Sebastien, vielen Dank für das Interview.
Ist mir ein Vergnügen. Ich freue mich, dass „Blutrecht“ bei Piper in Deutschland erscheint und ich bin gespannt, ob es den deutschen Lesern gefallen wird.
Kannst du uns ein wenig über dich und wie du Schriftsteller geworden bist erzählen?
Als ich 15 Jahre alt war, las ich das Buch „Bard“ [Barde] von Keith Taylor und dachte, das klingt nach meinem Traumjob: reisen, unterhalten, Geschichten erzählen und zwischendurch mal das Schwert schwingen. Da eine solche Stelle aber nirgends angeboten wurde, hab ich alles Mögliche versucht – von Touren mit einer Rock Band über Bücher Schreiben bis hin zu Schwertkämpfe für das Theater Choreografieren. Autor zu werden war nur ein weiterer und natürlicher Schritt auf meiner Suche, wie ich die Wunder der Welt als Geschichten verpacken und und mit anderen teilen kann.
Hatten oder haben deine verschiedenen Joberfahrungen Einfluss auf dein Schreiben?
Ich glaube, dass sich, wie bei den meisten Schriftstellern, jede Erfahrung im Schreiben widerspiegelt. Durch meinen Abschluss in Archäologie bin ich darauf gekommen, wie ich Falcios Geschichte in „Blutrecht“ aufdecke: indem die Gegenwart von kleinen Beweisstücken seiner Vergangenheit durchzogen ist. Die Kampfszenen im Roman sind teilweise von meinen Erfahrungen als Schwertkampf-Choreograf für das Theater inspiriert. Diese Jobs haben mich gelehrt, dass jeder Kampf eine eigene Geschichte erzählt und jeder Moment im Kampf speziell auf die Kämpfer zugeschnitten sein muss, wie es auch bei einem Dialog der Fall ist.
Die Idee für die Mäntel der Krieger kam von einem tatsächlichen „Greatcoat“ [ein warmer Herrenmantel im Uniformstil], den mir mein Bruder einmal gekauft hatte. Während meiner Zeit als Schauspieler trug ich den Mantel ständig, denn – egal wie kalt es war oder wie lange ich warten musste – ich konnte alles, was ich brauchte, bei mir tragen und mir war immer warm. Leider hatte meiner weder geheime Knochenplatten, um mich vor Schwertangriffen zu schützen, noch die die Spezialausrüstung, auf die meine Charaktere in „Blutrecht“ so gerne zurückgreifen.
Dein Debüt „Blutrecht“ wird in den USA, Großbritannien, Kanada und Deutschland veröffentlicht. Wie fühlt sich das an?
Es ist aufregend, dass das Buch in mehreren Ländern erscheint und die Reaktionen von Leuten mit verschiedenen kulturellen Hintergründen zu hören. Außerdem ist es toll, Schriftsteller zu sein – du erzählst Geschichten und verdienst damit deinen Lebensunterhalt. Es ist aber auch eine nie endende Herausforderung, weil du für jedes Kapitel 120% geben musst.
Was die Verlagsindustrie betrifft, habe ich unglaubliches Glück. Jeder, mit dem ich bisher zusammen gearbeitet habe, ist toll. Meine Agentin, Heather Fischer, unterstützt mich mit vollem Einsatz. Jo Fletcher ist eine der besten Lektoren. Sie findet in einem Manuskript jede einzelne Passage, die bearbeitet oder ausgefeilt werden muss. Meine Lektorin in Kanada, Adrienne Kerr, ist eine Person, mit der ich immer reden kann, die das Business kennt und die jede Frage mit bemerkenswerter Offenheit beantwortet. Ich könnte immer so weiter machen. Es gibt Leute, dich ich nie persönlich kennengelernt habe, die aber dazu beitragen, mein Buch zu verbessern. Die Namen der Personen, die das deutsche Cover entworfen haben (es ist auch die Basis für das Cover in Großbritannien), kenne ich gar nicht, aber sie haben ein wundervolles, ansprechendes Design kreiert. Neulich war ich in New York und habe mich mit einigen Vertretern, die mit den Buchhändlern in den USA zusammenarbeiten, getroffen. Ich habe irgendwie erwartet, dass sie desinteressiert sein würden, da ich ein No-Name-Autor bin und deren Arbeit nur erschwere. Aber sie waren unglaublich unterstützend und enthusiastisch (und sie haben tatsächlich mein Buch gelesen!). Ich sage diese Dinge nicht, weil sie von mir erwartet werden. Ich bin mir sicher, dass es auch eine Menge Arschlöcher in der Verlagswelt gibt. Ich bin nur noch keinem begegnet.
Warum hast du dich dafür entschieden, Fantasy Romane zu schreiben?
Man hört die Leute öfter sagen, dass Fantasy eine Flucht ist. Aber ich genieße am meisten an dem Genre, dass man manchmal ein Buch findet, dass das Gefühl von Wunder – von Zauber – in das Leben zurückbringt. Fantasy kann einen verzaubern, im wahrsten Sinne des Wortes, und das ist auch das Ziel meiner Bücher.
Kannst du die Handlung von „Blutrecht“in ein paar Sätzen zusammenfassen?
