Koogland
Roman
Koogland — Inhalt
Bei einer Jahrhundertflut an der Nordsee brechen die Deiche der Elbmarschen nordwestlich von Hamburg. Die meisten Einwohner verlieren alles, zurück bleibt nur Verwüstung. Die Räumung des Gebiets wird staatlich angeordnet, doch eine Gruppe um den Deichhauptmann Thies Cordes will bleiben und ruft einen eigenen Staat aus: „Koogland“. Cordes allein entscheidet, wen er aufnimmt. Die Krankenschwester Lara darf bleiben, denn medizinisches Personal wird dringend benötigt. Was Cordes nicht weiß: Lara will herausfinden, was mit ihrer Schwester Alina geschah, die vor Kurzem in Koogland spurlos verschwand …
Seit Jahren verfolge ich Berichte über Menschen, die sich von unserer zivilen Gesellschaft abspalten wollen: Reichsbürger. Eine bunt durchmischte Szene von Geschichtsrevisionisten über sektenartige Gruppierungen bis hin zu rechtsextremen Populisten. Allen gemein ist der Wunsch nach einem eigenen Staat mit eigenen, für sie passenden Regeln. Eine Utopie, die in manchen Fällen absurde Ausmaße angenommen hat: Es gibt selbst herausgegebene Pässe, die Verweigerung von Steuerzahlungen oder gar Gewalt gegen die echten Kräfte unseres Staates.
Doch eines haben all diese Gruppierungen gemeinsam: Keine von ihnen hatte bisher Erfolg. Zum Glück.
Als die Pandemie uns die neue Spezies des „Querdenkers“ bescherte, erhielt der zivile Ungehorsam zum ersten Mal größeren Zulauf von populistischer Seite. Und ich stellte mir die Frage: Was wäre, wenn eine Gruppierung entstehen würde, die nicht nur einen klugen und charismatischen Anführer hätte, sondern auch ein einfach abzutrennendes Gebiet und genügend wirtschaftliche Kraft für ein autarkes Leben? Könnte dann aus dem eigenen Staat etwas werden?
Das war die Grundidee für „Koogland“. Ausgerechnet der Klimawandel kam bei der Suche nach einem passenden Stück Land zur Hilfe: Sollte der Meeresspiegel nur wenig schneller steigen als derzeit angenommen, und kämen ein paar unglückliche Faktoren zusammen, könnte es notwendig werden, ganze Landstriche dem Meer zurückzugeben. Gebiete, in denen Menschen leben, die sich dort mit Härten und Ausdauer eine Heimat aufgebaut haben.
Um „meinen“ Staat zu finden, nahm ich mir die Nordseeküste auf Google Maps vor. Schon optisch sticht dort ein Bereich der Dithmarschen nördlich von Brunsbüttel heraus. Es gibt mehrere Köge – einst dem Meer abgetrotzt –, die sich geographisch gesehen leicht vom Rest des Landes abtrennen lassen. Wenige Rechercheschritte später fand ich heraus, dass es einst die Bauernrepublik Dithmarschen gab: eine unabhängige, streitlustige und fast schon demokratisch organisierte Region, die sich von den Ansprüchen und Angriffen diverser Könige nicht beeindrucken ließ. Salopp gesagt: Sture Bauern, die ihr eigenes Ding machten. Sie waren eindeutig die Vorfahren meines „Hauptmanns“ Thies Cordes. Nach einer Jahrtausendflut fühlt er sich von der Bundesrepublik Deutschland im Stich gelassen und ruft seine Republik Koogland aus.
Da ich noch nie in Dithmarschen gewesen war, schien eine Recherchereise unabdingbar. Dummerweise war dies im Frühjahr 2021, Deutschland befand sich im zweiten großen Corona-Lockdown, und Reisen war nur aus beruflichen Gründen gestattet. Mit Mühe fand ich einen Bauernhof mit Ferienwohnungen in der Nähe von Marne – das zu einem zentralen Ort meiner Erzählung wurde –, wo man bereit war, mich aufzunehmen. Ausgestattet mit zahlreichen Corona-Tests und einer Bescheinigung meiner Agentur, dass ich für das schreibende Handwerk reiste, machte ich mich von Berlin auf den Weg nach Marne – genau wie meine zweite Hauptfigur Lara es zu Beginn der Geschichte tut. Als einziger Besucher des Nørdnhofs fand ich nicht nur reizende Gastgeber, sondern mit dem Hof selbst auch das perfekte Vorbild für meinen fiktiven Lindenhof, von dem aus Lara Koogland nach ihrer verschwundenen Schwester Alina absucht. In den nächsten Tagen fuhr ich kreuz und quer durch die Köge, lernte Schafzüchter, Deichführer, Wasserbauingenieure und auch ein paar echte Dithmarscher Bauern kennen – auf Distanz und zumeist im Freien. Sie alle waren gesprächsbereite und interessierte Menschen, die oft mit feinem Humor und angenehmer Ruhe ein Bild der Menschen „hinterm Deich“ entstehen ließen. Darunter befand sich auch ein Überlebender der letzten großen Sturmflut 1962. Er lebte nach wie vor einen Steinwurf von dem Deich entfernt, der damals gebrochen war.
Ich besuchte zudem eine Führung durch die Neulandhalle – in meiner Erzählung sollte sie zu einem Ort nervenaufreibender Szenen werden. Eine von den Nazis erbaute Halle, die viel darüber vermittelt, warum der Neulandkoog nach seiner Eindeichung zunächst Adolf-Hitler-Koog hieß. Nachfahren der damals auserwählten ersten Siedler leben noch heute dort, was natürlich genauso Einfluss auf meine Geschichte nahm wie die überall zu findenden Hinweise auf die Schlacht bei Hemmingstedt von 1500. In dieser Schlacht besiegten die weit unterlegenen Dithmarscher Bauern das Heer des dänischen Königs mit List und unerschütterlichem Willen.
Mein Gastgeber Tim auf dem Nørdnhof, selbst in der Region groß geworden, hörte sich abends bei einem Glas Wein meine Ideen und Geschichten an und antwortete auf kleine und große Fragen zu den Menschen vor Ort. Und irgendwann sagte er, dass das bei einigen der Dithmarscher Bauern schon passen könnte mit dem Wunsch nach dem eigenen Staat, wenn man sich im Stich gelassen fühlt. Das war für mich der Ritterschlag für Koogland. Und der Auftakt zu einer weiteren Reise, dieses Mal an meinem Schreibtisch in Berlin, tief hinein in die Geschichte von Lara, dem Hauptmann und den stolzen Bauern aus Dithmarschen ...
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