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Mein Zimmer im Haus des KriegesMein Zimmer im Haus des Krieges

Mein Zimmer im Haus des Krieges

Janina Findeisen
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351 Tage gefangen in Syrien

„Äußerst packend.“ - Westdeutsche Allgemeine

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Mein Zimmer im Haus des Krieges — Inhalt

Was ist Freundschaft im Krieg wirklich wert

Was ist Freundschaft im Krieg wirklich wert?

„Entführt zu werden ist, wie ins Koma zu fallen: Das Leben drum herum geht weiter, nur ohne dich. Du bist plötzlich nicht mehr dabei, aber du bist trotzdem noch bei vollem Bewusstsein. Bloß kannst du nichts mehr tun, und keiner kann dir mehr helfen.“
Die Journalistin Janina Findeisen wird 2015 auf einer Recherchereise in Syrien gekidnappt und anschließend 351 Tage gefangen gehalten. Sie war nach Syrien gereist, um ihre zum Islam konvertierte Schulfreundin zu treffen und zu verstehen, wie es zu deren Radikalisierung kam. Kurz nach dem Treffen wird sie, die ihr erstes Kind erwartet, entführt. Sie verbringt fast ein Jahr an unterschiedlichen Orten, in wechselnde Zimmer eingesperrt, von bewaffneten Männern bewacht. In einem dieser Zimmer bringt sie ihren Sohn zur Welt.

€ 11,00 [D], € 11,40 [A]
Erschienen am 06.07.2020
336 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-31623-1
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 02.04.2019
336 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-99349-4
Download Cover

Leseprobe zu „Mein Zimmer im Haus des Krieges“

Vorwort

Inzwischen bin ich seit über zwei Jahren aus Syrien zurückgekehrt. Genug Zeit, um mich wieder an das Leben in der Komfortzone zu gewöhnen. Die Fragen, ob meine Lebensmittel bio oder Küken für meine Eier gestorben sind, ob meine Zahnreinigung zusatzversichert und mein Netflix-Account mit dem WLAN verbunden ist oder ob ich mit meinem Diesel bald nicht mehr durch die Innenstadt fahren darf, sind langsam wieder relevant für mich geworden, aber es hat lange gedauert.

Jeder Journalist, der in Syrien war, hatte in erster Linie ein Anliegen: über die [...]

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Vorwort

Inzwischen bin ich seit über zwei Jahren aus Syrien zurückgekehrt. Genug Zeit, um mich wieder an das Leben in der Komfortzone zu gewöhnen. Die Fragen, ob meine Lebensmittel bio oder Küken für meine Eier gestorben sind, ob meine Zahnreinigung zusatzversichert und mein Netflix-Account mit dem WLAN verbunden ist oder ob ich mit meinem Diesel bald nicht mehr durch die Innenstadt fahren darf, sind langsam wieder relevant für mich geworden, aber es hat lange gedauert.

Jeder Journalist, der in Syrien war, hatte in erster Linie ein Anliegen: über die Situation in Syrien zu erzählen, von der anderen Seite zu berichten. Jeder Journalist, der die Grenze überschritten hat, wollte, davon gehe ich aus, die Wahrheit herausfinden. Unabhängig davon, ob er oder sie überlebt hat oder nicht.

Wir Journalisten sind nicht die Geschichte, um die es eigentlich gehen sollte. Es geht um Syrien und vor allem darum, die Syrer selbst wieder in den Fokus zu rücken. Das Interesse für Syrien ist leider gering. Es sei denn, es passiert uns aus dem Westen etwas vor Ort. Doch das Leben eines Syrers ist so viel wert wie unseres.

Wo einst eine arabische Revolution startete, ist diese in einen grausamen Bürgerkrieg umgeschlagen, der von internationalen Playern mit schmutzigen Methoden instrumentalisiert und inzwischen von radikal-dschihadistischen Milizen angeführt wird. Ich bin nach Syrien gereist, um über die Hintergründe berichten zu können. Doch nun muss ich leider eine ganz andere Geschichte erzählen.

