Frage: Wie kamen Sie auf die Idee für „Träum was Böses“?
Der Gedanke kam mir zum ersten Mal, als ich mit meinem Sohn schwanger war. Ich wollte einen Roman schreiben, in dem es darum ging Geheimnisse zu bewahren, hatte aber noch gar keine Ahnung, wer sie bewahren würde und wie genau die Geheimnisse aussehen sollten. Dann, eines Tages, als ich vom Supermarkt nach Hause ging – oder besser wie eine Ente watschelte, mit meinen schweren Tüten -, da tauchten plötzlich die ersten drei Zeilen vor meinem geistigen Auge auf:
„Koma. Das Wort selbst klingt so harmlos, beinahe tröstlich, wie es dieses märchenhafte Bild vom traumlosen Schlaf heraufbeschwört.“
Ich konnte Susans Stimme klar und deutlich hören, und ich sah in ihr sofort die Mutter eines Mädchens im Teenageralter, das vor einen Bus gelaufen war. Ich wiederholte diese drei Zeilen in einer Art Dauerschleife auf dem gesamten Weg nach Hause, um sie bloß nicht zu vergessen, und dann schrieb ich sie hektisch auf. Ich schrieb und schrieb, und keine zwei Stunden später war das erste Kapitel fertig.
Nach der Geburt meines Sohnes arbeitete ich für einige Monate erst mal nicht mehr an dem Roman. Als frisch gebackene Mum in einer neuen Stadt – und mit einem unglaublichen Schlafdefizit – fühlte ich mich sehr überfordert. Irgendwann vermisste ich das Schreiben, also setzte ich mich während der Schlafenszeiten meines Sohnes an den Schreibtisch und begann, die Handlung der Geschichte auszuarbeiten. Die erste Fassung stand nach fünf Monaten.
Inwieweit hat Ihre eigene Geschichte Sie zu dem Roman inspiriert?
Genau wie die Hauptfigur Susan befand ich mich während einer früheren Phase meines Lebens in einer missbrauchenden Beziehung. Anders als bei Susan handelte es sich nicht um gewalttätige oder sexuelle Übergriffe, sondern um Psychoterror. Die Beziehung dauerte vier Jahre, und sie hat mich als Mensch verändert. Ich habe sehr lange gebraucht, um den Mut aufzubringen, sie zu beenden, und noch viel länger, um sie zu verarbeiten.
Als mein Sohn auf die Welt kam, war ich überwältigt von meinem starken Beschützerinstinkt. Ich schlief kaum noch, aus Angst, nachts könnte ihm etwas zustoßen, und tagsüber bewachte ich ihn mit Argusaugen. Während ich an der Handlung von „Träum was Böses“ arbeitete, fragte ich mich, wie ich wohl reagieren würde, sollte mein Sohn durch etwas in Gefahr geraten, was nichts mit plötzlichem Kindstod, Ersticken oder Stürzen oder einer der normalen Gefahrensituationen zu tun hätte. Was wäre, wenn es da eine Person gäbe, die ihm etwas antun will? Ich habe niemals wirklich geglaubt, so etwas könnte real werden, dennoch übertrug ich meine Ängste auf Susan, die ja sehr viel schrecklichere Dinge durchleben musste als ich.
Warum verwendeten Sie neben dem Haupterzählstrang der Handlung zusätzlich Susans Tagebucheinträge?
Ich fand es einfach wichtig, dass der Leser versteht, warum Susan so ist, wie sie nun mal ist. Sie ist aufgeregt, neurotisch und paranoid, und ohne die Tagebucheinträge wäre es schwer geworden, Sympathie für sie zu entwickeln. Im Laufe des Romans macht Susan Veränderungen durch, von stabil zu kaputt und wieder stabil und ich dachte, der Leser müsse – über ihre Tagebucheinträge –einfach erfahren, wie kaputt sie mal gewesen war. Die beiden Handlungsstränge spitzen sich parallel zu, und ich hoffe, die Höhepunkte überzeugen den Leser genauso wie mich.
Ihre Hauptfigur, Susan, ist eine sehr „unzuverlässige Erzählerin“. Fiel es Ihnen schwer, diese Figur niederzuschreiben?
Eigentlich nicht. Sobald ich Susans Stimme im Ohr hatte, sprudelten die Worte nur so aus mir heraus. Abgesehen davon gab es natürlich Phasen – wenn sie verbal um sich schlug und dabei Menschen verletzte, die es nicht verdient hatten -, in denen ich sie schütteln und ihr sagen wollte, dass sie ihnen vertrauen müsse, aber ich konnte zu hundert Prozent nachvollziehen, warum sie sich genau so verhielt und warum es so wichtig war, dass sie auf ihre Art herausfindet, was Charlotte zugestoßen war.
Am Anfang des Romans sagt Susan, sie fühle sich, als würde sie durch ihr eigenes Leben schlafwandeln, wohingegen sie am Ende die Verantwortung für sich und ihr Leben wieder voll und ganz übernimmt. Das so zu schreiben, war unglaublich befriedigend.
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