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Der elfte Gast (A-Team 11)Der elfte Gast (A-Team 11)

Der elfte Gast (A-Team 11)

Arne Dahl
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Roman

„Dahls Roman, eine intelligente Verflechtung des Autors mit seinen Figuren, ist beides: eine ernüchternde Zustandsbeschreibung der Welt und die unbedingte Hoffnung, dass die Literatur etwas daran ändern könnte.“ - Badische Zeitung Online

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Der elfte Gast (A-Team 11) — Inhalt

Ein mysteriöser Brief von einem unbekannten Absender erreicht die ehemaligen Ermittler der A-Gruppe. Sie sollen sich in einem verlassenen Herrenhaus treffen und jeder von ihnen soll eine Geschichte erzählen. Es erwartet sie eine festlich gedeckte Tafel und ein Menü aus dem 18. Jahrhundert. Wer steckt hinter dieser Einladung? Ein letztes Mal kommen Paul Hjelm und seine Exkollegen zusammen und warten auf den geheimnisvollen elften Gast  …

€ 11,00 [D], € 11,40 [A]
Erschienen am 09.11.2015
Übersetzt von: Wolfgang Butt
352 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-30760-4
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 01.09.2014
Übersetzt von: Wolfgang Butt
352 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-96738-9
Download Cover

Leseprobe zu „Der elfte Gast (A-Team 11)“

Verehrte ehemalige Mitglieder der A-Gruppe !

Viel Wasser ist ins Meer geflossen, seit wir vor mehr als einem Jahr beschlossen, uns wiederzusehen. Und auch wenn wir uns in alle Winde verstreut haben, bezweifle ich, dass einer von uns unsere Abmachung vergessen hat. Die Zeit ist reif, ja mehr als reif, und keiner von uns wird jünger. Lasst also den Tag in Nacht übergehen, während die Erzählungen uns mit jener Magie einhüllen, die stets vorübergehend ist, die aber immer auch zurückerobert werden kann, der Stoff, aus dem die Träume sind. Lasst uns bei einem [...]

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Verehrte ehemalige Mitglieder der A-Gruppe !

Viel Wasser ist ins Meer geflossen, seit wir vor mehr als einem Jahr beschlossen, uns wiederzusehen. Und auch wenn wir uns in alle Winde verstreut haben, bezweifle ich, dass einer von uns unsere Abmachung vergessen hat. Die Zeit ist reif, ja mehr als reif, und keiner von uns wird jünger. Lasst also den Tag in Nacht übergehen, während die Erzählungen uns mit jener Magie einhüllen, die stets vorübergehend ist, die aber immer auch zurückerobert werden kann, der Stoff, aus dem die Träume sind. Lasst uns bei einem Treffen zusammen­kommen, das an vergangene ruhmreiche Tage erinnert, Tage, die vielleicht auf diese Art und Weise wieder lebendig werden können, mit doppelter Kraft.
Alle Vorbereitungen sind getroffen, Ihr braucht Euch um nichts zu kümmern. Begebt Euch nur zu der auf der Rückseite­ des Briefs genannten Adresse. Dort findet Ihr auch das Datum­ der Veranstaltung sowie eine vollständige Wegbeschreibung. Der öffentliche Nahverkehr in der Gegend ist äußerst rudimentär, aber auch aus Gründen der Umweltverträglichkeit empfehlen sich Fahrgemeinschaften. Die mit Informationen gespickte Rückseite dieses Briefs enthält auch Angaben darüber, was von Euch erwartet wird, damit der Abend für jeden Einzelnen von uns zu einem Genuss wird. Zu einem Genuss, wie nur die Sondereinheit der Reichskriminalpolizei für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter ihn möglich machen kann. Wenn es sie noch gäbe. Es wird ein phantastisches Vergnügen sein, sich wiederzusehen.