PROLOG

Entführt zu werden ist, wie ins Koma zu fallen: Das Leben drum herum geht weiter, nur ohne dich. Du bist plötzlich nicht mehr dabei, aber du bist trotzdem noch bei vollem Bewusstsein. Bloß kannst du nichts mehr tun, und keiner kann dir mehr helfen. Gefangen zu sein, das ist, wie in einen Strudel unter Wasser hinabgezogen zu werden, in die Tiefe des Ozeans. Alles ist in Schlieren. Ungreifbar, trüb und einsam. Keiner hört dich mehr, weil niemand mehr da ist, der dir zuhören kann. Du bist auf dich selbst zurückgeworfen, auf deine Erinnerung. Du lebst in einer anderen Realität als der Rest der Welt. Die Vergangenheit und alles, was bis dahin war, existiert von einem auf den anderen Moment nicht mehr. Sie ist ausgelöscht und unerreichbar. Wie ein Leben unter Tage. Du bist auf stumm geschaltet. Jedes Gespräch, jeder Traum, jede Erinnerung, jede Idee, alles ist nicht stofflich und fluid, ungreifbar und findet nur noch in deinem Kopf statt, weil der Bezug zu deinem echten Leben weg ist.

Doch du fällst nicht wirklich ins Koma, sondern du erwachst nach einer kurzen Zeit der Betäubung wieder. Und du erwachst in einer grausamen Realität: der Gefangenschaft mit ungewissem Ausgang. Nur im Traum kannst du noch frei sein. Du bist tagsüber eingemauert, aber nachts in deinen Träumen kannst du alles tun, bist zurück in deinem alten Leben, triffst deine Liebsten und deine Freunde. Und nach Monaten der Gefangenschaft kannst du nicht mehr zwischen Träumen und Realität unterscheiden.

Wenn du entführt wirst, dann sind alle Brücken gekappt, du stehst alleine im Dunkeln, es ist tiefe Nacht, und der schlimmste Albtraum deines Lebens wird mit einem Mal wahr. Von einem auf den anderen Moment ist er deine neue Wirklichkeit. Die Qualen, die Einsamkeit, die Demütigung, die Hoffnungslosigkeit, die Lebensfeindlichkeit im Krieg, das sind nur einige der Dinge, die mich zeitweise bis an den Rand der Verzweiflung gebracht haben. Es war die schwerste Zeit meines Lebens, und ich bin froh, dass mein Sohn und ich diese Reise überlebt haben. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich wieder zu Hause in Deutschland bei meiner Familie und meinen Freunden bin. Nach Syrien hat eine neue Zeitrechnung für mich begonnen.

Manche Momente im Leben sind teurer als andere, denn sie werden in einer anderen Währung bezahlt. Währung und Preis kennt nur, wer es bezahlen musste.

Und obwohl ich jetzt schon seit einer Weile zurückgekehrt bin, ist nichts wie vorher. Meine Zeitrechnung unterscheidet die vorsyrische, die syrische und die nachsyrische Zeit. Es sind die kleinen Dinge im Leben, auf die es für mich inzwischen ankommt. Ich konzentriere mich auf das Jetzt. Die Zeit, die ich durch meine Rückkehr gewonnen habe, nicht jene Zeit, die ich verloren habe.

Jede Geschichte hat ihren Anfang. Alles beginnt irgendwo, an einem spezifischen Punkt im Universum, zu einer spezifischen Zeit und an einem spezifischen Ort. Die Leben mancher Menschen kreuzen sich, manche Wege gehen wir ein Stück gemeinsam, einige Wege und Menschen haben Bedeutung, andere zerfallen im Kontinuum der Zeit, wie ein atomarer Stoff, der qua Naturgesetz kontinuierlich abgebaut wird. Aber manche Menschen prägen uns viel mehr, als wir das vielleicht jemals für möglich gehalten hätten, und beeinflussen dadurch unseren Weg.

