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Wachen! Wachen! (Terry Pratchetts Scheibenwelt)Wachen! Wachen! (Terry Pratchetts Scheibenwelt)

Wachen! Wachen! (Terry Pratchetts Scheibenwelt)

Terry Pratchett
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Ein Roman von der bizarren Scheibenwelt

Ich habe alle Scheibenwelt-Romane gelesen. Ich finde sie wundervoll. - John Brunner

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Wachen! Wachen! (Terry Pratchetts Scheibenwelt) — Inhalt

Eine geheime Bruderschaft ruft mittels eines gestohlenen magischen Buches einen Drachen herbei. Das Fabelwesen soll helfen, einen neuen König einzusetzen, der den Verschwörern gefügig ist. Doch der Drache setzt sich selbst als Herrscher ein – schläft er doch so gern auf den gemütlichen Goldreserven der Stadt. Nur eine Handvoll Wachen begehrt gegen den geschuppten König auf: Hauptmann Mumm, der beinahe zwei Meter große Zwerg Karotte und eine adlige Sumpfdrachenzüchterin machen sich auf, den Tyrannen zu vertreiben.

€ 14,00 [D], € 14,40 [A]
Erschienen am 08.06.2015
Übersetzt von: Andreas Brandhorst
432 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28068-6
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 08.06.2015
Übersetzt von: Andreas Brandhorst
432 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-97227-7
Download Cover

Leseprobe zu „Wachen! Wachen! (Terry Pratchetts Scheibenwelt)“

Hierher verschwanden die Drachen.
Sie liegen und …
Nein, sie sind nicht tot. Sie schlafen auch nicht. Von Warten kann ebenfalls keine Rede sein, denn wer wartet, erwartet etwas. Der angemessene Ausdruck lautet vermutlich …
… schlummern.
Zwar befinden sie sich nicht im normalen Raum, aber trotzdem liegen sie dicht beieinander. Jeder zur Verfügung stehende Kubikzentimeter ist mit Krallen, Klauen, Schuppen und Schwanzspitzen gefüllt, und der sich daraus ergebende Effekt erinnert an eine Trickzeichnung. Irgendwann begreifen die Augen, dass der Raum zwischen [...]

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Hierher verschwanden die Drachen.
Sie liegen und …
Nein, sie sind nicht tot. Sie schlafen auch nicht. Von Warten kann ebenfalls keine Rede sein, denn wer wartet, erwartet etwas. Der angemessene Ausdruck lautet vermutlich …
… schlummern.
Zwar befinden sie sich nicht im normalen Raum, aber trotzdem liegen sie dicht beieinander. Jeder zur Verfügung stehende Kubikzentimeter ist mit Krallen, Klauen, Schuppen und Schwanzspitzen gefüllt, und der sich daraus ergebende Effekt erinnert an eine Trickzeichnung. Irgendwann begreifen die Augen, dass der Raum zwischen zwei Drachen aus einem weiteren Drachen besteht.
Man mag versucht sein, in diesem Zusammenhang an eine Sardinenbüchse zu denken – vorausgesetzt, man hält Sardinen für groß, schuppig, stolz und arrogant.
Vielleicht gibt es eine Lasche, mit der man die Büchse öffnen kann.