Mit großen Erwartungen


1
Elf Minuten vor Mitternacht stürmten sie herein und zerschlugen seinen Traum. Er hatte keine Ahnung, warum sein Blick in einem so kritischen Augenblick auf die wertvolle Tisch­uhr fiel, die auf demselben schlanken Vollmaster von Philadelphia nach Hause gefrachtet worden war wie er selbst. Vielleicht hing es mit dem Schicksal zusammen, denn er war sich sicher, dass in der Sekunde, bevor er Tempo aufnahm, die kleine goldene Tischuhr stehen blieb. Das leuchtende Pendel glitt langsam auf einer Seite herunter und stand still.
Während er aufsprang, und zwar schneller, als irgendeiner der vorrückenden Hofregimentssoldaten hatte ahnen können, glitt sein Blick über das markige Gesicht des Alten auf der anderen Seite des Tisches. Es war wie in Stein gemeißelt. Als hätten die harten Jahre im Feld zusammen mit den harten Jahren in der Politik eine Maske aus reinstem Granit geschaffen­.
Bevor einer der Soldaten auch nur auf den Gedanken gekommen war, seine unförmige Muskete zu heben oder seinen unhandlichen Degen zu ziehen, war er schon aus der nächstgelegenen Tür. Er schlug sie zu, stürzte durch die neu ein­gerichtete Bibliothek, in der sich noch auf keinem Buch das kleinste Staubkorn hatte ansammeln können, und sprang durch das Fenster, das er vor einigen Stunden nur angelehnt hatte, hinaus.
Er hatte sich für einen kurzen Moment aus dem von glückseligem Stimmengewirr erfüllten Festsaal zurückgezogen, war in die Bibliothek gegangen, hatte ein paar Zeilen in seinem Lieblingsbuch gelesen – „ Alle in der Gesellschaft, Herren wie Damen, waren mit dem Vorschlag einverstanden, Geschichten zu erzählen “ – und hatte das Fenster einen Spaltbreit geöffnet. Er hatte es traurigen Herzens getan. Denn er war nicht gern misstrauisch. Doch ein langes und hartes Leben hatte ihn gelehrt, auch in der Wirklichkeit zu Hause zu sein, und da war Misstrauen nichts weniger als eine Tugend. Wäre es auch nur um einen Bruchteil geringer gewesen, würde er jetzt nicht mehr leben.
Sein Blick war tief in die Flammen des Kaminfeuers versunken gewesen, er hatte traurig den Kopf geschüttelt und einen Moment so verharrt, bevor er wieder sein weltgewandtes Lächeln aufsetzte und erneut zum perfekten Gastgeber wurde und in den Trubel des Festsaals zurückkehrte.
Das war Vergangenheit. Jetzt landete er auf dem Boden unterhalb des Fensters und versank bis zu den Knöcheln im Schlamm. Es regnete in Strömen, und zum ersten Mal in seinem Leben freute er sich darüber, er, der Schlamm immer gehasst­ hatte. Doch jetzt war die Situation eine ganz andere. Der Regen würde es viel schwerer machen, ihn zu finden. Er lief an der Hauswand entlang und warf einen hastigen Blick durch das Fenster in den Festsaal. Er war menschenleer. Die Kandelaber verbreiteten in dem verlassenen Saal noch immer einen nahezu magischen Schein, die Tische waren überhäuft von Speiseresten, schmutzigem Geschirr und Gläsern. Erst als die Türen des Festsaals aufgestoßen wurden und die Soldaten hereinstürmten, lief er weiter.
Er ging nur bis zu dem dichten Tannenwäldchen, das er stehen gelassen hatte, als der großartige französische Garten angelegt worden war. Als hätte er damals tatsächlich in die Zukunft sehen können. Er duckte sich. Die Tannennadeln stachen ihn, der Regen rann unter sein maßgeschneidertes Seidenhemd. Nichts von alldem störte ihn, denn von hier aus hatte er eine perfekte Sicht auf den Festsaal.
Dort irrten die Soldaten eine Weile umher. Dann verteilten sie sich über das ihn umgebende Gelände. Rechts und links sah er, wie Fackeln angezündet wurden. Noch war es keine geordnete Jagd. Nicht einmal, als er die markante Stimme des Alten in ihrem wohlbekannten Dialekt Befehle brüllen hörte­, fühlte er sich ernstlich bedroht. Alles, was er brauchte, war ein klein wenig Zeit.
