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Ally Hughes hat manchmal Sex

Ally Hughes hat manchmal Sex

Jules Moulin
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Roman

„Ein fabelhaftes Debüt.“ - Freundin

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Ally Hughes hat manchmal Sex — Inhalt

Das Leben ist nicht leicht für Single-Mutter Ally Hughes. Als Dozentin an der Uni bemüht sie sich, den hohen Ansprüchen ihres Chefs zu genügen, zu Hause denen ihrer Mutter. Für eine Beziehung hat sie einfach keine Zeit. Nicht mal für eine Affäre. Doch dann ist da plötzlich Jake, einer ihrer Studenten. Jung, viel zu jung, aber auch hartnäckig. Jake versucht mit allen Mitteln, Allys Herz für sich zu öffnen. Vergeblich. Zehn Jahre später ist Ally noch immer Single. Jake taucht wieder auf, diesmal allerdings als Begleiter ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter …

€ 8,99 [D], € 8,99 [A]
Erschienen am 01.09.2016
Übersetzt von: Frauke Brodd
304 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-97477-6
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Leseprobe zu „Ally Hughes hat manchmal Sex“

Damals, am Wochenende


Ally Hughes schlich sich nach dem Seminar durch die Hintertür der Hörsäle davon, um auf keinen Fall ihrer Vorgesetzten, Dr. Priscilla Patricia Meer, in die Arme zu laufen. Trotz der beiden Seminare, die sie in jedem Semester hielt, den beliebtesten an der ganzen Uni, seit zwei Jahren immer ausverkauft sozusagen, fühlte sie sich mal wieder überhaupt nicht wie eine Wissenschaftlerin mit Doktortitel, geschweige denn wie eine Professorin.

Sie war spät dran mit ihren Noten. Letzten Dienstag hatte ihre Assistentin Yoko sie heulend [...]

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Damals, am Wochenende


Ally Hughes schlich sich nach dem Seminar durch die Hintertür der Hörsäle davon, um auf keinen Fall ihrer Vorgesetzten, Dr. Priscilla Patricia Meer, in die Arme zu laufen. Trotz der beiden Seminare, die sie in jedem Semester hielt, den beliebtesten an der ganzen Uni, seit zwei Jahren immer ausverkauft sozusagen, fühlte sie sich mal wieder überhaupt nicht wie eine Wissenschaftlerin mit Doktortitel, geschweige denn wie eine Professorin.

Sie war spät dran mit ihren Noten. Letzten Dienstag hatte ihre Assistentin Yoko sie heulend angerufen und verkündet, dass sie mit den Korrekturen der Seminararbeiten nicht fertig geworden war – und sie aus Versehen mit zu ihrer Mutter nach Omaha genommen hatte.

Inständig betete Ally darum, die Unterlagen gleich in ihrem Posteingangsfach vorzufinden. Dann hätte sie am Wochenende Zeit genug, um alles zu korrigieren.

An diesem Tag hatte sie nur noch einen einzigen Termin. Mit einem ihrer Studenten: Jake Bean. Danach würde sie nach Hause fahren und sich mit Harry Goodman treffen, einem alten Bekannten, der ihr versprochen hatte, Türen und Fenster ihres Hauses gegen Einbrecher zu sichern.

Ally verschwand in dem Gebäude, in dem sich ihr Büro befand. Auf der Treppe nahm sie zwei Stufen auf einmal, balancierte den schweren Rucksack auf der linken Schulter und presste das Handy ans rechte Ohr. Sie unterhielt sich gerade mit der Telefonistin des East Providence Polizeireviers.

„Es waren also nicht die richtigen Kerle? Die Typen, die Sie festgenommen haben?“ Sie kapierte es nicht. Vor zwei Wochen hatte eine Einbruchserie Allys Straße heimgesucht, nur gut drei Kilometer vom Campus entfernt. Drei Einbrüche am Morgen, drei nächtliche Raubüberfälle, drei Männer mit Skimasken, alle drei klein, alle drei bewaffnet. Die Story hatte es bis auf die Titelseite des Brown Daily Herald geschafft: Diebesbande macht unsere Straße unsicher.

