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Wait for You  (Wait for You 1)

Wait for You (Wait for You 1)

J. Lynn
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Wait for You (Wait for You 1) — Inhalt

Avery Morgansten zieht von Texas nach West Virginia, um auf ein kleines College zu gehen, wo niemand sie kennt. Sie will ein neues Leben beginnen, fern von ihrer schmerzhaften Vergangenheit. Neben neuen Freunden macht sie an ihrem ersten Tag auf dem College auch Bekanntschaft mit dem unverschämt charmanten Cameron, der so gar nicht in ihr neues, ruhiges Leben passt – und keine Gelegenheit auslässt, sie um ein Date zu bitten. Avery erteilt ihm einen Korb nach dem anderen, doch so schnell gibt Cam nicht auf ...

€ 8,99 [D], € 8,99 [A]
Erschienen am 10.03.2014
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
448 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-96683-2
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Leseprobe zu „Wait for You (Wait for You 1)“

Kapitel 1 Es gab zwei Dinge im Leben, die mir eine Höllenangst einjagten. Eines davon war, mitten in der Nacht aufzuwachen und festzustellen, dass ein Geist sein durchsichtiges Gesicht direkt vor meines geschoben hatte und mich anstarrte. Ziemlich unwahrscheinlich, aber trotzdem ein irre beängstigender Gedanke. Das Zweite war, zu spät ein volles Klassenzimmer zu betreten.

Ich hasste es, zu spät zu kommen.

Ich fand es fürchterlich, wenn die Leute sich umdrehten und mich anstarrten, wie sie es immer taten, wenn ich ein Klassenzimmer auch nur eine Minute [...]

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Kapitel 1 Es gab zwei Dinge im Leben, die mir eine Höllenangst einjagten. Eines davon war, mitten in der Nacht aufzuwachen und festzustellen, dass ein Geist sein durchsichtiges Gesicht direkt vor meines geschoben hatte und mich anstarrte. Ziemlich unwahrscheinlich, aber trotzdem ein irre beängstigender Gedanke. Das Zweite war, zu spät ein volles Klassenzimmer zu betreten.

Ich hasste es, zu spät zu kommen.

Ich fand es fürchterlich, wenn die Leute sich umdrehten und mich anstarrten, wie sie es immer taten, wenn ich ein Klassenzimmer auch nur eine Minute nach Unterrichtsbeginn betrat.

Deswegen hatte ich mir am Wochenende auf der Karte bei Google Maps den Weg zwischen meinem Apartment in University Heights und dem Parkplatz für Pendelstudenten immer wieder angesehen und genau eingetrichtert. Und ich war den Weg zusätzlich am Sonntag zweimal abgefahren, um sicherzustellen, dass Google mich nicht in die Irre führte.

Exakt eins Komma neun Kilometer.

Fünf Minuten mit dem Auto.

Ich war sogar eine Viertelstunde zu früh aufgebrochen, damit ich zehn Minuten vor Kursbeginn um neun Uhr zehn ankam.

Nicht berechnet hatte ich allerdings den langen Stau am Stoppschild. Denn Gott bewahre, dass in dieser historischen Stadt tatsächlich eine Ampel errichtet wurde. Und ich hatte auch nicht erwartet, dass es auf dem Campus keinen einzigen Parkplatz mehr geben würde. Ich hatte vor dem Bahnhof parken müssen, der an den Campus angrenzte, und somit kostbare Minuten damit verschwendet, in meinen Taschen nach Vierteldollarmünzen für die Parkuhr zu graben.

„Wenn du schon darauf bestehst, ans andere Ende des Landes zu ziehen, dann geh wenigstens in eines der Wohnheime. Sie haben dort doch Wohnheime, oder?“ Die Stimme meiner Mom stieg in meinen Gedanken auf, als ich vor dem Robert-Byrd-Wissenschaftsgebäude anhielt und um Atem rang, weil ich den steilsten, unangenehmsten Hügel aller Zeiten hochgerannt war.

Natürlich hatte ich mich nicht in einem Wohnheim einquartiert. Weil ich genau wusste, dass meine Eltern irgendwann wie aus dem Nichts auftauchen würden, um sofort Urteile zu fällen und alles zu kommentieren. Ich hätte mir lieber selbst einen Faustschlag verpasst, als einen unschuldigen Beobachter diesen Qualen auszusetzen. Stattdessen hatte ich mir mein wohlverdientes Blutgeld zunutze gemacht und mir eine Dreizimmerwohnung neben dem Campus gemietet.

Mr und Mrs Morgansten waren darüber alles andere als erfreut.

Und diese Tatsache machte mich sehr glücklich.

Aber im Moment bereute ich meine kleine Rebellion, denn als ich aus der feuchten Hitze des Augustmorgens in das klimatisierte Ziegelgebäude eilte, war es bereits elf Minuten nach neun, und mein Astronomiekurs fand im ersten Stock statt. Und warum zur Hölle hatte ich Astronomie gewählt?

Vielleicht, weil mir von dem Gedanken, noch einen Biologiekurs durchzustehen, kotzübel wurde? Jep. Das war’s.

Ich raste die breite Treppe hinauf, stürzte durch die Flügeltür und knallte direkt gegen eine Mauer.

Ich stolperte rückwärts und wedelte mit den Armen wie ein durchgeknallter Schülerlotse. Meine übervolle Tasche rutschte von meiner Schulter und raubte mir das Gleichgewicht. Meine Haare fielen mir ins Gesicht und ein kastanienbrauner Schleier versperrte mir die Sicht auf alles um mich herum, während ich gefährlich ins Schwanken geriet.

Oh mein Gott, jetzt fiel ich. Ich konnte es nicht verhindern. In meinem Kopf tobten Visionen von gebrochenen Hälsen. Das wäre so was von scheiße …

Etwas Starkes, Hartes legte sich um meine Hüfte und fing mich aus meinem freien Fall auf. Meine Tasche knallte auf den Boden, und teure Bücher und Stifte verstreuten sich über den glänzenden Boden. Meine Stifte! Meine wunderbaren Stifte rollten überall herum! Eine Sekunde später wurde ich gegen eine Wand gedrückt.

Die Wand war seltsam warm.

Die Wand lachte leise in sich hinein.

