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Steinroller (Steinzeit-Krimis 1)

Steinroller (Steinzeit-Krimis 1) - eBook-Ausgabe

Martin Lassberg
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Der Steinzeit-Kommissar

„Ebenso amüsant wie spannend.“ - Lingener Tagespost

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Steinroller (Steinzeit-Krimis 1) — Inhalt

Ein ziemlich platt gedrückter Mensch liegt im Gras. Zertreten von einem Mammut? Sieht nicht so aus. Ermordet? Schon eher. Der erste Fall für den jungen Kommissar Steinroller hat es in sich. Zum Glück hat ihn irgendein Darwinistischer Zufall mit ziemlich viel Grips ausgestattet. In einer Welt, in der Konflikte immer noch mit der Keule ausgetragen werden, eher ein Problem. Aber nützlich, wenn man eine Frau liebt, die Intelligenz erotisch findet. Und wenn man herausfinden will, wer den eigenen Stamm bedroht. Auf der Jagd nach dem Täter macht Kommissar Steinroller seinem Namen alle Ehre und vollbringt nebenbei eine historische Tat: die Aufklärung des ersten Mordfalls der Menschheitsgeschichte.

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 02.05.2016
240 Seiten
EAN 978-3-492-97338-0
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Leseprobe zu „Steinroller (Steinzeit-Krimis 1)“

Wenn ein nackter toter Jäger, den man im Sumpfgras findet, ganz fürchterlich zerquetscht aussieht, ist meistens nur ein wütendes Mammut über ihn hinweggetrampelt. Vor allem kam das bei Neumond vor, wenn man das Mammut nicht rechtzeitig kommen sah.

Da in der Nacht zuvor aber Vollmond gewesen war und der junge Jäger vom Kopf bis zu den Zehenspitzen seltsam hässlich aufgeplatzt dalag, obwohl nicht ein einziger Mammutabdruck zu sehen war, wurde Steinroller skeptisch.

Er kroch aus der gegenüberliegenden Höhle, wo er wieder an seinen Wandbildern gemalt hatte, [...]

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Wenn ein nackter toter Jäger, den man im Sumpfgras findet, ganz fürchterlich zerquetscht aussieht, ist meistens nur ein wütendes Mammut über ihn hinweggetrampelt. Vor allem kam das bei Neumond vor, wenn man das Mammut nicht rechtzeitig kommen sah.

Da in der Nacht zuvor aber Vollmond gewesen war und der junge Jäger vom Kopf bis zu den Zehenspitzen seltsam hässlich aufgeplatzt dalag, obwohl nicht ein einziger Mammutabdruck zu sehen war, wurde Steinroller skeptisch.

Er kroch aus der gegenüberliegenden Höhle, wo er wieder an seinen Wandbildern gemalt hatte, wischte sich die Ockerfarbe von den Fingern und schlich durch die hüfthohen Gräser und Farne zu dem Toten hinüber.

Er sah es schon von Weitem. Die Leiche war Taamu, sein älterer Vetter, der beste Höhlenbärjäger der Sippe. Steinroller war mit ihm aufgewachsen und hatte ihn immer für seinen Mut bewundert. Taamu hatte zwar leider schon von Natur aus einen ziemlich flachen Schädel, nur noch ein Ohr und jede Menge Narben, weil das Höhlenbärfangen kein Honigschlecken war, aber so platt hatte man sein Gesicht noch nie gesehen. Auch sein lebloser Körper war nur noch eine Hand breit hoch, als wäre ein Hartholzbaum auf ihn gefallen. Doch Hartholzbäume gab es in der ganzen Gegend nicht.

Steinroller – der eigentlich Kamu hieß, aber keiner nannte ihn so – schob sich die Haare aus dem Gesicht, hob kritisch die dicken Augenbrauen, schnupperte eine Weile intensiv über dem Toten und sog durch seine großen Nasenlöcher die warme Luft ein. Die Leiche roch nur ein kleines bisschen nach Blut. Kein Wunder, denn das war offenbar schon lange geronnen. Nur die Gedärme stanken. Und auch sonst war einiges auffallend. Der Umhang aus Wolfsfell, den sein Vetter immer trug, war nirgendwo zu sehen. Auf seiner haarigen Brust lag auch nicht der Lederbeutel mit dem Feuerstein, den Taamu wie jeder in der Sippe immer um den Hals tragen musste. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Er war plötzlich sicher, dass Taamu heimtückisch ermordet worden war. Heimtückisch bedeutete in seiner Sippe, dass sich sein Mörder nicht zu der Tat bekennen wollte. Und so etwas hatte es seit Generationen nicht gegeben.

