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Die Rache der Zwerge (Die Zwerge 3)

Markus Heitz
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Roman

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Die Rache der Zwerge (Die Zwerge 3) — Inhalt

Markus Heitz hat den Zwergen ein unverwechselbares Gesicht gegeben. Nach mehr als einer Viertelmillion verkaufter Romane um Tungdil und seine Gefährten zieht der tapfere kleine Held erneut aus, um gegen die Feinde des Geborgenen Landes anzutreten. Diesmal machen ihm die gefährlichsten Wesen des Heitz’schen Universums zu schaffen: üble Halbkreaturen, teils Albae, teils Orks, die sich mit todbringenden Maschinen umgeben und mordend durch das Zwergenreich streifen. Als dann noch der versteinerte Magus Lot-Ionan gestohlen wird, weiß Tungdil, dass sich ein furchtbares Unheil nähert. Erneut muss er zur Doppelaxt greifen, um sein Land zu retten … Mit diesem rasanten Zwergenthriller hält Heitz seine Leser ein weiteres Mal in Atem.

€ 17,00 [D], € 17,50 [A]
Erschienen am 01.10.2005
640 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-70114-3
Download Cover
€ 14,00 [D], € 14,40 [A]
Erschienen am 01.09.2016
640 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28103-4
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 14.10.2009
640 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-95002-2
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Leseprobe zu „Die Rache der Zwerge (Die Zwerge 3)“

PROLOG


Das Geborgene Land, im Grauen Gebirge an der Grenze des Reichs der Fünften, 6234. Sonnenzyklus, Frühling


Gronsha blieb stehen und horchte in die unsäglich dichten ­Nebelschwaden, die seine gelben Augen nicht durchdringen konnten, obwohl er zu den besten Kundschaftern des Heeres von Fürst Ushnotz gehörte. Nahm man es genau, gehörte er zu den letzten drei besten Kundschaftern des Heeres. Die übrigen Späher ihres Vorauskommandos lagen enthauptet am Steinernen Torweg.

Er hörte Schritte. Viele Schritte.

Schnell zog er sein schartiges Zweihänderschwert [...]

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PROLOG


Das Geborgene Land, im Grauen Gebirge an der Grenze des Reichs der Fünften, 6234. Sonnenzyklus, Frühling


Gronsha blieb stehen und horchte in die unsäglich dichten ­Nebelschwaden, die seine gelben Augen nicht durchdringen konnten, obwohl er zu den besten Kundschaftern des Heeres von Fürst Ushnotz gehörte. Nahm man es genau, gehörte er zu den letzten drei besten Kundschaftern des Heeres. Die übrigen Späher ihres Vorauskommandos lagen enthauptet am Steinernen Torweg.

Er hörte Schritte. Viele Schritte.

Schnell zog er sein schartiges Zweihänderschwert und hielt sich zum Angriff bereit. Er und seine Truppe hatten sich einfach zu ­sicher gefühlt, nachdem sie das Reich der Unterirdischen durch den Steinernen Torweg verlassen hatten und vor ihrer Übermacht geflüchtet waren. Jetzt hingen ihnen die Bartgesichter wie zäher Gnomenkot an den Fersen.

Nicht dass er Angst vor den Unterirdischen empfand. Das Schwarze Wasser, das Blut des Toten Landes, floss in seinen Adern und machte ihn unsterblich – falls ihm nicht der Kopf vom Hals ­geschlagen wurde.

Leider beherrschten die Gegner diese Kunst recht gut, und selbst ihre geringere Größe konnte sie nicht aufhalten. Reichte der Stiel einer Waffe nicht bis zum Hals, griffen sie zuerst die Schenkel an. Ein Gegner auf Knien war leicht zu köpfen.

Im vermeintlich verlassenen Nordreich der Unterirdischen waren sie auf überraschend viele Gegner getroffen. Er und zwei weitere Späher hatten angesichts der drohenden Niederlage beschlossen, einen Rückzug über die Grenze hinaus ins Jenseitige Land zu wagen. Vielleicht gab es von dort einen einfacheren Weg zurück, um Fürst Ushnotz und das Hauptheer vor den Unterirdischen zu warnen, als sich durch einen Pulk von axtschwingenden Feinden zu arbeiten.

Im Jenseitigen Land, so erzählte man sich, herrschte sein Volk, die Orks. Noch hatte er keine zu Gesicht bekommen, doch er hätte nichts gegen ein wenig Beistand einzuwenden.

„Eine Waschküche ist nichts dagegen“, hörte er einen Unter­irdischen brummeln. Es war für Kundschafter unerlässlich, die Sprache des Feindes zu verstehen. »Man könnte meinen, dass der ­Nebel dem Schweinchen hilft.«

Gronsha ärgerte sich, von einer mickrigen Kreatur, die stehend in ein kleines Fass passte, Schweinchen genannt zu werden. Schweine schmeckten zwar nicht schlecht, doch ihr Äußeres war nicht eben anziehend. Und er war stattlich, fast doppelt so groß wie einer von den Bartgesichtern. Wütend spannte er seine immense Muskulatur an – und dabei schrammte seine Rüstung am Felsen entlang!

Der Laut wurde vernommen. „Ha!“, rief der Unterirdische. „Gleich haben wir ihn.“

Du wirst dich täuschen, Bartgesicht. Gronsha lief los, um die Verfolger abzuschütteln, aber seine scheppernde Rüstung verriet ihnen, wo er steckte. Er konnte nicht sagen, wie lange er lief und wo genau er sich befand. Oder seine Begleiter. Er nahm lediglich wahr, dass es dunkler um ihn herum wurde. Eine Höhle? Er drückte sich an die nächste Wand, hielt den Atem an und lauschte nach den Unterirdischen.

