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Frostfluch (Mythos Academy 2)Frostfluch (Mythos Academy 2)

Frostfluch (Mythos Academy 2)

Jennifer Estep
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Mythos Academy 2

„Ich habe das Buch in zwei Tagen durchgelesen, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen konnte.“ - lovinbooks4ever.blogspot.de

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Frostfluch (Mythos Academy 2) — Inhalt

Gwen Frost lebt. Noch. Denn die Schnitter des Chaos haben es auf sie abgesehen. Und deshalb muss Gwen an der Mythos Academy kämpfen lernen.

€ 11,00 [D], € 11,40 [A]
Erschienen am 13.07.2015
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
416 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28032-7
Download Cover
€ 3,99 [D], € 3,99 [A]
Erschienen am 20.08.2012
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
416 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-95839-4
Download Cover

Leseprobe zu „Frostfluch (Mythos Academy 2)“

Kapitel 1


Logan Quinn wollte mich umbringen.
Der Spartaner verfolgte mich schonungslos und schnitt mir jedes Mal den Weg ab, wenn ich versuchte, mich an ihm vorbeizuschieben und davonzurennen.
Zisch. Zisch. Zisch.
Wieder und wieder schlug Logan mit dem Schwert nach mir, und die glänzende, silberne Klinge kam meiner Kehle jedes Mal ein wenig näher. Die Muskeln unter seinem Shirt bewegten sich, während er geschmeidig von einer Angriffsposition in die nächste glitt. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und seine eisblauen Augen glühten fast vor Kampfeslust.
 [...]