„Hoppla“, sagte eine tiefe Stimme. „Alles okay, Süße?“

Die Wand war so absolut keine Wand. Es war ein Kerl. Mein Herzschlag setzte aus, und für eine beängstigende Sekunde lang spürte ich eine schreckliche Enge in der Brust, die verhinderte, dass ich mich bewegen oder auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte. Ich wurde fünf Jahre zurückgeworfen. Festgehalten. Konnte mich nicht bewegen. Die Luft schoss schmerzhaft aus meiner Lunge, während ein Kribbeln meinen Nacken hochwanderte. Jeder Muskel meines Körpers zog sich zusammen.

„Hey.“ Die Stimme wurde sanfter und ein leichter Ton von Besorgnis war zu erkennen: „Geht es dir gut?“

Ich zwang mich dazu, tief durchzuatmen – einfach zu atmen. Ich musste atmen. Ein. Aus. Ich hatte das in den letzten fünf Jahren wieder und wieder geübt. Ich war nicht mehr vierzehn. Ich war nicht dort. Ich war hier, am anderen Ende des Landes.

Zwei Finger legten sich unter mein Kinn und schoben meinen Kopf nach oben. Erstaunlich blaue Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden, fixierten meinen Blick. Das Blau war lebendig und elektrisierend. Es stand in einem solchen Kontrast zu den schwarzen Pupillen, dass ich mich fragte, ob die Farbe echt sein konnte.

Und dann war mir plötzlich alles klar.

Ein Kerl hielt mich im Arm. Mich hatte noch nie ein Kerl im Arm gehalten. Dieses eine Mal zählte ich nicht, weil es entsetzlich gewesen war. Ich stand eng an ihn gedrückt, Schenkel an Schenkel, meine Brust an seiner. Als tanzten wir. Ich wusste nicht, wie mir geschah, als ich den Duft seines Rasierwassers einatmete. Wow. Es roch gut und teuer, wie seines …

Plötzlich stieg Wut in mir auf, ein süßes und vertrautes Gefühl. Die Wut verdrängte die alte Panik und die Verwirrung. Ich klammerte mich verzweifelt daran fest und fand meine Sprache wieder. „Lass. Mich. Los.“

Mr Blaue Augen ließ sofort den Arm sinken. Ich war nicht auf den Verlust meiner Stütze vorbereitet gewesen, also kippte ich kurz nach links, konnte mich aber fangen, bevor ich über meine Tasche stolperte. Keuchend wie nach einem Dauerlauf schob ich mir die Haarsträhnen aus dem Gesicht und schaffte es endlich, mir Mr Blaue Augen ganz genau anzuschauen.

Süßer Himmel, Mr Blaue Augen war …

Er war auf eine Art atemberaubend, die Mädchen dazu brachte, Dummheiten zu machen. Er war groß, gut einen oder zwei Köpfe größer als ich. Seine Schultern waren breit, aber seine Hüften schmal. Der Körper eines Athleten – wie der eines Schwimmers. Lockige schwarze Haare fielen über seine Stirn und bis auf die ebenfalls dunklen Augenbrauen. Breite Wangenknochen und ausdrucksstarke Lippen machten das Gesamtpaket, das die Mädchen zum Anschmachten verführte, vollkommen. Und diese saphirfarbenen Augen, heiliger Strohsack …

Wer hätte gedacht, dass sich in einem Ort namens Shepherdstown jemand mit diesem Aussehen versteckte?

Und ich war über ihn gestolpert. Wortwörtlich. Wie nett. „Es tut mir leid. Ich hatte es eilig, in meinen Kurs zu kommen. Ich bin spät dran und …“

Seine Mundwinkel hoben sich, als er sich hinkniete und anfing, meine Sachen einzusammeln. Für einen Moment wollte ich weinen. Ich spürte, wie sich langsam Tränen in meiner Kehle bildeten. Inzwischen war ich wirklich zu spät dran und konnte auf keinen Fall noch in den Kurs gehen. Und das am ersten Tag. Versagt.

Ich beugte mich zu ihm herunter und ließ meine Haare nach vorne fallen, um mein Gesicht zu verstecken, während ich meine Stifte einsammelte. „Du musst mir nicht helfen.“

„Kein Problem.“ Er hob ein Blatt Papier hoch, dann sah er auf. „Astronomiegrundkurs? Da will ich auch hin.“

Super. Jetzt würde ich den Kerl, den ich im Flur fast umgebracht hatte, das gesamte Semester über sehen müssen. „Du verspätest dich“, sagte ich dürftig. „Es tut mir wirklich leid.“

Nachdem inzwischen alle meine Bücher und Stifte wieder eingeräumt waren, stand er auf und gab mir meine Tasche. „Ist okay.“ Sein schiefes Grinsen wurde breiter und enthüllte ein Grübchen in seiner linken Wange. Auf der rechten allerdings passierte nichts. „Ich bin es gewöhnt, dass Mädchen sich mir an den Hals werfen.“

Ich blinzelte, weil ich erst vermutete, ich hätte Mr Blaue Augen falsch verstanden. Denn er hatte doch sicherlich nicht so einen platten Spruch gebracht.

Doch, hatte er. Und er war noch nicht fertig. „Aber dass sie mir jetzt schon auf den Rücken springen, ist neu. Hat mir irgendwie gefallen.“

Ich spürte, wie meine Wangen anfingen zu glühen, aber ich riss mich zusammen. „Ich habe weder versucht, auf deinen Rücken zu springen, noch habe ich mich dir an den Hals geworfen.“

„Hast du nicht?“ Das schiefe Grinsen blieb. „Was für eine Schande. Falls es so gewesen wäre, hätte das diesen Tag zum besten Semesterbeginn aller Zeiten gemacht.“

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, während ich meine schwere Tasche fest umklammert hielt und an meine Brust drückte. Zu Hause hatte nie ein Junge mit mir geflirtet. Die meisten hatten in der Highschool nicht einmal gewagt, in meine Richtung zu schauen. Und die, die sich getraut hatten, hatten sicherlich nicht geflirtet.

Mr Blaue Augen senkte seinen Blick auf das Blatt in seiner Hand. „Avery Morgansten?“

Mein Herz machte einen Sprung. „Woher kennst du meinen Namen?“

Er legte den Kopf schräg, und sein Lächeln wurde breiter. „Er steht auf deinem Stundenplan.“

„Oh.“ Ich schob mir ein paar Strähnen aus meinem glühenden Gesicht. Der Kerl gab mir meinen Stundenplan zurück, und ich schob ihn in meine Tasche. Dann fummelte ich noch ein bisschen peinlich berührt an meinem Tragegurt herum.