„Halt!“, befahl einer von ihnen ganz in der Nähe und blieb mit scharrenden Stiefeln stehen. „Hört ihr ihn noch?“

Niemand antwortete ihm.

Gronsha grinste boshaft. Anscheinend waren die Unterirdischen in diesem seltsam dicken Nebel nicht weniger orientierungslos. Er sog vorsichtig die Luft ein und spürte den Gegner anhand seines unverwechselbaren Geruchs auf. Dann rannte er los, den Zweihänder zum Schlag erhoben. Er würde ihn mit einem einzigen Hieb spalten.

„Boïndil?“, fragte der Unterirdische unsicher, der ihn kommen hörte. Sein kleiner Schatten tauchte aus dem grauen Nebel auf, und Gronsha schlug siegesgewiss zu.

„Schau an! Wenigstens einer, der mich hört“, rief der Unter­irdische fröhlich, wich dem Angriff aus und hackte mit seiner Axt nach ihm.

Die Schneide traf Gronsha in die rechte Hinterbacke; er brüllte auf und verschwand gleich wieder im Nebel.

Nein, das war keine Art zu kämpfen, wie er es liebte. Der verdammte Nebel! Er beschloss, sich auf den Rückzug zu verlagern, anstatt im Dampf herumzustochern und auf einen glücklichen Treffer zu hoffen, bevor ein solcher noch einem der Unterirdischen gelang.

Die Wunde an seinem Gesäß schloss sich wieder. Die Schwarze Unsterblichkeit, von der er hatte kosten dürfen, heilte ihn durch ihre Macht, auch wenn sich der Schnitt an einer unangenehmen, unehrenhaften Stelle befand. Es passte zu den heimtückischen Unterirdischen. Sie gingen ja auch sonst einem ehrlichen Kampf aus dem Weg und verschanzten sich in ihren Festungen und ­Höhlen.

Gronsha wandte sich um und setzte den Weg vorsichtig durch den Nebel fort. Hinter ihm erklang bald das Kreischen eines sterbenden Orks, der gegen die Unterirdischen gefallen war. Es ging ihm durch Mark und Bein.

Da kam es ihm gerade recht, dass sich der kleine Schatten aus dem Dunst vor ihm schälte, der mit dem Rücken zu ihm stand.

Er überlegte nicht lange, sondern hob den Zweihänder und schlug genau von oben mitten auf den Helm des Feindes. Der Tod ereilte den Unterirdischen so rasch, dass ihm nicht einmal Zeit blieb, den Mund zu öffnen und zu schreien. Sein Blut sprühte weit.

Gronsha gab sich damit nicht zufrieden. „Du schmierige Felslaus! Ich zerfetze dich!“ Er hackte auf den Leichnam ein, bis er ihn in Stücke geteilt hatte. In seinem Rausch vergaß er völlig, welch enormen Lärm er verursachte. Den bärtigen Kopf trat er sogar ­lachend irgendwo in den Nebel; es war seine Art der Rache. Helm und Schild des Toten nahm er mit. Sie würden ihm noch gute Dienste leisten.

Gerade, als er den Schild aufhob, sprang der nächste Zwerg mit erhobener Axt heran. „Hier!“, schrie der Unterirdische laut. „Hier ist er! Kommt her!“

„Verdammte Made“, ächzte Gronsha und ließ den Schlag gegen den Schild prallen. Die Schneide schrammte über die Schräge, glitt über die Kante und traf ihn in die Schulter. Die dicke Talgschicht auf der Rüstung, die dazu diente, dass die Waffen der Feinde am Metall abrutschten, hatte versagt.

Gronsha machte einen Satz zurück, doch die Feinde schienen ihn von allen Seiten anzugreifen. Er rannte geradeaus, bis er unversehens auf eine Wand traf. Der Granit war nicht bearbeitet; die scharfen Kanten würden üble Verletzungen verursachen, wenn man an ihm entlangrutschte.

Seine Entdeckung brachte ihm nicht viel ein. Er hatte das Gefühl, im Kreis zu laufen. Der wallende Nebel erlaubte ihm nicht zu entkommen und machte sich wohl einen Spaß daraus, ihn in der Dunkelheit gefangen zu halten. Es konnte nur eine verzweigte Höhle sein, in der er und die Unterirdischen sich befanden.

Seine Schulter klopfte und brannte. Die Schwarze Unsterblichkeit heilte, so schnell sie es vermochte, aber es schmerzte sehr. Er vollführte eine vorsichtige Bewegung mit dem Arm, der artig gehorchte. Gronsha musste sich auf ihn verlassen können, denn noch immer waren seine Feinde unterwegs.

Er roch sie, trotz des feuchten, kalten Dampfes, den er gar nicht leiden mochte. Nicht nur, dass er für die Augen undurchdringlich war. Je tiefer er hinein geriet, desto weniger hörte er; sogar seine Rüstung verursachte kaum noch Geräusche. Er war umgeben von feuchter, kalter Watte.

Die Höhlen des Orkreiches Toboribor im Südosten des Geborgenen Landes waren warm und angenehm trocken, man konnte sich sehr gut darin bewegen. Diese Kaverne bildete das genaue Gegenteil dazu. Und sie war unheimlich.

Die grauen Schleier gerieten in heftige Bewegung und gaukelten ihm vor, dass sich der nächste Unterirdische näherte und ihn attackierte, während er sich an der Wand entlangtastete und nach einem Ausgang suchte. Dreimal fiel er auf die Trugbilder herein und stach ins Leere.

Endlich waren Tion und Samusin, die Götter seines Volkes, ihm gewogen und wiesen ihm einen Weg: Ein schwarzes Loch tat sich in der Wand auf.