In einer ganz anderen Dimension war es früher Morgen in Ankh-Morpork, der ältesten, größten und schmutzigsten aller Städte. Ein leichter Nieselregen fiel aus grauen Wolken und gesellte sich dem Dunst hinzu, der über dem Fluss wogte und auch über die Straßen kroch. Ratten verschiedener Art gingen ihren nächtlichen Angelegenheiten nach. Mörder mordeten im Schutz der Dunkelheit ; Räuber raubten, Huren hurten … Und so weiter.
Der betrunkene Hauptmann Mumm von der Nachtwache taumelte langsam durch eine Gasse, machte es sich im Rinnstein vor dem Wachhaus bequem und lag dort, während über ihm sonderbare Buchstaben aus Licht in der feuchten Luft zischten und ihre Farbe veränderten …
Die Stadt war ein Soundso, ein Wiehießesnoch. Ein Ding. Eine Frau. Ja, genau dasch war schie. Eine Frau. Leidenschaftlich, temperamentvoll und viele Jahrhunderte alt. Schie schlug einen in den Bann, sorgte dafür, dass man sich in schie – Dings – verliebte. Und dann schlug schie erneut zu. Ins Dingsbums. In den Mund. Zunge ? Nee, die Zähne. Jawoll, schie schlug einem die Zähne ein. Schie war ein … Dings, Dünger, ein Dunghaufen, neinein, das isses nich, ich meine ein Miststück. Ja, genau dasch meine ich. Und wenn man schie zu hassen begann, wenn man schon glaubte, man habe schie endlich am … am wasweißich, dann öffnete schie einem dasch verrottete Herz und überstaunte, nee, erblüffte ? Raschte. Schie überraschte einen. Ja, so isses. Man wusste nie, wo man bei ihr stand. Oder lag. Nur in einem Punkt gab’sch keinen Zweifel : Man konnte sich nich von ihr trennen, denn schie war das Einzige, wasch man hatte, selbst in ihrer Gosse …
Neblige Finsternis umhüllte die ehrwürdigen Gebäude der Unsichtbaren Universität, des wichtigsten Lehrinstituts für Zauberei. Das einzige Licht – ein blasses oktarines Flackern – filterte aus den hohen Fenstern der neuen Fakultät für hochenergetische Magie. Dort untersuchte messerscharfe Intelligenz das Gefüge des Universums, ob es ihm gefiel oder nicht.
Natürlich glühte es auch in der Bibliothek.
Dort gab es die größte Sammlung magischer Texte im ganzen Multiversum. Viele Tausend Bücher, die geballtes okkultes Wissen enthielten, lasteten schwer in den Regalen.
Es hieß, dass große Ansammlungen von Magie die normale Welt erheblich verzerren könnten, woraus man den Schluss zog, in der Bibliothek seien nicht die normalen Regeln der Raumzeit gültig. Es hieß, sie erstrecke sich bis in die Unendlichkeit. Wenn man tagelang an den langen Re­galen vorbeiwanderte, fand man vielleicht irgendwo verlorene Stämme aus Forschern und Studenten. Es hieß auch, in vergessenen Nischen und Alkoven lauerten seltsame Dinge, die ab und zu noch seltsameren Dingen zum Opfer fielen.
Kluge und vorsichtige Schüler, die weiter entfernte Bücher suchten, achteten darauf, Kreidemarkierungen an den Regalen zu hinterlassen, wenn sie sich tiefer in die muffige Düs­ternis wagten. Außerdem baten sie gute Freunde darum, nach ­ihnen zu suchen, wenn sie bis zum Abendessen nicht zurück waren.
Da Magie nur schwer gebunden werden kann, waren die Bücher in der Bibliothek mehr als nur zu Brei verarbeitetes Holz und Papier.
Pure thaumaturgische Kraft knisterte von ihren Rücken und tastete harmlos über die Kupferstangen an den Regalen ; sie dienten dazu, die magische Energie abzuleiten. Trübe Gespinste aus blauem Feuer krochen umher, und ab und zu erklang ein leises Rascheln. Es hörte sich an, als sträubten Dutzende von Staren ihr Gefieder. In der Stille der Nacht sprachen die Bücher miteinander.
Außerdem schnarchte jemand.
Der von den Regalen ausgehende Glanz brachte nicht etwa Licht in die Dunkelheit, sondern verdichtete die Finsternis. Aber wer aufmerksam genug Ausschau hielt, konnte in dem violetten Flackern einen zerkratzten alten Tisch erkennen, der genau unter dem zentralen Gewölbe stand.
Dort hatte das Schnarchen seinen Ursprung. Eine fransige und fleckige Decke lag auf einem Gebilde, das wie ein Sandsackhaufen aussah, sich jedoch bei genauerem Hinsehen als erwachsener Orang-Utan entpuppte.
Es handelte sich um den Bibliothekar.
Seit einiger Zeit wies kaum mehr jemand darauf hin, dass er ein Affe war. Ein magischer Zwischenfall hatte zu der Verwandlung geführt – in unmittelbarer Nähe so vieler mächtiger Bücher musste man ständig mit derartigen Ereignissen rechnen –, und man vertrat die Ansicht, er sei glimpflich davon­gekommen. Immerhin hatte sich an seiner Gestalt im Grunde genommen nichts geändert. Es war ihm erlaubt, weiterhin seiner Arbeit nachzugehen, an der es nichts auszusetzen gab – obwohl hier anstelle von › erlaubt ‹ ein anderes Wort verwendet werden sollte. Der Bibliothekar bewies bemerkenswertes Talent, wenn es darum ging, die Oberlippe zu wölben und konkurrenzlos gelbe Zähne zu zeigen ; aus diesem Grund verzichteten die Mitglieder des Universitätsrats darauf, ihm einen neuen Aufgabenbereich nahezu­legen.
Jetzt ertönte ein anderes Geräusch, das leise Knarren einer sich öffnenden Tür. Jemand eilte durchs Zimmer und verschwand zwischen den langen Regalen. Die Bücher raschelten empört, und einige der dickeren Grimoires ließen ihre Ketten rasseln.
Der Bibliothekar schlief weiter, eingelullt vom Flüstern des Regens.
Eine halbe Meile entfernt lag Hauptmann Mumm noch immer im Rinnstein, öffnete den Mund und begann zu ­singen.