„Ich heiße Cameron Hamilton“, sagte Mr Blaue Augen. „Aber alle nennen mich Cam.“

Cam. Ich sagte mir den Namen ein paarmal im Kopf auf, und er gefiel mir. „Danke noch mal, Cam.“

Er beugte sich vor und hob einen schwarzen Rucksack hoch, den ich bis jetzt gar nicht bemerkt hatte. Dabei fielen ihm einige dunkle Locken ins Gesicht. Er schob sie zurück, als er sich wieder aufrichtete. „Na, dann lass uns mal unseren großen Auftritt starten.“

Meine Füße verschmolzen förmlich mit dem Boden, als Cam sich umdrehte und die paar Schritte zur geschlossenen Tür von Raum 205 ging. Er griff nach der Klinke, dann sah er abwartend über die Schulter zurück.

Ich konnte es nicht. Es hatte überhaupt nichts mit der Tatsache zu tun, dass ich den vielleicht attraktivsten Kerl auf dem Campus gerammt hatte. Ich konnte jetzt einfach nicht in den Kurs gehen, wo alle sich umdrehen und mich anstarren würden. In den letzten fünf Jahren hatte ich ständig im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestanden, und ich hatte genug davon. Mein Magen verkrampfte sich, und ich trat einen Schritt zurück, weg vom Kursraum und von Cam.

Er drehte sich um und runzelte die Stirn, während er mich gleichzeitig neugierig betrachtete. „Du läufst in die falsche Richtung, Süße.“

Mir schien, ich war mein halbes Leben lang in die falsche Richtung gelaufen. „Ich kann nicht.“

„Was kannst du nicht?“ Er trat einen Schritt auf mich zu.

Und ich rannte weg. Ich wirbelte einfach herum und lief los, als ginge es bei diesem Rennen um den letzten Tropfen Wasser in der Wüste. Gerade als ich diese verdammte Flügeltür aufstieß, hörte ich, wie er meinen Namen rief. Aber ich lief weiter.

Mit heißem Kopf rannte ich die Treppe nach unten. Als ich aus dem Gebäude stürzte, war ich völlig außer Atem. Meine Beine bewegten sich weiter, bis ich mich schließlich auf eine Bank vor der benachbarten Bibliothek setzte. Die Morgensonne wirkte schrecklich grell, als ich den Kopf hob und die Augen zukniff.

Oh Mann.

Was für eine Art, einen ersten Eindruck in einer neuen Stadt, einer neuen Schule – einem neuen Leben – zu hinterlassen. Ich war über tausendfünfhundert Kilometer gereist, um neu anzufangen … und jetzt hatte ich innerhalb weniger Minuten alles versaut.



Kapitel 2 Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwei Möglichkeiten: entweder, das Ganze abzuhaken und meinen verheerenden Versuch, den ersten Kurs meiner Collegekarriere zu besuchen, einfach hinter mir zu lassen, oder nach Hause zu fahren, ins Bett zu kriechen und mir die Decke über den Kopf zu ziehen. Ich sehnte mich danach, Letzteres zu tun, aber das passte einfach nicht zu mir.

Wäre ich jemand gewesen, der einfach weglief und sich versteckte, hätte ich die Highschool niemals überlebt.

Ich kontrollierte schnell, ob das breite Silberarmband an meinem linken Handgelenk richtig saß. Ich hätte die Highschool tatsächlich fast nicht überlebt.

Mom und Dad hatten einen Anfall gekriegt, als ich sie über meine Pläne informiert hatte, am anderen Ende des Landes zu studieren. Wäre es um Harvard, Yale oder Sweet Briar gegangen, hätten sie über nichts anderes mehr geredet. Aber ein College, das nicht zu den Eliteuniversitäten gehörte? Was für eine Schande. Meine Eltern verstanden es einfach nicht. Das taten sie nie. Nie im Leben würde ich das College besuchen, auf das sie damals selbst gegangen waren. Außerdem wollte ich mich auch nicht an einer Uni einschreiben, wo die Hälfte der Country-Club-Mitglieder von zu Hause ihre Kinder hinschickte.

Ich wollte an einen Ort, an dem ich kein höhnisches Grinsen sehen musste oder das bösartige Flüstern hören, das immer noch von den Lippen der Leute tropfte wie Säure. An einen Ort, an dem niemand von meiner Geschichte gehört hatte. Verschiedene Versionen der Wahrheit waren zu Hause wieder und wieder erzählt worden, bis ich mich manchmal selbst fragte, was eigentlich an diesem Halloweenabend vor fünf Jahren wirklich geschehen war.

Doch hier spielte nichts davon eine Rolle. Niemand kannte mich. Niemand vermutete etwas. Und auch an Sommertagen, an denen ich kein langärmliges Shirt tragen konnte, wusste niemand, was unter dem breiten Silberarmband versteckt lag.

Es war meine Entscheidung gewesen hierherzukommen. Und es war genau das Richtige für mich.

Meine Eltern hatten damit gedroht, mir den Zugang zu meinem Treuhandfonds zu sperren. Das fand ich ziemlich lächerlich. Ich besaß mein eigenes Geld – Geld, über das die beiden ab dem Moment, in dem ich achtzehn geworden war, nicht mehr verfügen konnten. Geld, das ich verdient hatte. In ihren Augen hatte ich sie natürlich wieder einmal enttäuscht. Doch wäre ich in Texas und in der Nähe dieser Leute geblieben, wäre ich heute schon tot.

Ich warf einen kurzen Blick auf die Zeitanzeige meines Handys, dann stand ich auf und schwang mir meine Tasche über die Schulter. Zumindest würde ich nicht zu spät zu meinem Geschichtskurs kommen.

Geschichte wurde im Gebäude für Geisteswissenschaften unterrichtet, am Fuße des Hügels, den ich gerade erst im Laufschritt erklommen hatte. Ich wanderte über den Parkplatz hinter dem Byrd-Gebäude und überquerte die überfüllte Straße. Überall um mich herum bewegten sich Studenten in kleinen Gruppen. Viele kannten sich offensichtlich schon. Doch statt mich ausgeschlossen zu fühlen, empfand ich ein wunderbares Freiheitsgefühl, als ich zu meinem Kurs ging, ohne erkannt zu werden.