Ally schloss die Bürotür hinter sich ab. Sie ließ den Rucksack fallen, trat an ihren Schreibtisch, sammelte die aus Omaha eingetroffenen Klausuren ein und telefonierte weiter.

„Sie sind also auf freiem Fuß? Sagt man das so? Sie laufen immer noch frei herum?“

Ein Blick auf die Wanduhr zeigte ihr, dass sie bereits zu spät dran war für ihre Verabredung mit Harry, aber er kam selbst immer zu spät, und zwar nicht nur wenige Minuten, sondern mindestens zwei Stunden. Wenn er aufkreuzte. Falls er überhaupt aufkreuzte.

Ally hatte Harry angeheuert, um an der Hintertür ein Sicherheitsschloss einzubauen. Seit zwei Wochen wartete sie darauf, und an diesem Wochenende sollte es endlich so weit sein. Harry würde um eins zu ihr kommen, und danach würde Ally sich einbunkern, um die Klausuren zu korrigieren.

Sie liebte das winzige Mietshaus im viktorianischen Stil, auch wenn es fast auseinanderfiel. Seit sechs Jahren bezahlte sie Harry für das Erneuern von Dachschindeln, das Säubern von Regenrinnen und das Abdichten von Fenstern. Sie war überzeugt davon, dass das Haus von innen heraus verrottete, und trotzdem tat sie ihr Bestes, um es drinnen warm zu kriegen, damit Lizzie und sie es gemütlich hatten. Es war kein Fünf-Sterne-Hotel, sagte sie, als ihre Mutter daran herummäkelte, aber es war ihr Zuhause.

Drei Männer mit Skimasken waren allerdings viel schlimmer als undichte Stellen und Schimmel.

Als gäbe es bei ihr etwas zu klauen. Die Zimmer waren mit Secondhandmöbeln eingerichtet: alten Holztischen, noch älteren Stühlen sowie Schreibtischen und Betten, die Ally bei Goodwill, Savers und der Heilsarmee in Newport und Boston gekauft hatte.

Sie beendete gerade das Telefongespräch, als es klopfte. Sie wandte sich zur Tür um und erstarrte. Könnte es ihr Boss sein? „Ja!“, rief sie. „Wer ist da?“

„Jake Bean!“

Sie hatte ihm zwanzig Minuten ihrer Sprechstunde versprochen, um seine misslungene Abschlussarbeit zu besprechen. Auch das gehörte zu ihrem Job, leider.

Sie ging zur Tür und öffnete. Als sie ihn sah, wich sie zurück. „Sie sind Jake?“

„Ich habe einen Termin.“

„Ja! Natürlich!“ Sie trat einen Schritt zur Seite, damit Jake eintreten konnte. „Wir haben uns nie persönlich kennengelernt.“ Sie schloss die Tür. Jake drehte sich zu ihr um und reichte ihr die Hand, die Ally schüttelte. „Tut mir leid. Bei zweihundert Studenten – mir fällt nicht immer das passende Gesicht zu einem Namen ein.“ Ally hatte gehofft, dass Jake Bean der große blonde Typ war, der immerzu lächelnd in der ersten Reihe saß.

Sie konnte es nicht fassen. Das war Jake?

Jake Bean war der Junge aus der letzten Reihe?

Sie hatten sich nie unterhalten, aber der Junge aus der letzten Reihe spukte seit drei Jahren in Allys Kopf herum.

Er sah aus wie dieser Typ – ein Sänger –, den jedes Mädchen an der Brown anschmachtete: John Mayer oder Meyer oder Moyer – irgendetwas in der Richtung mit diesem Body is a Wonderland-Ohrwurm. Nur war Jake irgendwie noch attraktiver. Er sah aus wie die Laufstegversion von diesem John. Die ungeschliffene, unschuldige, aber urige Hugo-Boss-Männermodel-Version.