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Kapitel 1


Logan Quinn wollte mich umbringen.
Der Spartaner verfolgte mich schonungslos und schnitt mir jedes Mal den Weg ab, wenn ich versuchte, mich an ihm vorbeizuschieben und davonzurennen.
Zisch. Zisch. Zisch.
Wieder und wieder schlug Logan mit dem Schwert nach mir, und die glänzende, silberne Klinge kam meiner Kehle jedes Mal ein wenig näher. Die Muskeln unter seinem Shirt bewegten sich, während er geschmeidig von einer Angriffsposition in die nächste glitt. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und seine eisblauen Augen glühten fast vor Kampfeslust.
Ich dagegen glühte nicht vor Kampfeslust. Ich wand mich, das schon. Aber ich glühte nicht.
Klirr-klirr-klirr.
Ich riss mein eigenes Schwert hoch und versuchte, Logan abzuwehren, bevor er mir den Kopf von den Schultern schlug. Dreimal gelang es mir, seine Schläge zu parieren, und jedes Mal, wenn sein Schwert auf meines traf, verzog ich das Gesicht. Aber beim letzten Mal war ich nicht schnell genug. Logan trat vor, und sein Schwert schwebte nur Millimeter vor meiner Kehle, noch ehe ich mehr tun konnte, als zu blinzeln und mich zu fragen, wie ich überhaupt in diese Situation geraten war.
Aber das reichte Logan noch nicht. Er bewegte das Handgelenk und sorgte dafür, dass mir die Waffe aus der Hand und quer durch die Sporthalle flog. Mein Schwert drehte sich mehrmals in der Luft, bevor es mit der Spitze zuerst in einer der dicken Übungsmatten stecken blieb, die den Boden der Halle bedeckten.
„Schon wieder tot, Gypsymädchen“, sagte Logan leise. „Damit bist du jetzt zwölfmal in Folge gestorben.“
Ich seufzte. „Ich weiß. Glaub mir, ich weiß es. Und ich bin kein bisschen glücklicher darüber als du.“
Logan nickte, nahm das Schwert von meiner Kehle und trat zurück. Dann drehte er sich um und sah über die Schulter zu den beiden anderen Spartanern, die auf der Tribüne herumlungerten und entweder SMS tippten oder uns mit gelangweiltem Interesse beobachteten.
„Zeit?“, fragte Logan.
Kenzie Tanaka drückte einen Knopf auf seinem Handy. „Fünfundvierzig Sekunden. Davor waren es nur fünfunddreißig Sekunden. Ein Fortschritt.“
„Zumindest hält Gwen inzwischen ein wenig länger durch“, schaltete sich Oliver Hector ein. „Muss an dem Wonder-Woman-Shirt liegen. Vielleicht verleiht ihr das ja ihre beeindruckenden Kampffähigkeiten.“
Sein höhnischer Tonfall ließ mich erröten. Okay, vielleicht hatte ich mein Superhelden-Shirt heute Morgen in der Hoffnung angezogen, dass es mir ein bisschen Glück bringen würde. Denn das brauchte ich dringend, wenn es um irgendeine Art von Kampfsport ging. Aber deswegen musste er mich noch lange nicht verarschen, besonders nicht vor den anderen.
Oliver grinste fies. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen bösen Blick zu.
Kenzie sah den anderen Spartaner an. „Ich finde es cool, dass Gwen auf Superhelden steht.“
Oliver runzelte die Stirn. Es gefiel ihm nicht, dass sich Kenzie für mich einsetzte, aber zumindest hielt er den Mund. Ich wusste nicht, was Oliver für ein Problem hatte, aber er schien ständig darauf aus zu sein, mich zu nerven. Vielleicht hielt er das für charmant oder so. Manche Kerle auf der Mythos Academy waren so – sie dachten, es sei supercool, sich wie Volltrottel aufzuführen. Was auch immer. Ich hatte auf jeden Fall mal null Interesse an dem Spartaner. Oh, Oliver war mit seinem aschblonden Haar, seinen dunkelgrünen Augen, der gebräunten Haut und dem trägen Lächeln durchaus attraktiv. Genauso wie Kenzie mit seinem tiefschwarzen Haar und den Augen von derselben Farbe. Dazu kamen noch die ganzen Muskeln, die beide hatten. Ihre Körper strahlten förmlich sehnige Stärke aus. Das einzige Problem der beiden Spartaner war, dass sie eben nicht Logan Quinn waren.
Logan war derjenige, für den ich mich interessierte – obwohl er mir bereits im Herbst das Herz gebrochen hatte.
Der Gedanke an meine dummen, hoffnungslosen, unerwiderten Gefühle für Logan ließ meine Laune noch tiefer in den Keller stürzen, und ich stiefelte über die Matten zu meinem Schwert.
