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Klimarassismus

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Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende

„Es ist ein lesenswertes und engagiertes Buch, das Matthias Quent, Christoph Richter und Axel Salheiser vorgelegt haben.“ - socialnet.de

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Klimarassismus — Inhalt

Klima und Demokratie gehören zusammen
Weltweit blockieren rechte Parteien und Netzwerke effektiven Klimaschutz. Das ist kein Zufall: Denn die Hauptverantwortung für den Klimawandel trägt der reiche globale Norden, aber seine Opfer sind vor allem ohnehin benachteiligte Menschen – hierzulande und im globalen Süden. Weiße Vorherrschaft, extreme Ungleichheit und die Ausbeutung von Menschen und der Umwelt gehen Hand in Hand. Um Klimarassismus und -klassismus zu verschleiern, leugnen viele, dass die Erderhitzung überhaupt ein Problem ist.

Wie Rechtsaußenparteien den Klimawandel für sich nutzen

Dieses Buch zeigt, wo die massiven politischen Gefahren des Rückschlags gegen den grünen Umbau liegen, mit welchen Netzwerken und Argumentationsweisen die Rechten die Zukunft angreifen, was das mit unserem Alltag und dem herrschenden System zu tun hat und was wir für Klima und Gerechtigkeit tun können.

  • Mit klaren Argumentations- und Handlungsvorschlägen
€ 20,00 [D], € 20,60 [A]
Erschienen am 01.09.2022
288 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06399-9
Download Cover
€ 19,99 [D], € 19,99 [A]
Erschienen am 01.09.2022
288 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-60224-2
Download Cover

Leseprobe zu „Klimarassismus“

Einleitung

„Verbote. Wohlstandsvernichtung. Klimasozialismus. Ökodiktatur. Enteignungsterror. Masseneinwanderung. Klimasozialismus. Vogelmord. Waldvernichtung. Totalitär. Heimatfeind-
lich.“ – Laut einer rechten Schmutzkampagne im Bundestagswahlkampf 2021 steht die Partei der Grünen genau dafür. Die Plakate erweckten den Eindruck, es handle sich um echte Wahlwerbung der Partei. Im Internet schlugen die Schmähungen in offenen Hass, Beleidigungen und Bedrohungen um. Häufig waren und sind die Anfeindungen frauenfeindlich. Einen derart groß angelegten, [...]

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Einleitung

„Verbote. Wohlstandsvernichtung. Klimasozialismus. Ökodiktatur. Enteignungsterror. Masseneinwanderung. Klimasozialismus. Vogelmord. Waldvernichtung. Totalitär. Heimatfeind-
lich.“ – Laut einer rechten Schmutzkampagne im Bundestagswahlkampf 2021 steht die Partei der Grünen genau dafür. Die Plakate erweckten den Eindruck, es handle sich um echte Wahlwerbung der Partei. Im Internet schlugen die Schmähungen in offenen Hass, Beleidigungen und Bedrohungen um. Häufig waren und sind die Anfeindungen frauenfeindlich. Einen derart groß angelegten, aggressiven und unverschämten Wahlkampf gegen eine einzelne Partei und ihre Spitzenkandidatin hat es in Deutschland bisher noch nicht gegeben. Und diese Kampagne ist nur ein Beispiel. Anfeindungen sind für Klimaaktivist:innen und die Klimaforschung zum Alltag geworden. In einigen Regionen der Welt ist das Engagement für Umwelt- und Klimaschutz lebensbedrohlich. Längst geht es um mehr als um bloße Parteipolitik. Spurensuchen nach den Auftraggeber:innen der Schmutzkampagne im Bundestagswahlkampf führten Journalist:innen in das Milieu der radikalen Rechten – unter anderem zu David Bendels, der schon zuvor mit nebulöser Finanzierung Werbung für die AfD machte. Finanzen und Netzwerke sind dubios, doch die Absichten und Erzählungen sind eindeutig: Der Kampf gegen die ökologische Wende wird mit immer härteren Bandagen ausgetragen und ist zugleich die wichtigste Frage unserer Zeit. Tatsächlich sind die obigen Slogans keineswegs neu. Sie sind Teil einer rechten Kampagne, die seit den 1970ern als organisierte Gegenbewegung gegen gesellschaftlichen Fortschritt initiiert wurde. Im Kern geht es dabei um Verantwortungsabwehr sowie die Legitimierung sozialer und globaler Ungleichheit und klimarassistischer Zustände. Zustände, in denen der globale Norden die Schattenseiten von Wohlstand und Wachstum vor allem in den Süden auslagert. Je bewusster der Gesellschaft die Notwendigkeit einer schnellen und radikalen ökologischen Wende wird, desto aggressiver wird die Veränderung abgewehrt. Dieses Buch zeigt, welche Motive, Netzwerke, Ideologien, Muster und Strukturen dahinterstehen.