Unvermittelt sprang ein Unterirdischer vor ihm aus dem kaltfeuchten Nebel und schlug mit seiner Axt nach ihm. „Stirb, Scheusal!“

Dieses Mal war Gronsha vorbereitet. Er parierte den Hieb und trat dem Gegner ins Gesicht, sodass der Unterirdische Blut und Zähne spuckend rückwärts taumelte und wieder im Nebel verschwand. „Du zuerst, Felslaus!“

Zeit für eine List. Gronsha duckte sich und machte sich so klein wie einer der Unterirdischen, setzte sich den ramponierten Helm des Toten auf den Kopf und hob dessen Schild. Er wankte nach rechts und links, verstellte seine Stimme und gab gurgelnde Geräusche von sich. „Hilfe! Er hat mich getroffen.“ Er krächzte und wimmerte. „Bei Vraccas, hilf mir …“

„Bendagar? Hat es dich erwischt?“

„Mein Bein“, jammerte Gronsha laut und beherrschte sich mühsam. Er durfte nicht lachen, noch nicht.

„Halte durch!“, hörte er den unterirdischen Kameraden besorgt rufen. „Ich bin gleich bei dir.“ Die Umrisse erschienen im Nebel. „Gibt Acht und sei leise. Es ist noch eine von den Schweineschnauzen unterwegs. Er …“

Gronsha wartete nicht länger. Er stieß die Spitze des Zweihandschwertes mit Wucht nach vorn und trieb sie dem Unterirdischen durch das Kettenhemd in den Bauch. „Was du nicht sagst, Bartgesicht“, lachte er boshaft und drehte die Klinge. Aufstöhnend versuchte der Zwerg, nach ihm zu schlagen, aber Gronsha fing die Axt am Stiel ab und entwand sie dem Sterbenden. „Beiß in deine eigene Waffe“, knurrte er und schlug sie ihm mitten in das haarige Antlitz.

Der Unterirdische kippte nach hinten und versank in dem undurchdringlichen Grau. Dieses Mal für immer.

Gronsha sprang über die Stelle hinweg und eilte in den dunstverhangenen Stollen hinein, der ihn fort von den Feinden bringen sollte.

Es war ein Weg in die wahre Ungewissheit und nicht zu ver­gleichen mit einem üblichen Erkundungsgang, wie er ihn gewohnt war.

Unruhe befiel ihn. Ich bin im Jenseitigen Land, dachte er schaudernd, ohne sich sein Zittern erklären zu können.

In Toboribor gab es Legenden von gewaltigen Herrschaftsgebieten der Orks. Eines allein sei so groß wie das Geborgene Land als Ganzes und ernähre mehr Angehörige seines Volkes, als Sterne am Nachthimmel leuchteten.

Er hielt die Sagen für übertrieben. Dennoch, es musste Orks im Jenseitigen Land geben. Aus dem Norden war vor vielen tausend Sonnenzyklen der erste und bislang einzige erfolgreiche Angriff von außen erfolgt.

Natürlich war es seinem Volk zu verdanken gewesen, dass das Nordtor gesprengt worden war. Jeder ihrer Nachkommen kannte die Legende vom glorreichen Umlauf, der den Sieg über die Unterirdischen gebracht hatte. Nur Orks besaßen die dazu notwendige Kraft, die Ausdauer und den Mut. Zyklus um Zyklus wurde das ­Ereignis in Toboribor gefeiert.

Zu gern hätte Gronsha den nächsten Festtag in einem eroberten Reich der Unterirdischen begangen. Am besten mit dem abgetrennten Kopf eines Unterirdischen, mit dem man Weitwurf veranstalten konnte, wie es früher beim Fest des Sieges in Gedenken an den Einmarsch ins Geborgene Land üblich gewesen war. Dazu hatte es Unmengen von Essen gegeben, und das Wettrülpsen hätte er in diesem Zyklus sicherlich gewonnen. Stattdessen schlug er sich durch das Jenseitige Land und hoffte auf Beistand. Er selbst war in den Höhlen Toboribors zur Welt gekommen und wusste nichts von dem Ursprungsland seiner Ahnen. Wie alle Orks in Toboribor.

Aber nicht nur auf Orks hoffte Gronsha zu treffen, sondern auch auf Oger, Trolle, Albae und alle anderen Kreaturen, die den Göttern Samusin und Tion folgten.

„Das waren noch Zeiten“, murmelte er verdrossen. Seit der Niederlage des verbündeten Magus Nôd’onn war es vorbei mit der guten Zeit für ihn und Fürst Ushnotz, der ein neues Reich gründen wollte: ständig vor den Soldaten der Rotbluter auf der Flucht, keine Heimat mehr und ein Fürst, der ungerecht und schwach war.

Noch wagte er es nicht, sich gegen Ushnotz zu stellen, ihn zu ­töten und die Macht zu ergreifen. Andere, Erfahrenere, das spürte er, würden es vorher versuchen. Wer den Fürst besiegte, wurde zum Fürst – so lief es schon immer bei seinem Volk. Der Beste erhielt die Macht. Da wartete er lieber noch. Er wartete auf seine Gelegenheit.

Das einzig Gute an seiner Lage war seine Unsterblichkeit, die ihm das Schwarze Wasser verliehen hatte. Doch Unsterblichkeit ohne Macht war wie ein Knochen ohne Fleisch.

Gronshas Plan wandelte sich, je weiter er vorstieß und je mehr sich der Nebel lichtete. „Warum eigentlich zurückkehren und Ushnotz folgen?“, fragte er ins Ungewisse, und die Worte hallten dumpf von den Höhlenwänden wider. Schimmernde Flechten und Moose spendeten genügend Helligkeit für seine empfindlichen Augen. Er sah jetzt beinahe so gut wie an einem Sonnentag. Damit stieg seine Zuversicht. „Ich tauge ebenso zu einem Fürsten.“

Vielleicht würde es ihm gelingen, im Jenseitigen Land eine kleine Streitmacht auf die Beine zu stellen und sie dazu zu bringen, das Tor am Steinernen Torweg anzugreifen. Die gewaltigen Portale aus Granit waren von ihm und seiner Truppe kurz vor der Flucht beschädigt worden, die Unterirdischen würden sie auf die Schnelle nicht verriegeln können. Ein paar hundert Orks, und die Schlacht gegen die Hand voll Verteidiger wäre gewonnen. Er musste rasch Verbündete finden und angreifen, bevor die Unterirdischen die Schäden repariert hätten.

