. Ein irrer König überzieht das Land mit Krieg. Sein Lieblingsspielzeug im Vernichtungsfeldzug ist ein größenwahnsinniger Hexenmeister, der längst all seine Menschlichkeit verloren hat. Einzig die letzten verbleibenden Kriegsmagier stehen zwischen ihm und dem Herz des Reiches. Doch ihre Zahl ist gering und ihre Reihen wanken, während die einfachen Soldaten in der Schlacht sterben wie die Fliegen. Die Götter interessieren diese sterblichen Schicksale wenig, sich einzumischen ist nicht ihre Art. Doch tatenlos zuzusehen, wie der Glaube an sie immer schwächer wird, können sie sich bald nicht mehr erlauben. Die letzten Tage des Krieges brechen an ...

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Erschienen am 14.09.2015
Übersetzt von: Andreas Decker
520 Seiten
EAN 978-3-492-96922-2
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Leseprobe zu „Battlemage (Tage des Krieges 1)“

KAPITEL 1


Aus dem trostlosen grauen Himmel fiel wieder Schnee. Der Winter hätte vorbei sein sollen, aber auf dem Boden lag Eis. Der Schlamm war so hart wie Stein. Die weiße Pracht ließ alles hübscher aussehen, als es in Wirklichkeit war. Die Wolken versprachen noch mehr schlechtes Wetter. Dichter Nebel schwebte über dem Boden und schränkte die Sicht ein. Unter solchen Bedingungen reisten nur die Verzweifelten – oder die Gierigen.
Zwei Übernachtungen unter freiem Himmel hatten Vargus sämtliche Wärme aus den Knochen gezogen. Die Fingerspitzen waren taub. [...]

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KAPITEL 1


Aus dem trostlosen grauen Himmel fiel wieder Schnee. Der Winter hätte vorbei sein sollen, aber auf dem Boden lag Eis. Der Schlamm war so hart wie Stein. Die weiße Pracht ließ alles hübscher aussehen, als es in Wirklichkeit war. Die Wolken versprachen noch mehr schlechtes Wetter. Dichter Nebel schwebte über dem Boden und schränkte die Sicht ein. Unter solchen Bedingungen reisten nur die Verzweifelten – oder die Gierigen.
Zwei Übernachtungen unter freiem Himmel hatten Vargus sämtliche Wärme aus den Knochen gezogen. Die Fingerspitzen waren taub. Die Zehen fühlte er nicht länger. Er hoffte, dass sie, wenn er die Stiefel auszog, noch mit den Füßen verbunden waren. Er hatte erlebt, wie das anderen Männern in der Kälte passiert war. Zehen hatten sich schwarz verfärbt und waren einfach unbemerkt abgefallen, rollten dann wie Murmeln in den Stiefeln herum.
Voraus flackerte etwas Rotes im grauen Dunst. Die Aussicht auf ein Feuer verlieh Vargus neuen Antrieb, und er stampfte kräftiger auf, als nötig gewesen wäre. Obwohl der Nebel die Laute dämpfte, würde sie der Wachtposten zu seiner Linken hören. Der Mann musste schon seit Stunden auf derselben Position sitzen, denn die graue Decke, die er sich über den Kopf gezogen hatte, war fast vollständig weiß. Ein Schal verhüllte die untere Gesichtshälfte, und aus der Ferne konnte Vargus nur wenig von seinen Zügen ausmachen.
Als er näher kam, schnaubte sein Pferd, denn es witterte die Ausdünstungen anderer Tiere, sowie die von Menschen und kochendem Fleisch. Vargus tat so, als hätte er den Mann nicht gesehen, und gab sich große Mühe, seinen Langbogen nicht anzustarren. Mit flinken Bewegungen spannte der Wachtposten die Sehne und legte einen Pfeil ein. Aber um schießen zu können, würde er aufstehen müssen.
„ Das ist weit genug. “
Das sagte ein anderer Wächter auf Vargus’ rechter Seite. Ein stämmiger Kerl, der in verdreckte Felle und nicht zueinanderpassende Ledersachen gekleidet war. Mit einem Langschwert in der Hand trat er zwischen zwei Bäumen hervor, die von Blitzen zerschmettert worden waren. Die Schneide war abgenutzt und voller Einkerbungen, aber sie sah dennoch scharf aus. Der Mann hielt sie voller Selbstvertrauen.
