Bist du noch wach?
„Rank fängt ihre Leser auf, mit einer Sprache, die zugleich feinfühlig und bildgewaltig ist.“ - ZEIT Magazin
Bist du noch wach? — Inhalt
Mit wem soll man darüber reden, dass es niemanden mehr gibt, mit dem man über alles reden kann? Rea und Konrad sind Mitbewohner – und die allerbesten Freunde. Doch je näher Reas 30. Geburtstag rückt, desto deutlicher spürt sie ihre Unzufriedenheit: Sie hat das Gefühl, alle Clubs gesehen, alle Erfahrungen gemacht und alle wilden, schönen Sonnenuntergänge erlebt zu haben. Permanent muss sie sich hinterfragen: Kommt jetzt der nächste Schritt? Was hat ihr die Stadt noch zu bieten? Konrad scheint seinen Weg bereits geplant zu haben: ohne Rea. Und er hat plötzlich eine Freundin; die erste in all den Jahren. Rea erträgt die neuen Schritte in der Wohnung nicht, die neuen Geräusche. Also flüchtet sie in die Sorglosigkeit eines Urlaubs – nur, um dort die Verfahrenheit ihrer Lage noch deutlicher zu spüren. Freunde: sie sind die Familie, die wir uns selbst aussuchen. Ihnen vertrauen wir oft mehr an als jedem anderen. Aber wie stabil sind unsere Wahlverwandtschaften? Elisabeth Rank schreibt nicht über den großen Streit, sondern über eine langsame Entwöhnung, ein Sich-Auseinanderleben mit dem eigenen Lebensplan.
Leseprobe zu „Bist du noch wach?“
Ich wache auf und es ist kalt, so kalt, dass ich Gänsehaut
auf dem Kopf bekomme und Haare spüre, dort, wo sonst
keine Haare wachsen, Haare wie Nadeln nach innen und
außen. Ich habe große Steine im Rücken und kleine stecken
in der Elefantenhaut an den Ellbogen, und außerdem
habe ich Durst. Mein ganzer Körper ist eingeschlafen und
wacht gerade wieder auf, mein Blut rast durch jeden Zentimeter
meines Körpers, und ich kann jede Kurve hören, die
es macht, jeden Knochen, an dem es vorbeifährt. Ich setze
mich auf und bemerke ganz feine Risse an den Gelenken
meiner [...]
Ich wache auf und es ist kalt, so kalt, dass ich Gänsehaut
auf dem Kopf bekomme und Haare spüre, dort, wo sonst
keine Haare wachsen, Haare wie Nadeln nach innen und
außen. Ich habe große Steine im Rücken und kleine stecken
in der Elefantenhaut an den Ellbogen, und außerdem
habe ich Durst. Mein ganzer Körper ist eingeschlafen und
wacht gerade wieder auf, mein Blut rast durch jeden Zentimeter
meines Körpers, und ich kann jede Kurve hören, die
es macht, jeden Knochen, an dem es vorbeifährt. Ich setze
mich auf und bemerke ganz feine Risse an den Gelenken
meiner Finger, winzige Kiesel auch dort, wo die Lebenslinie
beginnt, in meinem Kopf wummert es, und die Gegenwart
aus französischen Pinien vermischt sich mit den lauten,
bunten Träumen der letzten Minuten. Der letzten Stunden?
Hier ist sonst niemand außer mir, ich drehe vorsichtig den
Kopf und sehe mich um, meinen Nacken hat auch irgendetwas
getroffen, aber das Schlimmste ist wirklich der Kopf.
Es fiept im rechten Ohr und rauscht im linken, hinter meiner
Stirn klopft es, als wolle jemand hinaus, als hätte ich
jemanden darin vergessen. Meine Beine kann ich bewegen,
welch ein Erfolg, Rea, welch ein Erfolg, alle Zehen, die Knie
lassen sich beugen, der Rücken auch, ich zupfe ein paar der
kleinen Steine mit zwei Fingern von mir und blinzele gegen
die dunkelgrauen Wolken an, die über mir stehen und glotzen
wie Ärzte in zu lange getragenen Kitteln. Der Versuch
aufzustehen bleibt ein Versuch, in die Hocke komme ich
nicht, weil die Knie bluten, also rolle ich mich über die Seite
in den Stand. Irgendwo hinter den Bergen donnert es, mir ist
schlecht, und mein Mund fühlt sich an, als hätte ich soeben
einmal mit Elan in den Boden gebissen; abschüssiges Geröll,
der Staub ist überall, und als ich mir über das Gesicht wische,
klebt er zusammen mit Blut und Schweiß an meinen
Händen. Ich trage nur einen verdammten scheiß Schuh. Der
Wind weht, als würde er Schafe treiben wollen.