Diese Geschichte beginnt mit meiner Freundschaft zu Laura, meiner alten Schulfreundin. Laura war eine von uns, bevor sie zum Islam konvertierte. Mit ihrer Konversion sollte sich vieles ändern. Unsere Freundschaft begann in der Grundschule und entwickelte sich zu einem Sandsturm, in dem ich unterging. Seit ihrer Ausreise aus Deutschland habe ich mich auf die Suche nach ihr begeben und versucht zu rekonstruieren, was geschehen war. Was hat Laura, meine Freundin seit der Grundschulzeit, zur radikalsten Lebensform des Islams gebracht? Welche Gründe haben zu ihrer Abkehr von unserer Gesellschaft geführt? Und warum hat sie für sich und ihre Kinder die Entscheidung getroffen, im Krieg zu leben? Warum kommt sie nicht nach Deutschland zurück? Letztere ist vielleicht eine der wichtigsten Fragen, die ich beantworten werde.

Als ich Laura das erste Mal seit ihrer Ausreise im Frühjahr 2009 wiedersah, war ich ihrer Gruppe vollkommen ausgeliefert. Ich war mir dessen nur noch nicht bewusst. Es war diese Freundschaft aus Bonner Zeiten, die mich fast mein Leben und das Leben meines Sohnes kostete. Mit meiner Reise nach Syrien wurde ich in die Falle gelockt. Meine Sicherheitsgarantie löste sich in Luft auf, und jene Gruppe, die eben noch für meine Sicherheit eingestanden hatte, entführte mich im nächsten Moment. Das Gefährlichste an Syrien ist die Unberechenbarkeit, doch dies und vieles andere habe ich zu spät begriffen. Ich bin erst viel später in diesem Krieg angekommen. Es hat Monate gedauert, bis ich akzeptiert habe, dass ich in Syrien bin und bis auf Weiteres nicht nach Deutschland zurückkehren werde. Ich dachte, ich könne eine kurze Reise nach Syrien machen, für eine kurze Weile in das Leben von Laura eintauchen und anschließend einfach zurückkommen, nach einigen Tagen Recherche.

Die Entführung hat mein Leben aus den Angeln gehoben, meine Welt auf den Kopf gestellt – sie war die größte Prüfung meines bisherigen Lebens: die tägliche Kriegshölle, der Zweifel, das Kopfkino, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit und auch die Bitterkeit. Ich weiß nicht, ob man sich einsamer und verlorener fühlen kann, als ich das getan habe, wahrscheinlich kaum. Es war ein Kampf gegen die Zeit. Ein Kampf um jede Minute, die vergehen musste. Ich habe nicht nur die Tage gezählt, sondern die Stunden und irgendwann auch die Minuten. Und ich habe versucht, mich an jeden vergangenen Tag minutiös zu erinnern. Ich lebte in meinen Erinnerungen und für sie. In meinen Träumen war ich frei und konnte meine Liebsten treffen, wenn ich aufwachte, war da ein verschlossenes Zimmer – mit mir darin. Sonst nichts. Später, nachdem mein Sohn geboren worden war, war alles leichter und schwerer zugleich. Ich habe versucht, das Beste aus jedem Tag zu machen. Für meinen Sohn glücklich zu sein und mit ihm.