Lange Zeit waren Umwelt- und Klimapolitik für die radikale Rechte in Deutschland nur Randthemen. Doch das hat sich geändert – spätestens seit den verheerenden Überschwemmungen in Deutschland im Sommer 2021 kommt niemand mehr an diesen Themen vorbei. Der menschengemachte Klimawandel und die ökologische Wende sind das drängendste Thema unserer Zeit. Die Debatten über den ökologischen Krisenzustand und über die Notwendigkeit von Veränderungen eignen sich aus rechter Sicht perfekt für das Schüren von Angst und Hass und für die Verbreitung von Falschinformationen. Damit ist die rechte Abwehrpolitik gegen die ökologische Wende eine der größten Herausforderungen für die Rettung des Planeten und der Demokratie: Rechtsterroristen rechtfertigten ihre Morde mit klimarassistischer Propaganda; der rechtspopulistische brasilianische Präsident Jair Bolsonaro treibt mit der gleichen Zügellosigkeit wie Donald Trump während seiner vierjährigen Amtszeit die Zerstörung des Klimas und der Umwelt voran, wobei er neben Medien und Institutionen auch die Wissenschaft und Klimaschutzmaßnahmen bekämpft. Hierzulande nehmen im Internet und in Parlamenten Angriffe gegen Klimaaktivist:innen fortlaufend zu. Die Zielrichtung hatte bereits im September 2019, noch vor Ausbruch der Coronapandemie, der AfD-Spitzenpolitiker Alexander Gauland verkündet: „Die Kritik an der sogenannten Klimaschutzpolitik ist nach dem Euro und der Zuwanderung das dritte große Thema für die AfD.“[i]

Die Coronapandemie hat die Dringlichkeit für die Rechten, gegen die ökologische Wende zu agitieren, nur aufgeschoben. Während der Pandemie gingen auch in Deutschland Zehntausende Menschen auf die Straßen, um gegen die Coronamaßnahmen der Regierung zu protestieren. Sehr häufig orchestrieren Rechtsradikale, Verschwörungsideolog:innen, Antisemit:innen und andere Antidemokrat:innen die Proteste. Und immer häufiger erheben sich auf den entsprechenden Kommunikationsplattformen, in sozialen Netzwerken und bei Demonstrationen Stimmen, die Corona und den Klimawandel miteinander verbinden. Ihnen zufolge beruhen die freiheitseinschränkenden Maßnahmen auf gezielter „Plandemie“ und sind Teil eines größeren Planes zur Einführung einer „Klimadiktatur“. Sicher: Nicht alle, die gegen die Politik demonstrierten, waren von dieser Verschwörungserzählung motiviert, aber die Proteste machen erneut deutlich, wie fehlende Abgrenzungen und Desinformationen viele Menschen dazu mobilisieren können, mit Demokratiefeind:innen gemeinsame Sache zu machen. Nicht zuletzt haben Falschinformationen und Propaganda sehr viele Menschen verunsichert, Impfungen und andere Schutzmaßnahmen sabotiert und damit in Deutschland und weltweit zu unzähligen Todesfällen geführt, die hätten verhindert werden können.