Ich drehe mich um und sehe die Mauer, und da kommt die
Erinnerung in Schüben zurück, und mein Hals zieht sich
zusammen wie vor ein paar Stunden, als Marianne und die
anderen nicht aufhören wollten zu fragen – und ich keine
Antworten hatte. Die Übelkeit klettert meine Speiseröhre
herauf, dort entlang, wo sie schon vor Stunden herumgestochert
hatte, als wir durch Grasse liefen, obwohl ich
nicht mehr laufen wollte. Die Gedanken an zu Hause hatten
sich mit dem Geruch des Mietwagens vermischt und gingen
nicht mehr fort, Konrad hatte immer noch nicht auf meine
MMS geantwortet, und dann fiel mir ein, dass ich Papa nicht
noch einmal angerufen hatte, ja, eine E-Mail, tolles Kind,
super Kind aus der Digitalagentur, das den Vater im Krankenhaus
nicht anruft, sondern nur eine E-Mail schreibt.
Ich taste die Hosentaschen nach meinem Telefon ab, finde
aber nichts. Auch in der Jeansjacke ist nichts außer Staub
und einem alten Kaugummipapier. Und dann sind da noch
Angst und Panik und Sehnsucht und Heimweh und Sorge
und ein schmerzhafter Flummi, der zwischen meinen Organen
herumspringt, als hätte er nie etwas anderes getan, er
springt gegen die Lunge und dann auf dem Magen herum,
und dann hängt er sich an die Nieren. Ich rutsche ein Stück
bergab, die Augen auf den Boden gerichtet, um das Telefon
zu finden und vielleicht auch meinen zweiten Schuh, aber
außer Gestrüpp und Geröll und ein bisschen Trockengewächs
ist hier nichts. Also wieder bergauf, Schrittchen für
Schrittchen, eine Hand an der Stirn, tastend, ob das Blut
noch läuft, mit der anderen versuche ich auszugleichen, was
die Knie allein nicht balancieren können, ich komme mir so
bescheuert vor wie noch nie zuvor, irgendwo in Frankreich
herumkrauchend, ohne Telefon und mit nur einem Schuh
und grundlos, eigentlich grundlos, denn ich hätte einfach
mitgehen können ins Museum, ich hätte einfach mitgehen
können, essen und zuhören und den ganzen Kram abschütteln,
ich hätte mir zur Not auch irgendwelche Antworten
ausdenken können, aber ich bin einfach nicht schnell genug
derzeit. Mein Kopf ist nicht schnell genug, und mein Herz
hat schwer zu tun, und dann stehe ich da oder sitze im Auto
neben Marianne, die mich mitleidig anschaut, und Sarah,
deren ungläubigen Blick ich im Rückspiegel sehen kann,
und Katrin, die mich mit dem Finger immer wieder in die
Seite pikt, weil sie nicht glaubt, was ich sage, weil ich ja
selbst nicht glaube, was ich sage, denn ich sage nur, was
ist, und nicht, was hätte sein können mit Konrad und mir,
aber das spielt auch keine Rolle mehr. Ich hätte einfach mitgehen
sollen und den Kopf ausschalten, statt zu versuchen,
meinem Körper hinterherzuhechten. Ja, gib ihm Luft, Rea,
super. Jetzt siehst du ja, was du davon hast.
Die Hände sind wieder da, die eiskalten Hände an meinem
Hals, die immer fester zudrücken, wie sonst nur in engen
Flugzeugkabinen, aber das hier ist was anderes und mein
Kopf fünfmal so schwer wie sonst. Schön erst mal heulen,
Rea. Nur weil die Mauer so hoch ist, dass du nicht mehr
raufkommst. Heulen macht’s bestimmt besser. Mein Schuh
rutscht immer wieder ab, und die Zehen des anderen Fußes
tun weh, runter geht’s immer, würde Papa sagen, wenn er
hier wäre, runter geht’s immer, und lachen in seinen Bauch
rein würde er. Ich folge der Mauer in die Richtung, aus der
ich glaube gekommen zu sein. Im Tal unten gehen die ersten
Lichter an, man könnte das schön finden, wenn man wüsste,
dass um die Ecke das Auto steht, mit dem man hinfahren
kann zu den Lichtern. Aber direkt neben mir läuft die Angst
und atmet mir ins Gesicht. Scheißangst. Scheißdrecksmistangst.