„ Bist du ein Mann des Königs ? “
Vargus schnaubte. „ Ich doch nicht, auf keinen Fall. “
„ Was willst du ? “
Er zuckte mit den Schultern. „ Nur einen Platz an eurem Feuer. “
Trotz des Nebels mussten ihre Stimmen zu hören gewesen sein, denn zwei weitere Männer kamen aus dem Lager auf sie zu. Die Neuankömmlinge unterschieden sich nicht von den Wächtern, es waren verzweifelte Männer mit narbigen Gesichtern und bösartigen Blicken.
„ Hast du Geld ? “, fragte ein Mann mit Glatze und Bart in einer altmodischen Lederrüstung.
Vargus schüttelte den Kopf. „ Nicht viel. Aber dafür habe ich das hier. “ Mit betont langsamen Bewegungen zog er zwei Weinschläuche aus der Satteltasche. „ Reiswein aus Shael. “
Der erste Wächter trat näher. Vargus fühlte noch immer, dass der andere mit einem Pfeil auf seinen Rücken zielte. Der Wächter durchsuchte seine Satteltaschen mit fast schon militärischer Präzision. Gelegentlich warf er Vargus einen ner­vösen Blick zu. Also ein Deserteur, der befürchtete, dass man ihm jemanden hinterhergeschickt hatte.
„ Was haben wir da, Lin ? “, rief der Glatzkopf.
„ Ein wenig Proviant. Etwas Silber. Sonst eigentlich nichts. “
„ Lasst ihn durch. “
Lin rührte sich nicht. „ Bist du sicher, Anführer ? “
Die anderen waren noch immer nervös. Dazu hatten sie auch allen Grund, wenn sie das waren, was Vargus ver­mutete. Der Anführer trat vor und musterte ihn intensiv von Kopf bis Fuß. Vargus wusste genau, was der andere dort sah. Einen Mann, der älter als fünfzig Sommer war und in vielen Kämpfen Narben davongetragen hatte; mit einer Menge Leberflecken auf den großen Händen. Einen Mann, dessen schwarzes Haar viele graue Strähnen aufwies, was auch für den Stoppelbart galt.
„ Willst du uns damit Ärger machen ? “, fragte der Glatzkopf und zeigte auf das Bastardschwert mit dem langen Griff, das über Vargus’ rechter Schulter aufragte.
„ Ich möchte keinen Ärger. Nur einen Platz am Feuer, dafür teile ich auch meinen Wein mit euch. “
„ Das reicht mir. Ich bin Korr. Das sind meine Jungs. “
„ Vargus. “
Der Glatzkopf bedeutete Vargus, ihm zu folgen, und die anderen nahmen die Hände von den Waffen. „ Kalt genug für dich ? “
„ Erinnert mich an einen Winter oben im Norden. Muss ungefähr zwanzig Jahre her sein. Weiß nicht mehr, wo genau das war. “
„ Viel gereist ? “
Vargus grunzte. „ Zu viel. “
„ Und wo ist dein Zuhause ? “ Die Fragen kamen ganz un­­verfänglich, aber Vargus hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es sich um ein Verhör handelte.
„ Im Augenblick genau hier. “
Sie kamen an einer Baumreihe vorbei, an der sieben Pferde festgezurrt waren. Vargus band sein Pferd ebenfalls dort an und betrat dann das Lager. Es handelte sich um eine gute, vor den Elementen geschützte Stelle, an drei Seiten von Bäumen und auf der vierten von einem Hügel umgeben, in dem ein Höhleneingang klaffte. In der Mitte des Lagers prasselte ein großes Feuer, an dem zwei Männer mit Kochen beschäftigt waren. Der eine schnitt gerade einen Hasen in kleine ­Stücke, die er dann in einen Topf mit kochendem Wasser warf, während der andere am Fuß der Flammen ein paar ge­­schwärzte Kartoffeln umdrehte. Alle Männer waren bewaffnet, und die Waffen machten einen durchaus benutzten Eindruck.
