Der Nr. -1 - Bestseller aus Schweden
1795: In Stockholm öffnen sich die Tore zur Hölle
Was hat Sie zu Ihrem Roman „1793“ inspiriert?
In Schweden gab es in den Neunzigerjahren einen Comic, „Arne Anka“. Arne war eine zynische und rechthaberische Ente und sah Donald Duck verblüffend ähnlich. So sehr, dass sein Schöpfer fürchtete, von Walt Disney verklagt zu werden und der Ente deshalb einen spitzeren Schnabel verpasste. Arne war ein gescheiterter Poet, und Carl Michael Bellman, unser Nationaldichter, war sein großes Vorbild. Über Arne kam ich mit Bellman in Berührung, der 1740 bis 1795 lebte, sehr versiert war, aber die heiklen Themen seiner Zeit vermied. Er schrieb lieber Lieder, die das Leben der einfachen Leute – darunter auch Trunkenbolde und Prostituierte – dokumentierten und die auf den Straßen Stockholms spielten.
Bellmans Werk beeindruckte mich zutiefst, und ich verlor mich in seiner Menagerie an Karikaturen und in den unvorhersehbaren Wendungen der Geschichten. Plötzlich donnerten Emotionen über die Jahrhunderte hinweg auf mich zu. Und so kaufte ich mit fünfzehn meine allererste CD, eine Sammlung von Bellman-Liedern in einer Neuinterpretation. Schließlich schlich ich mich in die Schulbibliothek, stahl ein Buch mit Bellman-Notationen und lernte daraus, Gitarre zu spielen. Etwa zwanzig Jahre später, ich hörte noch immer seine Musik, erschien mir Stockholm im 18. Jahrhundert ein bisschen wie ein zweites Zuhause.
Was war die größte Herausforderung beim Schreiben?
Erst einmal mit dem Schreiben anzufangen! Ich war ein einsames Kind und verbrachte die meiste Zeit mit Lesen. Ich entwickelte Beziehungen zu den Romanfiguren, und ihre Welten wurden in mir lebendig. Von klein auf träumte ich davon, selbst eine Geschichte zu schreiben, um auch einmal die Stimme für jemand anderen zu sein. Doch ich hatte großen Respekt und auch Angst davor, zu scheitern und meinen Traum womöglich platzen zu sehen. Es hat lange gedauert, bis ich die ersten Sätze zu Papier gebracht habe. Das war wohl meine größte Herausforderung.
Und was hat am meisten Spaß gemacht?
Die ganze Recherchearbeit, um den Roman mit Leben und spannenden Details zu füllen! Tolkiens Mittelerde wäre für mich nie lebendig geworden, wenn er nicht auch die Blumen auf dem Weg nach Bruchtal beschrieben hätte, fiktive Sprachen mit Wortschatz angereichert oder eine funktionierende Syntax geschaffen hätte. Umberto Ecos Der Name der Rose ist ein Füllhorn an obskurem Wissen über Ketzerei und so vieles mehr. Ich wollte in diesem Sinne auch mein Bestes geben, und das hat mich zu einer Schatzkammer voller historischer Quellenbücher gebracht. Das war zweifellos das größte und schönste Leseabenteuer meines Lebens.
Was fasziniert Sie an der Kriminalistik im späten 18. Jahrhundert?
Ich denke, dass jeder, der mit dem 18. Jahrhundert in Berührung kommt, von derselben Sache fasziniert sein wird. Nämlich wie die Aufklärung begann, eine mehr oder weniger feudale Gesellschaft zu durchdringen. Das Spannende dieser Zeit sind die Umbrüche. Auf der einen Seite gab es mittelalterliche Werte, auf der anderen Seite revolutionäre Ideen, die sich später zur Demokratie entwickelt haben. Ähnliches galt für die Strafverfolgung. Die Rechtsprechung war ungerecht, und die Rechte des Einzelnen waren, gelinde gesagt, kaum vorhanden. Die Strafen waren drakonisch. In „1793“ verkörpert mein Protagonist Cecil Winge den Geist der Aufklärung. Als er die übel zugerichtete Leiche sieht, treibt ihn der Wunsch nach Gerechtigkeit an, den Fall aufzuklären. Doch auch er muss im Laufe der Geschichte lernen, dass man mit dem Verstand nicht alles lösen kann.
Angenommen, Sie könnten einen Tag im Jahr 1793 verbringen. Was würden Sie tun?
Ich würde in jedes Nasenloch einen Korken stecken und ins Kaffeehaus gehen, um den neuesten Klatsch und Tratsch aufzufangen. Dabei würde ich meine – im hohen Alter von 38 Jahren – vergleichsweise perfekten Zähne zur Schau stellen, eine Kreidepfeife rauchen und dabei den Corday Waltz aus Peter Weiss' Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade singen. Und schließlich würde ich natürlich auch Bellman einen Besuch abstatten, der zu der Zeit im Schuldnergefängnis saß, und ihn mit einer neuen Lieferung an Tinte, Papier und Feder versorgen.
„1793 ist ein Meisterwerk. Ein wilder und ungewöhnlicher Mix, der das ganze Krimigenre revolutioniert.“
Wer sucht sie nicht, die besonderen Stoffe, die einen mutigen neuen Dreh haben und Genregrenzen austesten? Im Verlag waren wir uns sofort einig: „1793“ ist eines dieser Bücher, die einen sofort einnehmen und einen Nerv treffen. Schon lange hat kein historischer Kriminalroman den ganzen Verlag so begeistert wie dieser. Das Buch ist sehr spannend, liest sich süffig und ist wahnsinnig gut recherchiert. Der Autor Niklas Natt och Dag entstammt der ältesten Adelsfamilie Schwedens und hat nicht zuletzt deshalb eine besondere Verbindung zur schwedischen Geschichte. Uns war sofort klar, dass wir sein großartig komponiertes Debüt unbedingt in Deutschland veröffentlichen wollen.
Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag. Im Jahr 1793 wird in Stockholm eine mit höchster chirurgischer Präzision verstümmelte Leiche an Land gespült. Leere Augenhöhlen starren ins Nichts, die Arme und Beine fehlen, der Rest ist fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Von Anfang an schockiert den Leser, wie grausam dieses Verbrechen ist. Unvorstellbar das Motiv, das rechtfertigen würde, einen Menschen einer Folter dieses Ausmaßes zu unterziehen. Der Wunsch nach Gerechtigkeit treibt zwei Männer an, den Fall aufzuklären. Cecil Winge, ein begnadeter Ermittler vom Schlage eines Sherlock Holmes, steht im Dienste der Stockholmer Polizeikammer und ist für „besondere Verbrechen“ zuständig. Er liebt es, der rohen Gewalt die Kraft der Logik entgegenzusetzen. Dieser Mordfall wird ihn jedoch an seine Grenzen treiben, denn Winge ist an Tuberkulose erkrankt, und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide. Er zieht Jean Michael „Mickel“ Cardell, einen traumatisierten Veteranen mit einem Holzarm und einem erheblichen Alkoholproblem, als Sparringspartner hinzu.
Da Cardell im Krieg selbst ein Körperteil hat einbüßen müssen, ist er ein Spezialist auf dem Gebiet der Amputationen. Niklas Natt och Dag schafft es meisterhaft, den Kriminalfall, die Schicksale der Figuren und die Atmosphäre zu einem so packenden Ganzen zu verweben, dass man das Gefühl hat, sich selbst im Jahr 1793 zu befinden. Überall herrschen Armut und Paranoia, Gewalt und Krankheit bestimmen das Leben der einfachen Leute. Fast kann man die schrecklichen Zustände unmittelbar vor sich sehen. Die atmosphärisch dichten Beschreibungen Stockholms zu dieser Zeit gehen unter die Haut, und die Einzelschicksale erschüttern bis ins Mark. Ja, stellenweise tun die Schilderungen sogar weh. „1793“ greift ein Setting auf, das es auf dem Buchmarkt so noch nicht gibt: Stockholm im 18. Jahrhundert. Wir lernen die Stadt „von unten“ kennen, bekommen beispielsweise Einsicht in das Gefängnisleben, in die Gosse, in Bordelle und Spelunken. Spannungsleser sind immer wieder auf der Suche nach neuen Schauplätzen – und bei diesem Roman kommen sie definitiv auf ihre Kosten.
Die internationalen Rechte waren heiß umkämpft. Über Nacht wurde der Roman in mehr als dreißig Länder verkauft. In Schweden ist 1793 der Erfolgstitel der letzten Jahre. Er wurde mit dem Krimipreis für das beste Debüt ausgezeichnet, steht auch ein Jahr nach Erscheinen noch auf der Bestsellerliste und ist auf der Shortlist für das Buch des Jahres 2018. Niklas Natt och Dag revolutioniere mit dem wilden und ungewöhnlichen Mix aus verruchtem historischen Setting und Krimi das ganze Krimigenre, sagt Arne Dahl, und Fredrik Backman meint, diesen Roman zu lesen sei, wie sich selbst ein Geschenk zu machen. Dieses besondere Geschenk wollen wir den deutschsprachigen Leserinnen und Lesern nicht länger vorenthalten!
„Ein historischer Krimi, der in seiner Spannung und literarischen Qualität seinesgleichen sucht.“
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Danke
Extrem spannend!
Selten hat mich ein Roman - als Vielleser - so gepackt und in seinen Bann gezogen. Nichts für schwache Nerven, aber ohne Frage knallhart realistisch. Warte sehnsüchtig auf den nächsten Roman; gerne aus der Vergangenheit Schwedens.
Danke für dieses Buch und die Geschichte! Das war eine tief greifende neue Erfahrung und die Motive und Beweggründe der beteiligten Personen werden mich weiterhin begleiten...Ich fühle mich, als wäre ich selbst in dieser Zeit in Stockholm gewesen ...selbst die unvorstellbare Kälte habe ich -neben dem Grauen- unaufhörlich gespürt.
Ich hoffe sehr, dass ein weiterer historischer Roman von dieser Brilliant folgen wird und wünsche dem Autor alles erdenkliche Gute und weiterhin gute Inspirationen!!
Katrin Hans
Meinen großen Dank an Autor und Verlag für dieses unglaubliche Buch und dieses Leseerlebnis! Noch während der Lektüre - oder besser : des Verschlingens - wünschte ich mir, das Buch würde seinen Umfang auf ein Vielfaches vergrößern! Mir fehlten nach der letzten Seite die Worte und eigentlich fehlen Sie mir immernoch...
Ich habe den größten Respekt vor dieser literarischen Leistung, für die Recherche , die Sorgfalt und wünsche Niklas Natt och Dag Alles Gute, Gesundheit und wahrhaftige Schaffenskraft! Letzteres ist egosistisch motiviert, ich gebe es gern zu....
Nachdem ich aus der Schockstarre erwachte, konnte ich nicht aufhören weiter zu lesen.So eingefangen in das Geschehen,voller Grausamkeit und dennoch Spannung pur...hier ist ein wirklich gutes Buch entstanden....Hoffentlich dürfen wir uns noch, auf viele weitere Werke vom Autor freuen....
immer wieder spannend
Volle Punktzahl...super spannend