Eine in Schwarz gekleidete Gestalt eilte durch die nächt­lichen Straßen, trat von Haus zu Haus und erreichte schließlich ein finsteres, unheilvolles Portal. Man gewann sofort den Eindruck, dass keine normale Tür so düster wirken konnte. Sie sah aus, als habe man den Architekten gerufen und ihm spezielle Anweisungen gegeben : Wir möchten etwas Unheimliches in dunkler Eiche, und bitte füg über dem Torbogen eine abscheuliche Steinfigur hinzu ; außerdem soll es wie der Schritt eines Riesen klingen, wenn die Tür ins Schloss fällt. Es muss auf den ersten Blick klar werden, dass hier niemand mit einem mehr oder auch weniger melodischen Ding-Dong rechnen kann, wenn er den Klingelknopf drückt.
Die Gestalt pochte einen komplizierten Code ans dunkle Holz, woraufhin sich eine kleine vergitterte Luke öffnete. Ein misstrauisches Auge starrte nach draußen.
„› Die bedeutungsvolle Eule schreit in der Nacht ‹“, sagte der Besucher und versuchte, Regenwasser aus seinem Umhang zu wringen.
„› Doch viele graue Herren gehen traurig zu herrenlosen Männern ‹“, intonierte eine Stimme auf der anderen Seite des Gitters.
„› Gepriesen sei die Tochter der Jungfernschwester ‹“, entgegnete die tropfnasse Gestalt.
„› Für den Mann mit der Axt sind alle Flehenden gleich groß. ‹“
„› Doch wahrlich, die Rose verbirgt sich im Dorn. ‹“
„› Die gute Mutter kocht Bohnensuppe für den irrigen Knaben ‹“, verkündete die Stimme hinter der Tür.
Stille folgte, nur unterbrochen vom Prasseln des Regens. Dann fragte der Besucher : „Wie bitte ?“
„› Die gute Mutter kocht Bohnensuppe für den irrigen Knaben. ‹“
Eine etwas längere Pause schloss sich an. „Bist du sicher, dass der schlecht gebaute Turm nicht sehr wackelt, wenn ein Schmetterling vorbeifliegt ?“, fragte die nasse Gestalt.
„Ne-neh. Bohnensuppe ist gemeint. Tut mir leid.“
Der Regen zischte erbarmungslos im verlegenen Schweigen.
„Und der eingesperrte Wal ?“, fragte der Besucher und drückte sich an die schreckliche Tür, um dem herabströmenden Wasser zu entgehen.
„Was soll damit sein ?“
„Er sollte nichts von den mächtigen Tiefen wissen, wenn du’s unbedingt wissen willst.“
»Oh, der eingesperrte Wal. Du möchtest zu den Aufge­klärten Brüdern der Völlig Schwarzen Nacht. Drei Türen ­weiter.«
„Und wer seid ihr ?“
„Wir sind die Erleuchteten und Uralten Brüder von Iieeh.“
„Ich dachte, ihr trefft euch drüben in der Herrupstraße“, sagte der durchnässte Mann nach einigen Sekunden.
„Äh, du weißt ja, wie das ist. Dienstags hat der Laubsäge-Klub das Zimmer. Da muss was schiefgelaufen sein.“
„Ach ? Nun, trotzdem vielen Dank.“
„Gern geschehen.“ Die kleine Luke schloss sich wieder.
Die in einen Umhang gehüllte Gestalt starrte eine Zeit lang darauf, wandte sich dann um und stapfte durch die Pfützen davon. Kurze Zeit später fand sie ein anderes Portal, das erstaunlich schlicht wirkte.
Sie klopfte an. Die Klappe schwang auf, bildete ein kleines vergittertes Fenster.
„Ja ?“
„Hör mal : › Die bedeutungsvolle Eule schreit in der Nacht. ‹ Alles klar ?“
„› Doch viele graue Herren gehen traurig zu herrenlosen Männern. ‹“
„› Gepriesen sei die Tochter der Jungfernschwester ‹, in Ordnung ?“