Als sich Vargus dem Feuer näherte, stand eine gewaltige Gestalt auf und kam auf ihn zu. Sie war über sechseinhalb Fuß groß, in ein Bärenfell gekleidet und mindestens so breit wie zwei gewöhnliche Männer. Ihr Gesicht war deutlich de­­formiert; die Stirn ragte vor, die kleinen Augen waren von einem Braun, das fast schon schwarz wirkte. Der vorstehende Unterkiefer wies schartige Zähne auf.
„ Ganz ruhig, Rak “, sagte Korr. Der Hüne entspannte den Griff um seine Klinge, und Vargus seufzte erleichtert auf. „ Er hat uns was zu trinken mitgebracht. “
Rak öffnete den Mund und entblößte eine Reihe schiefer gelber Zähne. Erst nach ein paar Sekunden wurde Vargus klar, dass der große Mann lächelte. Rak stapfte zur anderen Seite des Feuers zurück und setzte sich wieder. Erst jetzt nahm Vargus die Hand von dem Dolch an seinem Gürtel.
Er wählte einen Platz gleich neben Korr am Feuer, und eine Weile sprach niemand. Das gefiel ihm. Er schloss die Augen und nahm die Wärme in sich auf, bewegte in seinen Stiefeln die Zehen. Die Hitze verdrängte die Kälte in den Händen. Seine Finger kribbelten.
„ Nicht ungefährlich, so ganz allein unterwegs zu sein “, meinte Korr schließlich und gab sich alle Mühe, freundlich zu klingen.
„ Vermutlich. Aber ich kann auf mich aufpassen. “
„ Wo willst du hin ? “
Vargus ließ sich einen Augenblick Zeit, bevor er antwortete. » Irgendwohin, wo ich bezahlt werde und was zu essen be­­komme. Die Zeiten sind schwer, und ich habe nur das, was ich am Leib trage. «
Da er von seinen Besitztümern gesprochen hatte, öffnete er den ersten Weinschlauch und nahm einen kleinen Schluck. Der Reiswein brannte im Mund und hinterließ einen angenehmen Nachgeschmack. Nach wenigen Sekunden breitete sich die Wärme in seinem Magen aus.
Korr nahm den angebotenen Weinschlauch entgegen, reichte ihn aber an den nächsten Mann weiter, der ihn ihm aus der Hand riss.
„ Rak. Du bist mit der Wache dran “, sagte Lin. Der Hüne ignorierte ihn und verfolgte, wie der Wein um das Feuer kreiste. Als ihn der Schlauch erreichte, nahm er einen großen Schluck und dann noch einen, bevor er in Richtung der Bäume ging. Der Bogenschütze kam zurück, dafür nahm ein anderer Mann seinen Wachtposten ein. Es war ungewöhnlich, dass eine aus nur sieben Männern bestehende Gruppe unter derart extremen Wetterbedingungen zwei Wachtposten aufstellte. Sie waren nicht nur vorsichtig, sie hatten offenbar Angst.
„ Bist du jemals in der Armee des Königs gewesen ? “, fragte Lin.
Vargus erwiderte seinen Blick und schaute dann zur Seite. „ Vielleicht. “
„ Ich nehme an, darum wirst du schon überall gewesen sein und wurdest von einem Ort zum nächsten geschleift. Ein blutiges Schlachtfeld nach dem anderen. Dein Zuhause war nicht mehr als ein Zelt und ein Lagerfeuer. Anderer Himmel, anderer Feind. “
„ Klingt, als kennst du dieses Leben. Bist du ein Königsmann ? “
„ Nicht mehr “, antwortete Lin mit einem Hauch Verbit­terung.
Der erste Weinschlauch war schnell geleert, also öffnete Vargus den zweiten und reichte ihn um das Feuer herum. Jeder Mann trank. Nur Korr nicht.
„ Kaputter Magen “, sagte er, als Vargus eine Braue hob. „ Ein Tropfen reicht, und ich scheiß mich tot. “
„ Bleibt eben mehr für uns “, meinte ein anderer Mann und grinste, was seine Zahnlücken entblößte.
