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Mein. Du gehörst nur mir

Mein. Du gehörst nur mir

Thomas Breitung
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Thriller

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Mein. Du gehörst nur mir — Inhalt

Die berühmte Schriftstellerin Marie Kardisch lebt abgeschieden in einem kleinen Häuschen am Waldrand. Hier schreibt sie an ihrem neuen Roman und genießt die Stille und die Natur. Doch die Idylle ist trügerisch: Marie wird beobachtet, ohne es zu ahnen.

Vertrauter Feind – sie ahnt nicht, wie nah die Gefahr wirklich ist!

Die Situation wird immer bedrohlicher: Zuerst findet sie immer wieder Anemonen. Dann stolpert sie beim Joggen über einen eindeutig vorsätzlich platzierten Draht. Als ihr Liebhaber tot aufgefunden wird, erkennt Marie, dass sie in Lebensgefahr schwebt. Aber sie ahnt nicht, wie nah die Gefahr wirklich ist …

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 29.07.2021
352 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99892-5
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Leseprobe zu „Mein. Du gehörst nur mir“

EINS


Prolog

Ich beobachte sie jeden Morgen bei ihrer Runde um den See.
Wenn sie läuft, scheinen ihre Füße kaum den Boden zu berühren. Als würde sie schweben, als wären da immer ein paar Zentimeter Luft zwischen den Sohlen ihrer hochkomplexen Laufschuhe und dem sandigen Untergrund.
Vor wenigen Tagen ist sie neununddreißig Jahre alt geworden, was schwer zu fassen ist. Ihr Körper strahlt noch immer diese hartnäckige Jugendlichkeit aus. Die Haut ist straff, ihr Blick wach und neugierig, das Haar lang, glänzend und ohne jede chemische Nachhilfe blond.
Die Strecke [...]

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EINS


Prolog

Ich beobachte sie jeden Morgen bei ihrer Runde um den See.
Wenn sie läuft, scheinen ihre Füße kaum den Boden zu berühren. Als würde sie schweben, als wären da immer ein paar Zentimeter Luft zwischen den Sohlen ihrer hochkomplexen Laufschuhe und dem sandigen Untergrund.
Vor wenigen Tagen ist sie neununddreißig Jahre alt geworden, was schwer zu fassen ist. Ihr Körper strahlt noch immer diese hartnäckige Jugendlichkeit aus. Die Haut ist straff, ihr Blick wach und neugierig, das Haar lang, glänzend und ohne jede chemische Nachhilfe blond.
Die Strecke bewältigt sie mühelos. Der Weg zieht sich dicht am Ufer entlang, in geschmeidigen Bögen folgt er den Flussmäandern, selten weiter als eine Baumlänge von der glitzernden Oberfläche entfernt.
Der Geruch von Kiefernnadeln liegt in der Luft, Mückenschwärme tanzen um eine unsichtbare Mitte. Bis auf das Zwitschern der Vögel ist es ruhig. Kein Straßenlärm, keine Baustellen, kein nervtötendes Handyklingeln. Man könnte meinen, endlos weit von jeder menschlichen Ansiedlung entfernt zu sein, doch mit dem Auto braucht man kaum fünf Minuten in das nächste Dorf, nach Berlin dauert es nur eine Stunde.
Sie kommt näher, immer näher.
Von meinem Versteck aus könnte ich fast die Hand nach ihr ausstrecken, doch sie bemerkt mich nicht. Ein winziger MP3-Player hängt an ihrem Oberteil, vermutlich hört sie belanglosen Indie-Pop, irgendetwas, das den nötigen Rhythmus zu ihren perfekten Bewegungen liefert. Ihr Atem geht tief und gleichmäßig, keine Spur von Anstrengung. Ihre Muskeln setzen ohne Zögern jeden Befehl ihres Willens um. Man merkt, dass sie viel trainiert.
Plötzlich bleibt sie stehen.
Ich weiß, was der Grund für diese Unterbrechung ist, schließlich habe ich ihn dort platziert: ein kleiner Strauß weißer Anemonen.
Es handelt sich nur um sieben Blüten, doch hier, mitten auf dem Weg, herausgelöst aus jedem erkennbaren Zusammenhang, genügt es, um sie irritiert innehalten zu lassen. Sie betrachtet die Anemonen, blickt sich um und geht dann in die Hocke. Hinter ihrer hübschen Stirn arbeitet es. Wer hat die Blumen hier abgelegt? Und warum? Hat jemand sie unterwegs gepflückt und dann doch weggeworfen?
Sie bemerkt, dass die Blüten noch ganz frisch sind. Sie können höchstens eine Stunde hier liegen.
Die Gegend ist nicht sonderlich populär bei Wanderern oder Erholungssuchenden, zu spärlich sind die Gaststätten verteilt, größere Sehenswürdigkeiten – von der kaum erschlossenen Natur einmal abgesehen – gibt es nicht.
Außerdem ist es erst sieben Uhr, keine typische Zeit für Seniorengruppen, die sich mit ihren Nordic-Walking-Stöcken abseits der ausgeschilderten Wege verirrt haben könnten.
Plötzlich kommt ihr ein Gedanke, den sie lieber verdrängt hätte: Wollte jemand, dass sie die Anemonen findet? Sind sie eine Art Geschenk? Ein Symbol? Oder sogar eine Warnung? Aber natürlich ist das Blödsinn … Es wird eine sehr triviale Erklärung dafür geben. Kein Grund, sich irgendwelche Sorgen zu machen.
Sie richtet sich auf, sieht sich ein letztes Mal um und läuft dann weiter. Nur wenn man ganz genau darauf achtet, fällt einem auf, dass sie schneller ist als zuvor. Sie macht größere Schritte, tritt fester auf. Fast könnte man denken, sie hat Angst.
Lauf, mein Engel, lauf.