Einen Augenblick Unsichtbarkeit.
Dieser kam unerwartet rasch. Der Festsaal leerte sich, auch in seiner unmittelbaren Umgebung waren die Soldaten nicht mehr zu hören, die Fackeln schienen sich entfernt zu haben. Er nahm die Leiter, kletterte hinauf und sprang durchs nächste­ offene Fenster in den Festsaal – auch dieses Fenster hatte er angelehnt, er liebte und hasste sein Misstrauen gleichermaßen. Drinnen zog er die Schuhe aus, die stets so zuverlässigen Lederschuhe, angefertigt von keinem Geringeren als Adam Slythe in Philadelphia. Diese Handlung erinnerte ihn vage an das Vergangene. Dann lief er lautlos und, so hoffte­ er, ohne Spuren zu hinterlassen durch den Festsaal und erreichte den Punkt. Er stellte sich auf die Zehenspitzen.
Die Tür glitt auf, wie sie sollte, und glitt ebenso wieder hinter ihm zu. Ein kleines architektonisches Wunder. Aber auch kostspieliger als jede andere Tür, dachte er. Der Ausdruck „ das Gewicht in Gold wert “ kam ihm in den Sinn, und er musste lächeln. Ein ganz klein wenig.
Zunächst schien es stockdunkel zu sein. Es wäre schlecht, wenn es das wirklich wäre. Das durfte es einfach nicht sein. Er wartete und hörte seinen eigenen pfeifenden Atem. Es war ein entsetzliches Warten.
Es blieb pechschwarz um ihn her.
Lange. Lange.
Doch dann hatten sich die Augen an das Dunkel gewöhnt, und er erkannte das kleine Bienenwachslicht in seiner Vertiefung ein paar Meter weiter vorn im Gang. Er zog die Schuhe an. Auf zittrigen Beinen ging er hin und nahm die Kerze. Er nahm sie ganz vorsichtig auf und hielt die gekrümmte Hand um die Flamme, als hinge sein Leben davon ab, dass sie weiterbrannte.
Und so war es auch.
Obwohl Leben und Leben … Eben das, was denn nun davon noch übrig war.
Der Auftrag.
Sehr, sehr langsam bewegte er sich die wenigen Meter zurück­ zur Tür. An der feuchten Steinwand hing die erste Fackel­. Er sah deutlich, wie seine linke Hand zitterte, als er die Fackel an die kleine Flamme der Wachskerze hielt.
Als die Fackel mit klarer Flamme brannte, blies er die Kerze­ aus und strich dankbar mit der Hand darüber. Dann hielt er inne. Aus dem Festsaal drang das charakteristische Stiefeltrampeln der Soldaten des Hofregiments. Er betete zu einer höheren Macht – an die er kaum glaubte –, dass er keine Spuren hinterlassen hatte. Dass sie die Tür nicht entdeckten. Dass sie nicht – und er beugte sich so abrupt über die Flamme der Fackel, dass seine Perücke beinahe Feuer gefangen hätte –, dass sie nicht ein mystisches Licht hinter der Wand flackern sähen.
Er machte sich auf den Weg. Eine Treppe führte nach unten. Einen kurzen Moment lang durchströmte ihn das Gefühl, ins Inferno hinabzusteigen.
Am Fuß der Treppe verlief der Gang weiter geradeaus. Er hatte das Gefühl, als käme er dem Mittelpunkt der Erde immer näher. Zwar gehörte er zu den wenigen, die glaubten, der Mittelpunkt der Erde wäre heiß, heiß von kochender Lava, doch hier wurde es nur immer kälter. Als wäre die Hölle­ aus Eis.
Die Hölle, an die er nicht glaubte.
Der Gang, der immer schmaler wurde, teilte sich endlich in vier Gänge, die in verschiedene Richtungen führten. Er zögerte nicht. So weit zurück reichte sein Erinnerungsvermögen auf jeden Fall. Er sah die Zeichnung vor sich, wählte den richtigen Gang und sah nach einer Weile an einer gewissen Stelle, wie ein kalter Wind die Flamme der Fackel flackern ließ. Eine Kerze wäre auf der Stelle erloschen, doch die Fackel hielt dem Wind stand.