Ich verdrängte jeden Gedanken an mein morgendliches Totalversagen, betrat Whitehall und stieg die erste Treppe rechts nach oben. Die Flure im ersten Stock waren voller Studenten, die darauf warteten, dass die Türen der Unterrichtsräume sich öffneten. Ich schob mich zwischen lachenden Gruppen hindurch und wich Leuten aus, die offensichtlich noch nicht ganz wach waren. Dann entdeckte ich eine leere Stelle gegenüber von meinem Raum und setzte mich im Schneidersitz an die Wand. Aufgeregt rieb ich die Hände an den Jeans, weil ich bald schon in Geschichte sitzen würde. Die meisten Leute wären von einem Geschichtsgrundkurs zu Tode gelangweilt, aber für mich war es der erste Kurs in meinem Hauptfach.

Und wenn ich Glück hatte, konnte ich in fünf Jahren in einem stillen, kühlen Museum oder einer Bibliothek arbeiten und uralte Texte oder Artefakte katalogisieren. Nicht gerade der glamouröseste Job der Welt, aber für mich wäre er perfekt.

Besser als das, was ich früher immer werden wollte, nämlich professionelle Tänzerin in New York.

Noch etwas, worüber Mom enttäuscht sein konnte. All dieses Geld, das ab dem Zeitpunkt, ab dem ich laufen konnte, in Ballettstunden geflossen war, hatte sich nach meinem vierzehnten Geburtstag in eine totale Fehlinvestition verwandelt.

Allerdings vermisste ich die beruhigende Wirkung, die das Tanzen immer auf mich gehabt hatte. Doch ich konnte mich nicht dazu bringen, es jemals wieder zu tun.

„Mädel, wieso sitzt du da auf dem Boden?“

Ich riss den Kopf hoch, dann verzogen sich meine Lippen zu einem Lächeln, als ich das breite Grinsen auf Jacob Masseys karamellfarbenem, knabenhaft gut aussehendem Gesicht entdeckte. Wir hatten uns im Orientierungskurs für Erstsemester letzte Woche angefreundet, und wir besuchten den nächsten Kurs zusammen, genauso wie Kunst dienstags und donnerstags.

Ich sah mir die teuren Jeans an, die er trug, und erkannte den Designerschnitt. „Hier unten ist es sehr gemütlich. Du solltest dich zu mir setzen.“

„Zur Hölle, nein. Ich will mir doch meinen hübschen Hintern nicht beschmutzen, indem ich mich auf diesen Boden da setze.“ Er lehnte sich mit der Hüfte an die Wand neben mir und grinste. „Warte mal. Was machst du überhaupt schon hier? Ich dachte, du hättest erst um neun einen Kurs.“

„Daran erinnerst du dich?“ Wir hatten uns letzte Woche ungefähr eine halbe Sekunde lang über unsere Stundenpläne unterhalten.

Er zwinkerte mir zu. „Ich habe ein phantastisches Gedächtnis für vollkommen nutzlose Fakten.“

Ich lachte. „Gut zu wissen.“

„Also hast du geschwänzt? Du böses, böses Mädchen.“

Ich zuckte ein wenig zusammen und schüttelte den Kopf. „Na ja, ich kam zu spät und ich hasse es, nach Stundenbeginn in ein Klassenzimmer zu kommen. Also nehme ich an, dass meine erste Stunde am Mittwoch stattfindet, wenn ich den Kurs bis dahin nicht ganz schmeiße.“

„Schmeißen? Mädel, sei nicht dämlich. Astronomie ist ein Kinderspiel. Ich hätte den Kurs auch belegt, wenn er nicht nach ungefähr zwei Sekunden voll gewesen wäre, weil sich die ganzen älteren Studenten, die kurz vor dem Abschluss stehen, eingetragen haben.“

„Nun, du hast auch nicht, während du zum Kurs gehetzt bist, fast einen Kerl umgebracht – einen Kerl, der zufällig auch diesen ach so lockeren Kurs besucht.“

„Was?“ Jacob riss interessiert die dunklen Augen auf und machte Anstalten, sich hinzuknien. Dann erregte jemand anders seine Aufmerksamkeit. „Hey! Brittany! Schaff deinen Hintern hier rüber!“

Ein ziemlich kleines, blondes Mädchen hielt abrupt mitten im Flur an und drehte sich mit roten Wangen zu uns um. Dann lächelte sie, als sie Jacob auf und ab springen sah. Sofort kam sie zu uns herüber.

„Brittany, das ist Avery.“ Jacob strahlte. „Avery, das ist Brittany. Sagt hallo.“

„Hallo“, sagte Brittany mit einem kleinen Winken.

Ich winkte zurück. „Hallo.“

„Avery will mir gerade erzählen, wie sie fast einen Kerl auf dem Flur hier im College umgebracht hat. Ich dachte, du willst die Geschichte vielleicht auch hören.“

Ich verzog das Gesicht, aber die Neugierde, die in Brittanys braunen Augen aufflackerte, war auch irgendwie witzig. „Erzähl“, meinte sie und lächelte.

„Nun, ich habe natürlich niemanden umgebracht“, erklärte ich mit einem Seufzen. „Aber ich war nah dran, und es war so unglaublich peinlich.“

„Peinliche Geschichten sind immer die besten“, verkündete Jacob und kniete sich vor mich.

Brittany lachte. „Das stimmt.“

„Spuck’s aus, Schwester.“

Ich schob mir eine Strähne hinters Ohr und senkte meine Stimme, damit nicht der gesamte Flur von meiner Erniedrigung erfuhr. „Ich war zu spät dran für meinen Astronomiekurs und bin durch die Flügeltür im ersten Stock gerannt. Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hinlief, und habe diesen armen Kerl fast in Grund und Boden gerammt.“

„Ach du Schande.“ Brittany schaute mich mitfühlend an.

„Genau. Und ich meine, ich habe ihn echt fast umgeknockt. Ich habe mein gesamtes Zeug fallen lassen. Überall flogen Bücher und Stifte rum. Ziemlich heftig.“

Jacob war sichtlich angeregt von meiner Geschichte. „War er heiß?“

„Was?“

„War der Kerl heiß?“, wiederholte er, während er sich mit einer Hand durch die kurzen Haare fuhr. „Denn wenn er heiß war, hättest du die Situation zu deinem Vorteil nutzen sollen. Vielleicht verliebt ihr euch total, und dann kannst du allen erzählen, dass du ihn angebumst hast, bevor er dich tatsächlich gebumst hat.“

„Oh mein Gott.“ Ich fühlte eine vertraute Hitze in meinen Wangen aufsteigen. „Ja, er sah wirklich gut aus.“

„Oh nein“, meinte Brittany, die anscheinend als Einzige erkannte, dass die ganze Situation durch den gut aussehenden Kerl nur noch peinlicher wurde. Wahrscheinlich brauchte man eine Vagina, um das zu verstehen, denn Jacob schien die Info nur noch mehr zu begeistern.