Als der Eintopf fertig war, brach einer der Männer die Kartoffeln auf und warf sie in den Topf. Die ersten beiden Por­tionen wurden zu den Wachtposten gebracht, Vargus erhielt die letzte. Seine Schale war deutlich kleiner als die der anderen, aber er beschwerte sich nicht. Er entdeckte ein paar Kartoffelstücke und sogar ein Stück Fleisch darin. Abgesehen von einigen Wildzwiebeln sowie etwas Knoblauch schmeckte der Eintopf zwar ziemlich fade, aber dafür war er heiß und füllte den Magen. Zusammen mit dem Wein und dem Feuer half das Essen, Vargus zu erwärmen. Gefühl kehrte kribbelnd in seine Zehen zurück. Anscheinend waren noch alle dort, wo sie zu sein hatten, was erfreulich war.
Als sie die Reste des Eintopfs mit etwas Fladenbrot auf­gewischt hatten und der zweite Weinschlauch geleert war, senkte sich eine zufriedene Stille über das Lager. Irgendwie schien es eine Schande zu sein, sie zu stören.
„ Warum seid ihr eigentlich hier draußen ? “, fragte Vargus.
„ Wir sind auf der Reise. Suchen genau wie du nach Arbeit “, sagte Korr.
„ Habt ihr etwas aus den Dörfern in der Umgebung gehört ? “
Einer der Männer verlagerte das Gewicht, als suche er eine bequemere Position, aber Vargus entging nicht, dass sich seine Hand dem Griff der Axt näherte. Ihre Furcht war beinahe zu schmecken.
Korr schüttelte den Kopf. „ Wir sind in überhaupt keinem Dorf gewesen. Wir bleiben unter uns. “ Selbst ein blinder und tauber Mann hätte darin eine Lüge erkannt.
„ Ich habe gehört, dass eine Bande in einigen Dörfern der Umgebung Ärger gemacht hat. Zuerst waren es nur kleine Diebstähle und ein paar Raufereien. Aber dann, als sie etwas Gold fanden, wurde es schlimmer. “ Vargus schüttelte traurig den Kopf. „ Einer von ihnen hat die Kontrolle verloren. Tötete vier Männer, den Schankwirt eingeschlossen. “
„ Dazu kann ich nichts sagen “, meinte Korr. Jetzt schwitzte er. Das hatte nichts mit dem prasselnden Feuer zu tun. Auf der anderen Seite weckte man gerade einen schnarchenden Mann mit einem unsanften Rippenstoß, und er setzte sich schnaubend auf. Die anderen hielten ihre Waffen mit schweißfeuchten Händen umklammert und warteten auf das Signal.
„ Einer von ihnen hat die Wirtsfrau beinahe totgeschlagen, weil sie nicht mit dem Geld rausrücken wollte. “
„ Was geht das dich an ? “, fragte ein Mann.
Vargus zuckte mit den Schultern. „ Nichts. Aber die Frau hat zwei Kinder, und die haben zugesehen. Haben dem Dorfältesten alles erzählt. “
„ Wir sind hier weit entfernt von den Städten. Wegen so was kommen die Königsmänner nicht. Die verschlägt es nur zweimal im Jahr in diese Gegend, um die Steuern einzutreiben “, meinte Lin überzeugt.
„ Warum seht ihr dann alle so aus, als würdet ihr euch gleich in die Hosen scheißen ? “
Unbehagliches Schweigen breitete sich aus, das nur von dem Geräusch des Schabens unterbrochen wurde, das entstand, als sich Vargus die mit Bartstoppeln übersäte Wange kratzte.
„ Jagt uns der König Männer auf den Hals ? “ Korr hörte auf so zu tun, als ginge sie das alles nichts an.
„ Wegen des Königs solltet ihr euch keine Sorgen machen. Wie ich hörte, haben sich die Dorfältesten zusammengetan und entschieden, selbst etwas zu unternehmen. Sie haben den Gath angeheuert. “
„ Scheiße! “
„ Den gibt es doch gar nicht! Der ist ein Mythos! “
„ Der Herr des Lichts beschütze mich! “, betete einer der Männer. „ Die Herrin des Lichts beschütze mich! “
„ Das sind doch bloß Geschichten “, stieß Lin höhnisch hervor. „ Mein Vater hat mir von ihm erzählt, da war ich ein kleiner Junge, aber das ist inzwischen mehr als dreißig Jahre her. “
„ Dann musst du dir ja keine Sorgen machen “, sagte Vargus mit einem Grinsen.