Die Sporthalle der Mythos Academy war ungefähr fünfmal größer als jede normale Sporthalle, und die Decke schwebte fast sechzig Meter über meinem Kopf. In gewisser Weise wirkte sie vollkommen normal. Von den Deckenbalken hingen farbenfrohe Banner, die die Termine für die verschiedenen Wettbewerbe der Akademie im Fechten, Bogenschießen, Schwimmen und anderen albernen Sportarten verkündeten, während sich an zweien der Wände hölzerne Tribünen erhoben. Matten bedeckten den Boden und verbargen so einen Basketballplatz.
Aber da waren auch die Waffen.
An der dritten Wand zogen sich Gestelle über Gestelle voller Waffen entlang. Sie waren so hoch, dass man die oberen Regalbretter nur über eine Leiter erreichen konnte. In den Halterungen hingen Schwerter, Dolche, Kampfstäbe, Speere, Bögen und Köcher voller Pfeile mit gebogenen, gefährlich wirkenden Spitzen. Und alles war rasiermesserscharf und wartete nur darauf, von Schülern benutzt zu werden. Die meisten Schüler waren unglaublich stolz darauf, wie gut sie Gegenstände mit scharfen Klingen schwingen konnten.
Die Waffen waren einer der Gründe, warum Mythos alles andere als normal war.
Ich erreichte mein Schwert, das immer noch hin und her schwankte und mich an das Metronom meiner ehemaligen Klavierlehrerin erinnerte. Ich streckte die Hand aus, aber bevor ich das Schwert aus der Matte ziehen konnte, klappte eine silberne Beule auf dem Knauf auf – und enthüllte ein zusammengekniffenes, wütendes Auge.
„Schon wieder eine Niederlage“, murmelte Vic, und sein Unmut verstärkte seinen britischen Akzent. „Gwen Frost, du könntest keinen Schnitter töten, wenn dein Leben davon abhinge.“
Ich kniff ebenfalls die Augen zusammen und starrte Vic böse an, in der Hoffnung, dass er die Botschaft verstehen und den Mund halten würde, bevor Logan und die anderen ihn hörten. Ich wollte nicht gerade damit hausieren gehen, dass ich ein sprechendes Schwert besaß. Ich wollte überhaupt mit einer Menge Dinge nicht hausieren gehen. Nicht in Mythos.
Vic allerdings starrte nur zurück. Sein Auge hatte eine seltsame Farbe, die irgendwo zwischen Purpur und Grau lag. Er war nicht lebendig, nicht im engeren Wortsinn, aber ich hatte mir angewöhnt, von ihm als lebendes Wesen zu denken. Vic war ein ziemlich einfaches Schwert – eine lange Klinge aus einem silbernen Metall. Was ihn in meinen Augen so, na ja, menschlich machte, war das Heft, das die Form eines halben männlichen Gesichtes hatte – als wäre eine echte Person im Metall gefangen, die versuchte, sich zu befreien. Ein Strich als Mund, eine Auskerbung als Nase, die Kurve eines Ohrs. All das summierte sich zu Vic, was oder wer auch immer er war.
Na ja, das und sein blutrünstiges Gemüt. Vic wollte Dinge umbringen – besonders Schnitter. Bis wir beide in ihrem Blut baden und uns nach mehr sehnen!, hatte er mehr als einmal gegurrt, wenn ich in meinem Zimmer allein mit ihm geübt hatte.
Klar. Das Einzige, was ich relativ mühelos töten konnte, waren Käfer. Und selbst da nur die ganz winzigen. Die großen knackten zu laut und sorgten dafür, dass mir übel wurde und ich ein schlechtes Gewissen bekam. Es stand absolut außer Frage, dasselbe den absolut bösartigen Schnittern des Chaos anzutun.
„Was willst du tun, wenn dich ein echter Schnitter angreift?“, verlangte Vic zu wissen. „Weglaufen und hoffen, dass er dich nicht verfolgt?“
Tatsächlich klang das in meinen Ohren nach einem phantastischen Plan, aber ich wusste, dass Vic diese Ansicht nicht teilen würde. Genauso wenig wie Logan, Kenzie oder Oliver. Schließlich waren die Jungs Spartaner, die aus einer langen Linie magischer, mythologischer Krieger stammten. Töten war für sie so natürlich wie Atmen. Dazu wurden sie von Geburt an ausgebildet, genau wie alle anderen Schüler der Akademie.
Die Jungs auf Mythos waren überwiegend Wikinger oder Römer, während die Mädchen Walküren oder Amazonen waren. Aber es gab noch haufenweise andere Kriegertypen auf der Akademie – so gut wie alles von Samurai und Ninjas über Kelten bis hin zu den Spartanern vor mir.
