Hanni Münzer über „Honigtot“
Was hat Sie dazu inspiriert, Ihren Roman „Honigot“ zu schreiben?
Die Idee zu einer Geschichte hat viele Wurzeln, sie wächst durch die eigenen Gedanken, Erlebnisse und Begegnungen, Gefühle und Emotionen. Durch die Erzählungen meiner Stiefoma habe ich mich sehr früh für die deutsche Vergangenheit interessiert. Darum stand für mich von Beginn an fest, dass meine Geschichte vor dem Hintergrund dieses unsäglichen 2. Weltkriegs spielen sollte. Denkt man an diesen Krieg, hat man sofort die Bilder von Tod und Zerstörung im Kopf: Bombenhagel, rollende Panzer, verwüstete Landstriche und Städte, vor allem aber auch Auschwitz mit seinen entsetzlichen Leichenbergen.
Diese Bilder wollte ich nicht heraufbeschwören. Ich wollte zeigen, was der Krieg mit den Seelen der Menschen macht, die das braune Regime damals zu unerwünschten Kreaturen erklärt hat. Wie diese Familien die Zeit erlebten, wie sie fühlten und litten und ums Überleben kämpften.
Welche Figur hat Sie in Ihrer Geschichte am meisten und welche am wenigstens bewegt?
„Honigtot“ lebt für mich von seinen starken Frauengestalten. Elisabeth, die wie eine Löwin um ihre Liebe und später um ihre Kinder kämpft, ihre leidenschaftliche Tochter Deborah, die, um ihren Bruder zu schützen, zu allem bereit ist, und ihre toughe Freundin Marlene, die Widerstandskämpferin. Sie alle bewegen mich und im Grunde befinde ich mich noch immer in der Zwiesprache mit meinen Protagonisten. Ich kann sie nicht loslassen. Denn sie stehen stellvertretend für all jene Frauen, die in der heutigen Zeit ebenso für ihre Liebe, ihre Familie und ihre Kinder kämpfen müssen. Es gibt zu viel Krieg auf dieser Welt. Noch immer.
Wie es Gustav, Elisabeths jüdischer Mann im Buch ausdrückt: „Die Erde könnte ein Paradies sein, wenn die Menschen es nur lernen würden, Frieden zu halten.“
Könnten Sie sich vorstellen, einen Roman nur aus der Sicht von Männern zu schreiben?
Nein, niemals. Aber ich könnte mir vorstellen, einen aus der Sicht von Gott zu schreiben. Der erste Satz würde lauten: „Seit ich die Menschen erschaffen habe, wundere ich mich, welcher Teufel mich damals geritten hat.“
Was lieben Sie und was hassen Sie am Schreiben?
Ich liebe alles am Schreiben. Und „hassen“ ist mir in dem Zusammenhang ein zu starkes Wort. Davon abgesehen bin ich sowieso chronisch harmoniesüchtig und Hass ist mir fremd. Tatsächlich fällt mir nichts ein, was ich nur ansatzweise nicht am Schreiben mag. Oh, halt! Da gibt es doch was: der Herr Duden. Der könnte mir manchmal schon den Buckel runterrutschen. Der mag mein Bayrisch nicht.
Gibt es zu Ihrem Schreiballtag einen Ausgleich?
1000 Dinge. Mein Mann, meine Familie, meine Freunde, der Hund, der Garten, der Sport. Die anderen 994 bleiben mein Geheimnis.
Von welchem Autor (welchen Autoren) dürfen Sie kein neues Buch verpassen?
Ach, da gibt es unzählige. Am liebsten würde ich Tag und Nacht lesen. Ich liebe einige Autoren, die leider schon verstorben sind, wie J. R. R. Tolkien. Er hat im 1. Weltkrieg als Soldat das Gemetzel an der Somme mitgemacht und seine Erlebnisse in der Ring-Trilogie verarbeitet. Ich bewundere auch Richard Adams. Sein „Watership down“ ist magisch. Adams engagiert sich stark für den Tierschutz. Tiere sind ebenso Gottesgeschöpfe und ich finde, eine Gesellschaft sollte sich auch daran messen lassen, wie sie mit seinen Tieren und der Natur umgeht. Ansonsten lese ich sehr bunt. Viele Biographien von Zeitzeugen wie die von Egon Hanfstängl oder Hannah Arendt. Bestens unterhalten fühle ich mich durch Diana Gabaldon, Yo Yo Moyes, Guillaume Musso. Hape Kerkeling lese ich immer, er ist so herrlich lebensnah und ehrlich. Gisa Klönnes„Das Lied der Stare nach dem Frost“ ist ebenfalls wunderschön. Gerade habe ich Bettina Tietjens„Unter Tränen gelacht“ beendet. Ein sehr bewegendes Buch.
Wer ist Ihr größtes Vorbild?
Ich habe kein bestimmtes Vorbild. Es gibt viele besondere Menschen, die sich für Mensch, Tier und Umwelt einsetzen. Wer mich in letzter Zeit jedoch sehr beeindruckt hat, das sind die vielen freiwilligen Helfer, die u.a. nach Liberia gegangen sind, um gegen Ebola zu kämpfen. Das geschah nicht nur unter Einsatz ihres Lebens, sondern auch mit dem Risiko, an einer unsagbaren schmerzhaften Seuche zugrundezugehen. Meine Bewunderung gilt auch den vielen Kranken- und Altenpflegern. Sie leisten Großartiges. Es ist eine schwere, psychisch belastende Arbeit, und sie werden dafür grauenhaft unterbezahlt.
Wer ist Ihr größter Kritiker?
Mein Mann natürlich.
Vielen Dank für dieses Interview, Frau Münzer!
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