Doch es war offensichtlich, dass sie trotzdem Angst hatten. Jetzt sogar mehr als eben noch, bevor er das Thema zur Sprache gebracht hatte. Ihr Glaube an den Gath war so stark, dass er ihn förmlich zu schmecken meinte. Er schwieg eine Weile, und jeder der Männer verlor sich in seinen eigenen Gedanken. Todesangst hatte sie alle ergriffen und schnürte ihnen wie mit Eisenfesseln die Luft ab.
Schweigen senkte sich wie eine frische Schneeschicht auf das Lager, und Vargus ließ es eine Weile dort ruhen, genoss die Atmosphäre und die Ruhe vor dem Sturm.
Einer der Männer griff nach dem Weinschlauch und er­­innerte sich, dass er leer war.
„ Was machen wir, Korr ? “, fragte jemand, während an­­dere die Bäume musterten, als rechneten sie jede Sekunde mit einem Überfall.
„ Halt den Mund, ich denke nach. “
Bevor Korr einen Plan schmieden konnte, rammte ihm Vargus den Dolch zwischen die Rippen. Es dauerte ein paar Se­­kunden, bis alle begriffen, was da gerade geschehen war. Sie regten sich erst wieder, als er die Klinge aus dem Körper zog – begleitet von spritzendem Blut.
Vargus sprang auf und zog das Bastardschwert von der Schulter. Die anderen wollten seinem Beispiel folgen, aber keiner von ihnen brachte es fertig. Ein Mann kippte nach hinten, ein anderer stolperte über die eigenen Füße und landete auf dem Gesicht. Lin schaffte es zwar auf die Beine, taumelte dann aber wie ein Betrunkener umher.
Vargus beförderte ihn mit einem Tritt aus dem Weg, ergriff das Schwert mit beiden Händen und trieb es dem ersten Mann am Boden in den Nacken. Ihm blieb nicht einmal Zeit zum Schreien. Der Bogenschütze wollte sein Kurzschwert ziehen, doch es gelang ihm nicht. Er schaute auf, als er Vargus auf sich zukommen sah, ein dunkler Fleck breitete sich an der Vorderseite seiner Hosen aus. Vargus’ Schwert schlitzte ihm den Hals auf, dann fuhr die Waffe blitzschnell herum und versenkte zwei Fuß Stahl in Lins Bauch. Lin kreischte wie ein Schwein, das gerade geschlachtet wurde, und kippte um. Seine Schreie würden die Wächter alarmieren, das war Vargus klar.
Der zweite Koch war schon auf den Beinen, aber Vargus hackte ihm den Arm ab, bevor er die Axt schleudern konnte. Warmes Blut spritzte Vargus ins Gesicht. Grinsend wischte er es ab, während der Mann vor Schmerzen brüllend zu Boden ging. Vargus ließ ihn noch eine Weile zucken, bevor er ihm die Klinge ins Gesicht rammte und seinen Kopf am Boden fest­nagelte. Der Schnee um die Leiche verfärbte sich rot, dampfte und schmolz.
Der Wächter mit den fettigen Haaren kam mit tief gehaltenem Dolch ins Lager gestolpert. Er taumelte ein paar Schritte in die eine Richtung, dann in die andere. Das Tamkraut, das Vargus in den Wein getan hatte, zeigte seine Wirkung. Der Mann verlor das Gleichgewicht und stürzte an Vargus vorbei mit dem Gesicht voran ins Feuer. Den Muskeln seiner Arme und Beine fehlte die nötige Kraft, um ihn dort wieder he­­rauszuholen. Seine Schreie verwandelten sich in ein Röcheln, das dann verstummte, während sich der Rauch schwarz verfärbte. Vargus hörte Fett in den Flammen brutzeln. Der Ge­­stank erinnerte ihn an einen Schweinebraten.