Gronsha feixte. Er, der unsterbliche Ork, würde sich die Festung der Unterirdischen selbst sichern! Alles, was er benötigte, waren Mitstreiter. Er durfte nicht wählerisch sein. Beinahe alles, was eine Waffe halten konnte, wäre ihm willkommen. Jetzt gab es für ihn keinen Zweifel mehr: Tion hatte gewollt, dass er ins Jenseitige Land ging.

Seine Augen entdeckten ein Zeichen in der Höhlenwand. Es war eine Rune, verschnörkelt, fremdartig und auf seltsame Weise widerlich zwergisch. Zu den Spitzohren passte die Form nicht.

„Gibt es diese bärtigen Pocken auch auf dieser Seite?“, fluchte Gronsha. Er konnte nicht erkennen, ob der Stein erst vor kurzem oder vor hundert Sonnenzyklen bearbeitet worden war. Vorsicht war angebracht.

Er lief weiter, folgte dem Gang, der sich bald gabelte, und trabte nach kurzem Zögern in die Richtung, aus der wärmere Luft ­strömte.

Bald darauf fächerte sich sein Weg in ein Dutzend Gänge auf. Gronsha befand sich am Anfang eines Irrgartens.

Er markierte seinen erwählten Gang mit einer großen Orkrune, zwei senkrechte Striche mit zwei Punkten dazwischen, die er in den Fels ritzte, damit er notfalls zurückfand. Nach nicht allzu langem Marsch musste er erneut entscheiden, wohin er sich wandte, und so ging es noch achtmal.

Es war totenstill.

Seine Schritte verursachten keinen einzigen Laut mehr; der Talg auf seiner Rüstung schien in die Ritzen gelaufen zu sein und schmierte die reibenden Teile der Panzerung. Nicht einmal ein kleines Steinchen fiel von der Decke oder ein Wassertropfen platschte zu Boden. Im Jenseitigen Land gab es keinen Ton, kein Leben. Nichts als ihn und die Gänge, die mal hoch und breit wie Scheunentore, dann wieder klein und schmal wie eine Menschenfrau waren.

Das Grauen kroch in ihn hinein.

Gronsha fing vor Angst an zu schwitzen. Bald sah er überall huschende Schatten, die ihn umkreisten, dann glaubte er, dass sich sein eigener Schatten ohne sein Zutun bewegte. Binnen kurzem war er so weit, dass er sich sogar über den Todessschrei eines Orks gefreut hätte. Dann hätte er wenigstens etwas vernommen.

Schließlich rannte er, ohne zu wissen, wovor oder wohin er flüchtete. Er wollte der Geräuschlosigkeit entfliehen und vergaß dabei sogar, seinen Weg zu kennzeichnen. Seine Müdigkeit, die vergangene Zeit, nichts spielte mehr eine Rolle.

Der Stollen mündete irgendwann in eine Höhle.

Gronsha blieb keuchend in dem Durchlass stehen, in seiner linken Seite stach es bei jedem Luft holen. Er schätzte die Höhle auf vierzig Schritt Länge und sicherlich mehr als einhundert Schritt Höhe. Durch Löcher in der Decke fielen baumdicke Sonnenstrahlen schräg nach unten. Fast sah es so aus, als bildeten sie Säulen aus Licht, auf denen die Decke ruhte. Die Helligkeit durchstach die Schwärze und riss kleine fahle Flecken des Bodens aus der Finsternis.

Er stutzte. Es waren Knochen … haufenweise Knochen lagen umher. Orkknochen! Entweder hatte er eine Grabkammer gefunden, in denen die Überreste der Feiglinge ohne Zeremonie und Achtung vermodern sollten, oder es hauste etwas in den Kammern und Gängen, das sich sein Volk als Mahl auserkoren hatte.

Gronsha ging vorsichtig einige Schritte in die Höhle, ließ sich auf ein Knie herab und scharrte mit dem Schwert in einem von Licht beschienenen Haufen.

Die Gebeine wiesen tatsächlich Spuren von Messern auf. Jemand hatte sich die Mühe gemacht, das Fleisch abzuschaben; größere Knochen waren aufgebrochen worden, damit man an das Mark ­gelangte. Die Schädel waren nicht angetastet worden. Wenn er sich nicht sehr täuschte, waren die Knochen alle recht frisch.

Er atmete laut aus, stand auf und witterte nach allen Seiten. Es war möglich, dass die Unterirdischen im wahrsten Sinne des Wortes das kleinere Übel gewesen waren.

Er trabte weiter, quer durch die Höhle, und vermied es aus einem unbestimmbaren Grund heraus, durch die Lichtflecke und hellen Strahlen zu laufen. Am anderen Ende angelangt, betrat er den nächsten Stollen und folgte ihm mit knurrendem Magen. Die andauernde Rennerei hatte ihn hungrig gemacht.

Seine gute Nase warnte Gronsha.

Ein bekannter Geruch sagte ihm, dass sich vor ihm Angehörige seiner Art herumtrieben, auch wenn er sie weder hörte noch sah. Irritierend fand er, dass der Duft von ranzigem Fett auf den Rüstungen ausblieb.

Dann erspähte er den Feuerschein am Ende des Weges.