Der Gang wurde enger und niedriger. Er konnte nicht mehr aufrecht gehen, sondern musste sich immer tiefer ­ducken. Schließlich war es am einfachsten zu kriechen. Er folgte­­ einem Gang, der nur notdürftig aus dem Urgestein heraus­gehauen zu sein schien. Die Knie seiner Hose aus feinem Tuch, das von dem großen Loutard in Paris gewebt war, wurden blutig und waren bald durchgescheuert. Die Fackel versengte ihm mal das Gesicht, mal das Hinterteil, je nachdem, ob er sie behutsam vor sich herschob oder hinter sich herzog.
Dann endete der Gang an einer nackten Felswand. Es gab keinen Weg mehr, bis auf den trostlosen Weg zurück.
Er schloss die Augen und hoffte, dass alles mit der Zeichnung übereinstimmte. Dass dem Meister, der das erste architektonische Wunder vollbracht hatte, auch das zweite gelungen und dass es ebenso zuverlässig war. Er hob die Hände zur Decke.
Nichts geschah.
Er fühlte förmlich, wie ihm der Schweiß aus den Hand­flächen trat. Noch einmal vollführte er das Manöver, entschieden, exakter.
Und der Stein glitt zur Seite.
Er gab einen tiefen Seufzer von sich und dankte dem Gott, an den er trotz allem eigentlich nicht glaubte. Oder eher, er glaubte schon an einen Gott, doch an einen, der bereits im Anbeginn der Zeit sein Werk aufgegeben und die Menschheit allein hier zurückgelassen hatte.
Völlig allein.
Auf der anderen Seite des Steins weitete sich der Gang, und er konnte sich wieder aufrichten. Vor ihm lag ein Gewölbe. Er blickte sich darin um. Erkannte den Raum vage von der Zeichnung. Der Schemel geradeaus, der große, reich ornamentierte Eichenschrank zur Linken, das Relikt einer Epoche, die an grenzenlose Ausschmückung geglaubt hatte. Und dann rechts das dritte architektonische Wunder­.
Unmittelbar zu seiner Linken, als er den Raum betrat, steckte eine weitere Fackel in einer Befestigung an der Wand. Er zündete sie an und schob seine treue Fackel in eine Fassung auf der rechten Seite der Tür, durch die er gekommen war.
Als er zu dem Schemel an der gegenüberliegenden Wand trat, sah er, dass er einen doppelten Schatten warf. Gerade jetzt schien dies ungewöhnlich gut zu passen, da sein altes und sein neues Ich im Begriff waren, sich zu vereinen. Aber noch waren es zwei Schatten.
Er sank auf den Schemel nieder und atmete, so ruhig er es vermochte, bis sein Atem einigermaßen normal ging.
In einer Vertiefung der robusten Steinwand zur Rechten stand ein Tintenfass neben einem Papier und einer Schreib­feder. Er strich über das Papier und fühlte seine grobe­ Struktur. Es kam aus der neuen Papierfabrik der Provinz. Das ­Gefühl, Papier zu berühren, ließ ihn immer ein wenig andächtig werden. Papier war ihm heiliger als Gott. Und das war wohl einer der Gründe dafür, dass er nicht weiterleben durfte.
Einer von allzu vielen Gründen.
Er tunkte die Feder in das Tintenfass und ließ die Tinte langsam auf den Boden tropfen. Sie sah aus wie Blut.
Es war Blut. Die Tinte zirkulierte in seinem zweiten, pa­rallelen Blutkreislauf.
Und dann schrieb er. Einen kurzen Brief in zierlicher Handschrift.
Er faltete den Brief zusammen, während er aufstand. Dann zog er eine kleine Kiste unter dem Schemel hervor, in deren Schloss ein Schlüssel steckte. Er legte sie auf den Schemel und öffnete sie. Sie war mit Ruß gefüllt.
Er lachte auf. Manchmal hatte man sonderbare Ideen.
Und dann drückte er den Brief mit der Feder in den Ruß, steckte die Feder ins Tintenfass und schlug die kleine Kiste zu, drehte den Schlüssel um und trug ihn hinüber zu dem großen Eichenschrank auf der linken Seite. Anschließend ging er nach rechts.
Zu dem dritten architektonischen Wunder.
Er trat durch eine Türöffnung und blickte sich um. Ein weiterer, kleinerer Raum. Eher wie eine Zelle. Die Zelle hatte­ er stets gemieden. Er sah eine Pritsche und einen Stuhl. Außerdem vier große Kisten auf dem Boden.