Die Protestierenden inszenierten sich als Kämpfer:innen für Freiheit – ein großes und häufig missbrauchtes Wort. Freiheit kann es ohne Verantwortung nicht geben. Freiheit ohne Verantwortung ist Egoismus, Willkür, die machtvolle Durchsetzung eigener Interessen auf Kosten anderer. Doch nicht alle leiden gleich unter Egoismus und Tyrannei: Vor allem die Menschen, die ohnehin ärmer, verletzlicher oder machtschwächer sind, geraten unter die Räder. Bei der Coronapandemie handelt es sich um eine globale Umweltkatastrophe – wie beim Klimawandel. Pandemien durch Übertragung von Krankheiten von Tieren auf den Menschen könnten in Zukunft durch den Klimawandel sogar zunehmen. Und wie geht man mit denen um, die die Gefahr durch Corona und den Klimawandel leugnen? Was lässt sich aus dem Verhalten in der gegenwärtigen Pandemie für künftige Veränderungen und Konflikte lernen?

Die massiven Attacken auf Corona- und Klimaschutzmaßnahmen von rechts sind kein Zufall. Es handelt sich dabei nicht nur um einen rohen Populismus, der sich gegen die jeweilige Regierung und ihre Politik richtet – obwohl dieser Aspekt zweifellos eine Rolle spielt. Es ist auch kein Zufall, dass es sehr häufig die gleichen Stimmen sind, welche die Existenz von Rassismus und des menschengemachten Klimawandels leugnen. Der Kampf gegen die ökologische Wende folgt auch knallharten Interessen: Macht, Geld, Vorherrschaft. Diese lassen sich nicht mit einfachen Glaubenssätzen à la „Die Erderwärmung betrifft uns doch alle“ beiseiteschieben. Diese Konflikte gehen nicht nur vom rechten Rand aus, sondern durchdringen unsere Geschichte und Gesellschaft mit all ihren Widersprüchen – also ihren Fortschritten ebenso wie ihren Egoismen, Ungleichheiten und Brutalitäten gegenüber Mensch und Natur. In diesem Buch zeigen wir, wie Rechtsextremismus, Rassismus und der Klimawandel zusammenhängen.

Bundespräsident Steinmeier betonte im Juni 2020, dass es nicht ausreiche, kein Rassist zu sein; vielmehr müssten wir auch Antirassisten sein. Damit zitierte er indirekt die afroamerikanische Aktivistin und Wissenschaftlerin Angela Davis: „In einer rassistischen Gesellschaft ist es nicht genug, kein Rassist zu sein. Man muss antirassistisch sein.“ Diese Worte waren wohl nie aktueller als in Zeiten einer Klimakrise, in der rassistische Zustände zugleich verstärkt und verschleiert werden. Der menschengemachte Klimawandel geht vor allem auf die Kosten der Schwächeren. Die Kosten unserer Privilegien zahlen andere woanders. Die Rechten leugnen den Klimawandel und damit die strukturelle Ungleichheit, von der sie besonders profitieren. Doch diese Frage betrifft uns alle auch dann, wenn wir im Alltag irgendwie „gegen rechts“ sind, die AfD doof und kulturelle Vielfalt gut finden. Kämpfe gegen den Klimawandel, gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus sind nicht das Gleiche, aber dennoch nicht voneinander zu trennen.

In diesem Buch decken wir Argumentationsweisen, ideologische Hintergründe, Strategien und Netzwerke des rechten Kampfs gegen die ökologische Wende auf. Wir liefern Fakten und (Gegen-)Argumente, um klimaleugnenden Antiökolog:innen und rechten Demagog:innen nicht auf den Leim zu gehen. Wir legen offen, dass die Rechte dabei direkt aus unserer Gesellschaft entspringt, und beschreiben die wichtigsten neuen Einflüsse, die die rechte Anti-Klimapolitik prägen. Und wir zeigen Schlussfolgerungen für den Umgang mit unterschiedlichen Formen der Verleugnung und Ablenkung von der Klimakrise durch die völkische und die libertäre Rechte auf.