1 – Marie liebt feste …

Marie liebt feste Strukturen.
Für ihre Arbeit benötigt sie eine klare Abfolge von Routinen, was im ersten Moment verwundern mag. Von einer erfolgreichen Schriftstellerin würde man eher ein kreatives Chaos erwarten, doch Marie bestätigt keine Klischees. Ihr Schreibtisch ist aufgeräumt, ihr Tagesablauf minutiös geregelt, Überraschungen jeder Art geht sie lieber aus dem Weg.
Nachdem sie den Kleist-Preis erhalten hatte, wollten Freunde eine spontane Feier bei ihr veranstalten, doch sie zog es vor, Kopfschmerzen zu simulieren und alle nach Hause zu schicken. Sie findet kein Vergnügen in erzwungenem Small Talk, auf Komplimente über ihre Arbeit kann sie verzichten. Perfekte Abendgestaltung bedeutet für sie, lesend auf dem Sofa zu liegen, während ihr Plattenspieler die B-Seite einer vergessenen Dark-Wave-Albums wiedergibt.
Wer Marie nur oberflächlich kennt, wird ihre selbst gewählte Isolation und die unterkühlte Ausstrahlung mit Arroganz verwechseln. Leicht übersieht man, dass ihre Persönlichkeit wesentlich komplexer ist. Dass sie mehr ist als eine erfolgreiche Autorin, die ihre Spleens kultiviert. Dass auch sie sich nach einem ganz anderen Leben sehnt. Doch Marie lässt niemanden nah genug an sich heran, um das zu begreifen.
Ihr Haus ist ein postmoderner Fiebertraum aus Glas, Beton und Stahl; große Flächen und nüchterner Minimalismus prägen das zweigeschossige Gebäude, den Worten der Architektin zufolge soll es Klarheit und Transparenz ausdrücken. Das Gleiche versucht Marie mit ihren Texten.
Der Vorbesitzer war ein Wirtschaftsboss in der Midlife-Crisis, den es nach Ruhe und Abgeschiedenheit verlangte. Er ließ einen Garten anlegen und kaufte sich ein Ruderboot. Nach sechs Monaten hatte er genug von allem und zog zurück in die Stadt.
Marie lebt nun seit vier Jahren hier.
Ihr Tag beginnt mit Sport; neben dem Joggen zieht sie im Frühsommer manchmal ein paar Bahnen durch den See, wenn dessen Ufer noch nicht von einem schleimigen grünen Film überzogen ist.
Sie genießt es, die Lungenflügel bis an ihre Kapazitätsgrenzen mit Luft zu füllen, sie mag den Zustand höchster Konzentration, für den andere eine komplette Kanne Kaffee benötigen würden. Es wäre die richtige Stimmung, um größenwahnsinnig zu werden oder eine Religion zu gründen. Am meisten gefällt ihr, nach dem Sport unter die Regendusche zu steigen und als ein neuer Mensch daraus hervorzugehen.
Notdürftig abgetrocknet hüllt sie sich in einen Bademantel, der so wenig individuell ist, dass er genauso gut aus einem Hotel geklaut sein könnte. Überhaupt Kleidung: Sie erfüllt verschiedene Funktionen, Ästhetik gehört nach Maries Definition nicht zwangsläufig dazu. Sie hasst es, sich für Veranstaltungen in ein Outfit zu hüllen, das absolut unpraktisch ist und im Anschluss nicht einfach in die Waschmaschine geworfen werden kann. Kleidung soll dem Menschen dienen, nicht andersherum.
Marie greift nach dem erstbesten T-Shirt und der Jeans, die ganz oben auf ihrem Stapel liegt. Im Anschluss geht sie die Treppe hinunter und bereitet sich ihr Frühstück zu. Sie schält Bananen, schneidet sie klein und kippt sie in ihr Müsli. Es sind viele kleine Arbeitsschritte, die ihren Alltag ordnen. Ohne sie, geht es ihr durch den Kopf, würde sie sich in einem heillosen Chaos verlieren.
Kaum hat sie das Essen beendet und die Schale in den Geschirrspüler geräumt, hört sie das vertraute Geräusch des Zweitschlüssels, mit dem die Haustür geöffnet wird. Die untersetzte Frau, die mit einer viel zu großen Handtasche den Flur betritt, ist Maries Assistentin.
Astrid ist eine Frau mit geringen Ambitionen. Ihre Arbeit erledigt sie mit ausreichender Hingabe, über ihr Privatleben erzählt sie angenehm wenig. Vor einiger Zeit hat sie sich aus einer unglücklichen Beziehung befreit, wie sie es nennt, ganz so, als wäre sie von ihrem Ex in einem Keller gefangen gehalten worden. Nun ist sie auf der Suche nach einem neuen Partner. Oft genug wird Marie unbeabsichtigt Zeugin, wie ihre Assistentin in der Mittagspause auf einschlägigen Internetseiten unterwegs ist. Sie gönnt ihr die trügerische Hoffnung, durch Profil- und Interessenabgleich sowie Datemanagement den Mann fürs Leben zu finden.
Astrids Arbeitsplatz wurde in einem Raum im Erdgeschoss eingerichtet, der unter anderen Umständen vielleicht ein Kinderzimmer oder der Schlafbereich für Übernachtungsgäste geworden wäre. Für beides hat Marie keinen Bedarf.
An einem Glasschreibtisch, wie ihn auch ein Reisebüro oder eine Zahnarztpraxis besitzen könnte, macht sich Astrid daran, die Eingangspost zu sortieren.
„Der Briefkasten war wieder gut gefüllt“, sagt sie jeden Montag, ganz so, als wäre es eine Neuigkeit. Sie hat sich eingerichtet in dieser Blase aus Regelmäßigkeiten, vielleicht auch deshalb verstehen sich die beiden Frauen gut genug, um ihr Arbeitsverhältnis nun schon über ein Jahr aufrechtzuerhalten.
„Die Süddeutsche fragt an, ob du an einer Artikelserie über junge Intellektuelle mitarbeiten möchtest.“
Das Du ist ihnen irgendwann einmal durchgerutscht, und nun wäre es unangenehm, wieder zum Sie zurückzukehren. Manchmal ist Marie dankbar für die Vertraulichkeit, die damit einhergeht.
Einen Moment wägt sie den Aufwand einer Kooperation mit der Zeitung ab, vielleicht wirkt es sich positiv auf zukünftige Kritiken im Literaturteil aus. Am Ende siegt jedoch ihre Einstellung, sich nicht in unnötige Projekte verwickeln zu lassen. Was ist das überhaupt für ein Thema – junge Intellektuelle? Und was soll ausgerechnet sie dazu sagen können? Sie fühlt sich nicht sonderlich intellektuell – und jung … nun ja.
„Kein Interesse. Schick ihnen eine Standardabsage. Leider keine Kapazitäten … sehr bedauerlich … für die Zukunft aber gerne … bla, bla, bla.“
Marie würde Astrid nun gerne ihrer Arbeit überlassen und sich der eigenen zuwenden, doch der Mitteilungsdrang ihrer Assistentin scheint noch nicht gestillt zu sein. Sie öffnet eine weitere Postsendung und kommentiert sie.
„Schon seltsam, was manche Leute so schicken. Sieh mal hier: Achte auf deinen nächsten Schritt. Was soll das bedeuten?“
Marie nimmt ihrer Assistentin den Brief aus der Hand. Kein Name, kein Absender, nur dieser eine Satz: Achte auf deinen nächsten Schritt. Es handelt sich um gedruckten Text, weder das Papier noch eine der üblichen Standardschriftarten lassen irgendwelche Rückschlüsse auf seine Herkunft zu.
Ihr Bekanntheitsgrad bringt es mit sich, dass regelmäßig auch Sendungen von Verrückten eintreffen. Liebeserklärungen. Heiratsanträge. Oder dieser eine Typ, der ernsthaft meinte, er würde sich in der Figur des Widerstandskämpfers Paul in ihrem Roman Neue Ordnung wiedererkennen, und sie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes verklagen wollte.
Als sie das Schreiben bereits in den Papierkorb werfen will, fällt plötzlich etwas aus dem Kuvert. Es ist klein und filigran und segelt langsam zu Boden.
Eine vertrocknete Anemone.
Wenn das ein Scherz sein soll, ist es kein besonders guter.
„Vielleicht ein geheimer Verehrer“, sagt Astrid in ihrer dankenswerten Naivität und betrachtet die Blume mit einer gewissen Melancholie.
Marie antwortet nicht. Stattdessen nimmt sie die Blüte mit spitzen Fingern auf und wirft sie zusammen mit dem Brief in den Müll.
Sie bemerkt die eigene Unruhe und ärgert sich darüber. Warum ist sie nur so schreckhaft geworden? Als Achtzehnjährige trampte sie allein durch Europa, kein Geld in der Tasche, keinen Plan, nur mit Schulenglisch und wenigen Brocken Französisch. Hatte sie damals etwa Angst? Und nun soll sie sich Sorgen machen wegen einer dämlichen Blume? Es kann auch alles ein völlig bedeutungsloser Zufall sein. Für eine ihrer Geschichten wäre diese Begebenheit vielleicht zu unglaubwürdig, aber die Literatur muss ohnehin immer realistischer sein als die Wirklichkeit. Das Leben hält sich nicht an ausgeklügelte Handlungsstränge und eine durchdachte Symbolik. Nein, das Leben ist völlig beliebig.
„Du denkst an deinen Termin mit Toma di Francesco um zehn Uhr?“
Astrids Stimme reißt sie aus ihren Gedanken.
„Di Francesco?“
„Der Herr von SeitenHiebe.“
„Ach ja. Das dauert hoffentlich nicht allzu lange.“
„Vorgesehen ist eine Stunde. Soll ich Kaffee aufsetzen?“
„Nein. Er soll es nicht zu bequem haben, sonst bleibt er nur länger.“
Die beiden Frauen tauschen ein verschwörerisches Lächeln miteinander. Oft genug denkt Marie, dass sie ohne ihre Assistentin verloren wäre. Die Planung ihrer Lesereisen, der Kontakt mit dem Verlag, ihre Steuererklärung – alles läuft zum größten Teil über Astrid. Nicht auszudenken, dass sie eines Tages eine besser bezahlte Stelle annehmen oder sich einem Mann an den Hals werfen könnte, dessen Einkommen für zwei Personen reicht.