Und er sah, dass alles gut war.
Gut unter den gegebenen Umständen.
Er öffnete die linke äußere Kiste. Darin standen zahlreiche Krüge mit Wasser. In der Kiste daneben befand sich Essen in Form von allerlei geräuchertem und getrocknetem Fleisch. Er öffnete die nächste Kiste, und sie war voller Fackeln. Die letzte Kiste ganz rechts ließ er geschlossen.
Er nahm eine der Fackeln und ging hinaus in den größeren Raum. Dort hielt er sie an seine alte treue Fackel, die an der Wand steckte, und kehrte, die brennende Fackel hoch erhoben, in die Zelle zurück. Er befestigte sie an der Wand und holte tief Luft.
Dann zog er an einem Hebel unmittelbar neben der Türöffnung. Eine massive Tür schlug vor ihm zu. Auf der Innenseite hatte sie keinen Handgriff, und er stand mit dem Hebel in der Hand da. Er hatte sich gelöst, als er ihn betätigt hatte. Er lächelte, ließ den Hebel fallen und öffnete die letzte Kiste.
Darin waren Tintenfässer und Schreibfedern im Überfluss. Und stapelweise Papier, lose Bögen, die an das Papier erinnerten, auf dem er gerade den Brief geschrieben hatte. Außerdem waren Bücher in der Kiste, gewaltige Mengen von Büchern.
Er nahm eines davon in die Hand und schlug es auf. Es bestand­ aus völlig leeren Seiten. Er lächelte wieder.
Er legte das leere Buch zur Seite und nahm einen der losen Bögen. Dann setzte er sich auf den Stuhl und begann zu schreiben.
Er schrieb eine Weile. Kurze Zeilen. Und während er schrieb, dachte er : So ist es gekommen. Die Einsamkeit des Schreibens. Und ich, der versucht hat, ihr zu entgehen. Das Erzählen soll nicht einsam sein.
Die Dinge fielen ihm unmittelbar ein. Die Worte kamen wie von allein. Als wären es nicht seine eigenen.
Schließlich war er fertig. Er betrachtete sein Werk. Es sah nicht nach besonders viel aus.
Dann faltete er das Papier zu einem kleinen Brief zusammen, faltete es öfter als gewöhnlich. Er holte einen kleinen Beutel aus feinstem gegerbtem Seehundleder aus der Tasche, betrachtete ihn und lächelte. Darin hatten die armseligen Silbermünzen gelegen, die einmal seine Familie gerettet hatten. Er streichelte den Lederbeutel und steckte den Brief hinein. Dann ging er hinüber zur einen Ecke der kleinen Zelle, zu einem­ langen Holzstock. Er näherte sich dem kleinen Loch in der Decke, hielt den Finger daran und spürte einen leichten kühlen Windhauch. Er kletterte auf eine der Kisten und hielt die Nase an das Loch. Er roch den Duft der frischen Luft.
Die Luft des Lebens.
Das war das Letzte, was er davon wahrnehmen sollte.
Er fand, dass sie nach Schlamm roch.
Schließlich drückte er den kleinen Lederbeutel in das Loch, nahm den langen Stock und schob den Beutel hinaus in die Außenwelt. Er spürte, wie das Säckchen auf der anderen Seite herausfiel.
Er betrachtete seine Schuhe, seine phantastischen, kost­baren Lederschuhe, angefertigt von Adam Slythe in Phila­delphia. Und er sah, wie lehmig sie waren.
Der Lehm. Er kam zurück. Er siegte.
Dann kehrte er zu dem Stuhl zurück, in Gedanken noch immer bei den lehmverschmierten Luxusschuhen. Er dachte an seinen eigenen Hochmut, seine Selbstverliebtheit, seine Eingebildetheit und seine Selbstzufriedenheit. An all das, was ihn hierhin geführt hatte, trotz aller guten Vorsätze, trotz der Tatsache, dass der Mensch eigentlich das Einzige war, woran er glaubte. Aber letztlich war alles von Eitelkeit gelenkt. Wie bei allen anderen.
Erneut legte er das erste leere Buch auf seine Knie, öffnete es und ließ im bleichen Schein der Fackel die Feder sich der allerersten Seite nähern.
Bevor er zu schreiben begann, dachte er erneut :
Die Eitelkeit.