Für mich dagegen war Töten nicht im Geringsten natürlich, aber ich war zu Anfang des Schuljahres einfach in diese verdrehte Welt geworfen worden. Man hatte mich auf die Mythos Academy geschickt, nachdem meine Gypsymagie auf meiner ehemaligen, öffentlichen Schule für einen ziemlichen Ausraster gesorgt hatte. Und jetzt konnte ich der Akademie mit all ihren Krieger-Wunderkindern, den angsteinflößenden Schnitter-Bösewichten, den mythologischen Monstern und einem wütenden, rachsüchtigen Gott einfach nicht mehr entkommen – egal, wie gerne ich genau das getan hätte.
Besonders da eine Göttin darauf zählte, dass ich etwas gegen die vielen bösen, bösen Dinge in der Welt unternahm – und auch gegen die, die sich hier auf dem Campus versteckten.
„Halt den Mund, Vic“, grummelte ich und zog das Schwert aus der Matte.
Ich fühlte, wie sich Vics Mund unter meiner Handfläche bewegte, als wollte er noch etwas erwidern, aber schließlich brummte er nur missbilligend und klappte sein Auge wieder zu. Ich seufzte. Jetzt war er sauer, und das bedeutete, dass ich später Zeit damit verbringen würde, ihn so lange zu umschmeicheln, bis er sein Auge wieder öffnete. Vielleicht würde ich schauen, ob irgendein Abenteuerfilm im Fernsehen lief. Zu sehen, wie die Bösen erledigt wurden, schien Vics Laune fast immer zu heben, und je blutiger der Film war, desto besser gefiel er ihm.
„Mit wem redest du, Gwen?“
Oliver Hectors Stimme erklang direkt hinter mir, und ich musste die Lippen aufeinanderpressen, um nicht erschrocken zu kreischen. Ich hatte nicht gehört, wie sich der Spartaner angeschlichen hatte.
„ Mit niemandem. “
Er warf mir einen Blick zu, aus dem ich deutlich ablesen konnte, dass er mich für total durchgeknallt hielt, dann schüttelte er den Kopf. „Komm schon. Logan möchte, dass du als Nächstes Bogenschießen trainierst.“
Ich sah mich um, aber Logan war verschwunden, während ich mich mit Vic unterhalten hatte. Genau wie Kenzie Tanaka. Wahrscheinlich waren sie losgezogen, um sich einen Energy-Drink aus einem der Automaten vor der Turnhalle zu besorgen, und hatten mich mit Oliver allein gelassen. Super.
Noch schlechter gelaunt als vorher stiefelte ich Oliver hinterher zu der Seite der Sporthalle, an der die Zielscheiben aufgestellt waren. Der Spartaner hielt vor einem der Waffengestelle an, während ich weiter zur Tribüne ging.
Wir alle hatten unsere Taschen einfach auf der Tribüne abgestellt, als wir um sieben Uhr heute Morgen in die Turnhalle gekommen waren. Ich ging erst seit ein paar Monaten auf die Mythos Academy, und mir fehlte das lebenslange Kampftraining, das alle anderen Schüler schon durchlaufen hatten. Jetzt kämpfte ich darum, alles aufzuholen, und das bedeutete, mich jeden Morgen für eine Stunde in die Turnhalle zu schleppen, um mit Logan und seinen Freunden zu trainieren, bevor der normale Unterricht begann.
Von allen Schülern auf Mythos waren die Spartaner die besten Krieger. Professor Metis hatte gedacht, sie könnten mich in kürzester Zeit auf Zack bringen. So allerdings lief es nicht. Ich war einfach kein Kriegermaterial, egal was manche Leute – darunter eine Göttin – dachten.
Ich schob Vic in seine schwarze Lederscheide und legte ihn flach auf eine der Bänke, damit er nicht runterfallen konnte. Ich hatte das Schwert heute Morgen schon oft genug fallen lassen. Dann griff ich in meine graue Umhängetasche und angelte nach Spiegel und Bürste, um meine Haare zu einem festen Pferdeschwanz zu binden. Der alte hatte sich während meines Kampfes mit Logan aufgelöst.
Ich betrachtete mein Spiegelbild in dem kleinen Glaskreis. Gewelltes braunes Haar, winterlich weiße Haut mit ein paar Sommersprossen und Augen in einem seltsamen Purpurton. Purpurne Augen sind lächelnde Augen, hatte meine Mom immer gesagt. Ich dachte darüber nach, wie mühelos mich Logan während unseres Trainings fertiggemacht hatte. Nein, heute Morgen lächelte ich wirklich über gar nichts.