Hätte sie sich di Francesco bildlich vorgestellt, wäre ein großer, kräftiger Mann mit vollem dunklem Haar und Henriquatre-Bart dabei herausgekommen, dessen Wurzeln durch einen feinen italienischen Akzent in jedem Satz präsent sein würden.
Stattdessen bedient der Mann, den Astrid wenige Stunden später hinauf in das Arbeitszimmer führt, absolut keine südländischen Stereotype. Sein zurückweichendes Haar ist blond und brüchig, die Figur schlank und von unterdurchschnittlicher Größe. Um das Bild des Intellektuellen zu vervollständigen, rückt er in regelmäßigen Abständen die Nickelbrille mit den runden Gläsern auf seiner Nase zurecht.
Die ersten Worte, die er an Marie richtet, klingen hanseatisch eingefärbt. Nicht einmal auf Klischees ist noch Verlass.
„Frau Kardisch, ich freue mich, dass wir einen Termin für unser Gespräch gefunden haben. Mein Name ist Toma di Francesco, ich schreibe unter anderem für das Literaturmagazin SeitenHiebe und verfasse Artikel für das Feuilleton namhafter Tageszeitungen.“
Dass er die namhaften Tageszeitungen nicht beim Namen nennt, könnte einer grundsätzlichen Bescheidenheit geschuldet sein, vielleicht möchte er Marie aber auch nicht offenbaren, wie gering seine journalistische Reputation in Wirklichkeit ist.
Elegant aktiviert di Francesco die Diktierfunktion seines Smartphones und legt es dann vor sich auf den Tisch.
„Für den Anfang möchte ich Sie bitten, mir etwas von Ihnen zu erzählen.“
Ein paar Sekunden sagt Marie überhaupt nichts. Sie genießt es, das Schweigen zu dehnen, weil sie weiß, wie sehr es ihr Gegenüber herausfordert. Bei einem geschwätzigen Wesen wie dem Menschen bedeutet Stille immer auch einen Machtkampf.
„Da gibt es nicht viel zu erzählen“, hebt sie schließlich an; der Journalist nickt erleichtert. „Ich persönlich bin so langweilig, wie man es nur sein kann. Wenn Sie interessante Geschichten bevorzugen, lesen Sie besser meine Bücher.“
Nun lacht di Francesco, als wäre es ein Scherz gewesen, doch Marie meint es ernst. Sie verabscheut Interviews, und diese ergebnisoffene Art ganz besonders. Auf konkrete Fragen kann sie entsprechende Antworten geben, aber was soll man schon über sich selbst erzählen? Als Nächstes will er vermutlich wissen, woher sie die Ideen für ihre Texte nimmt.
„Was inspiriert Sie?“
Marie wendet den Blick von dem Journalisten ab. Das, was ihr an ihrem Haus am meisten gefällt, ist der Umstand, dass man von jedem Punkt aus den Wald sehen kann. Ein leichter Wind ist aufgekommen, dünne Äste schwingen gemächlich hin und her. Wie gerne wäre sie jetzt dort draußen. Ohne Termine. Ohne Verpflichtungen.
„Ich könnte jetzt irgendetwas von der Natur stammeln, von meinen Freunden oder einem traumatischen Kindheitserlebnis – aber das wäre alles Unsinn. Ich benötige keine Inspiration, zumindest nicht bewusst. Meine Ideen sind einfach da, und sie wollen niedergeschrieben werden. Wie andere Leute sich eine Erkältung einfangen, fange ich mir den Kern einer Geschichte ein. Ohne dass ich es bemerke, infiziert mich die Wirklichkeit, und dann brüte ich einen ganzen Plot aus. Reicht Ihnen das?“
Di Francesco nickt.
„Wie sind Sie zur Literatur gekommen? Was war der Moment, in dem Sie sich dachten, ich möchte Schriftstellerin werden?“
„Wie sind Sie dazu gekommen, überflüssige Interviews zu führen? Was war der Moment, in dem Sie sich dachten, ich möchte gerne eine Stunde mit dem Auto in den Brandenburger Wald fahren und einer Autorin alberne Fragen zu ihrer Arbeit stellen?“
Instinktiv erwartet sie, dass di Francesco aus Verlegenheit die Augen niederschlagen und das geometrische Muster des Teppichs analysieren wird, doch er sucht weiterhin Blickkontakt.
„Gut, lassen Sie uns über Ihr neues Projekt reden.“
„Ich rede nie über einen Text, der noch nicht abgeschlossen ist.“
„Aber Sie können sicher verstehen, dass Ihre Leser gerne erfahren würden, was als Nächstes …“
„Das verstehe ich. Aber es ist mir egal.“
Marie ist nicht immer so schroff, doch di Francescos Anwesenheit kommt ihr ungefähr so gelegen wie ein Hausbrand. Bevor sie bei ihrer Runde um den See durch ein paar dämliche Blumen abgelenkt wurde, hatte sie in Gedanken den umfassenden Dialog des dritten Kapitels ausformuliert, und nun möchte sie nichts anderes, als ihre Einfälle niederzuschreiben.
Doch di Francesco ist nicht so leicht abzuwimmeln wie andere Vertreter seines Berufsstandes.
„Dann reden wir eben über Ihre letzte Veröffentlichung. In Tyrannenmord greifen Sie Elemente des klassischen Thrillers auf und schildern die Gedanken eines paranoiden Diktators, der sich von Feinden umgeben glaubt und am Ende …“
„Mir ist bekannt, was ich geschrieben habe.“
„Selbstverständlich, Frau Kardisch, aber …“
Das Aber hängt eine Weile lose in der Luft, abgesprengt von jedem Zusammenhang. Der Mann bleibt dennoch freundlich, aufrichtig freundlich, was Marie eine gewisse Anerkennung abverlangt.
„Ist dieser Text als Schlüsselroman zu werten, etwa auf die aktuelle politische Entwicklung in …“
„Der Text ist das, was Sie darunter verstehen. Er enthält keine tiefere Botschaft, keinen Aufruf zu irgendetwas – selbst wenn der Titel eine solche Interpretation nahelegen könnte. Es geht schlicht und ergreifend um den inneren Monolog eines wahnhaften Machthabers. Sie können gerne eine Parabel darin sehen, doch erwarten Sie von mir bitte keine Hilfestellung dazu. Ich schreibe Geschichten, keine Aufsätze im Deutsch-Leistungskurs.“