„Also, wie sah dieser gut aussehende Schnuckel denn nun aus? Ich brauche Details.“

Ein Teil von mir wollte den Mund halten, weil ich mich allein beim Gedanken an Cam schon wieder unwohl fühlte. „Ähm … na ja, er war ziemlich groß und gut gebaut, würde ich sagen.“

„Woher willst du wissen, dass er gut gebaut war? Hast du ihn auch befummelt?“

Ich lachte, als Brittany den Kopf schüttelte. „Ich bin wirklich in ihn reingelaufen, Jacob. Und er hat mich aufgefangen. Ich habe ihn nicht absichtlich befummelt, aber es wirkte, als hätte er einen guten Körper.“ Ich zuckte mit den Achseln. „Auf jeden Fall hatte er dunkle, lockige Haare. Länger als deine, irgendwie verwuschelt, aber auf …“

„Verdammt, Mädel, wenn du jetzt erklärst, dass sie auf eine Mir-ist-egal-dass-ich-so-unverschämt-sexy-bin-Art verwuschelt waren, dann will ich diesen Kerl auch treffen.“

Brittany kicherte. „Ich liebe solche Haare.“

Ich fragte mich, ob mein Gesicht wirklich so rot leuchtete, wie es sich anfühlte. „Ja, so ungefähr sah das aus. Er war wirklich atemberaubend, und seine Augen waren so blau, dass sie …“

„Moment“, keuchte Brittany und riss ihre eigenen Augen dabei auf. „Waren seine Augen so blau, dass sie schon fast künstlich wirkten? Und roch er richtig gut? Ich weiß, dass das jetzt unheimlich und seltsam klingt, aber beantworte die Fragen bitte trotzdem.“

Das war in der Tat unheimlich und seltsam, aber auch wirklich witzig. „Ja auf beide Fragen.“

„Heilige Scheiße.“ Brittany lachte laut auf. „Weißt du seinen Namen?“

Langsam fing ich an, mir Sorgen zu machen, weil auch Jacob plötzlich aussah, als würde ihm etwas dämmern. „Ja, warum?“

Brittany stupste Jacob mit ihrem Ellbogen an, dann senkte sie die Stimme. „Heißt er Cameron Hamilton?“

Mir fiel die Kinnlade in den Schoß.

„Er war es!“ Brittanys Schultern zuckten. „Du hast Cameron Hamilton angerempelt?“

Jacob lächelte nicht. Er starrte mich einfach nur … ehrfürchtig? … an. „Ich bin gerade so unglaublich neidisch auf dich. Ich würde meinen linken Hoden dafür geben, mit Cameron Hamilton zusammenzustoßen.“

Ich verschluckte mich beinahe an meinem Lachen. „Wow. Das ist ziemlich ernst.“

„Cameron Hamilton ist ernst, Avery. Du hast ja keine Ahnung. Du bist ja nicht von hier“, erklärte Jacob.

„Aber du bist auch ein Erstsemester. Woher weißt du von ihm?“, fragte ich, weil Cam zu alt wirkte, um noch im ersten Semester zu sein. Er musste sich bereits dem Ende seines Studiums nähern.

„Alle auf dem Campus kennen ihn“, antwortete er.

„Aber du bist noch nicht mal eine Woche auf dem Campus!“

Jacob grinste. „Ich komme rum.“

Ich lachte, während ich gleichzeitig den Kopf schüttelte. „Ich kapier es nicht. Ja, er ist … heiß, aber was soll’s?“

„Ich war mit Cameron auf der Schule“, erklärte Brittany mit einem kurzen Blick über die Schulter. „Ich meine, er war zwei Jahre älter als ich, aber auf der Highschool war er DER Star. Alle wollten in seiner Nähe oder mit ihm zusammen sein. Und hier ist es so ziemlich dasselbe.“

Trotz der Tatsache, dass Brittanys Worte mich auch an jemand anderen erinnerten, wurde ich neugierig. „Also seid ihr beide von hier?“

„Nein. Wir kommen aus der Gegend um Morgantown und Fort Hill herum. Ich habe keine Ahnung, warum er sich für dieses College entschieden hat statt für die West Virginia University in Morgantown. Ich habe es getan, weil ich mal rauskommen wollte, statt wieder dieselben langweiligen Leute zu sehen.“

Das konnte ich gut verstehen.

„Auf jeden Fall kennt man Cameron auf dem Campus.“ Jacob klatschte in die Hände. „Er lebt in einer eigenen Wohnung, schmeißt angeblich die weltbesten Partys und …“

„In der Highschool hatte er einen gewissen Ruf“, schaltete Brittany sich ein. „Einen Ruf, den er sich redlich verdient hatte. Versteh mich nicht falsch, Cameron war immer ein wirklich cooler Typ. Sehr nett und witzig, aber damals war er das ›Flitt‹ in männliches Flittchen. Inzwischen scheint er sich ein wenig beruhigt zu haben, aber ihr wisst ja, die Katze und das Mausen …“

„Okay.“ Ich fummelte an meinem Armband herum. „Gut zu wissen. Aber eigentlich spielt es keine Rolle. Ich meine, ich bin im Flur mit ihm zusammengestoßen. Mehr weiß ich nicht über Cam.“

„Cam?“ Brittany blinzelte.

„Ja?“ Ich stand auf und nahm meine Tasche. Bald würden die Türen geöffnet.

Brittany runzelte die Stirn. „Leute, die er nicht kennt, nennen ihn Cameron. Nur seine Freunde nennen ihn Cam.“

„Oh?“ Jetzt runzelte ich die Stirn. „Er hat sich mir als Cam vorgestellt, also bin ich davon ausgegangen, dass jeder ihn so nennt.“

Brittany sagte nichts dazu. Und um ehrlich zu sein, in meinen Augen war das keine große Sache. Cam/Cameron/Wer-auch-immer war einfach nur höflich gewesen, nachdem ich ihn umgerannt hatte. Der Fakt, dass er ein geläuterter Party-Playboy war, hieß für mich nichts anderes, als mich weit, weit von ihm fernzuhalten.