Als ich mit meinen Haaren fertig war, steckte ich den Spiegel und die Bürste zurück in meine Tasche und schmiss sie auf eine Bank der Tribüne. Dabei stieß sie gegen Olivers Tasche, und die fiel zu Boden. Mir passiert so was immer, weil ich einfach ein unkoordiniertes Trampel bin. Natürlich öffnete sich die Tasche, und jede Menge Zeug kippte heraus und auf die Matten. Stifte, Kugelschreiber, Bücher, sein iPod, ein Laptop, ein paar silberne Wurfmesser.
Seufzend sank ich auf ein Knie und fing an, alles wieder in die Tasche zu schieben, wobei ich sorgfältig darauf achtete, den Ärmel über die Hand zu ziehen und nichts mit bloßen Fingern zu berühren. Ich hatte kein großes Verlangen, einen Einblick in die Denkweise von Oliver Hector zu bekommen – aber wenn ich nicht aufpasste, würde genau das passieren.
Ich schaffte es, alles bis auf ein großes, rotes Notizbuch zurück in die Tasche zu bugsieren. Ein paar der Metallringe waren verbogen und verhakten sich im Stoff, wann immer ich versuchte, das Notizbuch wieder dorthin zu schieben, wo es hingehörte. Mein Ärmel war einfach nicht lang genug, um die Spiralen wieder gerade zu biegen, außerdem konnte ich durch die weiche Baumwolle sowieso nicht richtig greifen. Verärgert packte ich mit der ärmelbewehrten Hand die Ringe, damit sie mir nicht die Haut verkratzten, dann griff ich mit der anderen, ungeschützten Hand nach dem Notizbuch.
Die Bilder schlugen über mir zusammen, kaum dass meine Finger den roten Einband berührten.
In meinem Kopf erschien ein Bild von Oliver. Der Spartaner beugte sich über den Schreibtisch in seinem Zimmer und schrieb in das Notizbuch. Ein Bild nach dem anderen blitzte in mir auf und zeigte mir eine verdichtete, hochauflösende Vision von Oliver, der entweder vor sich hin kritzelte, malte oder wie wild in sein Notizbuch schrieb. Nach ein paar Sekunden kamen die Gefühle hinzu. All die Dinge, die Oliver beim Schreiben gefühlt hatte. Die dumpfe Langeweile während der Hausaufgaben, die genervte Frustration, während er sich bemühte, einige der komplizierten Aufgaben zu verstehen, und dann, überraschenderweise, ein weiches, träumerisches Kribbeln, das meinen ganzen Körper erwärmte …
„Was tust du da? Das gehört mir!“, blaffte Oliver mit harter Stimme.
Ich schüttelte die Bilder und Gefühle ab und sah hoch. Der Spartaner ragte über mir auf, und seine Miene war hart und verkniffen.
„Tut mir leid“, blaffte ich zurück. „Ich konnte ja nicht ahnen, dass einem gestandenen Kerl wie dir sein Notizblock so wichtig ist. Was steht denn so Supergeheimes drin? Eine Liste aller Mädchen, mit denen du geschlafen hast? Lass mich raten. Du willst nicht, dass ich erfahre, mit wem du schon was hattest. Du willst es lieber allen selbst erzählen, wie es die Kerle auf Mythos eben tun – lauthals mit Eroberungen prahlen ist in, richtig?“
Bei meinen Worten wurde Oliver tatsächlich bleich. Wirklich. Er wurde vor lauter Entsetzen weiß wie die Wand. Für eine Sekunde fragte ich mich, warum, aber dann wurde mir klar, dass er wahrscheinlich von meiner Psychometrie gehört hatte – von meiner Magie.
Ich war keine Kriegerin wie die anderen Schüler auf Mythos – zumindest nicht wirklich. Aber trotzdem war ich nicht vollkommen unbegabt. Ich war eine Gypsy, eine Person, die von einem der Götter mit Magie beschenkt worden war. In meinem Fall war diese Magie Psychometrie, also die Fähigkeit, ein Objekt zu berühren und sofort seine Geschichte zu wissen, zu sehen und zu fühlen.
Meine Gypsygabe, meine Psychometrie, war in Wahrheit ein wenig cooler – und um einiges beängstigender –, als diese Beschreibung vermuten lässt. Nicht nur konnte ich sehen, wer ein Armband getragen oder ein Buch gelesen hatte, egal, wie lange es schon her war – ich konnte auch die Gefühle der betreffenden Person erspüren. Alles, was sie gedacht, gefühlt und wahrgenommen hatte, während sie das Armband getragen oder das Buch gelesen hatte. Manchmal, wenn die Verbindung zu dem Gegenstand stark genug war, konnte ich sogar alles sehen, was die Person in ihrem gesamten Leben gefühlt, gesehen oder getan hatte. Ich wusste, ob eine Person glücklich oder traurig gewesen war, böse oder gut, klug oder dumm, und noch tausend Dinge mehr.