Natürlich kam es immer wieder vor, dass ein Jäger einen anderen im Streit erschlug. Normalerweise nahm man einen großen Stein in die Hand und brachte die Auseinandersetzung ordentlich zu Ende. Waffen waren dabei tabu, denn der Speer oder das Steinmesser sollten nur mit den Tieren des Waldes in Berührung kommen. Ein eingeschlagener Schädel dagegen war immer eine saubere Sache. Höflicherweise fütterte der Überlebende dann noch einen Winter lang die Frau und die Kinder des Getöteten durch, aber auch nicht viel länger, denn die Frau konnte sich ja leicht wieder einen anderen Jäger zur Paarung suchen.

Nachdenklich kehrte Steinroller ins Lager zurück.

Traurigkeit stieg in ihm hoch. Gleichzeitig beschwor der große Schmerz, Taamu verloren zu haben, etwas Kämpferisches in ihm herauf.

Seine haarige Verwandtschaft saß am Feuer und lutschte von den Frauen zubereitete Biberknochen aus. Stumm und eilig ging er durch den Matsch an ihnen vorbei, erleichtert darüber, dass sie ihn nicht weiter beachteten. Wegen seiner Höhlenmalerei hielten sie ihn ohnehin nicht für normal, und er genoss in gewisser Weise Narrenfreiheit. Wirklichen Respekt hatte er sich nur einmal erworben, als er der Beste im Steinerollen geworden war, mit einer strategischen Bestleistung, die bisher keiner der Kraftprotze da draußen übertroffen hatte.

Nur Weichhaar schaute vom Feuer lächelnd zu ihm herüber. Sie war gerade dabei, einige der Biberknochen mit einem Stein zu zertrümmern, um spitze Nadeln daraus zu gewinnen. Sie hatte die Methode selbst erfunden. Steinroller bewunderte sie dafür. Sie war anders als die anderen, und das gefiel ihm. Er lächelte zurück.

Der Alte saß wegen seines Rheumas mit dem Rücken an einem großen wärmenden Stein, den man vorher für ihn im Feuer erhitzt hatte. Als Ältester und Anführer der Sippe konnte er sich solche Extrawünsche leisten.

„Na, Schmierfink. Schwänzt du wieder das Biberessen ?“

„Ich habe eine Entdeckung gemacht, die ich dir mitteilen möchte.“

Felsschmetterer, wie sein Vater für alle nur hieß, knurrte düster und forderte seinen Sohn mit einer unwilligen Geste auf, zu sprechen. Seine große, scharfkantige Steinkeule lehnte jederzeit griffbereit hinter ihm am heißen Stein.

Steinroller setzte sich auf den harten Boden und begann zu schildern, wie er Taamu gefunden und was er sonst noch an dem Toten beobachtet hatte.

Sein Vater verzog keine Miene, während er seine erste Frage stellte. Er war zwar klein, aber trotzdem breitschultrig und muskulös wie ein Wisent, so wie auch sein bärtiges Gesicht und die langen Haare zu einem zerzausten Rind passten.

„Was heißt das – es war kein Blut im Gras ?“

„Was immer ihn auch plattgemacht hat – es ist nicht da geschehen, wo er lag. Sonst müsste ja alles voller Blut gewesen sein. Und Mammutabdrücke.“

„Du Schlauberger. Vielleicht ist er irgendwo anders unter ein Mammut geraten und konnte dann noch bis zum Sumpf laufen.“

„Der konnte nicht mal mehr kriechen.“

Felsschmetterer knurrte. „Warum sollte mich das kümmern ? Es gibt noch andere gute Bärenjäger bei uns.“

„Ist dir auch egal, dass sein Beutel mit dem Feuerstein fehlt ?“, fragte Steinroller und fügte listig hinzu: „Ich weiß nämlich auch, dass nicht nur ein Feuerstein darin eingewickelt war.“

„Was ?“ Der Alte schien plötzlich alarmiert und beugte sich vor. „Woher weißt du das ?“

„Von Taamu selbst. Du hast ihm einen weißen Stein gegeben, der Zauberkraft gegen die Bären haben soll.“

„Wie konnte er ein solches Geheimnis verraten ?“, schnaubte Felsschmetterer und sah seinen Sohn wütend an.