So beschreibe ich normalerweise „Blutrecht“:
Der König ist tot. Die Greatcoats, einst Friedensrichter des Landes, wurden verbannt und Falcio Val Mond und seine Gefährten Kest und Brasti arbeiten nunmehr als Leibwächter. Aber die Dinge könnten schlimmer sein. Ihr Arbeitgeber könnte tot am Boden liegen während der Mörder alle Beweise so manipuliert, dass sie belastet werden. Oh, Moment, genau das passiert gerade …
In der korruptesten Stadt der Welt geht eine Verschwörung vor sich. Eine sorgfältig geplante Mordserie, beginnend mit dem Sturz eines jungen idealistischen Königs und endend mit dem Tod eines Waisenkindes, gefährdet alles, für das Falcio, Kest und Brasti je gekämpft haben. Um die Verschwörung zu vereiteln, das Kind zu retten und die Greatcoats zu vereinen, bleibt dem Trio nichts außer ihren zerlumpten Mänteln und Schwertern. In Zeiten, in denen jeder Adlige ein Tyrann und jeder Ritter ein Verbrecher ist, kann man nur auf die Klinge eines Verräters vertrauen.
Für mich ist „Blutrecht“ ein verwegener Abenteuerroman, der sich die Frage: Was soll man tun, wenn man sein ganzes Leben versucht hat, das Richtige zu tun und dann entdeckt, dass das Richtige nicht mehr funktioniert?
Erzähl' uns etwas über deine Greatcoats. Was macht sie besonders und was unterscheidet sie von den klassischen Fantasy-Helden?
Die klassischen Fantasy-Helden, mit denen ich aufgewachsen bin, folgen einer Suche oder einer Prophezeiung. Da ist dann meistens ein Buch oder ein Mentor, der ihnen sagt, was sie als nächstes tun sollen, während moderne Dark-Fantasy-Helden für sich selbst kämpfen und entscheiden. Die Greatcoats können das nicht. Sie sind ausgebildete Friedensrichter, aber ihre Werte, wie z.B. Gerechtigkeit und Ehre, scheinen nicht mehr zu zählen. Außerdem hat der König den Greatcoats vor seinem Tod eine letzte Mission aufgetragen hat, allerdings ohne genaue Anweisungen. Diese konstante Ungewissheit von Richtig und Falsch ist es, die mich als Schriftsteller so fesselt.
Was hat dich beeinflusst, eine Geschichte über gefallende Helden zu schreiben?
Als ich ein Kind war, hatte man noch seine persönlichen Helden, denen man nachgeeifert hat. Heute vergöttern wir Stars. Wir geben unser Geld für sie aus und warten darauf, dass sie scheitern. Dieser Zynismus hat seinen Preis. Idealistische Personen wollen keine Politiker werden und der einfachste Weg, eine Gefolgschaft aufzubauen, ist andere Leute als Lügner oder Heuchler zu beschimpfen. Also warum schreibe ich über gefallene Helden? Es sind die einzigen, die wir noch haben.
Der Kampf der Greatcoats wird vier Bände umfassen. Weißt du schon, wie sich die Geschichte in den Folgebänden entwickelt oder lässt du dich von deiner Geschichte selbst überraschen? Wie läuft dein Schreibprozess ab?
Das zweite Buch ist fertig und bei meinem britischen Verleger. Der Titel lautet »Hochverrat« und es wird noch düsterer und gefährlicher als in „Blutrecht“. Falcio muss seine idealistischen Erinnerungen an König Paelis in Frage stellen, Kest muss den Preis dafür zahlen, dass er der beste Schwertkämpfer der Welt sein will und Brasti wird merken, dass es nicht immer reicht, den charmanten Gauner zu spielen.
Alle Abenteuer und Katastrophen in den Romanen führen letztlich immer wieder zu der einen, zentrale Frage: Was waren die wahren Absichten des Königs und sein Plan mit den Greatcoats? In jedem Buch decken Falcio und neue Teile des Puzzles auf. Dabei ist jedes Buch der Reihe in sich abgeschlossen. Ich möchte in jedem Band einen zufriedenstellenden Abschluss bieten, keinen einfachen Cliffhanger und hoffe, dass es meinen Lesern gefällt.
Was den Schreibprozess angeht, verbringe ich viel Zeit damit, Teile des Buchs in meinem Kopf entstehen zu lassen. Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Szene zu den Charakteren und dem Leitfaden des Buchs passt, wird sie ein Schlüsselelement der Geschichte. Ich lasse dann andere Ereignisse und Charaktere darum herum entstehen, bis ich ein stabiles Gerüst habe, dass sich stark und vollständig anfühlt. Oft schreibe ich den ersten Entwurf recht schnell – zwinge mich, alles zügig niederzuschreiben, damit keine Zeit bleibt, nochmal darüber nachzudenken. Dann bearbeite ich es meist mehrmals, bis die Geschichte sich richtig für mich und emotional befriedigend für den Leser anfühlt.
Was sind deine zukünftigen Projekte?
Ich habe gerade das zweite Buch der „Greatcoats“-Reihe abgeliefert und entwerfe gerade den Plot für das dritte. Außerdem habe ich das erste Buch einer neuen Serie mit den Namen „Spellsinger“ fertig gestellt – eine Art “Fantasywestern noir” über einen vom Glück verlassenen Magier und den erpresserischen Dieb und Gelegenheitsmörder, der sein Geschäftspartner ist (und außerdem ein Waschbär). Der Roman ist actiongeladen und überraschend düster, was mir beim Schreiben sehr viel Spaß gemacht hat.
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