Ich habe mich in einem Moment in Syrien dazu entschieden, mich nicht unterkriegen zu lassen. Sondern mich meinem Schicksal zu ergeben. Ich habe versucht, das Beste aus meiner widrigen Situation zu machen, ich habe versucht, allen Zweifeln, die mich zerreißen wollten, zu widerstehen und an das Gute zu glauben, an das persönliche Happy End meines Lebens. Ich habe an jedem der 351 Tage, die ich gefangen gehalten wurde, an meine Rückkehr geglaubt. Obwohl es unwahrscheinlich schien, jemals nach Deutschland zurückzukehren. Syrien war so unmittelbar und real und Deutschland wie ein weit entferntes Land in einem Märchen. Es war die bitterste Zeit meines Lebens, aber ich habe niemals aufgegeben, ich habe mich gegen die Entführer gestellt, ich habe versucht, das schwarze Loch, das sich um mein Leben herum gebildet hatte und mich verschlingen wollte, zu besiegen. Man kann einen Menschen innerhalb von wenigen Stunden brechen, doch glücklicherweise hat niemand versucht, mich zu brechen.

Vor meiner Reise war ich blauäugig, ich dachte, dass meine Sicherheitsgarantie halten würde. Eine Sicherheitsgarantie in muslimischen Gesellschaften hat einen hohen Stellenwert, das gegebene Wort gilt wie ein Vertrag und untersteht einem Ehrenkodex. Ich glaubte, dass ich geschützt sei, dass ich unantastbar sei. Aber das war ich nicht. Ich war offensichtlich eine leichte Beute in einem großen Spiel. Ich habe die Situation falsch eingeschätzt. Und doch war ich in gewisser Hinsicht geschützt. Viele Dinge, die Frauen in den Gefängnissen jeden Tag erleben, sind mir erspart geblieben. Ich war eine Marionette der Entführer und irgendwann ein Schatten meiner selbst.

Meine Entscheidung, schwanger mit einer Sicherheitsgarantie in ein Land einzureisen, in dem Krieg herrscht, ist heute nicht mehr zu begreifen. Es war verantwortungslos, leichtsinnig und falsch. Ich bedauere diesen Schritt zutiefst, doch ich kann meinen Fehler weder ungeschehen machen noch verbergen oder vergessen. Er ist Teil meiner Lebensgeschichte. Ich habe mich jeden Tag damit gequält, warum ich nach Syrien gereist bin, und meine ausweglose Situation verflucht. Ich habe mich selbst verflucht, dass ich nicht wachsam und achtsam genug war, und in den Krieg gereist bin wegen einer Geschichte über eine alte Schulfreundin. Oft habe ich mich in Gefangenschaft gefragt: Warum bin ich hier? Und warum bin ich eigentlich hier? Warum habe ich mir und meinem Kind das angetan? Warum dieses Risiko? Wozu? Warum dieser unnötige Schmerz? Diese Fragen drehten sich die ganze Zeit über in meinem Kopf wie ein Mühlrad. Was hat mich dazu gebracht, diese vollkommen falsche Entscheidung zu treffen? Ich hatte alles in Berlin. Ein Leben, Freunde, Arbeit. Und bin trotzdem das Risiko eingegangen, alles zu verlieren. Das ist für mich heute, nachdem ich zurückgekehrt bin, nicht mehr nachvollziehbar. Wollte ich mir selbst etwas beweisen? Woher kam der Druck?

Es war nicht alleine meine Naivität. Am Ende haben viele Faktoren zu dieser Entscheidung geführt. Es war ein Geflecht aus Personen, Orten, Umständen und Worten, die Menschen gesagt haben oder nicht gesagt haben. Viele Kontrollinstanzen haben versagt, auf Produktionsebene und auf menschlicher Ebene.

Ob ich konvertiert oder übergelaufen bin? Ich wäre sofort konvertiert, wenn es mir geholfen hätte. Aber ich habe in keinem einzigen Moment den Vorteil gesehen. Natürlich wurde ich oft danach gefragt, sowohl von Laura als auch von den Entführern. Deshalb habe ich darüber nachgedacht. Warum bin ich nicht konvertiert? War nicht genug Zeit dafür? Gab es nicht genug Möglichkeiten? War es nicht das, was viele erwartet haben? Die Sicherheitsbehörden, die Dschihadisten? Vielleicht sogar einige meiner Freunde und meine Familie? Ja, natürlich war es zu erwarten, aber es ist nicht geschehen, weil mich meine Zeit in Syrien eher vom Islam entfernte, als ihn mir nahezubringen. Auch wenn ich mich mit aufrichtigem Interesse mit dem Koran beschäftigte, hat der Text „nicht zu mir gesprochen“, sosehr ich mich auch in die Textzeilen vertieft habe. Auch die muslimische Lebenspraxis fand ich während meiner Entführung eher abschreckend als einladend, besonders die Rechte und Stellung der Frau.