„Vielleicht sollten wir kurz zu Ihrer privaten Seite kommen. Sie leben sehr zurückgezogen, Frau Kardisch. Was hat Sie dazu gebracht, Ihr Leben in Berlin gegen diese Waldeinsamkeit einzutauschen?“
Bei der Erwähnung des Wortes Waldeinsamkeit muss sie lächeln. Wer hat es doch gleich in die Literaturgeschichte eingeführt? Tieck oder Heine?
„Nun, das war kein Tausch, sondern eine Veränderung. Ein Mensch wird mit etwas Glück achtzig oder neunzig Jahre alt, manche Individuen sogar hundert. Sehen Sie, ich habe die ersten fünfunddreißig Jahre meines Lebens immer in größeren Städten verbracht. Was spricht also dagegen, sich etwas anderes zu suchen? Es war ein Test, nichts weiter.“
„Aber gefällt es Ihnen hier auch?“
„Mir gefällt, wenn der Planet nicht in einem Atomkrieg untergeht oder unsere Nahrungskette nicht durch das Bienensterben zusammenbricht. Hier lebe ich einfach.“
„Der literarischen Öffentlichkeit ist nicht entgangen, dass Ihr Umzug auch mit einer Abnahme Ihrer Auftritte und Lesungen verbunden war. Ist das nur eine Phase oder ein dauerhafter Zustand?“
„Unser Dasein besteht aus Phasen, Herr di Francesco. Aktuell widme ich meine Energie lieber dem Schreiben, als Vorträge zu halten oder aus meinem Werk vorzulesen. Für Letzteres gibt es Hörbücher.“
Für einen Moment betrachtet sich Marie von außen. Sollte sie sich nicht geschmeichelt fühlen von so viel Interesse an ihrer Arbeit? Es gibt genügend – durchaus talentierte – Autorinnen und Autoren, die keinen Hausbesuch von einem Journalisten bekommen. Vielleicht hat di Francesco einfach den falschen Tag für seinen Auftritt gewählt.
„In der Vergangenheit traten Sie immer wieder auch politisch in Erscheinung – ist das nun endgültig vorbei?“
„Die Politik überlasse ich inzwischen den Leuten, die sich damit auskennen. Ich möchte ja auch keinen Roman lesen, den ein Bundesinnenminister oder eine Fraktionsführerin verfasst hat. Jeder sollte sich auf seine originäre Begabung konzentrieren.“
Marie blickt auf ihre Armbanduhr. Für einen kurzen Moment überlegt sie, wie die Menschen wohl vor der Erfindung tragbarer Uhren ihrem Gegenüber signalisierten, dass sie es eilig hatten. Doch vermutlich hatte es ohne Uhr auch niemand eilig.
„Wo sehen Sie sich selbst in zehn Jahren?“
Noch eine abgedroschene Fragenhülse. Ein kaum totzukriegender Bestandteil mittelmäßiger Interviews. Vermutlich müsste man das Gehirn des Wirts zerstören, um sie auszulöschen. Niemand sieht sich irgendwo in zehn Jahren. Man hat Pläne, Ziele, vielleicht sogar Visionen, aber warum in zehn Jahren? Was ist in neun Jahren? Oder in elf?
„In zehn Jahren bin ich mit einem gut aussehenden Schauspieler verheiratet, wir werden fünf Kinder aus verschiedenen Entwicklungsländern adoptiert haben und einen rumänischen Straßenhund besitzen, der groß, grau und ein bisschen dämlich ist. Vermutlich habe ich Brustkrebs, aber er wird rechtzeitig diagnostiziert, sodass ich mit einem halben Dekolleté überlebe. Mein Mann wird mich ein bisschen mit jüngeren Frauen betrügen, aber wer kann ihm das schon verübeln? Ich gehe dann schließlich auf die fünfzig zu.“
Di Francesco lächelt. Es ist kein aufgesetztes Lächeln, das eine wie auch immer geartete Beschämung verbergen soll, sondern ehrliche Belustigung.
„War das detailliert genug?“
„Das reicht. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Zeit, Frau Kardisch.“
Sie stehen auf, di Francesco sammelt sein Smartphone wieder ein und reicht Marie diplomatisch die Hand. Es ist nicht zu erkennen, was er in diesem Moment denkt oder fühlt. Ist er enttäuscht? Erleichtert darüber, dass es nun vorbei ist? Diese Unbestimmtheit in seinem Blick macht ihn sekundenweise interessant für Marie, zumindest aus einer literarischen Perspektive.
„Wäre es möglich, dass wir uns in nächster Zeit einmal wiedersehen?“, fragt er, und sie betrachtet ihn wie einen Untersuchungsgegenstand. Spürt er das Seziermesser, das Marie auf seine Stirn projiziert?
„Wozu?“, entgegnet sie. Ihre Erwiderung gerät unfreundlicher als beabsichtigt. „Ihr Interview haben Sie doch jetzt.“
„Frau Kardisch, wir sind beide Profis in dem, was wir tun. Unser Gespräch gerade … Möchten Sie ernsthaft in der Öffentlichkeit ein Bild von sich zeichnen, wie Sie es mir eben gaben?“
„Mein Bild ist egal. Es zählen allein die Texte.“
„Aber wer wird Ihre Texte lesen wollen, wenn Sie sich verhalten wie ein verzogenes Kind? Einige Stimmen in der Literaturszene gehen davon aus, dass Sie innerhalb der nächsten vier Jahre den Georg-Büchner-Preis erhalten werden. Was kommt danach? Vielleicht der Nobelpreis? Sie müssen sich daran gewöhnen, beobachtet zu werden. Es gibt für Sie kein Zurück mehr in das ruhige Fahrwasser der Bedeutungslosigkeit. Ihre Leser haben einen Anspruch darauf, mehr über den Menschen hinter den Büchern zu erfahren. Dafür wäre es ein Anfang, wenn Sie sich menschlich zeigen würden.“
Das ruhige Fahrwasser der Bedeutungslosigkeit. Marie gefällt das Bild, aber das ist nicht der geeignete Moment, näher darauf einzugehen.
„Ich bin menschlich.“
„Wir scheinen ein recht unterschiedliches Verständnis von diesem Begriff zu haben“, sagt di Francesco und räuspert sich.
Bevor er wenige Minuten später in sein Auto steigt und davonfährt, blickt er noch ein letztes Mal zu Maries Haus zurück. Durch die breite Glasfront der oberen Etage kann er ihren Rücken und Hinterkopf sehen. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch, das Haar inzwischen zum Zopf gebunden.
Wahrscheinlich hat sie jetzt schon vergessen, dass er überhaupt hier war.