„Professor Hughes, bitte geben Sie mir die Punkte!“, bettelte er und holte sie aus ihren Gedanken zurück ins Büro. „Ich habe kein einziges Seminar verpasst. Ich flehe Sie an.“

Ally tat so, als konzentriere sie sich auf seine Arbeit. „Am besten wär’s, wir reden noch mal über Ihren Text“, sagte sie freundlich. Doch dann klingelte ihr Telefon. Sie beugte sich vor, um die Nummer auf dem Display lesen zu können. „Warten Sie kurz, ich muss rangehen.“ Sie drehte sich von ihm weg. „Was gibt’s, Harry?“

Sie hörte ihm kurz zu und wurde langsam immer wütender. „Ehrlich, Harry? Ist das dein Ernst? Dreimal, Harry. Dreimal hast du mir schon abgesagt … Kannst du wenigstens den …?“ Sie hörte wieder zu. „Nein, gut. Aber nein, Harry. Ruf nicht mehr an! Auf Wiedersehen, Harry.“ Sie legte auf und holte tief Luft.

„Alles in Ordnung?“

„Nein“, sagte Ally. „Ich habe eine Tochter, die in vier Tagen zehn wird, und ein Stockbett, das aufgebaut werden muss. Und der Alleskönner Harry sagt mir gerade zum vierten Mal ab.“

„Sie haben eine Tochter?“

„Ja“, erwiderte sie.

„Dumm gelaufen.“

Ally lachte. „Nein, so läuft es immer in meinem Leben.“ Sie war sauer. Seit Jahren bettelte Lizzie um ein Stockbett. Ally hatte gespart und endlich zu Lizzies Geburtstag eins gekauft. In Einzelteile verpackt, stand das Bett seit Wochen versteckt im Keller und musste noch zusammengebaut werden.

Und sie brauchte ein richtiges Schloss. Für die Hintertür. Und die Fenster im Erdgeschoss mussten gesichert werden.

Sie brauchte so vieles.

Kopfschüttelnd zog sie Jakes Arbeit zu sich heran und griff nach einem Stift. „Ich finde schon … jemand anderen.“

„Was ist mit Ihrem Mann? Kann er das nicht erledigen?“

Ally blickte kurz zu Jake auf und senkte dann rasch den Kopf. Es war eine ganz natürliche Frage, aber eine persönliche. „Ich habe keinen“, erklärte sie leise. „Ich bin eine … Sie wissen schon … eine alleinerziehende … Mutter.“

„Ich mach’s.“

„Was?“ Sie konzentrierte sich auf die Arbeit, auf Jakes Kurzbiografie von Anaïs Nin.

„Ihr Bett.“

„Danke.“ Ally blickte auf. „Entschuldigung. Was?“

„Mein Bruder und ich, wir haben eine Firma. Bücherregale, IKEA. Puppenhäuser. Wissen Sie, welche Fähigkeiten – welches Talent besser gesagt – man braucht, um diesen Barbie-Fahrstuhl in Gang zu bringen?“

Ally lächelte. „Ja, weiß ich“, sagte sie. Verrückt, Lizzie hatte diesen Fahrstuhl in ihrem Barbie-Dreamhouse. „Aber kommen wir zurück zu diesem ersten Teil hier … Dem Teil, der so … pseudoakademisch klingt.“

Jakes starrer Blick schweifte an Ally vorbei durchs Fenster hinaus zu den Bäumen. Er genierte sich. „Ich kann nicht gut schreiben“, gab er zu. „Ich versaue alles.“

„Nein, tun Sie nicht. Die Ideen sind toll, die meisten jedenfalls. Aber der Teil ist zu lang, und Sie ändern den Tonfall. Am Anfang verwenden Sie diesen künstlichen akademischen Ton.“ Sie sah ihn direkt an. „Warum?“

Jake zuckte mit den Achseln. „Um intelligent zu klingen.“

„Aber Sie sind intelligent.“ Ally blätterte vor auf Seite vierzehn. „Ihr Tonfall ändert sich nach einem Viertel des Textes. Sie lassen Nin außen vor. Sie lassen Ihr Thema komplett außen vor und faseln vierzig Seiten lang unzusammenhängendes Zeug.“