Sie macht, dass ich ins Dunkel zische und meine
rechte Hand nicht von den bemoosten Steinen nehme, dass
ich mich langsam Stein für Stein voranarbeite, immer erst
kurz rüttelnd, um nicht wieder abzurutschen. Glotz nicht
so, will ich schreien, geh einfach, will ich brüllen, aber nichts
kommt raus außer einem trockenen Husten. Das kann man
niemandem erzählen in Berlin, ich würde mich selbst auslachen,
und das nicht mal auf die nette Art. Scheißidee,
mitzufahren. Scheißidee, Scheißidee. Ich hätte einfach zu
Hause bleiben und meinen Job machen sollen, Scheißidee,
hörst du? Aber erholen solle ich mich und raus müsse man
mal und ach, um weiterzukommen, ja genau, für das große
Ganze müsse man auch ans Kleine denken, jaja, scheiß auf
das große Ganze. Vor die Füße kotz ich demjenigen, der mir
das nächste Mal erzählt, ich solle doch mal das große Ganze
betrachten. Das große Ganze ist nämlich eine faule Sau im
Vergleich zum Kleinen, das große Ganze lehnt sich nämlich
mal schön zurück, wenn ich in den Speichen hängen bleibe,
das große Ganze lacht sich auch jetzt wahrscheinlich gerade
gepflegt eins ins Fäustchen. Das große Ganze hat’s nämlich
immer hübsch gemütlich, weil es sich so fett gefressen hat,
dass es die Stuhllehne schon gar nicht mehr spürt, weil es
nämlich schlau ist, das große Ganze, das hat auch keine Stei
ne in seiner scheiß Fußsohle und seinen Ellbogen stecken.
Es bläst sich auf und flötet davon, und am Ende guck ich
blöd aus der Wäsche.
Plötzlich fasse ich ins Leere, keine Steine mehr, keine Mauer
mehr, anhalten, einatmen, ausatmen. Die Panik macht ja,
dass man wieder wach ist, weil die Panik alles aufrüttelt,
jeden Knochen, jede Ader, jedes Haar, dann spürt man sich
wieder. Dann tut es zwar weh, aber das ist immer noch besser
als die Taubheit, die macht, dass alles davontreibt, mein
Körper und all meine Kontrolle. Die Panik schlägt sich mit
einer Axt durch den Sand, bis sie trifft.
Das war es nicht. Ich wusste es, und ich wusste auch, dass
Albert es wusste. Er steckte seine Nase bei der Umarmung
nicht mehr in meine Haare, und ich stellte mich nicht mehr
auf die Zehenspitzen, wenn wir uns nach längerer Zeit wiedersahen,
wie ich es immer getan hatte, ohne es zu bemerken,
bevor er mich einmal darauf aufmerksam machte.
„Hier riecht’s komisch“, sagte er nur und schaute den Flur
hinunter.
„Hallo“, sagte ich leise und schloss die Tür hinter ihm. So
begrüßte man sich nicht, wenn es das war.
Albert pellte sich umständlich aus seiner Jacke, und ich ging
zurück in die Küche, wo ich vor dem Klingeln gewesen war,
schaltete vorher noch das Licht im Flur aus, damit ich ihn
nicht mehr sehen musste, wie er dastand mit seiner Jacke in
der Hand und den Schuhen noch an den Füßen. Ich hörte
ihn atmen, zu laut atmen, das war hier doch kein Marathon,
das war nur der vierte Stock.
Ich kochte Reis, weil nichts anderes da war, Reis mit Gemüsebrühe
und Gemüseresten, man hätte es Risotto nennen
können, Konrad sagte meistens Reis mit Scheiß dazu, und
gleichzeitig rührte ich meinen eigenen Magen um, so fühlte
es sich an, wie Albert da hinter mir auf dem Sofa saß, den
Kopf in die Hände gestützt, die Augen ganz glasig.