2 – Ich liebe sie seit …

Ich liebe sie seit so vielen Jahren.
Als ich sie das erste Mal traf, waren wir noch Schüler. Sie stand hinter der Turnhalle, in der Raucherecke mit dem stockfleckigen Sofa. Als Einzige dort hielt sie keine Zigarette in der Hand, und dennoch schien sie ganz selbstverständlich das Zentrum der kleinen Gruppe zu bilden. Beiläufig dirigierte sie die Gespräche, brachte neue Themen ein oder beendete Unterhaltungen, wenn sie sich im Kreise drehten.
Ihr Gesicht war schon damals seltsam zeit- und alterslos; es konnte ebenso einer Siebenjährigen gehören wie einer Siebenundzwanzigjährigen, die Wahrheit lag ziemlich genau in der Mitte. Attraktiv war sie, nicht nur in den vereinfachenden Maßstäben des Schulhofs. Immer wieder bemühten sich die älteren Jungs um ihre Aufmerksamkeit und scheiterten kläglich.
Was mir am besten in Erinnerung blieb, war diese Traurigkeit in ihrem Blick. Selbst wenn sie lachte, schien die Melancholie nie weiter als einen Steinwurf von ihr entfernt zu sein, bereit, auf ein Signal von ihr sofort herbeizueilen wie ein gut abgerichtetes Haustier.
Irgendetwas ließ sie nicht mehr los; wie die Gewitterwolke, die in alten Filmen über der unheimlichen Burg hing.
Sie war das Mädchen in der letzten Reihe.
Als ich damals näher kam, wollten die Raucher sich schon über mich lustig machen. Klein war ich, leicht übergewichtig. Unsportlich. Ein leichtes Ziel für die Witze und Gehässigkeiten der anderen. Doch sie unterband es. Ein Blick von ihr genügte, und die anderen verstummten – zumindest kam es mir damals so vor. Als Übersprunghandlung fragte ich nach einer Zigarette, dabei hatte ich nie zuvor geraucht. Tränen schossen mir beim ersten Zug in die Augen, meine Kehle schnürte sich zusammen, ich wollte gleichzeitig husten und mich erbrechen. Es war ekelhaft, doch niemand wagte es, über mich zu lachen.
Sie fragte, wie ich hieße, woraufhin ich meinen Namen stotterte – halb vor Aufregung, halb weil mir der Rauch die Artikulation erschwerte. Irgendwie kamen wir ins Gespräch; Bücher waren schon damals ihre Leidenschaft, stundenlang konnte sie über einzelne Werke und ihre stilistischen Besonderheiten referieren. Musil, Kafka, Mann. Sie hielt sich an die erprobten Klassiker, zeitgenössische Schriftsteller waren für sie Trickbetrüger, die viel versprachen und nichts davon einlösten.
Auch ich war belesen.
Meine Einsamkeit erwies sich als guter Bibliothekar und brachte mich mit den Größen der Weltliteratur in Berührung. Statt meinen unsportlichen Körper im Badezimmerspiegel zu betrachten, entfloh ich in fiktive Welten. Legendäre Walfische jagen. Gegen Napoleon zu Felde ziehen. Sieben Jahre in einem luxuriösen Sanatorium verbringen.
Mein Vater schüttelte regelmäßig den Kopf darüber, wenn er mich wieder mit einem Roman erwischte. Seiner Meinung nach sollte ich meine Freizeit lieber an der frischen Luft verbringen. Mich mit anderen treffen. Irgendeinen dämlichen Sport ausüben. Stattdessen war ich dankbar für jeden Regentag, um eine Ausrede zu haben, nicht rausgehen zu müssen. Ich war nicht der Junge, den er sich gewünscht hatte.
Im Gespräch mit Marie spürte ich das erste Mal nicht die kosmische Kälte, die mich sonst auf Schritt und Tritt begleitete. Sie verstand meine Liebe zur Literatur. Sie hörte mir zu. Es gab Schnittmengen zwischen ihr und mir, Autoren, die wir beide gut fanden. Plötzlich kamen die Worte ganz von allein, ich redete mich regelrecht in Rage. Nie werde ich ihr anerkennendes Lächeln vergessen; ich hatte die Probe bestanden, sie ließ die Zugbrücke herunter und mich in ihr kleines intellektuelles Königreich einkehren.
Von da an verbrachten wir häufig die Pausen miteinander. Ich wusste es noch nicht, doch es sollten die schönsten Wochen meines Lebens werden. Bald war es nicht mehr nötig, die Raucherecke als Treffpunkt für unsere Dialoge zu benutzen. Wir waren eine kleine Gruppe, drei andere Schüler begleiteten uns, auch wenn sie die meiste Zeit wahrscheinlich nicht verstanden, wovon Marie und ich sprachen.
Wir trafen uns nach der Schule im „totgesagten Park“, wie sie es nannte, eine Referenz an Stefan George, doch das wusste ich damals noch nicht. Das Gras war kurz und vertrocknet, der Erdboden schien durch wie die Kopfhaut eines alten Mannes. Wir saßen zu fünft auf der in die Jahre gekommenen Bank, häufig im Gespräch, manchmal auch schweigend und die Köpfe in den Nacken gelegt, als würden wir Wolken katalogisieren. Marie brachte Bücher mit, Erzählungen, Gedichtbände. Nie eigene Texte, obwohl sie schon damals schrieb. Vielleicht war es ihr unangenehm vor den anderen.
Naiv, wie ich war, ging ich davon aus, dass mehr aus uns werden könnte. Ich wollte nicht einfach nur Freundschaft, ich wollte sie in meine Arme schließen und küssen. Nachts lag ich wach und stellte mir immer wieder vor, wie es sein müsste, wenn sich unsere Lippen begegneten. Ich malte mir ihren nackten Körper aus und befriedigte mich so oft selbst, dass ich eine Sehnenscheidenentzündung davon bekam. Natürlich traute ich mich nie, ihr von meinem Verlangen zu erzählen. Wie hätte sie schon reagieren sollen?
Für mich änderte sich alles. Von einem Moment auf den anderen hatte mein Universum einen Mittelpunkt erhalten: Marie.
Marie.
Alles wird von ihr angezogen, und ich genieße es, auf immer engeren Umlaufbahnen um sie zu kreisen. Vielleicht werde ich in ihrer Atmosphäre verglühen, vielleicht endet auch alles mit einem gewaltigen Einschlag. Wer weiß das schon?
Leben heißt fallen.