Wie erwartet war Rak nicht so benommen wie die anderen. Zwar hatte ihn seine Größe gegen das Tamkraut im Wein nicht immun gemacht, aber die Wirkung kam verzögert. Es erleichterte Vargus, dass er wenigstens eine ordentliche Menge getrunken hatte, bevor er seinen Posten bezog. Der Hüne schaffte es, einen Fuß gerade vor den anderen zu setzen, aber sein Blick war glasig. Am Gürtel trug er eine sechs Fuß lange Klinge.
Statt auf seinen Angriff zu warten, stürmte Vargus auf ihn zu. Das Schwert über den Kopf schwingend brüllte er eine Herausforderung, ließ sich im letzten Moment aber auf die Knie fallen und zog die Klinge im Bogen nach unten. Der Stahl aus Seveldrom schnitt tief in Raks linken Oberschenkel, doch der große Mann stolperte zurück, bevor Vargus den nächsten Schlag folgen lassen konnte. Vor Wut brüllend trat Rak blindlings zu, sein riesiger Stiefel traf Vargus’ Hüfte, be­­förderte ihn in den Schnee und prellte ihm das Schwert aus der Hand.
Vargus kroch auf allen vieren herum, bis seine Finger auf den Schwertgriff stießen. Er konnte Raks Klinge durch die Luft pfeifen hören und sich gerade noch rechtzeitig zur Seite wälzen, bevor sie an der Stelle einschlug, wo sich eben noch sein Kopf befunden hatte. Wieder auf den Beinen benötigte er beide Hände am Griff, um den nächsten tödlichen Hieb pa­­rieren zu können. Bevor er in die Lage kam, seine Riposte an­­zubringen, krachte etwas in sein Gesicht. Blut spuckend stolperte er zurück und teilte blindlings wilde Hiebe aus, um sich Rak vom Leib zu halten.
Der Hüne gab nicht auf. Da seine Sinne benebelt und die meisten seiner Kameraden bereits tot waren, musste ein Teil von ihm gewusst haben, dass seine Zeit allmählich ablief. Vargus duckte sich und wich aus, nutzte den freien Raum. Blitzschnell stieß er zu, als Rak die Deckung vernachlässigte, fügte dem Hünen einen tiefen Schnitt quer über die Rippen zu. Aber das verlangsamte ihn keineswegs. Erst nach einem weiteren Dutzend Wunden wurde Rak schließlich klar, dass die rote Flüssigkeit, die um ihn herum den Schnee tränkte, sein eigenes Blut war.
Mit einem schmerzerfüllten Grunzen stolperte er zurück und landete auf einem Knie. Seine angestrengten Atemzüge hallten durch die Stille. Es schien meilenweit der einzige Laut zu sein.
„ Korr hatte recht “, sagte er mit überraschend leiser Stimme. „ Er sagte, du würdest uns holen. “
Vargus nickte. Dann stürmte er los, denn er wollte nicht das geringste Risiko eingehen. Rak hatte zwar noch die Absicht, das Schwert zu heben, aber selbst seine gewaltigen Kräfte wa­­ren nun am Ende. Sein Arm zuckte, mehr brachte er nicht zustande. Es wurde nicht um Gnade gebeten, und sie wurde auch nicht gewährt. Den Griff mit beiden Händen haltend rammte Vargus die Schwertspitze tief in Raks Kehle. Dann zog er sie wieder zurück und trat zur Seite, als Blut aus der klaffenden Wunde spritzte. Der Hüne fiel aufs Gesicht und war wenige Sekunden später tot.
Lin hockte neben dem Feuer, war noch am Leben und spuckte Blut. Die Wunde in seinem Leib war schlimm und würde ihn vermutlich noch Tage leiden lassen, bevor sie ihn schließlich umbrachte. Genau so, wie Vargus beabsichtigt hatte.
Er ignorierte Lins Flehen und holte das Gold und die anderen Diebesgüter aus der Höhle. Wenn auch alles andere als ein Vermögen, war das für die Dorfbewohner viel Geld.
Er band die Zügel der Pferde zusammen, sammelte sogar die Waffen ein und wickelte sie in eine alte Decke. Die Leichen überließ er den Tieren.