Ich ging als Journalistin und Freundin nach Syrien und kehrte als Fremde zurück. Nach Syrien war nichts mehr, wie es einmal war. Das Erlebte bleibt sehr präsent. Das bringt ein Jahr im Krieg mit sich. In meiner Zeit der Gefangenschaft habe ich mir immer wieder gesagt: Die Liebe wird alles besiegen. Omnia vincit amor. Es sollte zu meinem Motto während der Gefangenschaft werden. Und es sollte sich bestätigen. Ich habe dem Tod ins Auge gesehen, und ich hatte Glück. Jetzt, wenn ich mit meiner Familie zusammen bin, wenn ich an der Spree stehe und in die Nacht schaue, nun, da ich zurückgekehrt bin, scheinen die Dinge wertvoller zu sein, als sie vorher je hätten sein können, weil ich sie nicht mehr hatte und eine zweite Chance bekommen habe. Jeder einzelne Moment für sich genommen, jedes einzelne Lachen meiner Freunde und die Nähe meiner Familie. Unser freies und doch so sicheres Leben in Deutschland und Europa. Mein Überleben verdanke ich in erster Linie der Liebe zu meinem Kind. Mein Sohn gab mir die Stärke, diese Zeit zu überstehen. Ihm verdanke ich alles.

Ich habe während der unendlichen Tage und Nächte in Syrien immer geschrieben. Meine Tagebücher sind verloren gegangen, aber auch das ist Teil der Geschichte, die ich hier rekonstruiere. Ein weißes Blatt liegt vor mir auf dem Tisch. Ich bewege den Stift in meiner Hand. Das Aufschreiben mit Zettel und Stift hilft mir, mich an die Zeit in Syrien zu erinnern. Es fällt mir nicht leicht. Meine Erinnerungen an die Gefangenschaft sind, so erzählen es auch andere Geiseln, die freigekommen sind, in meine Gehirnwindungen eingebrannt. Nur die Details verblassen langsam. Das Grundgerüst bleibt als Konstante unauslöschbar in meinem Bewusstsein erhalten, auch wenn mir alles hier und heute sehr fremd erscheint: Zu anders ist das Leben in Syrien gewesen, zu unterschiedlich sind die Parameter der beiden Welten, zu einsam waren die Erfahrungen dort.

Noch eine allgemeine Bemerkung: Ich erzähle in diesem Buch meine Version der Geschichte, aber natürlich waren viele Menschen in die Geschehnisse involviert. Zum Schutz von Personen habe ich manche Namen und Orte verändert.

Janina Findeisen

Über Janina Findeisen

Biografie

Janina Findeisen studierte Ethnologie und vergleichende Religionswissenschaften und forschte zum Deutschen Dschihad. Sie arbeitete als freie Mitarbeiterin für den Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ und veröffentlichte unter ihrem Pseudonym Marie Delhaes Dokumentationen und Reportagen zur deutschen...