Die Türen schwangen auf, und der Flur füllte sich mit Studenten. Unsere kleine Gruppe wartete, bis der größte Andrang vorbei war, dann gingen wir hinein und suchten uns drei Plätze in der hintersten Reihe aus, mit Jacob zwischen uns Mädchen. Als ich meinen Ordner für fünf Fächer, der so riesig war, dass ich damit jemanden hätte erschlagen können, herauszog, packte Jacob meinen Arm.

In seinem Blick tanzten der Schalk und die Aussicht auf Unheil. „Du kannst Astronomie nicht hinschmeißen. Um dieses Semester lebend durchzustehen, muss ich durch dich leben und mindestens dreimal die Woche alles über Cam hören.“

Ich lachte leise. „Ich werde den Kurs nicht schmeißen …“, auch wenn ein Teil von mir das wollte, „… aber ich bezweifle, dass ich dir irgendwas zu erzählen haben werde. Es ist ja nicht so, als würden wir noch mal miteinander reden.“

Jacob ließ meinen Arm los, lehnte sich zurück und schaute mich an.

„Berühmte letzte Worte, Avery.“


Der Rest des Tages verlief sehr zu meiner Freude bei Weitem nicht so ereignisreich wie der Morgen. Keine weiteren Unfälle mit nichts ahnenden heißen Typen, und auch keine anderen peinlichen Vorfälle. Obwohl ich die Geschichte beim Mittagessen zu Jacobs Vergnügen noch mal erzählen musste, war ich froh, dass er und Brittany ungefähr zur selben Zeit freihatten wie ich. Ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, den Großteil des Tages als Einzelgängerin zu verbringen, also war es unerwartet nett, sich mit Leuten in meinem Alter zu unterhalten.

Gesellig sein verlernte man offensichtlich genauso wenig wie Rad fahren.

Und abgesehen von Jacobs unnötigem Ratschlag, dass ich absichtlich gegen Cam rennen sollte, wenn ich ihn das nächste Mal sah, gab es auch keine unangenehmen Momente. Am Ende des Tages hatte ich Cam wirklich so gut wie vergessen.

Bevor ich den Campus verließ, ging ich noch bei der Finanzverwaltung vorbei, um mich für einen Studentenjob auf dem Campus zu bewerben. Ich brauchte das Geld nicht, aber der Zeitaufwand würde mich ablenken. Ich absolvierte ein volles Wochenpensum – achtzehn Stunden –, aber trotzdem blieb eine Menge Freizeit. Ein Job auf dem Campus schien mir eine gute Idee. Aber im Moment gab es keine freien Stellen. Mein Name landete auf der Warteliste.

Der Campus war sehr schön, auf eine idyllische, friedliche Art, und völlig anders als die weitläufigen Gelände der großen Universitäten. Er lag zwischen dem Fluss Potomac und der kleinen historischen Altstadt von Shepherdstown und wirkte fast wie ein Postkartenmotiv. Riesige, altehrwürdige, mit Türmchen ausgestattete Bauten wechselten sich mit moderneren Gebäuden ab. Überall standen Bäume. Die Luft war frisch und sauber, und alles, was man brauchte, befand sich in Fußnähe. An schöneren Tagen konnte ich tatsächlich laufen oder zumindest auf dem westlichen Campus parken, um die Kosten für die Parkuhr zu sparen.

Nachdem ich meine Daten für die Warteliste abgegeben hatte, schlenderte ich zurück zu meinem Auto und genoss dabei die warme Brise. Anders als heute Morgen, als ich zu spät dran gewesen war, nahm ich mir diesmal die Zeit, mir die Häuser auf dem Weg zum Bahnhof anzuschauen. Bei drei Häusern hintereinander saßen massenweise Collegejungs auf der Veranda. Das war wohl die hiesige Version eines Verbindungswohnheims.

Ein Kerl mit Bier in der Hand sah auf. Er lächelte, drehte sich dann aber um, als ein Football aus der offenen Tür und gegen seinen Rücken flog. Ich hörte die Flüche.

Definitiv Verbindungsbrüder.

Aufrechten Ganges eilte ich an den Häusern vorbei. Dann erreichte ich eine Kreuzung, trat auf die Fahrbahn und wäre fast von einem silbernen Truck gerammt worden – es war einer dieser riesigen Pick-ups, vielleicht ein Tundra. Er sauste die schmale Straße entlang, die ich überqueren musste. Mein Herz fing an zu rasen, als der Fahrer auf die Bremse trat und mir mit dem Wagen den Weg versperrte.

Verwirrt trat ich auf den Gehweg zurück. Wollte der Fahrer mich anschreien?

Das getönte Beifahrerfenster fuhr nach unten, und fast wäre ich umgekippt.

Cameron Hamilton grinste hinter dem Lenkrad hervor, eine Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf. Schwarze Strähnen lockten sich auf seiner Stirn. Und er trug kein Hemd – überhaupt kein Hemd. Aus meiner Position konnte ich nur seine Brust erkennen, aber die war ziemlich chic anzuschauen. Muskeln – der Mann war echt muskulös. Und er hatte eine Tätowierung. Auf Cams linker Brust brannte eine Sonne, deren Strahlen sich in leuchtenden Rot- und Orangetönen über seine Schulter nach hinten zogen.

„Avery Morgansten, so treffen wir uns wieder.“

Er war die letzte Person, die ich sehen wollte. Ich war doch wirklich der größte Pechvogel der Weltgeschichte. „Cameron Hamilton … Hi.“

Er lehnte sich herüber, wobei er einen Arm über das Lenkrad legte. Klarstellung. Er hatte auch einen wirklich schicken Bizeps. „Wir müssen damit aufhören, uns so zu treffen.“

Wahrere Worte waren selten gesprochen worden. Ich musste unbedingt damit aufhören, auf seinen Bizeps zu starren … und auf seine Brust … und auf sein Tattoo. Hätte nie gedacht, dass eine Sonne so … sexy … sein könnte. Wow. Das war ziemlich peinlich.

„Du rennst gegen mich, ich überfahre dich fast“, führte Cam aus. „Es ist, als wäre eine Katastrophe zwischen uns schon vorprogrammiert.“

Ich hatte keine Ahnung, was ich dazu sagen sollte. Mein Mund war trocken und meine Gedanken vollkommen wirr.

