Lars Schmitt / Krimi-Couch: Mr. Finch, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit Krimi-Couch.de nehmen!
Paul Finch: Danke, dass Sie den ganzen Weg nach England gekommen sind.
LS: Es ist uns ein Vergnügen. Wir wollen heute über Ihren Roman „Mädchenjäger“ sprechen, das ist der deutsche Titel. Im Englischen heißt es „Stalkers“. Als ich das Buch bekam, habe ich mich gefragt, wer eigentlich dieser Mr. Finch ist und es sah ganz nach einem Debut-Roman aus. Aber das stimmt nicht, oder?
PF: Tatsächlich ist es mein Krimi-Debut. Ich arbeite seit 1998 hauptberuflich als Autor. Wegen meines Polizeihintergrunds habe ich zunächst für das britische Fernsehen geschrieben und auch mehrere Horror-und Fantasy- Romane. Das ist natürlich ziemlich weit weg vom Krimi-Genre. Zum Krimi kehrte ich Mitte der 2000er Jahre zurück, denn mein Agent und auch ich waren der Meinung, dass ich wegen meines Hintergrunds mehr davon schreiben sollte. Deshalb ist der Roman „Mädchenjäger“ kein Debut-Roman, sondern ein Debut-Krimi-Roman.
LS: Wie sah Ihre Arbeit bei der Polizei aus? Was haben Sie dort gemacht?
PF: Ich habe in der 1980er Jahren bei der Polizei in Manchester gearbeitet. Ich habe viele Aufgabenbereiche abgedeckt, sowohl in Uniform als auch in Zivil. Die typische alltägliche Polizeiarbeit in einer großen Stadt.
LS: In „Mädchenjäger“ ist die Polizeiarbeit ziemlich hart. Wie realistisch ist es?
PF: „Mädchenjäger“ begleitet die Ermittlungen eines Kriminalbeamten namens Mark Heckenburg, der praktisch jedem, sowohl auf Seite der Kriminellen als auch bei der Polizei, als Heck bekannt ist. Er ist ein altgedienter Polizist, er macht den Job seit 17 Jahren und arbeitet auf einem sehr hohen Niveau für die Serial Crimes Unit, eine Art britisches FBI. Es werden Verbrechen auf oberster Stufe untersucht, sehr schwere Verbrechen, Serienmorde, Serienvergewaltigungen. Das Aufgabengebiet umfasst ganz England und Wales, und das gibt uns die Möglichkeit, ihn im ganzen Land umherzuschicken. Das entspricht nicht dem Alltag eines Polizeibeamten. Natürlich gibt es auch jede Menge Action in den Heck-Büchern, offensichtlich um die Leser zu unterhalten. Das wäre im wirklichen Leben nicht zulässig.
LS: Ist das der Grund, warum Sie es einen Polizei-Thriller nennen und nicht Police Procedural?
PF: Genau. Heck ist ein Charakter, der die Regeln sowieso eher großzügig auslegt. Er ist ein umgänglicher Polizist aber er kann auch schon mal handgreiflich werden. Hauptsächlich findet er Arbeit nach Protokoll absolut frustrierend, weshalb er auch fast immer dagegen verstößt, wenn er einen Job erledigt. Ich denke, man kann ihn am besten beschreiben als Polizist, der vor nichts Halt macht, um jemanden zu schnappen. Und das erfordert eben, die Regeln zu umgehen, ein bisschen herumzutricksen.
LS: Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Ihnen und Heck?
PF: Tja, diese Frage wurde mir schon häufig gestellt. Ich würde sagen, ich hoffe nicht. Ich meine, erst einmal ist er ein viel besserer Kriminalbeamter als ich es jemals war. Er löst seine Fälle, er handelt sehr instinktiv. Ich denke, er hat einige meiner persönlichen Eigenschaften. Er stammt aus dem Norden Englands, er ist unkompliziert, kann aber auch loslegen, wenn es sein muss. Was mich am meisten an ihm beeindrucken würde, wäre er eine reale Person, wäre seine Verbissenheit. Er würde niemals aufgeben. Er folgt jedem Hinweis und geht fast niemals nach Hause.
LS: Die Geschichte basiert auf einer ziemlich schrecklichen Vorstellung, nämlich, dass man für Geld Frauen kaufen und vergewaltigen kann.
PF: Das stimmt. Es ist ein ziemlich finsterer Gedanke. Eine der größten Herausforderungen in der heutigen Verbrechensbekämpfung in Großbritannien ist der Menschenhandel, insbesondere sexuelle Sklaverei. Vor 20 Jahren hat man davon kaum etwas gehört. Als ich damals bei der Polizei war, ist mir das niemals begegnet. Ich dachte, Sklaverei gehört der Vergangenheit an.
LS: Auf Ihrem Blog habe ich gelesen, dass es mit der Heck-Serie weitergehen wird. Und vor dem Interview haben Sie mir bereits erzählt, dass nun ein viertes Buch kommt.
PF: Das stimmt. Aktuell sieht es folgendermaßen aus: Das zweite Buch heißt „Sacrifice“ (dt. Titel Rattenfänger) und erscheint im Herbst in Deutschland. Das dritte Buch, „The Killing Club“ ist die fast direkte Fortsetzung von „Mädchenjäger“. „Mädchenjäger“ endet ja sozusagen mitten in der Story, aber wir wollten nicht geradewegs zum nächsten Fall übergehen, denn dann würden wir bereits die gesamte Heck-Story erzählen. Und ich fange gerade an, an dem vierten Buch zu arbeiten.
LS: In „Mädchenjäger“ bekommt Heck eine, wie ich finde, sehr interessante Gehilfin.
PF: Lauren Wraxford. Lauren ist eine ehemalige Soldatin mit Kampferfahrung. Sie ist eine Art inoffizielle Gehilfin, keine Polizistin. Sie kommt aus der Großstadt, ist gemischter Abstammung und in einem sehr armen Stadtteil von Leeds aufgewachsen, Chapel Town. In diesem Fall hat der Mann das Hirn und das Mädchen die Muskeln. Natürlich bleibt das nicht bis zum Ende so. Heck kann austeilen, wenn er will, aber Lauren teilt viel mehr aus als Heck.
LS: „Mädchenjäger“ war in Großbritannien sehr erfolgreich, es wurden mehr als 100.000 Exemplare verkauft. Haben Sie das erwartet?
PF: Nicht ganz. Als wir das Buch an Avon, eine Verlagsmarke von Harper Collins, verkauft hatten, wusste ich, dass die ihr Handwerk als Verleger verstehen. Dementsprechend habe ich nicht daran gezweifelt, dass wir ein paar Bücher verkaufen würden. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es so viele werden würden. Und wir verkaufen immer noch! Es ist alles ziemlich aufregend.
LS: Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.
PF: Danke, dass Sie den weiten Weg hier hergekommen sind, um mit mir zu sprechen!
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