„Wir brauchen neues Salz“, sagte ich. „Und Petersilie auch“,
denn es war nur noch das getrocknete Zeug aus dem Plastiktopf
da, das Pelle immer kaufte, obwohl Konrad und ich
es nicht aßen, es normalerweise gar nicht erst versuchten,
aber manchmal waren alle frischen Kräuter verwelkt, und
dann grinste Pelle jedes Mal stolz. Albert sagte nichts, hatte
den Kopf nun an die Wand gelehnt und die Augen geschlossen,
er hätte auch fragen können, ob das Salz noch für das
Risotto reichte oder ob er noch einmal losgehen solle zum
Kaiser’s am Kotti, der hatte lange auf.
„Ist nicht wichtig“, murmelte er dann, und ich sah seine Augen
nicht mehr, aber er legte seine Stirn in die Art von Falten,
die man bekam, wenn im Kopf schlimme Dinge passierten,
irgendetwas, das weh tut, so sah er aus, dabei konnte ich mir
gar nicht vorstellen, was in seinem Leben das sein sollte, er
hatte doch alles, was man sich wünschen konnte. Er war
gerade in eine neue Wohnung gezogen, und er hatte den Job
in der neuen Agentur bekommen, die Kollegen waren nett,
er bekam mehr Geld als vorher, und er hatte eine passable
Freundin oder so was in der Art – jedenfalls jetzt noch. Darüber,
fand ich, konnte man sich doch ein bisschen freuen
und nicht so schauen, wie er es tat, an mir vorbei und zum
Toaster. Alberts Eltern waren gesund, seine Freunde harmlos,
aber nett, sie ließen sich blicken, wenn der Kalender es
vorsah, und manchmal sogar einfach so, er hatte Freunde,
die spontan vorbeikamen, ohne anzurufen, einfach weil sie
in der Nähe waren, Freunde, die ihm beim Umzug halfen,
obwohl sie sich zwei Jahre nicht gesehen hatten, er hatte immer
Koks fürs Wochenende und zum Ausgehen, er konnte
Urlaub machen, wann er wollte, und musste nicht immer hin
und her rechnen, so wie ich, seit ich nur noch vier Tage die
Woche in der Agentur war, um einen Tag mehr fürs Malen
zu haben. Manchmal fragte ich mich, ob vielleicht genau das
sein Problem war. Vielleicht ging einem das Gleichgewicht
verloren, wenn alles seinen Platz hatte, dann war ein kleiner
gebrochener Zeh vielleicht wirklich schon eine große Sache.
Das war Albert vor drei Wochen im Watergate auf der
Treppe passiert. Er hatte danach viel geseufzt, die Ärztin in
der Notaufnahme war sehr nett gewesen und hatte ihm noch
Tabletten aus der Schublade mitgegeben, „abwarten“ hatte
sie gesagt und dass er vor allen Dingen einfach vorsichtig
laufen solle, eine Schiene hatte sie ihm nicht verpasst, und
auch sonst war nichts weiter zu tun. Aber jedes Mal, wenn er
vom Bett aufstand, schnaufte er, als sei sein Körper viermal
schwerer als sonst, Treppen ging er langsam. Ich hatte nichts
gesagt, aber manchmal musste ich mich zusammenreißen,
um ihm nicht auf den Fuß zu springen. Er kaufte sich eine
Salbe, und er übernachtete in dieser Zeit nicht bei mir. Einmal
hatten wir Sex, bei dem ich mich kaum bewegte, weil
Albert ständig zusammenzuckte, obwohl sich unsere Füße
nicht einmal berührten. Wir ließen es dann bleiben, und am
Morgen sah ich, dass sein rechter Fuß auf dem linken lag,
während er schlief, der Zeh irgendwo dazwischen, ohne dass
die Welt unterging. Ich war leise aufgestanden, hatte Kaffee
gemacht und ihn nicht geweckt.