Steinroller hielt dem Blick stand. „Weil er stolz darauf war. Und deshalb glaube ich auch, dass jemand ihn umgebracht hat, weil er den Zauber selbst haben wollte. Aber was hat Taamu nur so furchtbar entstellt, frage ich mich ? Ich habe derart Brutales noch nie gesehen.“ Er machte eine Pause und fragte dann: „Willst du den Toten sehen ?“

„Lieber nicht“, sagte Felsschmetterer. „Ich vertraue dir voll und ganz.“

Er dachte einen Augenblick nach. Als er weitersprach, wirkte er plötzlich sachlicher. Wie alle Sippenführer vermochte er sich jederzeit auf neue Situationen einzustellen.

„Also gut … Wenn es wirklich Mord wäre, dann … So was kann ich momentan gar nicht brauchen. Wir sind sowieso nur noch so wenige und vermehren uns nicht genug. Ich will nicht, dass wir irgendwann aussterben. Du zum Beispiel hast ja nicht mal eine Frau.“

Steinroller wehrte sich sofort.

„Ich habe schon einige ausprobiert, aber auf Dauer wollen sie alle nur einen Jäger.“

Er hatte sich schon oft mit den Mädchen der Sippe gepaart, aber allein schon die plumpe Bereitwilligkeit, mit der sie beim Wolfssprung grunzend ihre Fellschurze zur Seite schoben und sich im Gehölz vor ihm hinknieten, machte ihn unzufrieden. Das konnte doch nicht alles sein. Außerdem endete jede Paarung damit, dass die Mädchen ihn anschließend zu überreden versuchten, doch mit den anderen zur Jagd zu gehen. Es war immer dasselbe.

„Kannst du ihnen das verdenken ? Wer braucht schon einen Höhlenmaler ?“, antwortete sein Vater höhnisch. „Sie wollen Fleisch.“

Steinroller war traurig darüber, dass ihm niemand Bewunderung dafür schenken wollte, was er Tag für Tag an den Wänden der Höhle schuf. Er hatte sich vor einiger Zeit entscheiden müssen – mit den anderen zur Jagd gehen oder Kunst schaffen. Die Entscheidung war ihm leichtgefallen.

„Ich weiß, dass du ein kluger Kopf bist, Sohn“, lenkte sein Vater ein. „Aber nennen wir die Sache ruhig beim Namen. Zum Rentierjagen bist du zu unsportlich, und dein Schwanz ist auch nicht gerade der längste. Du könntest also nie mein Nachfolger werden. Warum versuchst du nicht rauszukriegen, woran Taamu gestorben ist, wenn das wirklich so geheimnisvoll ist, wie du sagst ?“

Steinrollers Herz machte einen Sprung. Das würde ihm gefallen, weil es etwas Sinnvolles war. Und eine intellektuelle Herausforderung für sein schon ziemlich großes Steinzeitgehirn.

„Du meinst, ich darf den Mord selbstständig aufklären ?“

„Schnüffel ein bisschen in der Gegend rum und frag dich durch. Ich mag nicht, wenn meine Mannschaft plattgemacht wird. “

„Gut. Habe ich auch einen offiziellen Titel ? Den werde ich brauchen, wenn ich an den Lagerfeuern die Leute befrage. Ich habe keine Lust, dass mir die Jäger einen überziehen, nur weil sie mich für zu neugierig halten.“

„Ich ernenne dich zum Besserwisser“, sagte sein Vater. „Davor haben alle Respekt. Außerdem schenke ich dir eine Frau, damit auch dieses Thema endlich erledigt ist und du standesgemäß loslegen kannst.“

Steinroller hatte geahnt, dass noch irgendein saurer Apfel vor seine Füße fallen würde.

„An wen hast du gedacht ?“, fragte er vorsichtig.

„Du kriegst Weichhaar. Die ist hübsch, aber leider auch schlau. Ich weiß nicht, was wir sonst mit ihr machen sollten.“

Für Steinroller war das eine gute Nachricht. Weichhaar und er mochten sich, weil sie beide als Außenseiter galten. Weichhaar hatte nicht nur weiche, sondern vor allem leicht gekringelte braune Haare, was relativ selten war, denn die meisten seiner Sippe waren blond oder schwarz mit filzigen Strähnen. Sie war etwa so alt wie er. Und sie fiel bei den anderen immer wieder unangenehm auf, weil sie jeden Tag im Fluss badete und kein bisschen stank.