Den Eintopf zu vergeuden schien ihm Verschwendung. Trotzdem rammte er sich zwei Finger in den Hals und kotzte in den Schnee, bis sein Magen leer war. Er säuberte den zum Vorschein gekommenen Bezoar mit frischem Schnee und verstaute ihn dann in seiner Satteltasche. Der Bezoar wies eine leichte braune Verfärbung auf, schließlich hatte er das Gift in dem getrunkenen Wein absorbiert. Trotzdem wollte Vargus nicht das Risiko eingehen, dass ihm später noch schlecht wurde, also brachte er sich erneut zum Erbrechen. Dann füllte er seinen Wasserschlauch mit schmelzendem Schnee und trank, um seinen rauen Hals zu beschwichtigen.
Seine Unterlippe hatte endlich aufgehört zu bluten, aber als er ausspuckte, landete ein Stück Zahn zusammen mit einem Blutklumpen im Schnee. Er nahm sich einen Moment Zeit, seine Zähne zu überprüfen, und entdeckte, dass oben einer abgebrochen war.
„ Scheiße. “
Mit beiden Händen schaufelte er Schnee auf das Feuer, bis es erloschen war. Die verkohlte Leiche des Mannes ließ er auf den nassen Scheiten und der Asche liegen. Eine weitere halb gebratene Mahlzeit für die Aasfresser.
„ Töte mich. Töte mich doch! “, schrie Lin. „ Warum lebe ich noch ? “ Er keuchte und hustete Blut in den Schnee.
Nachdem im Lager nichts mehr zu tun war, wandte sich Vargus endlich ihm zu. „ Weil du nicht einfach nur ein Mörder bist, Torlin Ke Tarro. Du warst einmal ein Königsmann. Du kehrtest heim, weil du den Krieg satt hattest. Daran ist nichts verkehrt, viele Männer biegen um eine Ecke und schlagen einen anderen Weg ein. Aber du nicht. Du wurdest zu einem der Scheusale, die du einst gejagt hast. “
Vargus ging neben dem Sterbenden in die Hocke und nagelte ihn mit seinem Blick fest.
Einen Augenblick lang vergaß Lin seine Schmerzen. » Wo­­her kennst du mich ? Nicht einmal Korr wusste, dass ich Tarro heiße. «
Vargus ignorierte die Frage. „ Das Land hier ist dir vertraut, die Dörfer und Städte, und du kennst das Gesetz. Du wusstest genau, wie viel Ärger du machen konntest, ohne dass es die Königsmänner auf den Plan rufen würde. Du hast deine eigenen Leute ermordet und bestohlen. “
„ Das sind nicht meine Leute. “
Vargus klatschte in die Hände und richtete sich auf. „ Schluss mit den Debatten, Junge. Bitte deine Vorfahren um Erbarmen für die Lange Straße nach Nor. “
„ Meine Vorfahren ? Was für eine Straße denn ? “
Verächtlich spuckte Vargus in den Schnee. » Dann bete eben zu deinem Laternengott und seiner verfluchten Hure oder an wen auch immer du dich wenden willst. Der Nächste, mit dem du sprichst, befindet sich nicht auf dieser Seite des ­Schleiers. «
Er ignorierte Lins Flehen und führte die Pferde aus dem Lager, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Schon bald kroch die Kälte zurück in seine Finger, aber das bereitete ihm keine großen Sorgen. Die Schmerzen in den Gliedern, die von den Übernachtungen im Freien herrührten, schwanden bereits wieder. Der Kampf hatte ihm einen kleinen Schub frischer Kraft verschafft, aber das würde nicht lange vorhalten. Die Legende vom Gath war tot, also war es Zeit für eine Verän­derung. Er hatte das Unausweichliche viel zu lange aufgeschoben.


Stephen Aryan

Über Stephen Aryan

Biografie

Stephen Aryan ist im Nordosten Englands aufgewachsen und lebt heute in Yorkshire, wo er im Marketing einer Softwarefirma arbeitet. Schon seit seiner frühesten Kindheit ist er begeisterter Fantasyleser. Er hat sich als Buchblogger ebenso betätigt wie als Kolumnist bei Tor.com und als Podcaster. Neben...

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