Zwei Hauptrichtungen rechter Klimapositionen

Wir haben bei unseren Untersuchungen festgestellt, dass sich Positionen zum Klimawandel innerhalb der radikalen Rechten[ii] zunächst zu widersprechen scheinen. Einerseits haben sich Stimmen (wieder) etabliert, die Umwelt und Klima als Teil einer Blut-und-Boden-Politik völkisch interpretieren. Sie meinen, der menschengemachte Klimawandel sei die Folge einer im Zerfall begriffenen liberalen Moderne. Diese Stimmen werden unter dem Begriff Ökofaschismus zusammengefasst. Im Jahr 2022 sind ökofaschistische Positionen in Deutschland und in den meisten westlichen Nationen in der radikalen Rechten noch in der Minderheit. Dominant sind andere extreme Deutungen, die sich als wissenschaftsfeindlicher Antiökologismus zusammenfassen lassen. Demzufolge existiert der Klimawandel gar nicht, und wenn er doch anerkannt wird, dann ist der menschliche Einfluss vernachlässigbar. Jeder Versuch, das Klima zu schützen, wird als sinnlos und schädlich eingestuft. Dieser wissenschaftsfeindliche Antiökologismus deutet Klimaschutzpolitik als ein „ideologisches“ Projekt, mit dem liberale Eliten das Volk gängeln, seine Freiheit abschaffen und den Wohlstand ruinieren wollen. Wir zeigen in diesem Buch die Ursachen und Folgen dieses Denkens, bei dem Vorherrschaftsansprüche, die Abwehr notwendiger gesellschaftlicher Veränderungen und antidemokratische Verschwörungsideologie eine gefährliche Verbindung eingehen.

Denn die Verleugnung und die Verdrängung des Klimawandels hat auch eine lange Geschichte in der politischen Mitte unserer Gesellschaft. Falschinformationen zum Klimawandel und zu seinen Ursachen wurden lange Zeit von Lobbyist:innen der Energiewirtschaft und der Industrie gestreut und auch von demokratischen Politiker:innen nacherzählt. Es ist notwendig und wissenschaftlicher Konsens, dass vor allem reiche Gesellschaften schnell radikale Veränderungen zum Schutz des Klimas umsetzen müssen. Doch wenn der Klimawandel verleugnet oder kleingeredet wird, scheint es nicht erforderlich zu sein, über den Abschied von Privilegien und eine gerechtere Verteilung von Ressourcen nachzudenken. Besonders jene Kräfte, die Nationalismus und Rassismus propagieren, z. B. „das europäische Abendland“ oder „die weiße Vorherrschaft“, boykottieren auch die ökologische Wende. Im Bundestagswahlkampf 2021 plädierten alle demokratischen Parteien für einen stärkeren Klimaschutz, die Rechtsaußenpartei AfD aber nutzte den Wahlkampf, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen und Klimaschutzbestrebungen lächerlich zu machen.

Derzeit weniger verbreitet, aber insbesondere für die Radikalisierung in antisemitische und rassistische Gewalt bedrohlich sind Positionen des Ökofaschismus. Ökofaschist:innen treten zwar demonstrativ für Umwelt- und Klimaschutz ein, doch die Gleichwertigkeit von Menschen und die Demokratie sind ihnen verhasst – auch deshalb, weil deren Ideale von Freiheit und Gleichheit mit dem (uneingelösten) Versprechen eines möglichst hohen Lebensniveaus für alle einhergehen. Dem Ökofaschismus zufolge hat der Versuch, diese Ansprüche zu erreichen, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die industrielle Massenproduktion und das Anwachsen der Städte erzwungen und führt unausweichlich zum Kollaps. Als wichtigste Ursache des Klimawandels wird die ›Überbevölkerung‹ ausgemacht, insbesondere jene in Afrika, Asien und in der arabischen Welt. Um gegenzusteuern und vermeintlich höherwertigen Völkern das Überleben zu sichern, müsse Schluss sein mit Migration, Wachstum und Urbanisierung. Stattdessen sollten die Menschen zu einem naturnahen Leben zurückkehren. Nach der ökofaschistischen Logik sind extreme soziale Ungleichheit und eine autoritäre Ordnung der Gesellschaft also besser für die Umwelt und das Klima.