„› Für den Mann mit der Axt sind alle Flehenden gleich groß. ‹“
„› Doch wahrlich, die Rose verbirgt sich im Dorn. ‹ Es regnet in Strömen, das weißt du doch, oder ?“
„Ja“, erwiderte die Stimme im Tonfall eines Mannes, der ­tatsächlich Bescheid weiß und froh ist, nicht draußen zu stehen.
Der Besucher seufzte.
„› Der eingesperrte Wal weiß nichts von den mächtigen Tiefen ‹“, sagte er. „Wenn’s dich glücklich macht …“
„› Der schlecht gebaute Turm wackelt sehr, wenn ein Schmetterling vorbeifliegt. ‹“
Der Bittsteller griff nach den Gitterstäben, zog sich hoch und grollte : „Lass mich jetzt endlich eintreten. Ich bin bis auf die Knochen nass.“
Eine Pause folgte, untermalt vom Plätschern des Regens.
„Was die Tiefen betrifft … Hast du › mächtig ‹ oder › nächtlich ‹ gesagt ?“
„Mächtig. Ich bin ganz sicher. Mächtige Tiefen. Weil sie, äh, mächtig tief sind. Ich bin’s, Bruder Finger.“
„Für mich klang es wie › nächtlich ‹“, murmelte der Mann hinter der Tür.
„Hör mal, willst du das verdammte Buch, oder nicht ? Ich hätte überhaupt nicht herkommen müssen und könnte jetzt zu Hause im warmen Bett liegen.“
„Und du hast bestimmt von mächtigen Tiefen gesprochen ?“
„Meine Güte, ich weiß, wie verdammt tief die Tiefen sind“, brummte Bruder Finger ungehalten. „Ich wusste schon von ihrer mächtigen Tiefe, als du noch ein blöder Neophyt warst. Öffnest du jetzt endlich die Tür ?“
„Na schön … Meinetwegen.“
Ein Riegel wurde beiseitegeschoben, und kurz darauf sagte die Stimme : „Könntest du von außen drücken ? Bei feuchtem Wetter klemmt die Tür-des-Wissens-die-kein-Unbelehrter-passieren-darf.“
Bruder Finger stemmte die Schulter dagegen, trat über die Schwelle, bedachte Bruder Pförtner mit einem bitterbösen Blick und eilte durch den Flur.
Die anderen warteten bereits im Sanktuarium und wirkten so unsicher wie Leute, die nicht daran gewöhnt sind, unheilvolle schwarze Umhänge zu tragen. Der Oberste Größte Meister begrüßte den Neuankömmling mit einem Nicken.
„Bruder Finger, nicht wahr ?“
„Ja, Oberster Größter Meister.“
„Hast du deinen Auftrag erfüllt ?“
Bruder Finger holte ein Paket unter seiner Kutte hervor.
„Es befand sich genau an der von dir beschriebenen Stelle“, erwiderte er. „Es ergaben sich keine Probleme.“
„Gut gemacht, Bruder Finger.“
„Danke, Oberster Größter Meister.“
Der Oberste Größte Meister klopfte mit seinem kleinen Hammer und rückte sich damit ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit. Die anderen Anwesenden bildeten eine Art Kreis.
„Ich eröffne hiermit die Sitzung der Einzigartigen und Höchsten Loge Aufgeklärter Brüder“, intonierte er. „Ist die Tür-des-Wissens verriegelt, damit keine Ketzer und Unwissenden eintreten können ?“
„Das Ding sitzt völlig fest“, entgegnete Bruder Pförtner. „Es liegt an der Feuchtigkeit. Nächste Woche bringe ich meinen Hobel mit und …“
„In Ordnung, in Ordnung“, sagte der Oberste Größte Meister unwirsch. „Ein schlichtes › Ja ‹ hätte vollkommen genügt. Ist der dreifache Kreis gut und wahrhaftig gezeichnet ? Sind alle hier, die Hier Sind ? Es sei keinem Unwissenden geraten, an diesem Ort zu weilen, denn man würde ihn fortbringen und ihm den Quaker aufschneiden, das Zappelnicht in alle vier Winde verstreuen, die Wampe mit Haken entzweireißen und sein Wabbel an einer Lanze aufspießen ja was ist denn ?“