Eine Weile hat Marie auf einer Lettera 22 geschrieben.
Sie dachte, die Arbeit mit einer Schreibmaschine würde den Textfluss anregen, sie konsequenter am Ablauf der Geschichte festhalten. Während das Notebook erlaubt, zwischen den Kapiteln hin und her zu springen, ganze Seiten zu verschieben und einen Satz hundertfach umzustellen, kennt die Schreibmaschine keine Gnade. Sie verzeiht keine Fehler (was eine erniedrigende Schmiererei mit Tipp-Ex nach sich zieht); sie akzeptiert nur das Blatt, das gerade in ihr eingespannt ist, und sieht bloß den Buchstaben, der als nächster kommt.
Marie dachte, sie bräuchte diese Autorität, diese technische Begrenzung, um den Kern ihrer Texte zu finden. In Wahrheit hatte sie nach hundertsechzig kaum brauchbaren Seiten eine Sehnenscheidenentzündung im linken Arm. Die Lettera landete daraufhin unsanft im Keller, wo sie neben einem halb defekten Fahrrad, den Winterreifen und alten Fotoalben verstaubt.
Seitdem schreibt Marie wieder auf ihrem Notebook.
Inkubation, die Geschichte, an der sie gerade arbeitet, handelt zu großen Teilen von einer jungen Frau, die nach ausführlichen Medienberichten über eine tödliche Virusinfektion ihre Wohnung nicht mehr verlässt. Sie verschanzt sich hinter Desinfektionsmitteln, Konservendosen und Online-Beiträgen über die unheimliche Krankheit, deren Name nie genannt wird.
Marie fragt sich, ob sie sich verrannt hat.
Bevor sie mit dem Schreiben beginnt, liest sie jeweils die vorangegangenen zehn Seiten, doch was sie sieht, gefällt ihr nicht. Die Protagonistin wirkt nicht nur unsympathisch, sondern auch – und das ist ein Kardinalverbrechen – unglaubwürdig. Im ersten Kapitel erscheint sie noch als selbstsicher, lebensbejahend und mit sich selbst im Reinen, doch dann führen ein paar hysterische Pressemeldungen über eine neue Pandemie dazu, dass sie sich unverzüglich von allem und allen abkapselt. Warum fällt es der Hauptfigur nur so leicht, alle Bande zu lösen? Müsste sie nicht, zumindest hin und wieder, schockiert über sich selbst innehalten, wenn sie einen weiteren geliebten Menschen aus ihrem Leben verbannt? Warum rührt es sie so wenig, wenn sie die Anrufe ihrer besten Freundin dauerhaft ignoriert? Wenn sie der eigenen Schwester nicht mehr die Tür öffnet, aus Angst, diese könnte kontaminiert sein?
Vielleicht ist der Text zu gewollt. Nach Tyrannenmord könnte er als weitere Variation zum Thema Einsamkeit verstanden werden. Inkubation handelt nicht einfach von einem Menschen, der allein ist. Es ist die Geschichte einer Selbstaufgabe, aber auch einer Wiedergeburt.
Am frühen Nachmittag beendet Astrid ihren Dienst.
Die Assistentin weiß, dass Marie in den Stunden des Schreibens bis auf eine Ausnahme nicht gestört werden darf, also verlässt sie das Haus schweigend. Als sie die Tür hinter sich zuziehen möchte, schleicht die Ausnahme gerade heran. Sein Halsband weist ihn als „Echo“ aus, doch es bleibt unklar, ob das sein richtiger Name ist. Er hat struppiges, tiefschwarzes Fell, Narben von früheren Kämpfen und einen beeindruckenden Freiheitsdrang. Der Kater reibt sich an Astrids Beinen, erwartet ein kurzes Streicheln und eventuell etwas Futter, doch zumindest mit Letzterem kann sie nicht dienen. Mit einem Laut der Enttäuschung sprintet er durch den Türspalt, nimmt die Treppe ins Obergeschoss und sitzt wenige Sekunden später auf Maries Schoß.
Sie mag den Kater, auch wenn sie weiß, dass diese Zuneigung einseitig ist. Echo mag niemanden, er lässt sich zwar verwöhnen, lässt sich Leckereien darbieten, aber seine Nähe ist zynisch und berechnend. Sobald es in diesem Haus nichts mehr für ihn zu holen gäbe, bliebe er fort. Vielleicht ist es gerade diese nie zu durchbrechende Distanz, die Marie an ihm schätzt.
Als Junges scheint Echo nicht gelernt zu haben, dass es einen Unterschied zwischen spielen und angreifen gibt. Wenn er mit seinen Tatzen nach Marie schlägt, zieht er die Krallen nicht ein, was in unregelmäßigen Abständen hässliche Spuren auf ihrem Unterarm und dem Handrücken hinterlässt.
Vielleicht hat der Kater schlechte Erfahrungen mit anderen Menschen gesammelt. Vielleicht wurde er enttäuscht und verletzt, sodass seine Aggressionen nur den ungeschickten Versuch darstellen, ein empfindliches Ich zu verteidigen. Eine Mauer kann schließlich zwei Aufgaben erfüllen: andere ausgrenzen – oder etwas beschützen.
Marie muss keine hobbypsychologischen Ratgeber lesen, um zu erkennen, dass es sich bei diesen Überlegungen um reine Projektion handelt. Vielleicht ist es eine Nebenwirkung der Einsamkeit, sich mit einem zugelaufenen Tier zu identifizieren. Unbewusst gleiten ihre Finger tiefer in Echos Fell.
Nach wenigen Minuten hat der Kater genug von ihr, er springt auf den Boden und verlangt lautstark nach Futter. In der Anfangszeit hat sie ihm immer etwas von ihrem Räucherlachs, den Resten eines Schollenfilets oder übrig gebliebene Scampi gegeben. Inzwischen lagern im untersten Fach des Küchenregals auch ein paar Dosen Katzenfutter.
Echo ist hervorragend konditioniert, er schleicht vor dem Fach herum, bevor sie es öffnet. In seinen Augen ist etwas zu erkennen, das dümmere Menschen für Dankbarkeit halten könnten – in Wahrheit ist es einfach nur Gier.
Sie streicht dem Tier über den Hinterkopf, während es sich über den Napf neigt: Es ignoriert die Berührung vollständig. Als sie aufsteht und wieder nach oben geht, schenkt ihr der Kater nicht einmal einen kurzen Blick.
Echo hat gelernt, an die Klinke der Haustür zu springen und sich selbst hinauszulassen.