Forderungen nach einer Wachstumsbremse (degrowth) und einer Neuordnung des Wirtschaftssystems hört man auch aus anderen politischen Richtungen sowie von ökologischen Aktivist:innen und von Wissenschaftler:innen. Diese radikaldemokratischen Argumente und Meinungen nutzen auch die Rechten. Doch sie deuten Kapitalismus- und Wachstumskritik zu menschenfeindlichem Nationalismus um: Umweltschutz sei Heimatschutz. Der deutsche Wald müsse reingehalten werden und ebenso die deutsche „Rasse“, „Kultur“ bzw. „Lebensweise“ – dies sei schicksalhaft miteinander verbunden. Linke Globalisierungs- und Kapitalismuskritik der vergangenen Jahrzehnte wird auf rechts gedreht, und über den jahrhundertealten Ökofaschismus werden antisemitische, nationalistische und völkische Interessen wieder in Stellung gebracht. Echte Lösungen gegen die globale Klimakrise liefern die antimodernen, rassistischen und nationalistischen Umdeutungen nicht. Und die Ökofaschist:innen gehen noch weiter: Letztlich müsse die Population von als minderwertig eingestuften Menschengruppen massiv reduziert und die Vermischung von Kulturen und Ethnien gestoppt werden. Diese menschenfeindliche Einstellung hat Tradition; sie war ein Grundpfeiler des nationalsozialistischen Gedankenguts und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder in den 1960er-Jahren von Wortführern der NPD propagiert. Heute wird diese Ideologie im Umfeld der sogenannten Neuen Rechten einschließlich der AfD diskutiert. Es ist wahrscheinlich, dass solche Positionen bei einer sich zuspitzenden Klimakrise zukünftig an Einfluss gewinnen werden.


Rechte Brücken in die Mitte

Entwicklungen der radikalen Rechten können nie losgelöst von der Gesellschaft verstanden werden, die sie hervorbringt. Das rechte Spektrum bildet eine empfindliche Sonde für gesellschaftliche Probleme, Konflikte und Widersprüche. Die Rechten lösen diese Konflikte einseitig und zum eigenen Vorteil auf, instrumentalisieren Sorgen und Einwände und heizen den Streit um gesellschaftliche Themen an, bis kein rationaler Diskurs mehr möglich ist. Nicht alle, die in der einen oder anderen Frage mit AfD und Co. übereinstimmen, sind deswegen rechtsradikale Demokratiefeind:innen. Aber die bestehenden Brücken von der radikalen Rechten in andere Milieus bergen die Gefahr, dass – wie in den USA und im deutschen Nationalsozialismus – aus Brücken Bündnisse entstehen, die sich gemeinsam gegen die Demokratie wenden. Die Totalität und Komplexität der ökologischen Wende bietet dafür zahlreiche Anknüpfungspunkte.

Die Ursprünge des Klimawandels liegen im expansionistischen Charakter des Kapitalismus und in der Industrialisierung, mit denen eine weltweite Zerstörung der Natur begonnen hat. Diese Verantwortung zu leugnen und auf Privilegien zu beharren schafft die Grundlage für Bündnisse zwischen Vertreter:innen der fossilen Industrie, bürgerlicher Öffentlichkeiten und der radikalen Rechten. Die radikale Rechte zielt auf den Umsturz der herrschenden Ordnung, wenn ihre Machtpositionen innerhalb dieser Ordnung in Gefahr geraten. Ein Bündnis mit konservativen Kräften, um Veränderungen zu verhindern, ist eine von rechts außen beabsichtigte, in einigen Staaten erprobte und in einigen deutschen Bundesländern schon heute wieder realistische Option. Die Gefahr steigt mit der Klimakrise, in der ein „Weiter so“ des Status quo in die Katastrophe führen wird. Niemand sollte davon überrascht sein, dass „normale Bürger“ den Klimawandel leugnen, die Demokratie ablehnen und mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache machen. Die Wurzeln der heute so lauten Stimmen des Antiökologismus liegen nicht allein in radikalisierten Kleingruppen, sondern in den wirtschaftlichen und politischen globalen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte und Jahrhunderte.