„Wo willst du hin?“

„Zu meinem Auto“, zwang ich heraus. „Meine Parkuhr läuft bald ab.“ Das stimmte nicht unbedingt, weil ich ziemlich viele Münzen eingeworfen hatte, damit ich keinen Strafzettel bekam. Aber das musste er ja nicht wissen. „Also …“

„Na, dann spring rein, Süße. Ich kann dich mitnehmen.“

Ich spürte, wie Blut aus meinen Gesicht in andere Teile meines Körpers strömte. Sehr seltsam und verwirrend. „Nein. Ist okay. Ich stehe direkt auf dem Hügel. Wirklich nicht nötig.“

Das schiefe Grinsen erschien und enthüllte dieses einzelne Grübchen. „Kein Problem. Ist ja wohl das Mindeste, was ich tun kann, nachdem ich dich fast umgefahren hätte.“

„Danke, aber …“

„Hey! Cam!“ Bierjunge sprang von der Veranda und joggte den Bürgersteig entlang, wobei er mir einen kurzen Blick zuwarf. „Was hast du vor, Mann?“

Vom Verbindungsbruder gerettet.

Cam wandte den Blick nicht von mir ab, aber sein Grinsen verrutschte etwas. „Nichts, Kevin. Ich versuche hier nur, mich zu unterhalten.“

Ich winkte Cam einmal kurz zu, dann eilte ich um Kevin und die Motorhaube des Trucks herum. Ich sah mich nicht um, aber ich konnte Cams Blicke in meinem Rücken spüren. Über die Jahre hatte ich ein Talent dafür entwickelt zu spüren, wenn jemand außerhalb meines Blickfeldes mich anstarrte.

Ich zwang mich dazu, nicht zum Bahnhof zu rennen, weil zweimal am Tag vor dem selben Kerl wegzulaufen einfach jedes akzeptable Maß von Seltsamkeit überschritt. Selbst für mich.

Mir fiel erst auf, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten hatte, als ich hinter meinem Lenkrad saß und der Motor brummte.

Himmel.

Ich ließ meinen Kopf auf das Lenkrad fallen und stöhnte. Vorprogrammierte Katastrophe? Ja, das konnte ich mir gut vorstellen.

Über J. Lynn

Biografie

J. Lynn ist das Pseudonym der amerikanischen Bestseller-Autorin Jennifer L. Armentrout. Sie schrieb international sehr erfolgreiche Young-Adult-Romane, bevor sie sich mit ihren New-Adult-Romanen, beginnend mit „Wait for You“, endgültig an die Spitze der Bestsellerlisten schrieb. Sie lebt in...

Weitere Titel der Serie „Wait for You“

Wenn Liebe so einfach wäre ... In J. Lynns Reihe geht es um junge Männer und Frauen, die erst zusammen kommen können, wenn sie die Schatten ihrer Vergangenheit und inneren Dämonen hinter sich lassen können.

Kommentare zum Buch
Eine einzigartige Geschichte!
Laura am 23.01.2016

Nachdem ich bisher nur die Obsidian-Reihe von Jennifer L. Armentrout gelesen habe, war dieses nun mein erstes Contemporary-Buch von ihr. Zuerst dachte ich, dass es in die Richtung einer typischen, süßen New Adult Geschichte gehen würde, da das Thema der Geschichte doch recht bekannt bei New-Adult Büchern ist. Sehr schnell merkt man jedoch, dass es sich hierbei um viel mehr als nur ein 0815-Buch handelt, denn es geht sehr in die Tiefe. Auch in diesem Buch wird die Protagonistin, hier Avery, natürlich von ihrer Vergangenheit verfolgt, doch diesmal weiß der Leser nicht sofort, was überhaupt passiert ist und ich konnte es mir auch nicht denken. Mit der Zeit bekam ich natürlich eine leichte Ahnung, bin aber wirklich nicht komplett darauf gekommen, was geschehen ist. Auch bei Cam hatte ich keinerlei Vorahnung, dass überhaupt so etwas Schlimmes in seiner Vergangenheit geschehen sein könnte, weshalb mich die Tatsache wirklich geschockt hat. Durch das Raten, was denn nun passiert sein könnte, konnte ich das Buch kaum noch weglegen, da ich es einfach wissen wollte. Der zweite entscheidene Punkt, der mich einfach zum Weiterlesen "gezwungen" hat, war die Entwicklung der Beziehung. Das hört sich im ersten Moment sehr oberflächlich an, da es bei dieser Art von Büchern einfach immer eine Liebesgeschichte gibt, bei diesem Buch war es aber auf jeden Fall anders. Bis die Gefühle zwischen Cam und Avery das erste Mal richtig aufflammen, dauert es im Vergleich zu anderen Büchern recht lange, was hier die Chance bietet, die Bindung zwischen den Beiden realistisch aufzubauen. Ich habe einfach mit jeder Seite mehr gemerkt, wie sich etwas zwischen ihnen entwickelt und wie ich immer und immer mehr mitgefühlt habe. Die Konflikte, die entstanden sind, haben mich wirklich fertig gemacht. Es war einfach so herzzerreißend Avery in diesen Momenten zu begleiten und doch war ich auch manchmal sauer, dass sie teilweise so unglaublich stur war. Anfügen lässt sich hier aber auch, dass mir gefallen hat, dass man trotz jedes Streits immer gemerkt hat, dass die Beiden noch etwas für den jeweils Anderen empfinden und die Liebe, die kurze Zeit vorher noch da war, nicht einfach verschwunden ist, da es im echten Leben ja auch nicht so ist. J. Lynn hat es einfach geschafft alles echt wirklich zu lassen, vom Ort in dem es spielte, bis zu Gesprächen, die die Charaktere führten, konnte ich mir alles vorstellen, da sowohl ihr Schreibstill wie auch die Charaktere einfach lebendig sind, sie sind alle verschieden, fügen sich aber in diesem Buch perfekt zusammen und geben der Geschichte einfach unheimlich viel. Avery war eine wahnsinnig sympathische Protagonistin.Vor allem durch ihre tollpatschige Art (perfektes Beispiel: sie stößt gleich am ersten Unitag mit dem gutaussehendsten Typen zusammen) konnte ich mich sofort mit ihr identifizieren. Über das Buch hinweg konnte man mit ihr sowohl Lachen als auch Weinen. Die Problemsituationen in die sie reingerutscht ist, waren ebenfalls Situationen, in die jeder andere Mensch auch hätte geraten können. Hierdurch entstanden glücklicherweise keine Momente, in denen ich an Averys Verstand gezweifelt habe. Ebenso gefiel mir wie in ihr einfach Stärke und Zerbrechlichkeit geeint war. Sie versucht nach den schweren Geschehnissen weiterzumachen und versinkt dabei nicht in Selbstmitleid, trotz dessen wird auch Averys zerbrechliche Seite immer wieder zum Ausdruck gebracht, ohne es gleich überladen wirken zu lassen. Am Lustigsten fand ich die Stellen, an denen Cam immer wieder versucht hat, mit Avery auszugehen, so hartnäckig ist wirklich nicht jeder Mann. Des Weiteren ist allein schon Cams´ Name super, oder nicht?Cameron beziehungsweise Cam klingt einfach schon nach gutaussehendem Typen und dann ist er einfach auch noch so ein charmanter Bad Boy...himmlisch. Die in Büchern faszinierend arrogante Art, steht ihm zudem ganz hervorragend und macht ihn zu einem wahren Book-boyfriend. Auch wenn ich Avery und ihn zusammen wunderbar finde, würde ich ihn mit Sicherheit auch nehmen. Seine Sprüche, die ihm über das ganze Buch hinweg nicht ausgegangen sind, haben mich wirklich oft zum Lachen gebracht. Teilweise hätte ich mir aber vielleicht ein paar Ecken und Kanten gewünscht, da er einfach etwas zu perfekt war. Nebenbei hat er mal Fußball gespielt, was in amerikanischen Büchern ja eher selten ist, mir aber sehr gut gefallen hat. Averys beiden Freunde sind mir ebenfalls sehr ans Herz gewachsen. Sie kamen zwar wirklich selten vor, wenn versprühten sie aber einfach so eine Lebensfreude und positive Energie, dass man sie einfach mögen musste.   Insgesamt ist das Buch einfach ein einzigartiges Buch! Nicht durch die Idee der Geschichte, aber durch J. Lynns Schreibstil und ihrer Art den Charakteren Leben einzuhauchen. Deshalb bekommt es natürlich 5 volle Sterne von mir.