Zwei Abende später kommt Jakub vorbei.
Marie würde sich gegen die Bezeichnung Verhältnis wehren, aber letztendlich ist es das. Liebe spielt dabei keine allzu große Rolle, das wissen sie beide. Es geht vielmehr um ein gegenseitiges Aushalten. Um ein Hinnehmen verschiedener Unzulänglichkeiten. Und um Sex.
Jakub hält sich an Absprachen, er drängt sich nicht auf, er fordert keinen Vorrang gegenüber anderen oder sogar ihrer Arbeit. Er ist einfach da, und dieses Dasein kündigt er rechtzeitig genug an, damit Marie sich darauf einstellen kann.
Kennengelernt haben sie sich bei einer Reise durch Osteuropa, Jakub war ihr Dolmetscher. Sie war fasziniert von seiner Sprachgewandtheit und von der Leichtigkeit, mit der er ihre verkopften Sätze so wiedergab, dass die Zuhörer sich daran erfreuen konnten.
Sonst tritt Jakub eher wortkarg auf, was Marie entgegenkommt. Außerdem verfügt er über Anstand und Allgemeinbildung und ist gepflegt.
Marie genießt es, über sein kurz geschorenes Haar zu streichen; es sind Momente größter Zärtlichkeit. Sie stellt sich dann oft eine andere Welt vor, in der ihre Leben eine minimal abweichende Entwicklung genommen hätten. Eine Welt ohne hässliche Szenen, missbrauchtes Vertrauen und emotionale Kältestarre. Marie weiß: In dieser Welt würde sie Jakub bedingungslos lieben.
Er hat das Lächeln eines Jungen und die Souveränität eines alten Mannes, eine Kombination, die sie anziehend findet. Vielleicht bedient er keine klassischen ästhetischen Ideale; die Gesichtszüge sind weit davon entfernt, als symmetrisch durchzugehen, die Augen schmal, die Nase plump, sein Bauch etwas vorstehend und untrainiert, aber sie schätzt das Eigentümliche daran. Schönheit ist etwas für Anfänger.
Jakubs größter Pluspunkt ist die völlige Gleichgültigkeit gegenüber den Themen Ehe und Kinder. Auf diesem Gebiet scheint er keine eigenen Intentionen zu haben, vermutlich würde er sich aber auch nicht dagegen wehren, wenn Marie mit entsprechenden Wünschen an ihn heranträte. Er lässt völlig unklar, wohin es in seinem Leben gehen soll, vielleicht weil er es selbst nicht weiß. Am Ende ist es diese Ziellosigkeit, die ihn so ruhig erscheinen lässt.
Für Marie ist Jakub der nahezu perfekte Mann.
Ihr Abend folgt einer sorgfältigen und von beiden Parteien akzeptierten Choreografie. Zunächst bereiten sie gemeinschaftlich das Essen zu, meistens eine leichte, mediterran angehauchte Speise. Die Küche ist dabei die geeignete Bühne, um die Ereignisse der letzten Tage zu besprechen, außerdem kann sich Marie bei den routinierten Handgriffen entspannen. Es sind die wenigen Momente, in denen ihr innerer Monolog schweigt und sie das Leben unreflektiert wahrnimmt.
„Wie läuft die Arbeit an deinem Buch?“, fragt Jakub, während er Paprikaschoten halbiert und entkernt. Marie verzeiht ihm diese naive Frage. Er ist kein übereifriger Leser und kein aufdringlicher Journalist, ihm gegenüber darf sie ehrlich sein.
„Im Moment schleppend. Kann sein, dass ich das Projekt in ein paar Tagen kippe und mit etwas völlig Neuem beginne.“
„Aber du hast schon so viel Energie hineingesteckt.“
„Energie allein nützt nichts, wenn der Entwurf in sich zusammenbricht.“
„Ich bin sicher, du kannst ihn retten.“
Nun spürt Marie doch eine gewisse Tendenz zur Eskalation in sich.
„Ach ja, was macht dich denn so sicher, dass ich ihn retten kann?“
Zu spät bemerkt Jakub, dass die Frage rhetorisch gemeint war. Er will zu einer Antwort ansetzen, doch Marie kommt ihm zuvor.
„Hast du etwa heute acht fucking Stunden vor dem Notebook verbracht? Und das nur, um vierzehn Sätze so lange umzuformulieren, bis sie nicht mehr wie die schlechte Übersetzung einer chinesischen Montageanleitung klingen?“
„Jetzt übertreibst du.“
„Ich übertreibe?“
Sie will es sich nicht eingestehen, doch Jakub hat recht. Dabei genießt sie es, die aufgestaute Unzufriedenheit in Form von Wut hinauszulassen, selbst wenn er überhaupt keine Schuld an ihrer Situation trägt. Aber wann trifft Aggression jemals den Richtigen?
Nachdem sie sich beim Braten des Ziegenkäses ein paar Minuten angeschwiegen haben, möchte sie zu einer Entschuldigung ansetzen, doch Jakub ist schneller.
„Warum setzt du dich so unter Druck?“
„Was meinst du?“
Marie rührt den Mascarpone unter das Risotto und ist dankbar, eine Aufgabe zu haben, um Jakub nur beiläufig ansehen zu müssen.
„Du zählst zu den angesehensten Schriftstellerinnen des Landes. Du musst niemandem mehr etwas beweisen. Mach mal Pause. Gönn dir einen gewissen Freiraum.“
„Mein Freiraum sind leere Blätter, die ich mit meinen Texten fülle. Einen größeren Freiraum kann es gar nicht geben.“
„Ich meine ja nur.“
Während Jakub das Risotto auf zwei viel zu große Teller verteilt, wirft sie ihm einen abschätzigen Seitenblick zu.
„Was soll das, Jakub?“
„Was soll was?“
„Ich schreibe dir nicht vor, wie du deine Arbeit zu machen hast, und ich erwarte das Gleiche von dir.“
„Es war nicht böse gemeint. Du wirkst in letzter Zeit nur etwas … angespannt. Ist denn alles in Ordnung?“
Sollte sie ihm von den Anemonen erzählen? Von dem seltsamen Brief? Von dem missglückten Interview mit di Francesco?
„Ja, alles in Ordnung.“
Das Essen nehmen sie wortlos zu sich.
Jakub hat die Nocturnes von Debussy aufgelegt. Obwohl Marie klassischer Musik nicht viel abgewinnen kann, weiß sie die Unaufdringlichkeit des majestätischen Orchesterwerks zu schätzen. In Kombination mit dem Paprikarisotto fühlt sie sich in einen langatmigen, aber ästhetisch ansprechenden Arthouse-Film versetzt.
Die Sonne ist untergegangen, das Licht der Deckenlampe zeichnet die Spiegelbilder der beiden auf die Glasflächen: Ein normales Paar beim Abendessen, könnte ein außenstehender Beobachter denken, doch die Oberfläche weist feine Risse auf.
Vielleicht sollte sie die Geschichte beenden.
„Was hast du gesagt?“, fragt Jakub, ein Stück Peperoni zwischen den Zähnen.
„Nichts.“
Nach dem Einschalten des Geschirrspülers gehen sie hinauf in Maries Schlafzimmer.
Wenn es nach ihr ginge, könnten sie sich das Vorspiel sparen. Sie möchte ihn in sich spüren, am liebsten sofort, alles andere ist nur Ablenkung und Zierrat. Doch Jakub zuliebe nimmt sie es hin, dass sie einander anfangs umständlich küssen, sich langsam ausziehen und erst dann mit dem Hauptteil beginnen.
Jakub legt sich auf sie, es gefällt ihr, wenn sie sein Gewicht spürt. Sie presst seinen Kopf an ihren Hals, der Anblick seines von Leidenschaft gezeichneten Gesichts ist ihr unangenehm.
Anfangs waren sie experimentierfreudiger, sie liebten sich im Auto, auf dem Herd (was wegen des druckempfindlichen Touchdisplays fast gefährlich geworden wäre), im Wald. Inzwischen haben sie die Schnittmenge ihrer Fantasien und Vorlieben ermittelt und sich auf einen fairen, aber leider auch etwas vorhersehbaren Mittelweg geeinigt. Manchmal vermisst sie den Exzess.
Nach ein paar Minuten wechseln sie die Stellung, Jakub nimmt sie von hinten. Das ist ihre Lieblingsposition, sie mag das leicht Animalische daran. Er greift ihr ins Haar und zieht ihren Kopf nach hinten, dann knetet er ihren Hintern so fest, dass sie tagelang Abdrücke davon zurückbehalten wird. Seine Stöße werden schneller. Sie braucht noch ein paar Minuten für ihren Gipfel, doch so viel Zeit bleibt ihm nicht mehr. Um sein Selbstbild als überdurchschnittlicher Liebhaber nicht zu beschädigen, stöhnt sie laut auf und krallt die Finger ekstatisch ins Bettlaken. Jakub kommt in ihr und fällt dann erschöpft auf die Seite. Unwillkürlich muss sie an den Kaninchenstall ihrer Großeltern denken – nach dem Deckakt kippten die Rammler immer bewusstlos ins Heu. Als Kind verstörte sie dieser Anblick zutiefst, sie hielt die Tiere für tot und brach in Tränen aus.
Ein Satz ihres Großvaters fällt ihr ein: „Man darf ihnen keine Namen geben, sonst bringt man es später nicht übers Herz, sie zu schlachten.“