Ellenbogen statt Solidarität

Die teils neuen Protestbündnisse, mit denen in der Coronapandemie unterschiedliche Milieus mit Antisemit:innen und Neonazis gemeinsam gegen staatliche Regeln demonstriert haben, sind Vorboten neuer Konflikte. Sie sind Ausdruck eines radikalisierten und an seine Grenzen stoßenden Neoliberalismus, der staatliche Regulierung zurückweist und in der Alltagskultur, im Arbeitsleben und in der Politik Ellenbogenmentalität fördert und belohnt. So ist eine Kultur entstanden, in der gesellschaftliche Zusammenhänge und Folgen menschlichen Handelns ignoriert und geleugnet werden, denn – so der langjährige Glaubenssatz des Neoliberalismus – jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.

Was gilt es stattdessen zu tun? Wir sollten dafür eintreten, dass vermeintlich persönliche Probleme – von Armut über Burn-out und Depression bis hin zu Diskriminierung, Rassismus und den Folgen des Klimawandels – als öffentliche Belange verstanden und behandelt werden. Es sollte klar werden, dass es dabei um strukturelle Probleme innerhalb unserer Gesellschaft geht. Wir dürfen den Missbrauch des Worts „Freiheit“ als sprachliche Chiffre für Privilegien und Verantwortungslosigkeit nicht dulden. Wir müssen die Verwobenheit von Diskriminierungen, der Geschichte und Gegenwart unseres Gesellschaftssystems und der monströsen Bedrohung durch den Klimawandel offenlegen. Mit diesem Buch leisten wir dazu einen Beitrag. Dazu fassen wir zunächst die wichtigsten Fakten zum Klimawandel zusammen. Dann zeigen wir, wie der Klimawandel verschiedene Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten bereits heute verstärkt und warum in der Regel diejenigen, die am wenigsten dazu beigetragen haben, am stärksten darunter leiden. Antiökolog:innen und Lobbyist:innen leugnen den Klimawandel und profitieren davon in verschiedener Weise: Wir beschreiben deshalb die ideologischen Grundlagen, Netzwerke, Strategien und verbindenden Erzählungen, welche die rechte Klimapolitik heute prägen. Abschließend formulieren wir einige Zukunftsszenarien und zentrale Schlussfolgerungen für den Kampf für Klimagerechtigkeit.

Matthias Quent

Über Matthias Quent

Biografie

Matthias Quent ist Professor für Soziologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Er gründete und leitete bis 2022 das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena. Quent forscht und lehrt unter anderem zu Rechtsradikalismus, Folgen der Digitalisierung, zu Demokratieförderung und zu...

Über Christoph Richter

Biografie

Christoph Richter forscht zu gesellschaftlichen Konflikten und demokratischem Zusammenhalt. Schwerpunkt sind die Krisenmobilisierungen der radikalen Rechten, insbesondere im Zuge der globalen Klimakrise. Seit Juni 2020 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut gesellschaftlicher...

Axel Salheiser

Über Axel Salheiser

Biografie

Axel Salheiser ist Soziologe und seit Februar 2022 wissenschaftlicher Leiter am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) Jena sowie Sprecher des Teilinstituts Jena des Forschungszentrums gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ). Er leitet u.a. ein Projekt zum »Internationalen...

Pressestimmen
socialnet.de

„Es ist ein lesenswertes und engagiertes Buch, das Matthias Quent, Christoph Richter und Axel Salheiser vorgelegt haben.“

antifa

„Unbedingte Leseempfehlung für alle, die verständliche und gut lesbar Argumente brauchen, warum der Kampf für Klimagerechtigkeit und gegen extrem rechte Ideologie Hand in Hand gehen müssen, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu gestalten.“

hpd.de

„Gut verständliches Sachbuch. Es liefert viele aufklärerische Botschaften.“

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