Meine Magie verriet mir die Geheimnisse anderer Leute – ließ mich all die Dinge sehen und fühlen, die sie vor anderen und manchmal sogar vor sich selbst versteckten. All ihre widersprüchlichen Gefühle, all ihre verschlagenen Taten, alles, was sie sich in den finstersten, dunkelsten Teilen ihres Herzens je ausgemalt hatten.
Vielleicht war es ja krank und verdreht, aber ich mochte es, die Geheimnisse anderer zu kennen. Ich mochte die Macht, die dieses Wissen mir verlieh, besonders da ich vollkommen ohne die abgefahren coolen Kampffähigkeiten der anderen Schüler von Mythos dastand. Die Geheimnisse anderer zu lüften war eine Art Leidenschaft von mir – eine, die mich vor ein paar Wochen fast umgebracht hätte.
Außerdem war sie der Grund dafür, dass ich Olivers Notizbuch noch in der Hand hielt. Die Langeweile und den Frust hatte ich erwartet. Das waren Gefühle, die ich schon unzählige Male empfangen hatte, wenn ich die Blöcke, Computer, Stifte und all die anderen normalen Gegenstände angefasst hatte, die man für die Schule eben so brauchte.
Aber dieses warme, weiche, kribbelige Gefühl? Eher nicht. Ich wusste allerdings, was es war – Liebe. Oder zumindest echte Zuneigung. Oliver Hector stand schwer auf jemanden. Genug, um etwas über diese Person in sein Notizbuch zu schreiben. Und ich wollte wissen, wer es war. Denn, na ja, Geheimnisse waren so eine Art Droge für mich.
Ich konzentrierte mich wieder auf das Notizbuch und auf dieses warme, hoffnungsvolle Gefühl. Sofort stieg ein verschwommenes Bild vor meinem inneren Auge auf, jemand mit dunklem Haar, schwarzem Haar …
„Ich habe gesagt, das gehört mir“, knurrte Oliver, riss mir das Notizbuch aus der Hand und unterbrach damit die Verbindung.
Das halbfertige Bild verschwand abrupt, zusammen mit dem warmen, kribbeligen Gefühl. Ich versuchte, das Buch festzuhalten, aber bekam nur leere Luft zu fassen. Noch eine Sekunde, und ich hätte gesehen, wer Olivers mysteriöser Schwarm war. Aber der Spartaner hielt das Notizbuch außerhalb meiner Reichweite, packte seine Tasche und schob es hinein. Er hatte es so eilig, dass er dabei die Tasche einriss. Oliver warf mir einen Blick zu, um zu sehen, ob ich es bemerkt hatte.
Ich schenkte ihm ein ähnliches wissendes, dreistes Grinsen wie er mir, als er sich über mein Shirt lustig gemacht hatte. Olivers Miene verfinsterte sich.
„Was treibt ihr zwei da?“, fragte Kenzie, der gerade mit einer Wasserflasche in der Hand aus einer der Seitentüren trat.
„Nichts“, murmelte Oliver und warf mir einen weiteren düsteren Blick zu.
Ich verdrehte die Augen und ignorierte ihn. In meiner Zeit auf Mythos hatte man mich bereits fast mit einem Schwert aufgespießt, und ich war beinahe von einer Killermiezekatze zerkaut worden. Böse Blicke konnten mir nichts mehr anhaben.
„Wo ist Logan?“, fragte ich.
„Er kommt gleich wieder. Er meinte, wir sollen schon ohne ihn anfangen“, sagte Kenzie, während sein Blick neugierig zwischen Oliver und mir hin- und herglitt. Offenbar fragte er sich, was los war.
Oliver drehte sich um und stiefelte ans andere Ende der Tribüne. Seine Tasche nahm er mit. Kenzie musterte mich kurz neugierig, dann ging er zu Oliver. Die beiden unterhielten sich leise, während Oliver immer wieder böse in meine Richtung starrte.
Der Spartaner war offensichtlich sauer auf mich, weil ich sein kostbares Notizbuch angefasst und ihn mit seinem mysteriösen Schwarm aufgezogen hatte. Was auch immer. Mir war egal, was Oliver von mir hielt. Außerdem hatte er angefangen, indem er sich über mein T-Shirt lustig gemacht hatte. Ich wusste vielleicht nicht, wie man ein Schwert schwang, aber beim Sticheln gehörte ich nicht zu den Schlechtesten.
Nach einem kurzen Gespräch hielten Kenzie und Oliver auf die Zielscheiben fürs Bogenschießen zu, und Kenzie bedeutete mir, ihnen zu folgen. Anscheinend hatte ich sie nicht wütend genug gemacht, damit sie den Rest der Trainingsstunde vergessen hatten. Zu dumm.
Mit einem Seufzen stand ich auf. Ich war bereit, den Spartanern zu zeigen, dass ich mich beim Bogenschießen genauso dämlich anstellte wie beim Schwertkampf.