Wunderbares Buch
Weinlachgummi am 25.10.2015

Aufmerksam wurde ich auf das Buch, als ich erfahren habe, dass J. Lynn das Pseudonym von Jennifer L. Armentrout ist. Da ich ihre Lux Reihe großartig finde, wollte ich auch diese Reihe von ihr Testen. Das Genre New Adult ist nicht mein typisches Beuteschema und doch hat mich die Leseprobe sofort überzeugt. Die ersten Sätze haben schon ausgereicht und ich wusste, ich will dieses Buch lesen. Klappentext und Cover hätten dies alleine nicht geschafft.   "Die Schmetterlinge in meinem Bauch hatten die Energydrinks hinter sich gelassen und rauchten inzwischen Crack." Seite 131   Ich liebe den Schreibstil von Jennifer L. Armentrout. Sie hat so einen witzigen und frechen Stil, ihre Dialoge sind oft bissig und es macht Spaß sie zu lesen. Das Buch ist sehr einfach zu lesen, ich habe es in kürzester Zeit verschlungen. Geschrieben ist es aus der Ich-Perspektive von Avery. Somit kann sich der Leser sehr gut in sie hinein versetzen und bekommt einen super Einblick in ihre Gefühle. Es gibt auch so einige intime Momente, die aber nicht ordinär wirken.   Die Charaktere, haben mir richtig gut gefallen. Avery war mir gleich zu Beginn sympathisch. Ich mochte sie und ihre Art sehr gerne. Sie ist witzig und liebenswürdig, nicht auf den Mund gefallen. Doch hütet sie ein dunkles Geheimnis, durch dieses zieht sie sich immer wieder vor anderen Menschen zurück. Sie ist ein so herzlicher Mensch und wird dem Leser so nahe gebracht, dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, als würde ich sie wirklich kennen. Cam ist sehr attraktiv und humorvoll, frech und extrem selbstbewusst. Doch auch total fürsorglich und verständnisvoll. Spätestens ab Seite 200 war ich rettungslos verliebt. Auch die Nebencharaktere waren gut gewählt und haben die Geschichte abgerundet. Allen voran die Schildkröte von Cam, namens Raphael.   "Wenn Cookie ein Codewort ist, dann war das, wofür auch immer es steht, in deinem Mund, Süße." Seite 47   Ich lese eigentlich keine Liebesgeschichten, doch diese hat mich umgehauen. Cam und Avery waren mir beide so sympathisch, dass ich wie gebannt ihre Liebelei verfolgt habe. Die beiden geben so ein schönes Paar ab, dass man fast neidisch werden könnte. Avery macht im Verlauf des Buches eine starke Veränderung durch, diese mit ihr zu erleben und zu sehen, wie sie sich immer mehr öffnet, war sehr ergreifend für mich. Als Leser hat man so seine Vermutungen, lange wird man mehr oder weniger im Dunkeln gelassen, was in ihrer Vergangenheit passiert ist. Und doch war es ein Schock für mich, es dann schwarz auf weiß zu lesen. Das Buch hat allerlei Emotionen bei mir geweckt, Freude und Spaß, aber auch Verachtung, Schock und Trauer.   Mir hat das Lesen großen Spaß gemacht und ich war sehr gefesselt. Es gibt nun nicht die großen Spannungsmomente, trotzdem fand ich es unheimlich spannend mit zu verfolgen, wie es immer wieder zwischen den beiden knistert. Die Gefühle zwischen den beiden kamen richtig gut bei mir an. Auch konnte ich mir alles ausgezeichnet Vorstellen, als wäre ich dabei. Ich hätte nicht gedacht, dass mich eine reine Liebesgeschichte so umhauen kann, doch Jennifer L. Armentrout hat es mit ihren super Charakteren geschafft. Wer die Lux Bücher kennt, wird auch gewisse Ähnlichkeiten bei den Protagonisten feststellen. Für mich war dies aber eher positiv, da sie damit voll meinen Nerv trifft.   Fazit: Alles andere als oberflächlich. Die Geschichte der beiden hat mich Emotional total gepackt. Cam und Avery sind zwei extrem sympathische Charaktere, die ich in mein Herz geschlossen habe. Witzig und liebenswürdig, mit einem guten Schuss Erotik. Das Buch hat ein super Statement.

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