„Verzeihung, hast du Aufgeklärte Brüder gesagt ?“
Der Oberste Größte Meister starrte einen abseits stehenden Mann an, der die Hand gehoben hatte.
„Ja, wir sind die Aufgeklärten Brüder, Hüter des heiligen Wissens seit einer Zeit, an die sich niemand mehr …“
„Seit letztem Februar“, warf Bruder Pförtner freundlich ein. Der Oberste Größte Meister gewann den Eindruck, dass Bruder Pförtner noch immer nicht genau wusste, worauf es ankam.
„Oh, tut mir leid, ich bedaure es wirklich“, sagte die besorgte Gestalt. „Offenbar bin ich hier in der falschen Geheimgesellschaft. Muss mich in der Tür geirrt haben. Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet …“
„Und sein Wabbel wird an einer Lanze aufgespießt“, wiederholte der Oberste Größte Meister grimmig. Im Hin­tergrund knarrte etwas, als Bruder Pförtner versuchte, das klemmende Portal zu öffnen. „Sind wir jetzt so weit ? Befinden sich vielleicht noch andere Unwissende unter uns, die sich verirrt haben ?“, fügte er mit ätzendem Sarkasmus hinzu. „Gut. Wunderbar. Ich bin ja so froh. Vermutlich brauche ich gar nicht zu fragen, ob die vier Wachtürme geschlossen sind, oder ? Oh, ausgezeichnet. Hat sich jemand die Mühe gemacht, der Heiligen Hose die Beichte abzunehmen ? Ach, tatsächlich ? Auf die richtige Art und Weise ? Und wenn ich nachsehe ? Na schön. Sind vor den Fenstern die Roten Kordeln des Intellekts gespannt worden, so wie es die uralten Überlieferungen verlangen ? Gut. Dann können wir jetzt vielleicht beginnen.“
Der Oberste Größte Meister schien ein wenig enttäuscht zu sein, wie jemand, der mit dem Finger übers oberste Regal der Schwiegertochter streicht und zu seiner großen Über­raschung feststellt, dass alles blitzblank ist.
Was für Blödmänner !, dachte er. Ein Haufen von Nieten. Andere ­Geheimgesellschaften würden sie nicht einmal mit einem drei Meter langen Zepter der Autorität berühren. Schon bei einem geheimen Hände­druck verrenken sie sich die Finger.
Aber gleichzeitig handelte es sich um Stümper mit gewissen Möglichkeiten. Sollten die anderen Gesellschaften ruhig die Hoffnungsvollen, Ehrgeizigen und Zuversichtlichen aufnehmen. Der Oberste Größte Meister wählte die Verärgerten, jene Leute, die über einen unerschöpflichen Vorrat an bitterer Galle verfügten, die glaubten, Großartiges leisten zu können, wenn sie nur eine Chance bekamen. Er brauchte diejenigen, in denen sich Fluten aus Gift und Rachsucht hinter den Dämmen der Unfähigkeit und latenten Paranoia stauten.
Hinzu kam Dummheit. Sie alle haben den Eid geschworen, aber kein einziger von ihnen hat gefragt, was ein Wabbel ist.
„Brüder“, begann der Oberste Größte Meister, „heute Abend müssen wir außerordentlich wichtige Dinge erörtern. Das Schicksal dieser Stadt – mehr noch : die Zukunft von Ankh-Morpork – liegt in unseren Händen.“