„Ich hebe einfach ab vor Begeisterung.“

„Sie schweifen ab: tantrischer Sex, Britney Spears?“

„Ja, tut mir leid.“

„Dieser Teil hier …“ Sie wies auf einen Absatz und las ihn laut vor. „In der Popkultur werden alte Frauen wenig geachtet, aber ich glaube, sie haben’s voll drauf.“ Sie sah ihn an. „Haben’s voll drauf?“

„Stimmt doch.“

„Aber voll draufhaben in einer Semesterarbeit?“

„Sie meinten, wir sollen unsere eigene Meinung einbringen“, sagte er. „Das ist meine Meinung.“

„Oder hier: ›Krasser Sex ist ein Fast-Food-Burger. Heiliger Sex ist ein Porterhouse-Steak.‹ Faszinierende Aussage, ganz bestimmt, aber was genau bedeutet das?“

„Es muss Liebe im Spiel sein“, erklärte Jake.

„Es muss Liebe im Spiel sein, damit das Fleisch nach was schmeckt?“

„Sex, genau wie alles andere … Professor Hughes, darf ich was sagen?“

„Bitte, schießen Sie los!“ Ally lehnte sich zurück.

Jake beugte sich vor. „Alles hängt doch irgendwie mit allem zusammen. Produktive Milchkühe, unproduktive Milchkühe. Guter Sex. Schlechter Sex. Und wenn Sie mich fragen, befindet sich Anaïs Nin auf der untersten Stufe der Skala, was das Ficken betrifft. Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise.“

„Ficken ist kein Ausdruck der französischen Avantgarde.“

„Was soll also dieses Seminar zur Verherrlichung von Anaïs Nin?“

„Also gut, zugegeben, ich sehe das genauso.“

Jake war überrascht. „Wirklich?“

Ally seufzte. „Wenn ein Lehrstuhl einen SOS-Ruf für ein bei den Studenten äußerst beliebtes Seminar absetzt, weil der zuständige Professor zu einer einjährigen Forschungsreise aufbricht, um den geschlechtsspezifischen Freizeitgewohnheiten Achtzigjähriger in Griechenland und Italien nachzugehen …“

Jake grinste.

„Wenn dann eine unbedeutende Nummer wie ich gebeten wird, dieses Seminar zu unterrichten, nun ja, dann sagt sie möglicherweise zu. Vor allem, weil sie demnächst auf dem Prüfstand stehen wird.“ Ally brach unvermittelt ab. „Tut mir leid“, sagte sie. „Zu viel Koffein. Ich sollte besser den Mund halten.“

„Sie war eine richtig, richtig üble Lügnerin.“

„Wer?“

„Nin. Ist das nicht …?“

Wie aufs Stichwort klopfte es viermal schnell hintereinander an Allys Tür. Meers Erkennungszeichen. Wumm-rums-wumm-wumm. Ally erstarrte. Noch mal vier.

„Ich komme!“, rief Ally und wappnete sich, während sie sich vom Stuhl erhob, das Büro durchquerte und die Tür öffnete. „Hallo! Priscilla! Hallo!“

„Ich habe dir eine Nachricht hinterlassen“, sagte Meer sichtlich verärgert. „Wo bleiben deine Noten?“

„Die kommen“, erwiderte Ally. „Gleich Montagfrüh. Eine meiner Assistenten musste nach Hause fahren.“

„Wer?“, fragte Meer mit verschränkten Armen, in denen sie einen hohen Stapel Arbeiten fest umschlungen hielt.

„Sie war krank.“

„Wer?“

„Das möchte ich nicht sagen“, erwiderte Ally ausweichend.

„Du musst aufhören, sie zu bemuttern …“

„Ich habe gerade einen Studenten da. Montagfrüh, okay?“

Meer äugte um die Tür herum. „Wo?“

„Hier … er ist …“ Sie öffnete die Tür, um Jake zu offenbaren. Jake winkte.

„Oh“, sagte Meer.