Jennifer Estep

Über Jennifer Estep

Biografie

Jennifer Estep ist SPIEGEL- und internationale Bestsellerautorin und immer auf der Suche nach ihrer nächsten Fantasy-Romanidee. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und Familie, macht Yoga und liest Fantasy- und Liebesromane. Außerdem sieht sie viel zu viel fern und liebt alles, was...

Pressestimmen
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„Ich habe das Buch in zwei Tagen durchgelesen, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen konnte.“

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„Wie bereits der 1. Band hat es nun auch der Nachfolger ›Frostfluch: Mythos Academy 2‹ geschafft, mich zu Begeisterungsstürmen hinzureißen.“

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„Noch besser als Band eins, mit super Protagonisten und einem Schreibstil der mich total gefesselt hat.“

Kommentare zum Buch
Weiter gehts mit den 2 Band von der Reihe
Barbara am 08.04.2017

Gwen Frost und ihre Freunde von der Mythos Academy fahren über das Wochenende zum Winterkarnevals. Aber davor wird sie in der Bibliothek der Altertümer angriffen. Sie findet aber nicht er heraus wer der Angreifer ist.   Während dem Winterkarnevals tut sie den Preston Ashton (Bruder von der Jasmine) kennenlernen. Sie will mit den Mittagessen gehen. Während dessen über der Logan Qinn sehr eifersüchtig. Gwen geht gerade ein Berg runter. In diesen Moment kommt da eine Lawine von Berg herunter. Aber der Fenriswolf (wo er gerade die Gwen anreifen wollte) beschützt sie von der Lawine zu gut wie er kann.

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