Arne Dahl

Über Arne Dahl

Biografie

Arne Dahl, Jahrgang 1963, hat mit seinen Kriminalromanen um die Stockholmer A-Gruppe eine der weltweit erfolgreichsten Serien geschaffen. International mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, verkauften sich allein im deutschsprachigen Raum über über zweieinhalb Million Bücher. Sein...

Medien zu „Der elfte Gast (A-Team 11)“
Pressestimmen
Badische Zeitung Online

„Dahls Roman, eine intelligente Verflechtung des Autors mit seinen Figuren, ist beides: eine ernüchternde Zustandsbeschreibung der Welt und die unbedingte Hoffnung, dass die Literatur etwas daran ändern könnte.“

Hamburger Abendblatt

„Arne Dahl entwirft in diesem Roman ein literarisch-spielerisches Rätsel, das ohne Blutvergießen auskommt, gleichwohl so spannend ist wie bizarr. Auch die Auflösung dieses Mysteriums bewegt sich weit jenseits klassisch kriminalistischer Klischees.“

Siegener Zeitung

„›Der elfte Gast‹ sprüht vor Phantasie, ist immer wieder überraschend, witzig-unterhaltsam und auch schaurig-spannend.“

Kurier Wien

„Trickreich und charmant.“

Hamburger Abendblatt

„ ... ein literarisch-spielerisches Rätsel, eine so spannende wie bizarre Geschichte. Blut fließt diesmal nicht.“

www.literatur-blog.at

„Kein A-Gruppe-Thriller, wie man vielleicht erwarten möchte, dafür ein mehr als gleichwertiger Ersatz.“

hr1-Buchtipp

„Die zehn Geschichten seiner Helden macht Arne Dahl zu echten Glanzstücken. Er zieht alle Register und jongliert munter mit Ideen, mit Anspielungen und Genres.“

Skånska Dagbladet

„Hier schlägt Arne Dahl alle Rekorde. Ein ganz wunderbares Leseerlebnis.“

Bielefelder

„Gute Storys, abwechslungsreich und wirklich gut geschrieben.“

Partout

„Arne Dahl hat mit seinen zehn Romanen um die A-Gruppe nicht nur eine erfolgreiche Serie von Krimis geschaffen, sondern auch gezeigt, dass Spannung und intelligente Betrachtung sozialer Entwicklungen sich nicht ausschließen. In ›Der elfte Gast‹ lässt er alle noch einmal zusammenkommen - eine lesenswerte Hommage an die Figuren dieser herausragenden Krimiserie.“

Svenska Dagbladet

„›Der elfte Gast‹ ist purer Genuss. Klug, spannend, humoristisch und raffiniert.“

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