Vielleicht sollten wir rübergehen in mein Zimmer, überlegte
ich, und die Musik aufdrehen, damit Konrad gleich beim
Nachhausekommen wusste, dass noch jemand da war, wir
könnten die Tür schließen und uns nebeneinander verkehrt
herum ins Bett legen, weil man mit dem Kopf am Fußende
besser den Himmel sehen konnte. Und Albert und ich waren
okay darin, in den Himmel zu sehen und die Zeit zu vergessen
und die Tauben auf der Regenrinne zu beschimpfen, ich
könnte dann mit meiner Nase das Einparken an seinem Hals
üben. Aber wir lagen nicht im Bett, sondern saßen in der
Küche, also Albert saß und schaute und atmete schwer, und
ich stand in einer Pfütze vom Abwasch und stocherte und
fand kein Lächeln. Ich drehte die Gasflamme runter, suchte
einen passenden Deckel für den Topf und setzte mich dann
vor Albert auf die Tischkante, ich verschränkte die Arme, so
machte man das doch, wenn etwas komisch war, aber dann
fiel mir nichts weiter ein, und meine Schläfen pochten, weil
ich wusste, das war so eine Situation, in der einer anfangen
musste, und das war mein Job, das Anfangen, das konnte
ich doch. Albert wuchsen zwei Haare aus dem rechten Ohr.
Er legte seinen Kopf nicht in meinen Schoß, er suchte mir
nicht mit zwei Fingern Fussel von der Strumpfhose, die er
dann in den Raum schnipste, er schaute nur, und ich fuhr
nicht mit der Hand durch sein Haar. Genau deswegen war
es das nicht, und dann klatschte ich mit der Kelle Reis auf
zwei Teller, tiefe Teller, und hätte eigentlich am liebsten aus
dem Topf gegessen oder den Topf in den Hof geschmissen,
und ich fragte mich, ob Albert sich dann regen würde, die
Augen mal richtig öffnen und die Schultern entspannen,
etwas sagen, leiser atmen oder schreien, aber vermutlich
bliebe er einfach dort sitzen, stünde eventuell stöhnend
auf, um mit einem Lappen die danebengegangenen Reste
zusammenzuwischen. Er würde den Lappen in die Spüle
legen, die Reste würde er nicht im Mülleimer entsorgen, er
ließe den Lappen liegen, weil er Dinge nie zu Ende brachte.
Und vielleicht war es gut, dass er nichts sagte heute, weil er
wahrscheinlich gar nicht bis zu den Satzzeichen käme.
Ich rammte die Gabel in meinen Mund wie in einen Misthaufen,
mir war übel, aber ich aß, kleine Happen, sorgsam
kauend, Alberts Trägheit legte sich schwer auf mich, und ich
hätte auf der Stelle einschlafen können, wahrscheinlich hätte
sich alles zu drehen begonnen, hätte ich jetzt die Augen zu
gemacht. Es war dunkel geworden draußen, auf dem Balkon
nebenan topfte ein Schatten Blumen um, auf dem Küchentisch
standen Narzissen aus dem Supermarkt, vier von zehn
hatten ihre Blüten nicht geöffnet. Ich nahm die Blütenköpfe
in die Hand, während Albert aß, als würde er einen ganzen
Wald umtopfen, er kaute mit offenem Mund und wischte
sich mit dem Ärmel über die Nase, und irgendwo zwischen
uns war diese schmale Schnur gespannt, die Wollen und
Brauchen voneinander trennte. Wie er so saß und aß und
mich nicht anschaute dabei, dachte ich, dass ich nicht mehr
spielen wollte, dass ich schon müde war von all dem Spielen;
es war nicht nur das Rauschen der Stadt und nicht die Arbeit
in der Agentur und nicht das nächtliche Zeichnen am Wochenende,
es war nicht nur der wenige Schlaf und wie ruhig
es in letzter Zeit in der Wohnung geworden war, es war auch
das hier, es war Albert, der von Anfang an nicht gewesen
war, was ich mir versprochen hatte, und ich war von Anfang
an nicht gewesen, was ich ihm versprochen hatte, nicht
einmal ansatzweise.
„Rank fängt ihre Leser auf, mit einer Sprache, die zugleich feinfühlig und bildgewaltig ist.“
"Veränderung: Das ist das Thema, um das es in Elisabeth Ranks Roman eigentlich geht. […] Rank beschreibt diesen Prozess mit wunderschönen Bildern: Aus Angst wird ein Flummi, der im Magen rumspringt, und aus der Wohnung ein Flussufer, an dem das Leben vorbeibrandet. "Bist du noch wach?" ist ein poetischer Roman, dessen Sprachverliebtheit die Geschichte allerdings manchmal zäh und klebrig werden lässt. Das ist anstrengend, gleichzeitig aber auch realistisch. Weil das Leben eben kein Film ist, und Veränderungen meist nicht mit einem großen Knall kommen - sondern schleichend und ganz langsam."
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