„Tut mir leid, dass ich nicht zurückgerufen habe. Die Arbeiten der Studenten des Abschlussjahrgangs sind fertig. Ich habe bereits mit dem Sekretariat gesprochen.“

„Gut“, erwiderte Meer, drehte sich um und marschierte davon. Ihre hohen Absätze drohten den Holzboden zu zertrümmern.

Einen Moment lang blieb Ally reglos stehen. Dann blickte sie zu Jake hinüber und schloss die Tür. Sie nahm wieder Platz und sah ihn an. „Entschuldigung. Wo waren wir gerade stehen geblieben?“

„Bei der Lügnerin. Nin. Mit zwei Typen gleichzeitig verheiratet. Beide betrogen.“

Ally nickte.

„Sex aus Rache mit ihrem Dad? Weil er sie verlassen hat? Wer macht so was? Sie war pervers und eine hochnäsige Soziopathin.“

Ally lächelte. „Aber erfolgreich mit ihrem Schreiben. Im Gegensatz zu Ihnen.“

Jake zuckte mit den Achseln und sah weg. Er war rot geworden. „Kann sein.“

„Sie brauchen sich nicht zu genieren. Ich werde Ihnen die Punkte geben, aber …“

„Was? Ehrlich?“

„Ja, aber …“

„Ich liebe Sie!“

„Was?“

„Ich liebe Sie! Danke!“

Ally lachte. „Zurück zu Ihrer Arbeit, Jake! Sie können nicht zweiundfünfzig Seiten abgeben, wenn ich zwölf verlangt habe.“ Sie griff nach den Aktenmappen auf ihrem Schreibtisch. „Hier, Ihre gesammelten Werke aus drei Jahren.“ Sie legte die Mappen auf den Schoß und öffnete eine. Die Akte enthielt eine Seminararbeit zur Semestermitte und eine zum Semesterende, fünfzig und achtzig Seiten lang. „Erinnern Sie sich daran?“ Sie reichte ihm die oberste.

Er sah sie sich kurz an. „Die … die habe ich im ersten Semester geschrieben.“

„Und ich habe sie alle gelesen. Ich bewahre sie alle auf.“

„Warum?“

„Keiner meiner Assistenten weiß, was er damit anfangen soll. Geschweige denn, wie man sie benoten soll.“ Ally lachte. „Diese hier, über das Feuer in der Triangle Shirtwaist Factory 1911, für das Seminar Frauen und Arbeit. Achtzig Seiten lang.“

„Das war mein Lieblingsseminar. Es hat mich so inspiriert. Was soll ich sagen?“

Ally stand auf und zog ein Taschenbuch aus dem Regal. „The Elements of Style – hier steht alles drin, was Sie lernen müssen, um sich kurz zu fassen.“ Sie reichte es ihm, aber Jake wollte es nicht annehmen. „Bitte“, sagte sie.

„Ich kann es mir selbst kaufen.“

„Ich habe noch eins.“

„Ihre Sex-und-Gender-Seminare …“

„Jake, beim Schreiben …“

„Ich komme nicht wieder.“

Überrascht sah Ally ihn an.

„Ich brauche die Punkte, falls ich die Uni wechsle. Irgendwann. Eines Tages vielleicht. Studieren an der Brown ist sündhaft teuer, und ich will keine Schulden machen. Ich komme nicht wieder.“

Ally blinzelte, aber sie wusste, wovon er redete. Für ihren Master und die Doktorarbeit an der Brown hatte sie Glück gehabt: Zuschüsse und Stipendien. Aber jetzt, da sie ihren Doktor hatte, ertrank sie in den Schulden ihres Bachelorstudiums. Sie legte das Buch auf den Schreibtisch und setzte sich wieder.