Da Gronsha keine Lust hatte, von übereifrigen Wachen mit Pfeilen gespickt zu werden, gab er sich keine Mühe, besonders leise zu sein. „Ho“, rief er den Stollen entlang, und der Fels trug seine kräftige, dunkle Stimme nun wie durch einen Trichter weiter. »Ich bin ein Ork! Aus Toboribor! Ich brauche eure Hilfe gegen die Unter­irdischen, Brüder!«

Zwei große, breit gebaute Umrisse traten in den Stollen und verdunkelten die Helligkeit der Flammen. Der vage bekannte Duft verstärkte sich, ihre Schatten flogen den Gang entlang auf ihn zu. Noch erkannte er keine Einzelheiten, aber was den Wuchs anbelangte, standen die Orks aus dem Jenseitigen Land denen aus dem Süden des Geborgenen Landes in nichts nach.

Sie kamen auf ihn zu, die schlanken Speere mit den bösartigen Widerhaken am Ende gesenkt. Gronsha schätzte, dass die dünnen Metallhäkchen unter zu viel Druck einfach vom Blatt abrissen und im Körper des Opfers stecken blieben. Die Waffe flößte ihm Respekt ein.

Ein Dritter eilte mit einer Blendlaterne herbei und richtete deren Schein auf ihn.

Bald standen sie vor ihm, einer von ihnen war ein Weibchen, was Gronsha verwunderte. Nicht nur, weil sie mit den zahlreichen Ringen in den Ohrmuscheln und der ungewohnt schlanken Nase sofort seine Gier weckte, sondern weil sie sich dem Stand der Krieger angeschlossen hatte. Das kannte er aus Toboribor nicht. Weiber sollten sich um die Bälger und das Essen sorgen. Und um Krieger wie ihn, auf der Stelle.

„Lass deine Hände ruhig“, befahl sie ihm mit rauchiger Stimme. Die Lanzenspitze legte sich an seine Kehle und dirigierte ihn an die Wand. „Bleib so. Bruder.“ Die beiden Orks lachten.

Gronsha wunderte sich über die Rüstungen und Helme, welche sie trugen. Sie verzichteten tatsächlich auf die rettende Schmiere auf den Panzern! So würden sie kein Gefecht gewinnen. Er fand es dumm, dem Gegner die Arbeit zu erleichtern. Überhaupt wirkten sie sauber. Zumindest viel, viel sauberer als er. Ungesund sauber.

Sein Neid erwachte. Ohne Zweifel stammten die Rüstungen aus einer orkischen Schmiede. Die Güte des Metalls und des Handwerks stand jedoch bei weitem über dem Werk des besten Schmieds von Fürst Ushnotz. Vielleicht verzichteten sie deshalb auf den Talg?

„Ich bin Gronsha. Bringt mich zu eurem Fürsten“, verlangte er gebieterisch und reckte sich. „Es kann sein, dass ich verfolgt werde. Besser, ihr seid wachsam.“

Das Weibchen schaute den Gang hinauf, aus dem er gekommen war, und sandte die beiden Krieger aus, um nachzuschauen. „Du stammst aus … woher?“

„Toboribor.“

„Toboribor?“ Sie sah ihn nicht einmal an, sondern beobachtete, was sich im Stollen tat. „Was soll das sein?“

„Was das sein soll?“, grunzte Gronsha empört und verwundert zugleich. „Das ist ein mächtiges Orkreich, weit im Süden des Geborgenen Landes.“

Nun schenkte sie ihm doch einen Blick. Der Ausdruck in ihren rosafarbenen Augen schwankte zwischen Gleichgültigkeit und Spott. „Ein Orkreich? Das ist doch einmal eine frohe Kunde. Wenn es im Süden liegt, was machst du dann im Norden?“ Ihr Akzent schmerzte ihn, sie sprach zu deutlich und zu betont. Überheblich war der bessere Begriff. „Hast du dich verlaufen?“

„Ich befehlige die Truppen von Fürst Ushnotz, der über Toboribor gebietet. Ich bin hier, um nach Freunden zu suchen, die uns gegen die Unterirdischen helfen …“, log er ein wenig und sah an ­ihren Zügen, dass sie ihn nicht verstand. „Du weißt nicht, was die Unterirdischen sind?“ Es wurde immer verworrener. „Oh, dann seid ihr von Tion und Samusin gesegnet, wenn es diese Pest mit Axt bei euch nicht gibt“, schnaubte er. Er hielt die Hand in Höhe seiner Hüfte. „So groß, ohne ihren Helm. Wir nennen sie Bartgesichter und Felsläuse, und meistens …“

„Ah, sicher. Ich kenne sie“, unterbrach sie ihn. Die beiden ausgesandten Orks kehrten zurück und gaben Entwarnung. Niemand war ihm gefolgt. „Wir nennen sie anders. Es ist ungewöhnlich, dass einer unserer Brüder“, sie betonte das Wort merkwürdig amüsiert, „den Weg beschreitet und nach Fòn Gàla kommt.“

„Wohin?“, fragte Gronsha nach.

„Hierher.“

„Ah, das Jenseitige Land“, sagte er. „So heißt es bei uns.“

„Willkommen.“ Sie bleckte die Zähne und zeigte ihm ihre Hauer, die kraftvoll und ebenmäßig waren.

Gronsha mochte sie. Er wollte sie. Wenn er die Festung erobert hatte, würde er sie zu seiner Frau nehmen und viele Kinder mit ihr zeugen. Sie hatte bestimmt noch keinen Mann wie ihn gehabt. Er würde sie zureiten und ihr das Benehmen beibringen, wie es sich für ein Weib gehörte.

„Du darfst mich begleiten, Gronsha. Ich bringe dich zu unserem Fürsten. Es wird ihn freuen, von Toboribor zu hören.“ Endlich nahm sie die Lanze von seiner Kehle und deutete auf den beleuchteten Ausgang des Stollens. „Nach dir. Bruder.“ Wieder lachten die Orks.