Bevor sein Vater es sich anders überlegen konnte, sagte Steinroller: „Einverstanden. Ich nehme sie.“ Dann fiel ihm noch etwas ein. „Außerdem brauche ich noch einen persönlichen Helfer, der mir zur Verfügung steht.“

„Der beste Helfer ist zwar meiner Meinung nach eine hübsche große Keule, aber meinetwegen … Nimm dir Otterfang dazu, der ist groß und stark.“

Das war keine schlechte Idee, auch wenn Steinroller nicht mochte, dass sein Vater die Notwendigkeit einer funktionierenden Exekutive in seiner Sippe nicht begriff und so grob daherredete. Immerhin war der Flussfischer Puku Otterfang ein grundanständiger Kerl, ein Hüne, der am liebsten Frösche verschlang, aber auch ein gutes Herz hatte. Wegen seiner Größe hatten die meisten Angst vor ihm. Außerdem besaß er die besten Augen von allen und war ein brillanter Spurenleser.

„Dann wäre ich jetzt komplett“, sagte Steinroller zufrieden.

Sein Vater griff nach einem Lederbeutel, in dem sich Wasser befand, und schüttete sich den gesamten Inhalt mit Schwung in den Mund. Seine Barthaare tropften, während er schluckte. Als er mit dem Trinken fertig war, sagte er: „Gut. Wie wär’s, wenn du dich jetzt erst mal um Weichhaar kümmerst ? Sag Otterfang, er soll euch die Höhle am Wald herrichten. Ich will, dass Weichhaar so schnell wie möglich Junge kriegt.“

„Ich gebe mein Bestes“, versprach Steinroller. Doch in Wirklichkeit war er fest entschlossen, sich sogleich wieder dem Toten zuzuwenden. Hier mussten noch jede Menge Spuren gesichert werden.

So viel war klar: Mit seiner neuen Tätigkeit würde jetzt viel Arbeit auf ihn zukommen. Plötzlich gefiel ihm nicht mehr, dass er nur den Titel eines Besserwissers haben sollte. Was war das schon, ein Besserwisser ? Jeder Steinaxt-Hauer kam sich ebenfalls als Besserwisser vor.

Sprachbegabt wie er war, dachte er sich schnell eine wohlklingende Bezeichnung aus. Es war die eindrucksvolle Kombination von zwei doppelten Konsonanten, die ihm spontan gefiel und die immer Eindruck machte.

Er wandte sich noch einmal selbstbewusst an seinen Vater.

„Könnte ich nicht auch Kommissar heißen ?“, fragte er forsch. „Das klingt mehr nach Obrigkeit …“ Er verbesserte sich. „Nach deiner allgegenwärtigen Macht, meine ich.“

„Was du nur immer für Worte erfindest …“, sagte sein Vater, nicht ohne Bewunderung in der Stimme. Dann dachte er kurz nach. „Aber du könntest recht haben. ›Kommissar Steinroller‹ – da denkt man doch gleich viel mehr an einen Mann von Bedeutung und Klugheit.“

„Während Otterfang Assistent heißen könnte“, setzte Steinroller nach.

„Auch das“, sagte sein Vater, der Sache bereits überdrüssig.

„Danke“, sagte Steinroller. „Dann werde ich jetzt mal anfangen.“

Martin Lassberg

Über Martin Lassberg

Biografie

Martin Lassberg lebt im Inntal und ist als Journalist leidenschaftlicher Sammler und Jäger von außergewöhnlichen Geschichten. Auf seinen zahlreichen Reisen hat der promovierte Literaturwissenschaftler immer wieder den Ursprüngen der Menschheit und der alten Kulturen nachgeforscht. Einmal im Jahr...

Pressestimmen
Lingener Tagespost

„Ebenso amüsant wie spannend.“

OÖ Nachrichten

„Lässige Urlaubslektüre“

General-Anzeiger

„Herrlich schräg, herrlich lesenswert.“

WDR 5

„In seinem locker und leicht geschriebenen Roman mixt Lassberg einen anregenden Cocktail zusammen aus Zutaten aus verschiedenen Welten.“

BÜCHER Magazin

„›Steinroller‹ ist eine der Überraschungen des Sommers. Keine Frage: Das Debüt schreit nach einer zweiten Reise in die Steinzeit.“

Die Presse am Sonntag (A)

„Wächst einem dank des liebenswürdigen Personals und Lassbergs verschmitzten Bemerkungen über die Menschheit an sich ans Herz.“

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