Die Zuhörer blickten interessierter, und der Oberste Größte Meister spürte wieder das überaus angenehme Prickeln der Macht. Die Männer hingen an seinen Lippen und vermittelten ihm ein Gefühl, das es verdiente, in einen blutroten Seidenumhang gekleidet zu werden.
„Wissen wir nicht, dass die Stadt im Bann von Korrupten steht, die sich auf ihrem Sündengeld ausruhen und unrechtmäßig erworbenen Reichtum genießen, während bessere Männer um den Lohn ihrer Arbeit betrogen und in die Knechtschaft gezwungen werden ?“
„O ja, das stimmt !“, bestätigte Bruder Pförtner heftig, nachdem er Gelegenheit gefunden hatte, die gerade gehörten Worte gedanklich zu übersetzen. „Erst letzte Woche habe ich Meister Puderzucker von der Bäckergilde zu erklären versucht …“
Der Oberste Größte Meister war gar nicht in der Lage, ­einen Blickkontakt herzustellen – er hatte dafür gesorgt, dass die Gesichter der Brüder unter den Kapuzen in mys­tischer Dunkelheit verborgen blieben. Aber es gelang ihm ­allein mit empörter Stille, Bruder Pförtner zum Schweigen zu bringen.
„Doch es herrschte nicht immer Verdorbenheit“, fuhr der Oberste Größte Meister fort. »Einst gab es ein Goldenes ­Zeitalter, das den Würdigen Befehlsgewalt und Respekt bescherte. Ich meine eine Epoche, in der Ankh-Morpork nicht nur eine große, sondern auch eine großartige Stadt war. Ein Zeitalter der Ritterlichkeit. Eine Ära, in der … Ja, Bruder Wachturm ?«
Eine massige Gestalt ließ die Hand sinken. „Meinst du die Zeit, als wir Könige hatten ?“
„Sehr scharfsinnig, Bruder“, erwiderte der Oberste Größte Meister und spürte einen Anflug von Ärger angesichts dieser überraschend intelligenten Frage. „Und …“
„Aber das wurde doch schon vor vielen Jahrhunderten geklärt“, sagte Bruder Wachturm. „Kam es nicht zu einer großen Schlacht oder so ? Seitdem herrschen Lords, wie zum Beispiel der Patrizier.“
„Ja, sehr gut, Bruder Wachturm.“
„Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es keine Könige mehr gibt“, fügte Bruder Wachturm hilfreich hinzu.
„Wie Bruder Wachturm gerade zum Ausdruck brachte …“
„Das Stichwort › Ritterlichkeit ‹ brachte mich darauf“, sagte Bruder Wachturm.
„Ja, und …“
„Ritterlichkeit ist typisch für Könige“, erklärte Bruder Wachturm glücklich. „Und für Ritter. Sie retteten junge Frauen mit langen blonden Haaren aus hohen Türmen und …“
„Allerdings“, sagte der Oberste Größte Meister scharf, »wäre es durchaus denkbar, dass das Geschlecht der alten Könige von Ankh nicht ausgestorben ist, wie man bisher ­annahm. Vielleicht gibt es nach wie vor Deszendenten, die Anspruch auf den Thron erheben könnten. Mein Studium uralter Schriftrollen lässt derartige Annahmen plausibel erscheinen.«
Der Oberste Größte Meister trat erwartungsvoll einen Schritt zurück, doch die erhoffte Reaktion blieb aus. Mög­licherweise lag es an der Verwendung so anspruchsvoller Ausdrücke wie › Deszendent ‹ und › plausibel ‹.
Bruder Wachturm hob erneut die Hand.
„Ja ?“
»Soll das heißen, irgendwo treibt sich ein Thronerbe ­herum ?«
„Es ist nicht auszuschließen.“

Terry Pratchett

Über Terry Pratchett

Biografie

Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind...

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