Sie gelangten in eine große Höhle, die teils natürlichen, teils künstlichen Ursprungs war. Einhundert Schritte in der Breite und zweihundert in der Länge, so hoch wie der höchste Turm am Steinernen Torweg. In der Mitte floss ein kleiner Bach, an dem entlang rechts und links des Ufers schwarze, fünfeckige Zelte aufgeschlagen waren. Verschiedene Gerüche lagen in der Luft: Essen wurde gebrutzelt, irgendwo wurde gebraut, Kohlefeuer brannten in eisernen Halterungen und brachten sie zum Glühen.

Es wunderte Gronsha, weshalb der ansonsten unvergleichliche Duft seines Volkes fehlte, das würzige Aroma von Größe, Stärke und Überlegenheit, zu dem die Rotbluter „Gestank“ sagten. Lange konnten die Brüder und Schwestern aus dem Jenseitigen Land hier noch nicht lagern.

Er vermochte sich ein Grinsen nicht zu verkneifen. Wenn er die Zahl der Orks überschlug, die hier versammelt waren, kam er auf mindestens zweitausend. Mindestens. Mit dieser Anzahl würde er die Unterirdischen vernichten.

Seine Begleiterin deutete auf das größte der schwarzen Zelte. „Da hinein.“

Gemeinsam gingen sie über den Lagerplatz, verfolgt von den neugierigen Augen zahlreicher Orks. Gronsha gab sich Mühe, eindrucksvoll zu wirken. Er spreizte die Arme leicht vom Körper ab und bewegte sich kraftvoll, fletschte die Zähne und rollte mit den Augen.

„Ich bringe dem Fürsten einen Phottòr“, rief die Orkfrau gut gelaunt. „Er kommt aus einem Orkreich aus einem fernen Land.“ Die Umstehenden steckten die Köpfe zusammen und tuschelten, dabei sahen sie immer wieder bewundernd zu dem Fremden. Jedenfalls deutete er die Blicke so.

„Was ist ein Phottòr?“, wollte er wissen, ohne sein Gehabe aufzugeben. Zwei Weibchen warfen ihm lüsterne Blicke zu, und er schnaubte so tief, wie er es vermochte, um sie noch mehr zu beeindrucken.

„So nennen wir welche wie dich. In unserer Sprache ist es eine Auszeichnung.“

Gronsha hob das breite Kinn. Auszeichnungen standen ihm gut.

Als sie vor dem Eingang zum Stehen kamen, packte die Orkfrau ihn am Arm. „Sei höflich, Gronsha. Es kann sein, dass sich unsere Umgangsformen von den euren unterscheiden.“ Dann gab sie ihm einen Stoß, der ihn nach drinnen beförderte, und folgte ihm.

Er fand sich in einem von unzähligen Leuchtern erhellten Zelt wieder. Vier Schritte vor ihm lag ein stattlicher Ork gemütlich auf bunt gemusterten Teppichen und aß. Er trug einen Mantel aus schwarzer Seide um sich geschlungen, wie ihn ein verweichlichter Rotbluter auch tragen würde. An den Ständern aus Holz hinter ihm hing seine Waffensammlung, die ausgereicht hätte, ein kleines Heer auszustatten. Goldschmuck blinkte an dreien seiner Finger auf.

Der Fürst war sicherlich der größte Ork, den Gronsha jemals zu Gesicht bekommen hatte. Seine eigene Statur wirkte im Vergleich dazu wie die eines Heranwachsenden. Das breite Gesicht mit der hohen, fliehenden Stirn zierte ein dünner Bart unter der Nase; die schwarzen Haare waren zu einem Zopf geflochten. Neugierig geworden, hielt er mit dem Essen inne. „Kamdra, meine Liebe. Was bringst du da?“

„Erlauchter Fürst Flagur“, sagte sie und verbeugte sich vor dem Anführer, woraufhin Gronsha es ihr hastig nachtat. „Ich bringe Euch ein Geschenk, Erlaucht. Es kam den Gang entlang, den wir für tot hielten.“ Sie schob ihn nach vorn. „Es heißt Gronsha und ist schwer zu verstehen. Ein Degenerierter, Erlaucht. Aber er hat etwas von einem Orkreich berichtet.“

Flagur setzte sich auf und legte eine Hand auf das Knie, während die andere dem Gast bedeutete näher zu kommen. „Fein. Gronsha“, wiederholte er nachdenklich und ließ den Namen klingen. „Ja, das passt zu ihnen.“ Der Blick seiner rosafarbenen Augen war wesentlich strenger und härter als der des Weibchens.

Inzwischen hatte sich Gronsha von seiner ersten Verwunderung erholt, auch wenn ihm der Geruch von widerlich lieblichen Duftessenzen, die zwischen den Zeltwänden umherwaberten, schwer zu schaffen machte. Parfüm, Sauberkeit, eine seltsame Sprache. Diese Orks benahmen sich keinesfalls gewöhnlich, und schon gar nicht ihm gegenüber. Sein Stolz regte sich, er richtete sich auf. „Ich bin kein Ding. Und schon gar nicht deg… delg…“

„Degeneriert?“, half ihm Flagur zuvorkommend.

Gronsha machte einen Schritt vorwärts, sein Stolz braute Wut und ließ sie in ihm aufkochen. „Fürst Flagur, gib mir deinen …“ Ein brennender Schmerz biss in seinen Nacken. Fauchend fuhr er herum und sah Kamdra. An ihrer Speerspitze haftete sein Blut. „Du …“

„Nein, du wirst den Fürsten mit Euch und Erlaucht ansprechen, wie es sich gehört.“ Sie hielt die Waffe stoßbereit. „Ich lehre dich unsere Sitten, Phottòr.“

Er knurrte sie an, gab sich demütig. Nun würde er sie ganz sicher zum Weib nehmen, ihren Willen brechen und sie zu seiner Sklavin machen. Er wandte sich dem wartenden Flagur zu. „Gebt mir Euren Beistand!“, wiederholte er. „Wir müssen die Festung der Unterirdischen angreifen …“

„Er meint die Ubariu, Erlaucht“, übersetzte Kamdra.