„Deshalb will ich Ihr Bett zusammenbauen. Ich brauche das Geld.“

„Verstehe“, sagte sie und dachte darüber nach. Sie wollte, dass ihr jemand half. Darum ging’s nicht. Sie brauchte die Hilfe. „Können Sie ein Bolzenschloss einbauen?“

„Haben Sie’s schon gekauft?“

„Ja.“

„Ich hoffe, Sie waren bereit, Geld dafür auszugeben. Mir gefallen die von Schlage. Das Gehäuse muss stoß- und schlagfest sein.“

Ally nickte. „In meiner Straße wurde eingebrochen. In den letzten zwei Wochen. Die Fenster müssen …“

„Nägel in die Fensterrahmen. Kästen der Klimaanlage mit Stoppern sichern. Haben Sie solche Kästen?“

Ally beobachtete ihn beim Reden. „Ja, aber können Sie diese Stopper einsetzen?“

Jack nickte. „Werkzeug liegt im Kofferraum. Auto steht auf der Thayer Street.“

Ally dachte nach. Da quietschte auch noch die Tür zu Lizzies Zimmer. Ally wollte hinein- und hinausgehen, während Lizzie schlief, ohne sie aufzuwecken. Sie wusste, dass die Türangeln dieses Fett brauchten, wie auch immer das hieß, aber sie war nicht ganz sicher, ob nicht doch die ganze Aufhängung irgendwie kaputt war.

Kam sie da in einen Interessenskonflikt? Mit Jake? Wenn sie ihn anheuerte? Immerhin hatte er ihre Kurse besucht.

„Professor Hughes“, fuhr Jake fort, „meine Mutter hat uns allein großgezogen. Vier Jungs. Ich weiß, wie das ist. Sie kümmern sich um alles, aber niemand kümmert sich um Sie. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen helfe. Damit helfen Sie auch mir.“

„Jake“, sagte sie, „ich bin handwerklich unbegabt. Harry sollte … einiges reparieren. Das ganze Wochenende. Samstag, Sonntag …“

„Sieben Dollar die Stunde. Ich erledige alles“, bettelte Jake.

Ally musterte ihn.

In jedem Seminar war Jake vor ihr da, und er ging als Letzter. Er lungerte noch draußen in der Halle herum oder vor der Tür, als ob er noch Fragen hätte, aber er sprach sie nie an, ergriff nie das Wort oder meldete sich.

Sehr oft blieb Allys Blick während ihres Seminars an ihm hängen, und dann lächelte er auf eine Art und Weise, die ihr den Atem verschlug und ihre Gedanken benebelte.

Er hielt ihrem Blick stand, als würde er irgendetwas bewerten, Ally oder ihr Seminar. Sie wusste nicht, was genau, aber er schien sich zu amüsieren.

Irgendwann hatte sie beschlossen, ihn zu ignorieren. Der Junge ganz hinten, so redete sie sich ein, kam nicht, um etwas zu lernen. Jungs in der letzten Reihe kamen nur, um ein Statement abzugeben. Ihr Interesse war gleich null. Sie saßen aus Protest ganz hinten.

Sie wusste nicht, dass der Junge in der letzten Reihe Jake Bean war. Jener Bean mit den Liebesbriefen, wie ihre Assistenten seine Arbeiten nannten – leidenschaftlich, das mit Sicherheit, aber endlos.

„In Ordnung“, sagte sie schließlich und nickte. „Dann machen wir das so.“

„Ich fahre Ihnen hinterher?“

„Ja“, stimmte sie zu, hob das Buch auf und reichte es ihm.

„Also gut.“ Jake nahm es an.

„Danke“, sagte sie und meinte es auch so.

„Nein, ich danke Ihnen.“

Jules Moulin

Über Jules Moulin

Biografie

Jules Moulin studierte Journalismus an der Columbia University und ist Autorin zahlreicher TV-Serien, Pilot- und Kinofilme. Heute ist sie Vollzeit-Mum und lebt in Pasadena, Kalifornien, oder in New York City.

Pressestimmen
Sempacher Woche (CH)

„Ein ungewöhnliches Paar und eine unmöglich scheinende Liebe, humorvoll und warmherzig erzählt. Eine amüsante Lektüre für unbeschwerte Stunden!“

Freundin

„Ein fabelhaftes Debüt.“

ELLE

„Jules Moulin ist eine sehr unterhaltsame, charmante und sexy-romantische Komödie zum Lesen gelungen.“

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