Ich bin es leid, das wieder und wieder mit ansehen zu müssen. Und doch sitze ich auf einem alten Hochstand, vor mir eine Kamera mit Superteleobjektiv, bereit, jeden einzelnen Moment aufzuzeichnen. Aus der Not heraus habe ich mich mit den Grundlagen der Fotografie vertraut gemacht, mittlerweile gelingen mir ganz taugliche Bilder. Es liegt nahe, dass ich sie nicht auf Ausstellungen zeigen werde, für meine Zwecke ist ihre Qualität mehr als hinreichend.
Glücklicherweise kommt sie nie auf die Idee, die Vorhänge an der Glasfront des Schlafzimmers vorzuziehen. Wer sollte euch schon zusehen, nicht wahr, in dieser menschenleeren Gegend? Ich könnte lachen, wenn das Schauspiel vor mir nicht so tragisch wäre. Ähnliches müssen die Menschen des Mittelalters gefühlt haben, wenn sich die Sonne, die ihnen Licht, Wärme und Nahrung gab, plötzlich verfinsterte; ein Unheil verkündendes Zeichen, eine düstere Prophezeiung. Vielleicht sollte ich ein rituelles Opfer bringen, um die Götter wieder gnädig zu stimmen …
Es ist die Ästhetik der Grausamkeit. Ich muss hinsehen, muss mir jede Bewegung genau einprägen. Wenn seine plumpen Finger über ihren Bauch streichen, sein aufgerichtetes Glied zwischen ihre Beine gleitet, bis sie es in die Hand nimmt und einführt. Er benutzt sie. Sie ist nichts weiter als ein Hilfsmittel seiner Befriedigung, ein Werkzeug. Das Wort Vergewaltigung drängt sich auf, ich möchte sie beschützen und weiß doch nicht, wie.
Picassos Guernica fällt mir ein, auch die allgemein bekannte (und vermutlich unzutreffende) Anekdote dazu: Ein deutscher Soldat besucht den Künstler 1944 in seinem Pariser Atelier, zeigt auf eine Reproduktion des Bildes und fragt: „Haben Sie das gemacht?“ Picassos angebliche Antwort: „Nein, Sie!“
Einmal konnte ich beobachten, wie sie auf ihm saß, ihr Gesicht ungefähr in Richtung meiner Kamera, sein untersetzter Leib dankenswerterweise hinter Kissen verborgen. Sie massierte ihre vollen Brüste, die Augen vor Lust geschlossen, während sich ihr Oberkörper zärtlich auf und ab bewegte. Ihr Mund öffnete sich, als würde sie etwas flüstern, vielleicht entkam ihm auch nur ein unbestimmter Laut der Wollust.
Ich habe das Foto noch in derselben Nacht entwickelt und mir vorgestellt, ich würde so unter ihr liegen, liebkost werden von dieser durch und durch anbetungswürdigen Frau. Vor Erregung konnte ich stundenlang kaum schlafen.
Wie grausam, dass sie es vorzieht, sich wöchentlich von diesem Trampeltier besteigen zu lassen. Welch himmelschreiende Ungerechtigkeit. Würde ich sie nicht auf jede erdenkliche Weise befriedigen? Wie gerne würde sich mein Mund erst in ihrem Dekolleté, dann in ihrem Schoß vergraben … Noch tragischer, als etwas nicht zu bekommen, ist zu sehen, wie ein anderer es bekommt.
Warum tut sie sich das nur an? Und vor allem: Warum tut sie mir das nur an? Ahnt sie denn wirklich nichts von dem heimlichen Verlangen, das mich von innen verbrennt? Mit jedem Tag ist es schlimmer geworden. Die Heimlichkeit meiner Liebe befeuert es noch, das Schweigen ist ein Brandbeschleuniger.
Nein, es wird nicht anders gehen. Ich muss deutlicher werden. Meinen Blumenstrauß wollte sie nicht, also wird sie morgen etwas auf ihrem Weg finden, das sie nicht ignorieren kann.
Achte auf deinen nächsten Schritt, Marie.

Thomas Breitung

Über Thomas Breitung

Biografie

Thomas Breitung wurde 1987 in Thüringen geboren. 2016 nahm er mit seinem Stück „Die Anderen“ am Autorenlabor des Nürnberger Staatstheaters teil. Er gewann 2017 das Vorfinale der PULS-Lesereihe des Bayrischen Rundfunks mit dem Text „Trolling, Hating“ und erhielt 2018 den Publikumspreis des...

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