„Unsere?“

„Nein, deren Ubariu, Erlaucht.“ Die Orkfrau klang äußerst belustigt. „Anscheinend gibt es sie auch im Land jenseits der Berge. Sie haben mit den Phottòr aber wohl nichts zu tun.“

Flagur nickte und wirkte unvermittelt gut gelaunt. „Das werden wir bald näher erkunden.“ Er nickte Gronsha zu. „Und du, berichte mir von deinem Orkreich.“

Und Gronsha berichtete. Er erzählte von Toboribor, den Höhlen, vom Heer seines Fürsten Ushnotz, dem leicht zu erobernden Bollwerk der Unterirdischen am Steinernen Torweg und von den angeschlagenen Heeren der Menschen und Elben.

Er ließ sich Papier und Kohle bringen, mit dem er eine grobe Karte umriss. Tinte und Feder ließ er, wo sie waren. Seine ungeübten Hände würden den Kiel nur zerbrechen und schwarze Flecken hinterlassen. „Das Geborgene Land ist leichte Beute, Fürst Flagur“, lockte er. „Ich kenne mich dort bestens aus. Gebt mir Eure stärksten Krieger, und ich erobere die Festung der Unterirdischen.“ Wieder erhielt er einen Stich in den Nacken, und Gronsha schrie ein „Erlaucht“ hinterher. Oh, wie er Kamdras Widerstand brechen würde.

„Um die Festung deinem Fürsten zu schenken?“, lachte ihn Flagur aus. „Gewiss nicht.“

Gronsha beugte sich vor; sein Blut sickerte unter die Rüstung und den Rücken hinab. „Nein. Ich dachte, dass Ihr der neue Fürst aller Orks werden könntet. Bedenkt: Mehr als zusätzliche fünftausend Krieger, die Euch zur Verfügung stünden. Erlaucht.“

Die Augen des Orks wurden schmal. „Warum sollten sie mir folgen?“

„Weil ich Euch unterstütze.“

Flagur bekam einen Lachanfall. Das verächtliche Gelächter platzte förmlich aus ihm heraus, und Kamdra stimmte mit ein. Sie vergaß sogar, Gronsha für das vergessene „Erlaucht“ zu strafen. „Das ist köstlich“, grölte er. „Sag, wie willst du erreichen, dass sie einem neuen Herrn folgen? Ihren Verstand benebeln? Selbst mein bester Runenmeister vermag das nicht zu tun. Nicht bei fünftausend.“

Gronsha schwieg überrascht, blinzelte. „Runenmeister?“, fragte er.

Kamdra dachte nach. „Ein Runenmeister wirkt unsichtbare Kräfte“, half sie ihm, das Wort besser zu verstehen. „Das verstehst du nicht, Phottòr.“

Gronsha verstand sehr gut. Er hatte es mit Orks zu tun, die einen Magus in ihren eigenen Reihen besaßen. Einen Magus!

Nun stand es für ihn fest, dass er sich mit ihnen zum Herrscher des Geborgenen Landes krönen würde. Doch dazu brauchte er die Herrschaft über den Stamm.

Sein Plan war schlicht, aber wirkungsvoll: Er würde Flagur bei sich bietender Gelegenheit töten und sich gemäß dem Brauch zum neuen Fürsten ausrufen. Niemand würde mehr an seiner Überlegenheit zweifeln, wenn er diesen Giganten von Ork besiegte. „Erlaucht, bekomme ich Eure Krieger oder nicht?“, fragte er noch einmal mit Nachdruck in der Stimme.

Flagur, der sich eben beruhigt hatte, wurde von einem neuerlichen Lachanfall erfasst und sank schließlich japsend auf die Teppiche und Kissen.

Darauf hatte Gronsha gehofft. Er warf sich nach vorn und langte nach seinem Dolch; die Schneide zielte genau auf das Herz des Fürsten.

Immer noch lachend, langte Flagur blitzschnell hinter sich, griff nach seinem Kurzschwert und schlug damit nach dem Angreifer.

Der Hieb in die Brust war brutal.

Nicht nur, dass er Gronsha aus der Bahn warf, er zerteilte die Rüstung und das Fleisch darunter; sein dunkelgrünes Blut ergoss sich augenblicklich in Strömen, und er fiel neben Flagur auf die Lagerstatt.

„Ich wusste genau, dass er es versuchen würde“, grinste der Fürst, die Waffe an der Kleidung des Toten reinigend. „Es ist eine ihrer klassischen Handlungsweisen. Pure Gewalt. Mehr kennen sie nicht.“

Kamdra stach Gronsha zur Sicherheit mit der Lanze in den Rücken, hakte die Widerhaken fest und zog den Leichnam in Richtung Ausgang. „Erlaucht waren brillant wie immer“, sagte sie und verneigte sich.

Doch Gronsha war keineswegs tot. Er schlug mit dem Dolch hinter sich, durchtrennte den Stiel der Lanze und sprang auf die Beine. Die klaffende Wunde auf der Brust hatte sich geschlossen, das Blut des Toten Landes hatte seine Wirkung getan.

Er schleuderte den Dolch gegen Kamdra und traf sie in die linke Schulter. Mit drei schnellen Schritten kam er neben Flagur zum Stehen. Dann zog er eines der Schwerter aus der Halterung und reckte es gegen ihn. Der Fürst schlug mit dem Kurzschwert nach ihm, und zum Beweis der unbeschränkten Überlegenheit ließ sich Gronsha in den Unterarm treffen.