Über die Geschichte von Janina Findeisen

Die folgende Geschichte hat uns alle hier im Verlag tief beeindruckt, deshalb war sofort klar, dass wir dieses Buch unbedingt bei Piper veröffentlichen müssen: Die Journalistin Janina Findeisen wird 2015 in Syrien gekidnappt und 351 Tage gefangen gehalten. Sie war nach Syrien gereist, um ihre zum Islam konvertierte Schulfreundin zu treffen und zu verstehen, wie es zu deren Radikalisierung kam. Im Vertrauen auf eine Sicherheitsgarantie macht sich die Reporterin, die ihr erstes Kind erwartet, auf den Weg, über die türkisch-syrische Grenze, hinein in das vom Krieg erschütterte Land. Kurz nach dem Treffen mit ihrer Freundin wird sie entführt und verbringt die nächsten Monate an unterschiedlichen Orten, in unterschiedliche Zimmer eingesperrt, von bewaffneten Männern bewacht. In einem dieser Zimmer bringt sie ihr Kind zur Welt.

Das Buch erzählt von 351 Tagen im Krieg, von Janina Findeisens Überlebenswillen, schier unglaublichem Mut und innerem Widerstand, vom Überleben in Isolationshaft und den ersten Monaten ihres Sohnes in Gefangenschaft, schließlich von der Befreiung. Es ist eine Geschichte von Hoffnung, Freundschaft und Liebe, von tiefer Verzweiflung und Angst. Darüber hinaus wird dieses Buch aber auch eine Reise in unsere deutsche Gegenwart und erzählt von jungen Menschen aus unserer Mitte, die sich dem Dschihad angeschlossen haben. Janina Findeisen recherchiert seit Jahren in diesem Bereich und veröffentlichte zahlreiche Berichte und Reportagen zum Thema.

Als ich Janina das erste Mal in Berlin treffe, begegne ich einer selbstbewussten jungen Frau, die mich mit ihrer großen Offenheit und Stärke beeindruckt. Aber es wird im Laufe unserer vielen Treffen und unserer Gespräche über das Buch und ihre Erlebnisse auch klar, warum sie ihr Leben in ein Davor und Danach einteilt. Eine Entführung macht vollkommen machtlos, und natürlich haderte sie immer wieder mit der Entscheidung, sich und sein Kind einer solchen Gefahr ausgesetzt zu haben. Janina Findeisen geht alle diese Fragen sehr direkt und ohne Scheu vor den Antworten an, das macht ihre Erzählstimme und ihren Text so besonders. Und es wird deutlich: Sie ist nicht gebrochen worden – aber ihr Blick auf unser Leben in Deutschland, auf die aktuellen Entwicklungen ist nun ein völlig anderer.

Es geht in ihrem Buch auch um den Verlust einer Freundin, der Person, mit der Janina Findeisen aufgewachsen ist, der sie vertraut hat und mit der sie die ersten Schritte ins Erwachsenenleben unternommen hat. Wenn man so jemanden verliert, sich dieser Mensch nicht nur von den eigenen Lebenseinstellungen völlig entfernt, sondern schlichtweg von der Bildfläche verschwindet, dann ist verständlich, warum Janina Findeisen versuchte, wieder Kontakt zu ihrer Freundin herzustellen. In ihrem Buch erzählt sie, welch hohen Preis sie dafür bezahlen musste.

Anne Stadler

Programmleitung Sachbuch
Pressestimmen
Westdeutsche Allgemeine

„Äußerst packend.“

General Anzeiger Bonn

„›Mein Zimmer im Haus des Krieges‹ ist weit mehr als ein Befindlichkeits- und Betroffenheits-Bericht. Es ist eine kluge Reflexion der Ethnologin und Religionswissenschaftlerin über ein lange verdrängtes politisches und kulturelles Phänomen.“

NDR "DAS!"

„[Findeisen] erzählt ihre Geschichte des Überlebenswillens, gezeichnet von Hoffnung, Angst und Verzweiflung. Doch es ist auch die Geschichte von jungen Menschen aus unserer Mitte, die sich dem Dschihad anschließen und für den so genannten ›Heiligen Krieg‹ alles hinter sich lassen.“

Kölner Stadtanzeiger

„Das Buch erzählt eindrücklich und ehrlich über den ›größten Fehler‹ im Leben der Autorin“

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