Der Schnitt war tief und schmerzhaft, sehr schmerzhaft, aber er verheilte vor den Augen Flagurs. Das hatte Gronsha gewollt.

„Sieh, was ich vermag!“ Grunzend wandte er sich an Kamdra. „Na, was ist? Zieh meinen Dolch aus der Schulter und mach es mir nach, wenn du kannst.“

Flagur rollte sich über die Schulter von den Teppichen neben die Wandhalterung und wählte einen Morgenstern, den er zusätzlich zum Kurzschwert führte. „Es hat ein kleines Geheimnis“, knurrte er begeistert, und die rosafarbenen Augen blitzten. „Du bist nicht etwa unsterblich, oder?“

„Doch“, quiekte Gronsha vor Aufregung zu hoch und zu laut. Ein, zwei Streiche, und er hätte sich selbst zum Fürsten gemacht. „Im Gegensatz zu dir!“

Sein Gegner lächelte wie ein Raubtier. „Lass es uns herausfinden.“

Er griff Flagur an, der zur Seite auswich und ihn mit dem Morgenstern in den Rücken schlagen wollte. Gronsha hatte die Bewegung vermutet, tauchte darunter hinweg und rammte seinem Gegner das Schwert bis zum Heft in den Bauch. „Stirb!“, juchzte er. „Ich bin der neue Herrscher!“

Die Freude erstarb abrupt, als Flagur die Waffen fallen ließ und Kehle des Gegners mit beiden Händen umfasste. Er hob ihn langsam an den ausgestreckten Armen in die Höhe, bis unters Zeltdach. An dem Schwert in seinem Leib störte er sich nicht.

Gronsha trat gegen den Griff. Sein Feind hätte eigentlich vor Schmerzen schreien müssen, aber dieser zuckte nicht einmal.

„Lasst uns verhandeln, Erlaucht“, röchelte er in Todesfurcht und sah davon ab, sich aus eigener Kraft aus dem Schraubstock befreien zu wollen. Er fummelte seine Trinkflasche vom Gürtel ab. „Fürst, darin steckt mein Geheimnis. Die Schwarze Unsterblichkeit!“

Die Finger pressten weiter zu, seine Wirbel knirschten aufbegehrend.

Gronsha warf die Flasche zu Boden. „Bei der Dunkelheit Tions, nehmt es! Nehmt es, aber lasst mich am Leben!“, fistelte er. „Ich möchte ein …“ Seine Stimme versagte, sie bekam nicht mehr genügend Luft.

Plötzlich brach sein Genick unter dem enormen Druck. Das untote Leben von Gronsha, dem letzten Späher des Vorauskommandos von Fürst Ushnotz, verging in den starken Händen Flagurs.

Achtlos warf der Fürst den Kadaver auf den Boden. „Kamdra, hole den Heiler und den Runenmeister“, sagte er mit fester Stimme und setzte sich vorsichtig, darauf bedacht, dass das Schwert sich nicht in die Kissen hinter ihm bohrte und sich verfing. Erst jetzt erlaubte er sich, Schwäche zu zeigen, und verzog das Gesicht. Die Lust am Töten und am Kampf erlosch.

„Was ist mit ihm, Erlaucht?“, wollte Kamdra wissen und zeigte auf den Leichnam.

Flagur nahm sein Kurzschwert vorsichtig auf, schnitt sich einen Streifen Fleisch vom Unterschenkel des endgültig gestorbenen Gronsha und schwenkte es in einer Schüssel Wasser, um es vom Schmutz zu reinigen. Danach steckte er es sich in den Mund und kaute. Das Aroma war einzigartig. „Es schmeckt ausgezeichnet“, befand er und lud sie ein, sich ebenfalls vom Fleisch zu nehmen.

Kamdra kostete, und ihre Augen weiteten sich. „Das hätte ich niemals vermutet. Er stank derart, dass ich glaubte, wir müssten sein Fleisch sieben Monde wässern.“ Sie eilte mit einer Verbeugung hinaus, um den Runenmeister und den Heiler zu ihrem Fürsten zu bringen.

„Warte“, rief er sie zurück. „Sende den Ubariu eine Nachricht, dass wir Neuigkeiten haben. Sie werden darauf brennen, von den Vorgängen im Geborgenen Land zu erfahren.“ Sie nickte und ging.

Flagur konnte sich nicht beherrschen und aß einen weiteren Streifen von der selbst erlegten Köstlichkeit. Bei einer solchen Beute wurde das Geborgene Land für ihn und seine Gefolgschaft durchaus anziehend.

Er streckte die Hand nach der Trinkflasche aus, öffnete sie und roch daran. Es stank schrecklich, stach durch die Nase bis hinter die Augen. Angewidert leerte er den Inhalt in den Abfalleimer und warf das Behältnis gleich hinterher.

Das Schwert in seinem Bauch bereitete ihm grässliche Qualen, doch er würde es überstehen. Er vertraute auf den Beistand seines Gottes Ubar, den Schöpfer seines Volkes.

Die Welt verschwamm allmählich um ihn herum. Seine rosafarbenen Augen glitten zum Zelteingang, durch die mehrere dunkle Schemen traten und sich ihm näherten. Eine Stimme raunte in sein Ohr: „Erlaucht, wir beginnen. Seid stark, und möge Ubar Euch beistehen.“

„Er wird es“, presste Flagur halb ohnmächtig hervor und spannte die Muskeln an. „Macht schnell.“

Markus Heitz

Über Markus Heitz

Biografie

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Mit „Ulldart“ begann der Saarländer seine einzigartige Karriere. Seine Romane um „Die Zwerge“ wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und standen wochenlang auf den Bestsellerlisten. Mit „Die Legenden der Albae“ führte Markus Heitz...

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